Kiel: „Dank der Grünen hat sich für Frauen eine Menge getan“

Andrea Hake

Andrea Hake ist seit Juni 2013 Ratsfrau und bildungspolitische Sprecherin der grünen Ratsfraktion in Kiel. Die Stadt hat sich im diesjährigen Ranking um elf Plätze verbessert auf Rang 19.

Kiel belegt im Genderranking 2017 den 19. Platz, vor vier Jahren war es noch Platz 30. Was hat dazu geführt, dass sich die Situation in den letzten Jahren merklich verbessert hat?

Hake: Die Kieler Ratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sicherlich einen Großteil dazu beigetragen. Die Grünen haben im Rat ständig und immer wieder penetrant darauf gedrängt, alle Gremien der Stadt paritätisch zu besetzen. Wir haben immer und überall darauf geachtet, dass – wenn schon nicht die Quote eingehalten wird – zumindest die Tendenz in Richtung Beteiligung von Frauen geht. Das zieht sich durch sämtliche Gremien, die eine Stadt so hat. Ob in den Aufsichtsräten oder im Kunst- oder Seniorenbeirat: Uns war immer wichtig, den weiblichen Blick in alle Entscheidungen mit reinzubringen.

Die Kieler Grünen sind seit 2003 durchgehend an der Stadtregierung beteiligt. Wir hatten seit 2008 bis Januar diesen Jahres eine rot-blau-grüne Kooperation, die sogenannte Dänenampel. Davor hatten wir in Kiel eine grün-schwarze Regierung. Vieles von dem, was heute sichtbar wird, ist also eine direkte Folge unserer Arbeit in der Stadtregierung, in der die Kieler Grünen immer und immer wieder um Gleichstellung gekämpft haben. Die grüne Arbeit trägt jetzt Früchte. Das bestätigt übrigens auch an eine ganz aktuelle Entscheidung: Wir haben nun eine zweite Dezernentin (Stadtentwicklung und Umwelt) in Kiel bekommen. Damit sind jetzt zwei von vier Dezernatsstellen weiblich besetzt.

Es ist also noch notwendig, immer wieder auf eine paritätische Besetzung hinzuweisen?

Ja, so simpel es klingt und so schwierig es manchmal immer noch ist. Natürlich weisen wir immer wieder auf die Gleichstellung hin, aber letztlich spielen fachliche Kompetenzen, Zugehörigkeit zu einer Partei, etc. eine Rolle bei der Besetzung der Ämter. In der Gemeindeordnung ist bezüglich der städtischen Gesellschaften eine paritätische Besetzung der Gremien (Aufsichtsräte) gefordert. Wir achten als Grüne auf eine Einhaltung dieses Grundsatzes. Wenn es beispielsweise um die Besetzung eines Aufsichtsratspostens in einem städtischen Unternehmen geht, achten wir auf eine paritätische Besetzung.

Wir sind aber noch lange nicht am Ende: Denn wenn ich die Zeitung aufschlage und Fotos von offiziellen Terminen der Stadtpolitik sehe, sind darauf häufig mehr Männer als Frauen zu sehen, manchmal sogar ausschließlich Männer. Das muss sich ändern.

Was muss noch besser werden?

Das selbstverständliche Mitdenken von Parität muss weiter ausgebaut werden – bei den anderen Parteien ebenso wie in der Verwaltung. Schließlich macht es einen Unterschied, ob immer mehr Stellen mit Frauen besetzt werden. Es verändert insgesamt die Stimmung im Stadtparlament und strahlt positiv nach außen. Ich erinnere mich daran, als wir in Kiel eine Oberbürgermeisterin hatten, machte das insgesamt einen Unterschied im Stadtleben.

Die Kampagne „Im echten Norden. Frauen in die Kommunalpolitik“ wollte dies aktiv unterstützen. War die Aktion erfolgreich?

Die Kampagne hatte positive Effekte. Jedoch ist es auch mit Schwierigkeiten verbunden, sich auf einer Metaebene mit Frauenbeteiligung auseinanderzusetzen — besonders, wenn man ehrenamtlich als Ratsfrau tätig ist, allein Erziehende und dazu noch berufstätig. Eine Mitarbeit in den Gremien, die mit der Kampagne in Verbindung stehen, ist zeitlich schwer zu schaffen. Im Rahmen unserer Möglichkeiten haben wir uns trotzdem eingebracht. Unsere Fraktionsvorsitzende Lydia Rudow hat an einer Podiumsdiskussion teilgenommen und die Erfahrungen der Grünen Ratsfrauen eingebracht.

Die Kampagne hat sicherlich unterschiedliche Akteur/innen zusammengebracht und das Thema wieder auf die Agenda gebracht. In der Landespolitik vielleicht noch etwas erfolgreicher, weil dort die Politiker/innen hauptamtlich tätig sind. Kommunalpolitiker/innen sind ehrenamtlich tätig und mit ihrer Arbeit in den Gremien mehr als genug ausgelastet.

Wie kann die Gleichstellung von Frauen noch befördert werden?

Es müsste noch mehr Organisationen bzw. Akteur/innen geben, die eine gerechte Frauenbeteiligung immer wieder und unermüdlich aufgreifen. Wir haben am Anfang der Legislaturperiode, als sich alle Ratsfrauen getroffen haben, zum Beispiel auch über familienfreundliche Sitzungszeiten und -längen diskutiert. Auch das ist ein wichtiger Faktor, um Gleichstellung praktikabel zu gestalten.

Für Kiel wünsche ich mir, dass die Rolle der Frauenbeauftragten wieder einen höheren Stellenwert bekommt. Wir hatten früher eine ausgesprochen engagierte Frauenbeauftragte, die ihre Aufgaben viele Jahre mit der notwendigen Vehemenz ausgeführt hat. Sie setzte proaktiv Themen auf die Tagesordnung, jeder in Kiel kannte sie und wusste, wofür sie einsteht. Dies schafft auch eine positivere Wahrnehmung des Themas Gleichstellung für Frauen. Und diese brauchen wir in Kiel.

Die Fragen stellte Jelena Nikolic.