Viel Geld erfolgreich ausgeben
Mit dem Sondervermögen für Infrastruktur und Klimaschutz (SVIK) begibt sich Deutschland auf eine Aufholjagd, seine lang vernachlässigten Infrastrukturen gut aufzustellen. Finanziell ist dies eine bedeutende Weichenstellung, doch viel Geld zu haben, ist nur der erste Schritt. Es auch erfolgreich – also wirksam, schnell und zielgerecht – auszugeben, ist die schwierigere Aufgabe.
Die Studie untersucht die großen Hürden und Herausforderungen für die Umsetzung der Infrastruktur Aufholjagd, zeigt Lösungswege und skizziert, was wir dazu ändern müssen – auch an uns.
Das erste Kapitel zieht zunächst die ernüchternde Bilanz, dass in den vergangenen 25 Jahren bei den Investitionen Planung und Realität immer dann auseinanderklafften, wenn sich der Bund besonders viel vorgenommen hatte. Für 2025 ist dies ebenfalls zu erwarten – der eigentliche Lackmustest kommt 2026. Die Ausgabenpläne addieren sich dann auf knapp 126,7 Milliarden Euro für Investitionen. Das wäre das Vierfache des bisherigen Umsetzungsrekords von 2024. Es wird also von nun an darum gehen, das der Studie vorangestellte Motto umzusetzen: What matters not is what gets spent. What matters is what gets built.
Das zweite Kapitel widmet sich den bedeutenden Infrastrukturen und Investitionsrückständen. Aufgrund der großen Rückstände ist die Verlockung groß, vor allem Lücken zu schließen. Doch dem gegenüber steht der dringende Bedarf an Zukunftsinvestitionen, die die schwächelnde volkswirtschaftliche Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit stärken, ein hohes Tempo bei Klimaschutz und Klimawandelanpassung ermöglichen und die zentrale Leistungsfähigkeit des Staates sichern. Die Schnittmenge zwischen den Rückständen aus der Vergangenheit und den Zukunftsinvestitionen ist glücklicherweise hoch. Vor dem Hintergrund von Gesprächen mit Praktiker:innen und vergangenen Projekten folgt der Appell, bei der Investitionsoffensive nicht zu restriktiv vorzugehen. Wo die hohe Regelungsdichte „von oben“ ein Teil des Problems ist, würden noch mehr Vorschriften und Förderbedingungen eine Problemlösung verhindern. Stattdessen braucht es neben klaren Leitplanken auch Vertrauen: Die Akteure, von denen die wirksame und schnelle Umsetzung öffentlicher Investitionen erwartet wird, müssen selbst Verantwortung übernehmen und gute Entscheidungen treffen können.
Dabei werden drei Arten von Umsetzungshindernissen überwunden werden müssen, denen sich das dritte Kapitel widmet.
- Demografie und Fachkräfte: Mitten in einer Pensionierungswelle im öffentlichen Dienst soll die öffentliche Leistungsfähigkeit steigen. Insbesondere die mit Infrastrukturen beschäftigten Bereiche sind in den letzten Jahrzehnten geschrumpft: Zwischen 1991 und 2015 sank die Zahl der mit Baufragen befassten Beschäftigten in den Kommunalverwaltungen um rund 40 Prozent. Die dramatische Personalsituation lässt sich aber auch anders deuten: Traditionell scheiterte der Bürokratieabbau an den Bürokraten – doch die werden weniger. Damit wandelt sich der Bürokratieabbau für die Behörden selbst von einer Bedrohung zu einer Chance. Impulse für die Finanz- und Sozialpolitik4/ 49
- Genehmigen, Planen, Steuern, Bauen: Fragt man die Betroffenen vor Ort, liegen in Planungs- und Genehmigungsverfahren größere Hemmnisse als in mangelnden Finanzen. Besonders in den letzten Jahren ist zur Vereinfachung schon vieles
angestoßen worden. Dabei wurden allerdings bislang primär besondere Problemspitzen entschärft oder AdhocLösungen als Reaktion auf akute Krisen gefunden. Die guten Erfahrungen, die mit den kurzfristigen Krisenlösungen teilweise gemacht wurden, können als Beispiel für tiefergehende und strukturelle Verbesserungen genutzt werden. Dabei geht es um Dutzende Regeln und Bedingungen, die vereinfacht werden können. Kniffliger ist die Forderung nach Bürokratieabbau bei administrativen Hürden, die bewusst aus wichtigen politischen Motiven eingerichtet worden sind. Wenn im Umwelt und Artenschutz, in der Bürgerbeteiligung oder bei fairen Wettbewerbsbedingungen Bürokratie abgebaut wird, besteht die Gefahr, dass politische Errungenschaften aufs Spiel gesetzt werden, für die hart gerungen worden ist. Hier gilt es, im Rahmen der notwendigen strukturellen Reformen, die die Infrastrukturbereitstellung grundlegend auf mehr Ergebnis statt Prozessorientierung umsteuern, auch für die begleitenden Rechts güter neue Erfüllungsformen zu finden. - Föderalismus, Verwaltungsdiffusion und Konnexität: Der verflochtene deutsche Verwaltungsföderalismus ist in vieler Hinsicht besser als sein Ruf. Insbesondere drei Probleme bedürfen allerdings größerer Aufmerksamkeit, da sie die Leistungsfähigkeit des Staates strukturell behindern. Erstens sollten vertikale Förderprogramme vereinfacht und pauschaliert werden, da sie fehlendes Vertrauen signalisieren und auch sehr viele Ressourcen binden, die für die Umsetzung der konkreten Aufgaben besser eingesetzt werden können. Zweitens braucht es eine konnexitätsgerechte Finanzierung, d. h. neben einer besseren Ausstattung der Kommunen und finanziellen Verbesserungen auch strukturelle Veränderungen in der Aufgaben verteilung zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Und drittens kann, wie der Normenkontrollrat bereits ausgeführt hat, zwischen Ländern und Kommunen eine Aufgabenzusammenführung angestrebt werden. Um dies zu realisieren, ist allerdings eine Föderalismuskommission oder eine potente „Koalition der Willigen“ nötig.
Aus diesen Analysen folgert die Studie zentrale, einfache Maximen für die Umsetzungsoffensive, die den finanzpolitischen Debatten der Gegenwart folgen muss.
Veranstaltungs-Tipp: "Viel Geld erfolgreich ausgeben"
Studienpräsentation und Diskussion am 09. Dezember 2025 um 13.00 - 14.00 Uhr
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Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
1. Viel Geld trifft auf viel Bürokratie
1.1. Wir stehen uns zuweilen selbst im Weg
1.2 Investitionswünsche und deren (teilweise) Realisierung
2. Infrastrukturen für die Zukunft
2.1 Investitionen und investive Rückstände
2.2 Qualitätsausgaben stärken Wachstum und nachhaltige Entwicklung
2.3 Welche Infrastrukturinvestitionen sind vorrangig umzusetzen?
2.4 Faustregeln für das erfolgreiche Investieren
3 Umsetzungshindernisse für öffentliche Investitionen
3.1 Hindernisse beseitigen oder überwinden
3.2 Vom Wandel zum Mangel: Demografie und Fachkräfte
3.3 Es wird kompliziert: Genehmigen, Planen, Steuern, Bauen
3.4 Viele Köche: Föderalismus, Verwaltungsdiffusion und Konnexität
4 Fazit: Einfache Maximen, viel Geld erfolgreich auszugeben und Reformen
anzugehen
Literaturverzeichnis
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