Mehr Macht für Frauen – der Weg führt über die Quote

Das aktuelle Genderranking zeigt: Gleichberechtigte Teilhabe setzt sich nicht von alleine durch. Im Vergleich zu vorherigen Studien gibt es Rückschläge, aber auch Lichtblicke.

Feminismus & Gender

Dieser Artikel ist Teil unseres einführenden Dossiers „Feminismus & Gender".

„Ich möchte, dass Frauen mehr Macht bekommen“, sagte Ivanka Trump am Rande des W20-Frauengipfels in Berlin. „Mehr Macht für Frauen“ ist aber keine Glamour- bzw. Blümchenkleid-Veranstaltung und schon gar kein Selbstläufer. Das zeigt erneut das „Genderranking deutscher Großstädte 2017“, das Wissenschaftler/innen der FernUni Hagen für die Heinrich-Böll-Stiftung erstellt haben. Das mittlerweile vierte Genderranking deutscher Großstädte macht deutlich: Nur 8,2 % der (Ober-)Bürgermeister/innen deutscher Städte ab 100.000 Einwohner/innen sind weiblich. Im Jahr 2008 waren es noch 17,7% und 2013 13,9%. Von allein setzt sich die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an der Macht nicht durch, im Gegenteil: Es gibt auch Rückschläge zu verzeichnen.

Aber die Studie von Prof. Lars Holtkamp, Dr. Elke Wiechmann und Monya Buß eröffnet auch Lichtblicke. So ist der Frauenanteil unter den Dezernent/innen als einzige politische Spitzenposition stark und kontinuierlich gestiegen: von 18,5 Prozent 2008 auf 29,1 Prozent 2017. Die Wissenschaftler/innen führen dies darauf zurück, dass hier die beruflichen Qualifikationen von Frauen eine größere Rolle spielen als bei der Besetzung rein politischer Ämter. Insgesamt gilt jedoch: Frauen sind gemessen an ihrem Bevölkerungsanteil in den kommunalpolitischen Führungsämtern deutscher Großstädte auch 2017 unterrepräsentiert. Je wichtiger und mächtiger der Posten dabei ist, desto unwahrscheinlicher wird er von einer Frau besetzt. Die Aussichten auf Frauenpräsenz in den Räten und in kommunalen Führungspositionen verschlechtert sich in Zukunft voraussichtlich noch, weil damit zu rechnen ist, dass die AfD in den nächsten Jahren in noch mehr Kommunalparlamenten vertreten ist als bisher. Die rechtspopulistische Partei unterbietet mit einem Frauenanteil von 11,6% noch die FDP, die 2008 mit 24,9% das Schlusslicht gebildet hat und seither ihren Anteil nur geringfügig steigern konnte (auf 26,4% 2017).

Systematische Frauenförderung hilft

Welcher Weg aus der weiblichen Ohnmacht führt? Aufschlussreich ist ein Blick in der Gewinner- und Verliererstädte. Die Grünen Stadträtinnen Julia Bailey und Birgit Marenbach aus der Gewinnerstadt Erlangen sagen über das erfolgreiche Abschneiden ihrer Stadt nicht nur, dass die Erlanger Stadträtinnen selbstbewusst sind und gern Verantwortung übernehmen, sondern auch, dass der Erfolg ein Resultat jahrelanger systematischer Frauenförderung ist und außerdem auf die „selbst auferlegte Quote von 50 % der Parteien Bündnis 90/Die Grünen und der SPD“ zurückzuführen ist (die SPD hat bundesweit nur eine Quote von 40%, in Bayern liegt sie aber bei 50%). Diese beiden Parteien sind im Erlanger Stadtrat stark und übererfüllen ihre Quoten (Grüne: 62,5%, SPD: 53,3%). Im Erlanger Stadtrat liegt der Frauenanteil bei 44%. Daraus ergeben sich offensichtlich auch bessere Aussichten von Frauen auf kommunale Führungspositionen: Die Fraktions- und Ausschussvorsitze sind zu je 50 % mit Frauen besetzt.

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Die Heinrich-Böll-Stiftung engagiert sich für gerechte Verhältnisse zwischen allen Geschlechtern. Dieser Beitrag ist Teil eines einführenden Dossiers mit Einstiegen in unsere Themen. >> (zurück) zum Dossier

Umgekehrt die Verliererstadt Mülheim an der Ruhr Dort liegt der Frauenanteil im Rat bei 22,22 %. In Mülheim gibt es keine Dezernentin, keine Fraktionsvorsitzende und nur eine Ausschussvorsitzende. Und diese maue kommunalpolitische Präsenz von Frauen hat dann auch Rückwirkungen auf die politische Kultur. Franziska Krumwiede-Steiner, stellvertretende Sprecherin der Grünen Fraktion in Mülheim/Ruhr: „Dass es kaum Bewerberinnen gibt, stimmt. Das liegt aber daran, dass Männer eben meist Männer für neue Ämter empfehlen.“ Und sie ergänzt: Einige Kommunalpolitiker trügen „in voller Absicht und vollem Bewusstsein zu einer miesen und destruktiven Sitzungsatmosphäre bei“. Da kann Frau die Lust auf Kommunalpolitik vergehen.

Es braucht die verbindliche Quote

Auch wenn es manchen Menschen, auch Frauen, nicht gefällt: Die Botschaft von fast zehn Jahren Genderranking deutscher Großstädte ist eindeutig. Der Weg zur gleichberechtigten Partizipation an der politischen (und auch an der wirtschaftlichen) Macht führt über die verbindliche Quote. Sonst kann man und auch frau viel Zeit mit freundlichen Appellen oder auch wütenden Anschuldigungen verschwenden. Wenn man die Entwicklung von 2008 bis 2017 in die Zukunft fortschreibt, würde es ohne die Quote und ohne Wunder noch 128 Jahre dauern, bis eine paritätische Besetzung kommunaler Ratsmandate mit Frauen und Männern erreicht wäre.