Drei Abende mit Performances und Diskussionsrunden – das bot die erste Staffel „Kriege“ der interdisziplinären Reihe „NEUNMALKLEIST“, die am 30. April 2011 in der Heinrich-Böll-Stiftung eröffnet wurde. Anlässlich des 200. Todestages Heinrich von Kleists konfrontiert das ganzjährige interdisziplinäre Projekt Biografie und Briefwechsel des Dichters mit einer Auswahl seiner literarischen Werke.
Kernstück und Auftakt der Eröffnung bildete das Computer-Schau-Spiel „Kleist. Krieg. Ausnahmezustand“, in dem die Autorin und Regisseurin Miriam Sachs das Thema „Krieg“ geschickt in den Kontext der Werke Heinrich von Kleists setzt. Gemäß seines Essays Über das Marionettentheater inszeniert sie ein interaktives "Kriegsspiel" mit den Kleistschen Figuren und stellt sie in den Rahmen einer überdimensionalen, begehbaren Computerspiel-Simulation. Was mit dem Prinzen von Homburg beginnt, läuft über zu Stückfragmenten, die vom Publikum frei wählbar sind: Penthesilea? Die Hermannschlacht? Michael Kohlhaas oder Dorfrichter Adam? Live, interaktiv und diskursiv - wurde das Spiel Abend für Abend von den Zuschauern neu in Gang gebracht und nahm dabei neue Wege und Umwege durch den Kosmos Kleist.
Die Performance wurde an allen drei Abenden von Diskussionsrunden und Vorträgen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten flankiert. So beleuchteten die Journalistin Bettina von Kleist, die Theaterregisseurin Claudia Oberleitner und der General a.D. Peter Pauly unter der Moderation von Harald Müller (Theater der Zeit) am Eröffnungsabend den militärisch geprägten Familienhintergrund von Kleist. Prof. Wolf Kittler (University of California Santa Barbara) erörterte in seinem Vortrag am zweiten Abend Kleist Interesse an der Nachrichtentechnik seiner Zeit und diskutierte am 2. Mai mit seinen Kollegen Prof. em. Ekkehart Krippendorff (Freie Universität Berlin), Dr. Ernst Piper (Universität Potsdam) und Prof. Wolf Schneider (Ruhr-Universität Bochum) über Kleists ambivalentes Verhältnis zu Frankreich. Abgerundet wurde die erste Staffel mit einer Übersetzungs-Performance des Kleist-Gedichtes Germania an ihre Kinder mit anschließender Uraufführung einer Vertonung des Gedichtes.
Das Projekt NEUNMALKLEIST ist thematisch unterteilt in drei Staffeln – KRIEGE, KONZEPTE und KATASTROPHEN – mit insgesamt neun Veranstaltungen. Alle Staffeln werden (auch) in der Theaterkapelle Friedrichshain aufgeführt.
Das Gesamtprogramm der Reihe finden Sie auf der Myspace-Seite des Projekts.
Kleist.Krieg.Ausnahmezustand.
Mit: Leo Solter (Homburg, Kleist, Reportage / Zweikampf), Thomas Monn (Feldmarschall, Hermann, Chor), Christian Bormann (Kurfürst, Gerichtsrat Walter, Varus, Chor, Reportage/Meroe) , Magdalena Scharler (Natalie, Penthesilea, Chor) , Eva van Heijingen (Kurfürstin, Eve, Hally), Hendrik Flacke (Hohenzollern, Ruprecht, Septimus Nerva, Reportage / Marquise von O.) und Jürgen Ruoff ( Kottwitz, Dorfrichter Adam, Teuthold, Chor & Perkussion)
Text-Collage und Inszenierung: Miriam Sachs; Dramaturgie: Silke Wiegand; Assistenz: Marina Sebald; Bühne: Jürgen Ruoff; Licht: Christoph Wüst, André Fuhrmann; Sounddesign und Musik: Leo Solter, Holger Duhn; Video-Art: Miriam Sachs; Interaktive Programmierung: György Pongracz; Computeroberfläche und Composing: Rene von der Waar; Technik: Yvonne Bahr, Silke Wiegand, Holger Duhn, Marina Sebald; Kostüm: Maria Reyes Perez
Germania an ihre Kinder – eine mehrfache Übersetzung
Mit: Stephane Lalloz, Cleo Mieulet, Leo Solter, Miriam Sachs und Justin Lepany (Komposition)
Gesang: Lotta Hultmark, Kristina Elfversson, Sabine Eyer
Pressearbeit: Kerstin Böttcher; Produktionsleitung: ehrliche arbeit – Freies Kulturbüro; Koordination Referenten: Mareike Holtz
Zusammenarbeit der Heinrich-Böll-Stiftung mit Theater-Ja.Komm, Wien; Kleist Archiv Sembdner, Heilbronn; Fondazione Cantiere Internazionale d'arte di Montepulciano und Kleist in Thun. Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes, die Kulturverwaltung des Landes Berlin, die Rudolf Augstein Stiftung und das Kulturamt Berlin-Lichtenberg. Unterstützt von Theater der Zeit, Cineplus, Bionade und ute electronic.
Dank für Unterstützung: Branka Pavlovic, Gregor Knüppel, Thomas Monn und Isabelle Böhnke.
NEUNMALKLEIST ist eine Koproduktion von Ensemble Puppet Holding / Miriam Sachs und Theaterkapelle 10245 e.V.