Kommunalwahlen in Südafrika: Gegenwind für die Regierungspartei ANC

Am 3. August 2016 sind 26 Millionen Südafrikaner/innen zur Wahl aufgerufen. Es wird die spannendste Wahl seit dem Ende der Apartheid. Die fünf wichtigsten Beobachtungen.

Eine Demonstration von DA-Anhängern aus dem Jahr 2012.
Teaser Bild Untertitel
Anhänger der stärksten Oppositionspartei Democratic Alliance (DA)

1. Der Kampf um die Städte

Zum ersten Mal in seiner Regierungsgeschichte hat der African National Congress (ANC) über seine alleinige Regierungsfähigkeit in mehreren urbanen Zentren des Landes gleichzeitig zu fürchten. Die Democratic Alliance (DA), Südafrikas größte Oppositionspartei, hat es sich zum Ziel erklärt, neben dem von ihr seit 2006 regierten Kapstadt gleich drei weitere Metropolgemeinden – Tshwane (Pretoria), Johannesburg und Nelson Mandela Bay (Port Elizabeth) – für sich zu gewinnen. Wie gut ihre Chancen tatsächlich stehen, ist schwer einzuschätzen.

Fest steht: weniger Stimmen für den ANC würden sich in einen breiteren Trend einordnen lassen. Seit den Nationalwahlen im Jahr 2004 hat der Stimmenanteil der Regierungspartei bei National- und Kommunalwahlen graduell von 70 auf 62 Prozent (2014) abgenommen. Es scheint daher nicht unwahrscheinlich, dass der ANC unter die 60-Prozent-Marke rutschen wird, was nicht das erste Mal wäre. Bei den Kommunalwahlen im Jahr 2000 erhielt der ANC 59.4 Prozent der Stimmen.

Gerade in den Großstädten dürfte es dem ANC schwer fallen seine Kernwählerschaft zu mobilisieren. Zu sehr bestimmen politische Skandale, wie etwa um den mit Steuergeldern finanzierten Ausbau der privaten Residenz Präsident Jacob Zumas in Nkandla, die Schlagzeilen. Gleichermaßen zeigt sich eine wachsende Zahl von Bürgerinnen und Bürger über die mangelhafte Bereitstellung von öffentlichen Dienstleistungen enttäuscht und bringen dies in jährlich tausenden von sogenannten „service delivery protests“ deutlich zum Ausdruck.

Der regierende ANC ist sichtbar besorgt

Der ANC ist sich seiner Lage in den Metropolen des Landes bewusst und sichtbar besorgt. So ernannte die Partei auf Initiative ihrer Zentrale im Mai 2015 Danny Jordaan als Bürgermeister von Nelson Mandela Bay, um die weitgehend marode Metropolgemeinde um die Stadt Port Elizabeth wieder auf Vordermann zu bringen. Jordaan gilt als erfahrener Verwalter, der das lokale Organisationskomitee während der Fußballweltmeisterschaft 2010 unter sich hatte. Ob dieser politische Schachzug seine gewünschte Wirkung zeigen wird, bleibt abzuwarten.

In der Provinz Gauteng hat der ANC damit begonnen, seine Kampagne stärker an der dort breit vertretenen schwarzen Mittelklasse zu orientieren. Auf Anlass der Parteispitze in der Provinz, wo sich Johannesburg als die wichtigste Wirtschaftsmetropole des Landes befindet, versucht die Partei gezielt junge Akademiker und Berufstätige als Freiwillige für den Wahlkampf zu rekrutieren. Damit will man sich vorsichtig von der Partei auf nationaler Ebene abheben, von der sich eine zunehmende Zahl der schwarzen Mittelschicht entfremdet fühlt. Gerade diese Stimmen hofft die DA durch die Nominierung schwarzer Spitzenkandidaten an sich zu reißen. So wurde in Johannesburg mit Herman Mashaba ein bekannter Unternehmer ins Rennen geschickt.

In Johannesburg gerät der regierende ANC aber bei weitem nicht alleine durch die DA unter Druck. Die vom ehemaligen Präsidenten der ANC-Jugendliga, Julius Malema, gegründete linkspopulistische Partei Economic Freedom Fighters (EFF) hat bei der Veranstaltung zur Veröffentlichung ihres Parteiprogramms in Soweto – ein Zusammenschluss zahlreicher Townships südwestlich von Johannesburg und eine der historischen Wiegen des ANC – gezeigt, dass sie in der Lage sind, Mitglieder und Sympathisanten zu mobilisieren.

Linkspopulistischen EFF könnten zum „Königsmacher“ werden

Mehr als 40.000 Teilnehmer strömten zum Orlando Stadium, um dem charismatischen Populisten Julius Malema sprechen zu hören. Die Ambitionen der jungen Partei sind hoch und ihre Wahlversprechen wild. Auch wenn die Selbstdarstellung als „Regierungspartei in der Warteschleife“ überzogen sein mag und ein volles Stadion nicht mit tatsächlichen Stimmen an den Urnen gleichzusetzen ist, könnte die Partei in den Ballungsräumen von Gauteng durchaus in die Rolle des „Königsmacher“ schlüpfen.

Die Aussicht, dass breite Koalitionen eingegangen werden müssen, um eine Regierungsmehrheit zu erreichen, ist größtenteils Neuland für Südafrika. Sollte der ANC in manchen der Metropolen tatsächlich deutlich unter die 50-Prozent-Marke rutschen, wird es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu bisher unvorstellbaren Schulterschlüssen kommen müssen. Die EFF haben einer möglichen Koalition mit dem ANC bereits mehrmals eine Absage erteilt. Gleichzeitig erscheint die programmatische Kluft zwischen der DA und den EFF als unüberbrückbar. Damit bleibt eine Art „große Koalition“ der politischen Mitte, die weder dem ANC noch der DA gefallen dürfte.

Sollte der ANC tatsächlich schwächer werden in den urbanen Zentren des Landes, während er in den ländlichen Regionen fest im Sattel bleibt, könnte dies den Charakter der Partei und die politische Landschaft des Landes auf lange Sicht grundsätzlich verändern.

2. Die Unabhängige Wahlkommission – wie unabhängig ist sie?

Bisher gelten Wahlen im demokratischen Südafrika als insgesamt frei und fair. Die Unabhängige Wahlkommission (IEC), die für die Umsetzung der Wahlen zuständig ist, genoss ein allgemein hohes Ansehen als eine starke, unparteiische Institution mit Integrität. Eine Reihe von Ereignissen hat allerdings zum Beginn einer veränderten öffentlichen Wahrnehmung geführt.

Zunächst trat im Jahr 2014 die lange Zeit hoch respektierte Vorsitzende der Kommission, Pansy Tlakula nach einem in die Länge gezogenen Korruptionsskandal um den Mietvertrag für den IEC-Hauptsitz zurück. Die Nominierung ihres Nachfolgers Vuma Glenton Mashinini durch Präsident Jacob Zuma sorgte unter den Oppositionsparteien für Unmut. Zwar hatte Mashinini bereits von 1998 bis 2001 eine Position im Management des IEC inne, allerdings fungierte er in der Vergangenheit auch als persönlicher Berater Zumas.

Bereits bei den letzten Nationalwahlen im Jahr 2014 haben die EFF dem IEC Wahlbetrug in Alexandra Township in Johannesburg zu Gunsten des ANC vorgeworfen. Als die Situation vor Ort völlig in Gewalt zu eskalieren drohte, lenkte die Partei jedoch ein und erkannte das Wahlergebnis an. Seither hat Malema seine damaligen Vorwürfe mehrmals öffentlich wiederholt – ohne jedoch konkrete Beweise anzubieten. Seine offenen Drohungen gegen den IEC, solchen Betrug bei den kommenden Wahlen nicht mehr zu akzeptieren, dürfte ein ungesundes Misstrauen der Bevölkerung gegenüber der Institution schüren. Aufgrund der umfassenden Kontrollmechanismen bei der Auswertung der Stimmzettel, die Vertreter aller Parteien mit einbeziehen, erscheint eine Wahlfälschung unwahrscheinlich.

Unabhängigkeit der Wahlkommission ist unabdingbar für politische Stabilität

Allerdings zeigt ein anderer Fall, dass es nicht unmöglich ist. Im November 2015 kam das Verfassungsgericht zu dem Schluss, dass die im Jahr 2013 abgehaltenen Nachwahlen in Teilbezirken der Gemeinde Tlokwe (Potchefstroom) als nicht frei und fair anzuerkennen seien und ordnete Neuwahlen an. Eine Gruppe unabhängiger Kandidaten hatte dem IEC vorgeworfen, Wählerinnen und Wählern registriert zu haben, die nicht in den jeweiligen Stimmbezirken wahlberechtigt gewesen seien, und dass dies die Wahlergebnisse verfälschte.

Auf Grundlage der vorliegenden Beweise, stimmte das Gericht den Vorwürfen zu und verordnete auch, dass in Zukunft die Adressen aller Wählerinnen und Wähler mit in das Wahlverzeichnis aufzunehmen sind. Da das für den IEC bis zum Zeitpunkt der Kommunalwahlen am 3. August nicht zu schaffen ist, urteilte das Verfassungsgericht nun am 14. Juni, dass die Kommission 18 Monate Zeit habe, um das nationale Wahlverzeichnis zu korrigieren und dessen Legalität zu gewährleisten.

Das Verfassungsgericht hat damit, rechtlich gesehen, Klarheit geschaffen und ist eine Verfassungsänderung umgangen, die nötig geworden wäre um die Kommunalwahlen zu verschieben. Dennoch hat der Fall ein potenzielles Schlupfloch offengelegt, das gerade in eng umkämpften Wahlbezirken zum Tragen kommen könnte und die Tür für mögliche Anfechtungen der Wahlergebnisse der kommenden Wahlen öffnet.

Eine umfassende Ablehnung der Wahlergebnisse seitens einer der größeren Oppositionsparteien könnte das Land in eine politische Krise mit schwer vorhersehbaren Folgen stürzen. Vor diesem Hintergrund erscheint ein zu allen Zeiten sorgsames und unabhängiges Verhalten der Wahlkommission besonders wichtig.

3. Gewalt und Einschüchterungen nehmen zu

Trotz seiner gewaltreichen Geschichte und Gegenwart, kann Südafrika stolz auf eine Tradition von insgesamt gewaltfreien Wahlen zurückblicken. Dies droht sich mit dieser Wahl allerdings zu verändern. Die Anzahl von öffentlichen Protesten hat sich nach Angabe des südafrikanischen Institute for Security Studies (ISS) seit 2010 stetig erhöht. Proteste sind zum festen Bestandteil des öffentlichen Lebens geworden.

Als Hauptauslöser gelten unter anderem die mangelnde Bereitstellung öffentlicher Dienstleistungen, Arbeitskonflikte sowie Konflikte über die Demarkation einzelner Kommunen. Die derzeit schwierigen Rahmenbedingungen wie etwa Arbeitslosigkeit und geringes Wirtschaftswachstum, Dürre und Nahrungsmittelinflation sowie ein Verlust von Vertrauen in die Regierung und demokratischen Institutionen drohen die Situation weiter zu verschärfen. Im direkten Zusammenhang mit den Wahlen ist es aber insbesondere der instabile Zustand des ANC, der sich zu einem der Hauptfaktoren für Gewaltausschreitungen entwickelt hat.

So hat etwa der Nominierungsprozess für die zur Wahl stehenden Kandidaten innerhalb der Partei bereits zu einer Welle von politisch motivierter Gewalt und Morden geführt. Insbesondere die Provinz KwaZulu-Natal aber auch andere Teile des Landes sind davon betroffen. Hier geht es nicht nur um poltische Flügelkämpfe innerhalb der Partei, sondern auch um ein Leben in Armut oder Wohlstand. Die Posten in der Kommunalverwaltung sind beliebt. Außerhalb des öffentlichen Dienstes stehen die Chancen, einen geregelten und gutbezahlten Arbeitsplatz zu finden, für die Meisten schlecht. Die negativen Wirtschaftszahlen haben das noch weiter verschärft.

Höhepunkt der Gewalt bisher sind jedoch die jüngsten Ausschreitungen in Tshwane. Als die ANC Parteispitze am 20. Juni verkündete, Thoko Didiza als Bürgermeisterkandidatin in der Metropolgemeinde aufzustellen, kam es zu weitreichenden Unruhen in und um die Landeshauptstadt Pretoria. Die lokalen ANC-Parteistrukturen sind tief gespalten. Keiner der drei von ihnen vorgelegten Vorschläge für Spitzenkandidaten überzeugte den Parteivorstand.

Stattdessen entschied dieser, die demokratischen Prozesse innerhalb der Partei zu unterhöhlen und mit Didiza zwar eine als kompetent geltende, aber in der Stadt weitgehend unbekannte Nationalpolitikerin aufzustellen. Unter der Anführung von lokalen ANC-Mitgliedern ist der Unmut in der allgemeinen Bevölkerung über die Entscheidung schnell in Vandalismus und Plünderungen umgeschlagen, die mehrere Tage andauerten. Dabei kam es auch zu mehreren Toten.

Gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Anhängern des ANC und der EFF

Ebenso ist es bereits zu gewalttätigen Auseinandersetzungen und Einschüchterungsversuchen zwischen den Parteien gekommen. Bei Wahlkampfveranstaltungen der EFF zwischen April und Juni in den Provinzen Gauteng und KwaZulu-Natal ist die Partei mehrmals mit Mitgliedern und Unterstützern des ANC gewalttätig aneinander geraten. Zwei Mitglieder der EFF in Tembisa Township in Gauteng sind bereits ermordet worden. Während sich die Parteien gegenseitig die Schuld zuschieben, sind die EFF laut Medienberichten weitaus disziplinierter in ihrem Verhalten. Zudem werfen die EFF der Polizei vor, voreingenommen zu agieren.

Die Androhungen seitens Julius Malema während eines Interviews mit Al-Jazeera im April, den ANC, wenn nötig, mit Gewalt aus der Regierung zu heben, trug aber mit Sicherheit wenig dazu bei, eine friedvolle Wahlatmosphäre zu schaffen. Dies gilt auch für seinen Aufruf an die Protestierenden Südafrikas bei einer Wahlveranstaltung in Kapstadt, anstelle von Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen lieber doch die lokalen Büros des ANC niederzubrennen. Insbesondere die ANC-Jugendliga hat solche Anmerkungen regelmäßig mit der Androhung von Gegengewalt beantwortet.

Angesichts des Gewaltanstiegs im Vorfeld der Wahl stellt sich auch die Frage , wie insbesondere die Mitglieder des ANC oder der EFF auf ein unerwartet schlechtes Wahlergebnis reagieren werden.

4. Jungwähler – der Wunsch nach Wandel

Die Stimmen der sogenannten „born frees“ werden seit einigen Jahren von allen politischen Parteien heiß umkämpft. Nach dem Ende der Apartheid geboren und aufgewachsen, fühlen sich diese Erstwähler weniger als die älteren Generationen zu Loyalität gegenüber dem regierenden ANC und seiner „glorreichen Geschichte“ verpflichtet. Dies macht ihr Wahlverhalten weniger vorhersehbar, was zukünftige Wahlergebnisse stark verändern könnte. Bei den Nationalwahlen von 2014 registrierten sich jedoch trotz gezielter Kampagnen der Wahlkommission nur 33 Prozent aller Wahlberechtigen zwischen 18 und 19 Jahren.

Auch für die vergangenen Kommunalwahlen galt, dass die ca. zwei Millionen jungen Südafrikaner in dieser Altersgruppe von allen Wahlberechtigen am wenigsten im Wählverzeichnis vertreten waren. Gleiches gilt auch für die größere Gruppe von Jungwählern. Immerhin 66 Prozent der Gesamtbevölkerung und die Hälfte aller Wahlberechtigten sind unter 35 Jahre alt. Allerdings ist nur die Hälfte von ihnen derzeit registriert. Dabei haben die Metropolen besonders viele junge Bürger. Zudem spielen Kommunen eine zentrale Rolle in der Bereitstellung von Dienstleistungen. Es stellt sich also die Frage, warum sich junge Südafrikaner bisher so wenig motiviert zeigten, ihre Stimmzettel abzugeben.

Eine Studie vom Institute for Security Studies im Jahr 2014 fand heraus, dass jugendlicher Apathie am wenigsten die Schuld zu geben ist. Geringer Wille zur Partizipation an der Urne scheint eher in einem tiefen Vertrauensverlust in die politischen Parteien zu wurzeln. Laut einer Meinungsumfrage aus Juni 2016 glauben weniger als 30 Prozent der Altersgruppe zwischen 15 und 24 Jahren, dass sich das Land in die richtige Richtung bewegt.

Unter den jungen Südafrikaner/innen schwindet das Vertrauen in die Politik

Die Jugendarbeitslosigkeit ist seit 2008 gestiegen, und zu Beginn von 2016 haben mehr junge Südafrikaner die Suche nach Arbeit gänzlich aufgegeben. Sie scheinen Zuversicht zu verlieren, dass Parteien und Wahlergebnisse tatsächlich einen Wandel einleiten und ihren Zugang zu Arbeit, Bildung, Gesundheit und Wohnraum verbessern können. Junge Südafrikaner scheinen jedoch gleichzeitig mit mehr Optimismus in die Zukunft zu blicken: Mehr als 60 Prozent glauben an eine positive Zukunft für alle in Südafrika vertretenen Ethnien.

Im März 2016 kündigte die Wahlkommission an, verstärkt an junge Bürger appellieren zu wollen, sich zur Beteiligung an den Kommunalwahlen zu registrieren. Im April ließ die stellvertretende Vorsitzende Terry Tselane ermuntert verlauten, dass von den 1,2 Millionen Bürgern, die sich am Registrierungswochenende eintragen ließen, 70 Prozent Jungwähler waren.

Laut den Zahlen der IEC registrierten sich doppelt so viele Jungwähler am ersten Registrierungswochenende im Vergleich zu den Kommunalwahlen in 2011, und ein Viertel mehr als bei den Nationalwahlen 2014. Verschiedene Faktoren mögen dabei eine Rolle gespielt haben: die politischen Korruptionsskandale der vergangenen Jahre um Zuma, das Debakel um die Entlassung des fähigen aber kritischen Finanzministers Nhlanhla Nene, und die Studentenproteste, die im vergangenen Jahr die Grundfeste der südafrikanischen Universitäten erschütterten.

EFF und DA sehen ihre Chance bei der Jugend

Die Studentenbewegungen „Rhodes must fall“ und „Fees must fall“ zeigten, dass sich junge Südafrikaner alternative politische Kanäle schaffen können, um ihren Frust kund zu tun und politische Forderungen zu äußern. Abgesehen von der Transformation der höheren Bildungsinstitutionen, ging es denjenigen, die sich an den bisher größten studentischen Protestaktionen seit dem Ende der Apartheid beteiligten, um die volle kulturelle, soziale und ökonomische Teilhabe der weiterhin benachteiligten Bevölkerung. EFF-Sprecher Mbuyiseni Ndlozi ist der Meinung, dass die Mainstream-Parteien die Anliegen der Jugend bisher ignoriert haben.

Die EFF hingegen, so Ndlozi, verstünde die Jugend am besten und habe mit ihrer Programmatik der Land- und wirtschaftlichen Umverteilung konkrete Antworten gefunden. Tatsächlich ist die EFF teilweise bereits an die Stelle der geschwächten ANC-Jugendliga als dominante politische Jugendformation getreten. Aber auch die DA umwirbt die Jungwähler offensiv. Der Parteipräsident Mmusi Maimane, selbst schwarz und relativ jung, unternahm eigens eine Kampagne, um Jugendliche zur Wahl aufzurufen und nannte die Wahlen ein „Referendum für die Zukunft“.

Es fragt sich jedoch, ob die DA den Ärger und die Wünsche der Jugend so effektiv einfangen kann wie die militant auftretende EFF. Der oben genannten Meinungsumfrage aus Juni 2016 zufolge scheint die EFF bei Jungwählern tatsächlich besser anzukommen: 47 Prozent gaben an, dass sie für den ANC stimmen würden, 12 Prozent für die EFF, und nur 11 Prozent für die DA.

5. Wie frei und fair ist die Berichterstattung?

Die South African Broadcasting Corporation (SABC), Südafrikas öffentliche Fernseh- und Radioanstalt erreicht mit seinen 19 Radio- und vier Fernsehstationen ein größeres Publikum als jegliche andere Medienanbieter des Landes. Die Institution steht schon seit langem gerade bei der Opposition in der Kritik, ihr öffentliches Mandat, das nach Unabhängigkeit und Unparteilichkeit in der Berichterstattung verlangt, nicht zu erfüllen. Unter der Führung des extravaganten und skandalbehafteten Hlaudi Motsoeneng, der als enger Verbündeter Zumas gilt, hat sich diese Kritik jedoch noch weiter zugespitzt.

Ende Mai verkündete die SABC, dass seine Sender von nun an keine Filmaufnahmen von gewalttätigen Protesten mehr zeigen werden. Dies solle verhindern, dass Täter unnötige Publizität erhalten und andere zu Gewalt und Vandalismus angestiftet werden. Ebenso wurde das Zitieren von Schlagzeilen aus den Printmedien des Landes in den SABC-Radiosendern unterbunden. In den Augen der freien Medien, der Zivilgesellschaft und den Oppositionsparteien ist dies schlicht Zensur, mit dem Ziel die Regierungspartei in der Wahlkampfphase und darüber hinaus vor negativer Berichterstattung zu schützen.

SABC und Gupta-Medien zu abhängig vom ANC

Die DA zieht in Betracht, die SABC vor ein Beschwerdetribunal der Regulierungsbehörde für Kommunikation und Rundfunk (ICASA) zu bringen. Auf Basis seiner eigenen Analyse wirft sie der Anstalt vor, im Zeitraum vom 5. bis zum 17. Juni dem regierenden ANC beinahe drei Mal so viel Berichterstattung gewidmet zu haben wie der eigenen Partei. Die SABC ist jedoch dazu verpflichtet, allen Parteien gleichberechtigte Berichterstattung in Wahlkampfzeiten zu gewährleisten. Bereits in den Wochen zuvor hatte die SABC laut der DA bürokratische Verzögerungstaktiken angewandt, um die Ausstrahlung seiner Wahlclips zu verhindern.

Auch die private Medienlandschaft ist im Auge zu behalten. Die Tageszeitung „The New Age“ als auch der Nachrichtensender „ANN7“, beide im Besitz der Präsident Zuma nahestehenden Unternehmerfamilie Gupta, wurden von Beginn an als Medienhäuser gegründet, die der Regierungspartei gegenüber positiv gesonnen sein sollen. In den vergangenen Monaten sind sie aber dadurch aufgefallen, insbesondere der Fraktion um Präsident Zuma innerhalb des ANC dienlich zu werden.

So hat gar Gwede Mantashe, Generalsekretär des ANC, die Berichterstattung der Gupta-Medien als „rücksichtslos“ beschrieben. Diese hatten über eine #ZumaMustFallBrigade innerhalb des ANC berichtet, nachdem der stellvertretende Finanzminister öffentlich bekannt gab, den Chefposten im Ministerium von Vertretern der Gupta-Familie angeboten bekommen zu haben kurz bevor der frühere Finanzminister Nene im Dezember 2015 aus dem Amt gehoben wurde. Unabhängiger und verantwortlicher Journalismus sieht anders aus.