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1997 – 2007: Thabo Mvuyelwa Mbeki

Thabo Mbeki, der langjährige Vertraute von Oliver Tambo, wird 1997 neuer ANC-Präsident und ist damit Nachfolger von Nelson Mandela: ein britisch erzogener Intellektueller, der sich auf dem internationalen Parkett als Vertreter Schwarzafrikas profiliert. 

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Thabo Mbeki, der langjährige Vertraute von Oliver Tambo, wird 1997 neuer ANC-Präsident und ist damit Nachfolger von Nelson Mandela: ein britisch erzogener Intellektueller, der sich auf dem internationalen Parkett als Vertreter Schwarzafrikas profiliert.

Thabo Mbeki wird am 18. Juni 1942 in Idutywa in der Transkei geboren. Seine Eltern sind beide ANC-Aktivisten, sein Vater Govan ist einer der ANC-Führer im Eastern Cape. „Ich wurde in den Befreiungskampf hinein geboren“, sagt Mbeki später.

Da die Eltern immer mit ihrer Verhaftung rechnen müssen, schicken sie ihren Sohn mehrfach für längere Zeit zu Freunden. Schon mit 14 Jahren wird er Mitglied der ANC Youth League (ANCYL), engagiert sich in Johannesburg in der Studentenpolitik und wird Generalsekretär der „African Students’ Association“ (ASA). Per Fernstudium schreibt Mbeki sich an der Universität London für das Studium der Wirtschaftswissenschaften ein.

Der Sicherheitspolizei ist er da bereits aufgefallen. Sechs Wochen lang wird er von ihr festgehalten. 1962 schickt der ANC Mbeki ins Ausland. Daraus werden 28 Jahre im Exil. Im damaligen Rhodesien wird Mbeki verhaftet und soll an Südafrika ausgeliefert werden; der ANC alarmiert britische Labour-Politiker, und nach ihrer Intervention darf Mbeki nach Tansania ausreisen. Von dort aus erreicht er später Großbritannien und schließt an der Universität von Sussex sein Wirtschaftsstudium 1966 mit dem Master-Examen ab.

Im ANC erarbeitet sich Mbeki über die Jahre eine immer wichtigere Rolle, baut ANC-Büros im Ausland auf, kümmert sich um die Jugend- und Studenten-Abteilung des Exil-ANC, absolviert 1970 in Moskau ein – für künftige ANC-Führungsmitglieder obligatorisches - militärisches Training, sitzt seit 1975 im Nationalen Exekutiv-Komitee der Organisation und wird im Londoner Büro und später im ANC-Hauptquartier in Lusaka die rechte Hand von Oliver Tambo.

Perspectives Afrika: In dieser englischsprachigen Publikationsreihe wollen wir Fachleuten aus Afrika eine Plattform bieten, ihre Ansicht zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen ihrer Regionen zu veröffentlichen. Perspectives Africa legt dabei den Fokus auf Standorte im Süden, Osten und Westen des Kontinentes an denen die Heinrich-Böll-Stiftung mit Regionalbüros vertreten ist.

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In den 80er Jahren koordiniert Mbeki als Informations-Direktor die Medien-Kampagnen. 1989 wird ihm die Leitung der ANC-Abteilung für Internationale Angelegenheiten übertragen. Bei den geheimen Verhandlungen des ANC mit südafrikanischen Wirtschaftsmanagern und der Regierung in Pretoria hat er eine Schlüsselrolle. 1994, im Kabinett der Nationalen Einheit, wird Mbeki einer der beiden Stellvertretenden Präsidenten.

Die 50. Jahres-Konferenz des ANC in Mafikeng bestimmt Mbeki 1997 zum neuen Parteipräsidenten. Damit ist klar, dass er nach den Wahlen 1999 auch in der Regierung Nachfolger von Nelson Mandela wird.

In seinen beiden Amtszeiten setzte Mbeki vor allem außenpolitische Schwerpunkte. Mit seinen Konzepten einer „African Renaissance“ und einer „New Partnership for Africa’s Development“ (NEPAD) wirbt er für ein erstarktes, geeintes und prosperierendes Afrika und profiliert sich als intellektueller Theoretiker.

Mbekis Haltung bringt ihn national und international in zwei Punkten in Misskredit. Gegenüber Simbabwe setzt er auf „stille Diplomatie“ und schweigt öffentlich zum brutalen Vorgehen der Regierung Mugabe gegen ihre Gegner, zu Wahlfälschungen, Folter und politischen Morden.

Im Blick auf HIV/Aids vertraut er obskuren Internet-Quellen, den medizinischen Kampf gegen den HI-Virus blockiert seine Regierung über Jahre. Gesundheitsministerin Manto Tshabalala-Msimang kann ungerügt Knoblauch und Rote Bete gegen Aids empfehlen. Die Ausgabe retroviraler Medikamente wird den Ärzten über Jahre verweigert. Diese Politik wird erst nach heftigen öffentlichen Debatten korrigiert. Experten schätzen 2008, dass die späte Einsicht mehr als 300 000 Menschen in Südafrika das Leben gekostet hat.

Bischof Tutu kritisiert bereits 2004 öffentlich, dass Mbeki sich nur mit „Ja-Sagern“ umgebe und seine Politik nur einer kleinen Gruppe der schwarzen Elite nutze. Mbeki und der ANC unterdrückten die öffentliche Debatte. Als Mbeki scharf antwortet, meint Tutu, er werde für ihn beten, genauso wie er es für die Verantwortlichen der Apartheid-Regierung getan habe. Peter Bruce, Chefredakteur des „Business Day“ bilanziert die Mbeki-Ära knapp mit „ein eloquentes und elegantes Desaster“.

Im Gegensatz zur südafrikanischen Verfassung, die die Amtszeit des Präsidenten auf zwei Perioden begrenzt, gibt es im ANC keine derartige Regelung. Mbeki will im ANC eine dritte Amtszeit. Als sein Stellvertreter und Konkurrent Jacob Zuma nach Korruptions- und Vergewaltigungs-Vorwürfen vor Gericht steht und angeschlagen scheint, kommt es zum offenen Machtkampf. Auf der Jahres-Konferenz des ANC 2007 in Polokwane gewinnt allerdings Zuma und wird damit zum offiziellen Präsidentschaftskandidaten. Nach einem zermürbenden, auch juristisch ausgetragenen Streit beschließt das Exekutiv-Komitee des ANC 2008, Mbeki sei nicht mehr in der Lage, Südafrika zu regieren. Daraufhin tritt er am 21. September folgsam zurück.