SurVivArt - Kunst für das Recht auf ein „Gutes Leben“

16. Februar 2012
Barbara Unmüßig
Eröffnungsrede von Barbara Unmüßig, Vorstand Heinrich-Böll-Stiftung
(es gilt das gesprochene Wort)


 

Guten Abend meine Damen und Herren,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Künstlerinnen und Künstler,

im Namen der Heinrich-Böll-Stiftung möchte ich Sie herzlich zur Eröffnung der Ausstellung „SurVivArt – Kunst für das Recht auf ein Gutes Leben“ willkommen heißen. Ein besonderes „Herzliches Willkommen“ gilt unseren internationalen Gästen. Ich freue mich, die Künstlerinnen und Künstler, die dieses Projekt und die Ausstellung mit Leben gefüllt haben und die heute hier bei uns sind, endlich auch persönlich kennenzulernen.

Auch wenn der Name es nahe legen könnte: Es geht uns mit dem Projekt nicht um die „Die Kunst zu überleben“ oder „Die Kunst des Überlebens“. Auch nicht das Überleben der Künste, oder das des Künstlers.

Es geht uns darum, Wege aufzuzeigen, wie die kulturelle Dimension Teil der notwendigen ökonomischen und sozialen Transformation werden könnte, einer Transformation, die wir dringlich brauchen, wenn wir die ökologischen Grenzen dieses Planeten endlich zu respektieren beginnen, Armut Vergangenheit und Gerechtigkeit Wirklichkeit werden.

Wie kann ein „Gutes Leben“ in Zeiten des Klimawandels überhaupt aussehen? Ein Leben, in dem soziale Ungerechtigkeit, in dem Gewalt und massive Ungleichheit zwischen den Geschlechtern überwunden sind und ein nicht-fossiler und nachhaltiger Entwicklungspfad beschritten wird? Die Klimapolitik der Heinrich-Böll-Stiftung steht seit Jahren unter dem Motto „Klima der Gerechtigkeit“.

Wir wissen: Kunst hat ein immenses Potential für soziale Transformationsprozesse, für Emanzipation und das Empowerment von Gesellschaften und gesellschaftlichen Gruppen. Kunst hat das Potential, aktiv das Wechselspiel zwischen den verschiedenen Dimensionen von Nachhaltigkeit nicht nur aufzuspüren und auszudrücken, sondern auch aktiv im Sinne der Transformation für eine humanere und naturverträgliche Welt zu unterstützen.

Kunst kann Antworten und Welten aufzeigen, die sonst vielleicht verschlossen bleiben, kann transzendieren und berühren. Sie ist dabei – das ist mir wichtig zu betonen – nicht einfach ein Instrument oder ein Medium. Sie ist eigener Ausdruck!

Die Heinrich-Böll-Stiftung arbeitet seit vielen Jahren und in allen Regionen, in denen wir mit Auslandsbüros und einem breiten Partner/innenspektrum vertreten sind, zum Klimawandel und zu Geschlechtergerechtigkeit. Informieren, analysieren, empowern, netzwerken und politisch einmischen sind unsere Stärke. Unser Anspruch ist aber ganzheitlicher. Für uns gehören alle Dimensionen der Nachhaltigkeit zusammen. Sie stehen in einem Wechselspiel zueinander, das es zu verstehen und zu gestalten gilt.

In die Überlegungen des Haus der Kulturen der Welt hier in Berlin zum Projekt „Überlebenskunst“ waren wir und auch ich persönlich früh eingebunden und haben überlegt, wie wir Teil dieses Experimentes werden könnten. Für uns war von Beginn an klar, dass wir mit Künstlerinnen und Künstlern arbeiten wollen, in Ländern, in denen wir mit Büros und vielfältigen Projekten präsent sind. Und wir wollten dazu einladen, im jeweils eigenen Umfeld, in der Kommune, im Dorf, im Stadtteil durch künstlerische Produktion und Kommunikation über das „Gute Leben“ zu reflektieren.

Welche Bilder der Zukunft haben wir im Kopf? Welche Diskurse zu nachhaltigen Lebensstilen gibt es in den verschiedenen Gesellschaften? Wie werden die dramatischen gesellschaftlichen und ökologischen Veränderungen auch künstlerisch rezipiert?

„SurVivArt – Kunst für das Recht auf ein Gutes Leben“ ist also zuallererst ein Experiment. Wohin die Reise ging, war uns daher nicht klar.

Was wir hier sehen, ist ein Mosaik sehr unterschiedlicher Perspektiven. Was sonst. Die Kunstwerke erzählen sehr unterschiedliche Geschichten: von der Suche nach dem „Guten Leben“, der Suche nach Balance, Glück und Zufriedenheit, von verantwortlichem und zugleich kreativem und spielerischem Umgang mit Ressourcen und neuen Formen des Konsums und des Miteinanders. Sie erzählen von der Kraft, mit dem der Künstler und Künstlerin mit ihrer Kunst beflügeln und zum „Guten Leben“ beitragen können.

Die Ausstellung ist das Ergebnis eines kreativen Reflektionsprozesses – vor Ort, aber auch unter den Künstlerinnen und Künstlern. An vielen Orten traten durch das Kunstprojekt die jeweiligen Künstlerinnen und Künstler mit lokalen Dorfgemeinschaften in den Dialog, um miteinander über nachhaltige Praktiken und das alltäglich Leben zu debattieren. Und auf der SurVivArt-Internetplattform konnten sich die Künstlerinnen und Künstler zudem untereinander über ihre Projekte austauschen. Valia Carvalho, die Kuratorin des Kunstprojektes, wird ihnen gleich die Künstlerinnen und Künstler und ihre Werke vorstellen.

Mit dem Projekt „SurVivArt – Kunst für das Recht auf ein Gutes Leben“ laden wir ein, all diese Suchprozesse über Kontinente und Ländergrenzen hinweg sichtbar zu machen und miteinander in den Austausch zu bringen.

In Äthiopien unterstütze unsere Stiftung beispielsweise den Aufbau eines Künstlerhauses in der Kleinstadt „Harla“, Ursprung der beiden hier gezeigten äthiopischen Werke. Wir wollten in der lokalen Gemeinschaft aber nicht wie ein UFO landen, sondern gemeinsam mit den Menschen ein konstantes Projekt aufbauen, mit dem sie sich identifizieren und an dessen Arbeit alle teilhaben können.

Bevor ich das Wort weitergebe, möchte ich diese Gelegenheit natürlich nutzen, um den Personen zu danken, die dieses Projekt möglich gemacht haben, den Prozess angestoßen und begleitet haben.
Danken möchte herzlich den Künstlerinnen und Künstlern, die sich mit viel Engagement ans „Werk“ gemacht haben. Besonderer Dank gilt auch der Kuratorin des Kunstprojektes, Valia Carvalho. Dein unermüdlicher und kreativer Einsatz hat maßgeblich zum Gelingen des Gesamtprojektes beigetragen.

Danken möchte auch den beteiligen Auslandsbüros der Heinrich-Böll-Stiftung, die sich ebenso wie die Künstlerinnen und Künstler, auf diese Experiment eingelassen haben, und mit Denkanstößen und Ideen den Prozess befruchtet haben.

Danken möchte ich natürlich auch Georg Kössler, Referent für Internationale Klima und Energiepolitik in der Heinrich-Böll-Stiftung, und Björn Ecklundt, Projektbearbeitung in der Heinrich-Böll-Stiftung, die beide mit viel Energie das Projekt begleitet haben. Mein Dank gilt auch der Öffentlichkeitsabteilung der Heinrich-Böll-Stiftung für ihre Kreativität und Mithilfe.

Last but not least möchte ich den Galerien danken, denn ohne sie würden wir hier heute nicht stehen. Danken möchte ich der Galerie Mikael Andersen – und Herrn Andersen persönlich, der extra für die Ausstellungseröffnung aus Dänemark angereist ist.

Mein Dank gilt außerdem der Galerie Meinblau e. V. und Herrn Bernhard Draz, dem Leiter der Galerie Meinblau e. V.

Ich wünsche der Ausstelllung, das sie erfolgreich ist und bin mir sicher, dass ein Besuch dieser Ausstellung nachklingt, zum nachdenken anregt – und nachhaltig ist.

Herzlichen Dank!


 

Barbara Unmüßig

Barbara Unmüßig ist Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. Sie hat zahlreiche Zeitschriften- und Buchbeiträge zu Fragen der internationalen Finanz- und Handelsbeziehungen, der internationalen Umweltpolitik und der Geschlechterpolitik veröffentlicht.