Mitch McConnell und der Status Quo

Analyse

Kentuckys langjähriger Senator Mitch McConnell kandidiert im Jahr 2020 für seine Wiederwahl. Seit 35 Jahren vertritt er Kentucky im Senat und strebt nun eine siebte Amtszeit an. Als Mehrheitsführer im Senat fungiert McConnell als Sprecher der Republikanischen Partei und oft auch des gesamten Senats. Er bestimmt zentral die Parteistrategie mit und falls er abgewählt wird, könnte ein neues Gesicht als Parteichef/in die Republikaner im Senat in eine andere Richtung lenken. Da Präsident Trump auf McConnells unerschütterliche Loyalität zählen kann, läuft er Gefahr, in einer möglichen zweiten Amtszeit einen seiner effektivsten Verbündeten zu verlieren.

Mitch McConnell - United States Senator and Senate Minority Leader Mitch McConnell of Kentucky speaking at CPAC 2011 in Washington, D.C.

Die globale Pandemie prägt bereits Mitch McConnells Wiederwahlkampf. Sein Wahlkampfteam betont seine 35-jährige Erfahrung als Vertreter Kentuckys im Senat, doch nun steht seine Rolle im Umgang der US-Regierung mit COVID-19 im Vordergrund. Im März forderte er seine voraussichtliche Demokratische Herausforderin Amy McGrath auf, den Wahlkampf ruhen zu lassen, da er in Zeiten einer Pandemie „geschmacklos“ sei. In der Zwischenzeit hat sein Wahlkampfteam Werbespots geschaltet, die McConnell als Helden im Einsatz für alle Amerikaner*innen darstellen.

Unterdessen stehen McConnells Zustimmungswerte auf einem historischen Tiefststand. Derzeit sind 50% mit seiner Arbeit unzufrieden. Damit liegt er auf Rang zwei der unbeliebtesten Senator*innen. Dennoch ist McConnells ausgewiesene Erfahrung als konservativer Führer für die Wählerschaft in Kentucky attraktiv. Also gilt Kentucky, auch wenn ein siebter McConnell-Sieg wahrscheinlich ist, in diesem Jahr dennoch als „battleground state“, also als heiß umkämpfter Bundesstaat.

Mitch McConnell, mächtigster Republikaner im Senat

Nicht nur McConnells eigene Stellung, auch Donald Trumps Präsidentschaft und die Republikanische Mehrheit im Senat stellt die Wahl 2020 vor eine Herausforderung. Als ranghöchster Republikanischer Gesetzgeber steht McConnell unter Druck, noch vor dem Wahltag konservative Gesetzgebung durchzupeitschen. Deshalb weigert sich McConnell weitgehend, selbst bei Notstandsgesetzen zur Pandemiebekämpfung mit den Demokraten Kompromisse bezüglich ihrer Prioritäten einzugehen, wie etwa Green New Deal und Wahlreform. Und er treibt weiterhin im Eiltempo Genehmigungsverfahren durch, um Gerichtsbänke mit konservativen Richtern zu besetzen.

Als Mehrheitsführer leitet McConnell auch die Maßnahmen des Senats in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie, die nun im Mittelpunkt seines Wahlkampfs steht. Wahlwerbespots zeigen ihn als Helden der Nation. Darüber hinaus setzt McConnell auf seine lange Laufbahn als Verfechter des Konservatismus im Senat und verweist dabei vor allem auf Rekordzahlen bei der Bestellung konservativer Bundesrichter*innen und die Aufhebung von Vorschriften aus der Obama-Ära. Die Botschaft: Konservative Wähler*innen können sich auf McConnell als erfahrener und durchsetzungsfähiger Gesetzgeber verlassen.

Zugleich sind aber viele von McConnells wirtschaftlichen Unterstützungsmaßnahmen während der Pandemie umstritten. Sein jüngster Vorschlag, Bundesstaaten in finanziellen Schwierigkeiten sollten doch einfach Insolvenz erklären, wurde von beiden Seiten kritisiert, auch vom Gouverneur seines eigenen Heimatbundesstaats. Doch McConnell setzt weiterhin auf eine baldmöglichste Öffnung der Bundesstaaten und gleichzeitig auf eine Kürzung der Bundeshilfen für die einzelnen Staaten.

Amy McGrath und die Demokratischen Vorwahlen

Die Vorwahl in Kentucky wurde zwar auf den 23. Juni verschoben, doch das Ergebnis steht bereits so gut wie fest und Mitch McConnell wird bei der Wahl 2020 voraussichtlich gegen Amy McGrath antreten. Noch sind einige andere Demokraten im Rennen, darunter die Progressiven Charles Booker und Mike Broihier. Beide unterstützen Medicare for All, ehrgeizige klimapolitische Initiativen und ein universelles Grundeinkommen für alle Amerikaner*innen.

Im Vergleich dazu ist Amy McGrath eine gemäßigte Politikerin. Ihr Hauptgesprächsthema ist Überparteilichkeit. In einem Interview mit dem Courier Journal sagte McGrath, sie werde Trumps gute Ideen unterstützen und den schlechten entgegenwirken, denn „es geht hier nicht um die eigene politische Partei“. Mitch McConnell hingegen, so ihre zentrale Botschaft, habe während der Obama-Ära immer nur blockiert und unterstütze nun dogmatisch Donald Trump. Herausragende Beispiele dafür sind McConnells Weigerung, Obamas Kandidat für den Obersten Gerichtshof überhaupt in Betracht zu ziehen, seine fast prahlerische Aussage, im Amtsenthebungsverfahren gegen Trump „kein unparteiischer Schiedsmann“ gewesen zu sein sowie seine Weigerung, die Einmischung Russlands in die Wahlen von 2016 zu verurteilen. Jahrelang sei McConnell ausschließlich der Republikanischen Partei hörig und auf sie konzentriert gewesen. McGrath verspricht dagegen, ausschließlich im besten Interesse Kentuckys zu handeln.

Amy McGrath ist kein neues Gesicht in der politischen Landschaft Kentuckys. Im Jahr 2018 war sie die Demokratische Kandidatin für Kentuckys 6. Kongressbezirk, verlor aber knapp gegen den Amtsinhaber Andy Barr. Bevor sie in die Politik ging, diente sie zwanzig Jahre lang im Marinekorps und war eine der ersten Pilotinnen, die Kampfeinsätze flog. McGrath genießt die Unterstützung führender Demokrat*innen im ganzen Land und hofft, dass ihre gemäßigten Positionen Wähler*innen ansprechen, die das Vertrauen in Mitch McConnell verloren haben.

Republikanischer Sieg wahrscheinlich trotz Demokratischer Haltungen

Obwohl Kentucky im Allgemeinen als ‚roter‘, also konservativer Bundesstaat gilt, sind die Wähler*innen in Kentucky zu 48% als Demokratisch, zu 43% als Republikanisch und zu 9% als ‚Sonstige‘ registriert und somit recht gleichmäßig verteilt. Seit den Fünfziger Jahren hat Kentucky bei den Präsidentschaftswahlen überwiegend Republikaner gewählt, das Gouverneursamt besetzten zumeist jedoch Demokrat*innen. Zuletzt wurde im Dezember 2019 der Sohn des ehemaligen Gouverneurs von Kentucky Steve Beshear, Demokrat Andy Beshear zum Gouverneur gewählt. Beshears rasche Reaktion auf die Pandemie traf auf breite Zustimmung, trotz einiger jüngster Proteste gegen die Quarantäne. Obwohl McConnell und Beshear unterschiedliche Strategien zum Schutz des Bundesstaates und des Landes verfolgen, stehen sie in engem Kontakt, um Kentucky vor der öffentlichen Gesundheits- und Wirtschaftskrise zu schützen.

Zwar sind die Demokraten Beshear und McGrath beide beliebt, doch ist McConnell als bekanntestes Gesicht und zentrale Figur seiner Partei der Spitzenreiter. Im ersten Quartal 2020 warb das Wahlkampfteam von McGrath mehr Spenden ein als McConnell. Dabei stammen auch mehr Spenden von Einzelpersonen, während McConnells Mittel größtenteils von Geldgebern außerhalb des Bundesstaates kommen, darunter Unternehmen und Super-PACs. Im Februar deuteten Umfragen von Garin-Hart-Young und Change Research auf ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen McConnell und McGrath hin. Das Rennen bleibt also offen und wird stark vom weiteren Verlauf der Corona-Krise und ihren Auswirkungen auf Kentucky abhängen - und davon, wen die Wähler*innen im Herbst dieses Jahres dafür verantwortlich machen werden.