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Von Dämonen und Demokratie: Positive Werte und die Politik der Ausgrenzung im heutigen Südafrika

Loren Landau auf einer Konferenz in der Heinrich-Böll-Stiftung. Foto: David Harrison

1. Juli 2010
Von Loren Landau
Am 11. Mai 2008 wurden Ausländer und andere „Außenseiter“ in Alexandra systematisch angegriffen. Innerhalb von wenigen Tagen hatten sich Gewalt und Angst im ganzen Land ausgebreitet. In den beiden grauenvollen Wochen, die darauf folgten, starben mindestens 62 Menschen. 670 weitere wurden verletzt, zahlreiche Frauen vergewaltigt, und Tausende beleidigt und beschimpft. Als die Ausschreitungen abflauten, waren mindestens 150.000 Menschen vertrieben, Zehntausende flohen nach Mosambik und andere angrenzende Länder. Die meisten Opfer kamen aus anderen Teilen des afrikanischen Kontinents, es waren jedoch auch nicht wenige Südafrikaner_innen darunter, die mit Ausländern verheiratet sind, die sich der Gewaltorgie widersetzt hatten oder Minderheiten angehören, die nicht „südafrikanisch genug“ waren. Insgesamt zerstörten die Täter Güter im Wert von mehreren Millionen Rand, sowie hunderte Hütten und Wohnhäuser – oder verteilten die Besitztümer um.

Auf den ersten Blick scheint der Augenblick ungünstig, um das Thema Ausländerfeindlichkeit erneut aufzuwärmen. Viele in der Regierung ziehen es vor so zu tun, als läge dieses Problem hinter uns, genauso wie viele die Übergriffe von 2008 nur für ein verschwindend kurzes Kapitel in Südafrikas nie enden wollender Geschichte von Konflikten und Krisen halten. Xenophobie scheint zunächst nicht viel mit Spannungen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen, Armut und öffentlichen Ausschreitungen zu tun zu haben.

Diesen Spannungen liegt ein Diskurs über Staatsbürgerschaft und Transformation zugrunde, der – häufig implizit – nach der Kategorisierung von Menschen verlangt: Entweder sie gehören zur relativ homogenen, mit Rechten ausgestatteten Mehrheit, oder zu jenen, die politische Anerkennung aufgrund ihrer Lebensgeschichte, ihrer Herkunft oder ihres Berufs nur erlangen können, wenn sie sich für die wahrhaftige politische Gemeinschaft nützlich erweisen.

Genau hier liegt das Problem. Solange wir keine neue Sprache und Politik der Differenz entwickeln, wird jede Bemühung Transformation, sozialen Zusammenhalt und Dialog voranzutreiben nur zu mehr Konflikt und weiteren Formen von Ausgrenzung führen. Ausländer spielen hierbei zwar eine Rolle, aber keine besonders große. Ich befürchte, dass wir durch die Art, mit der wir für ihre Rechte eintreten wollten, leider mehr Schaden angerichtet als Gutes getan haben.

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Der Politikwissenschaftler Loren Landau ist seit 2002 Mitarbeiter des Forced Migration Studies Project (WITS University). Seine Forschungsschwerpunkte umfassen Souveränität, Migration, urbane Transformation, und die Beziehung zwischen Staat und Gesellschaft. Er wurde bereits mit verschiedenen Preisen für seine Beiträge im Bereich der Flüchtlingsforschung ausgezeichnet.

 

Dossier

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