Die NBA, Honkong und die Meinungsfreiheit

Hintergrund

Seit dem Tweet des Geschäftsführers einer amerikanischen Basketballmannschaft wird im Vorwahlkampf darüber gesprochen, welchen Preis wirtschaftliche Aktivitäten in China haben. Der Tweet unterstützte die Demokratiebewegung in Hongkong und die NBA wurde dafür von der chinesischen Regierung hart attackiert. Dabei zeigt sich: Bei aller Polarisierung, im Kern sprechen sich führende amerikanische Politiker/innen - bis auf Donald Trump – für den Schutz der Meinungsfreiheit aus.

Basketballkorb NBA

Daryl Morey, der Geschäftsführer der Houston Rockets, einer Mannschaft in der amerikanischen Basketballliga NBA, schrieb im Oktober auf Twitter „Fight for freedom. Stand with Hong Kong“ (Kampf für Freiheit. Stehe mit Hongkong). Diese Unterstützung für die Demokratiebewegung in Hongkong interpretierte Chinas Regierung als unerwünschte Einmischung in nationale Angelegenheiten und übte deshalb wirtschaftlichen Druck auf die NBA aus. Spiele werden in China nicht mehr im Fernsehen übertragen, Fan-Artikel werden nicht mehr in den Läden verkauft und Mannschaften, die zu Werbezwecken und der Saisonvorbereitung in China waren, traten nicht mehr öffentlich auf. Der chinesische Basketballverband, angeführt von Yao Ming, dem bekanntesten chinesischen Basketballer und einer Ikone der Houston Rockets, stellte die Zusammenarbeit mit der NBA ein.

Das ist ein schwerer wirtschaftlicher Schlag für die NBA, gibt es doch geschätzt rund 500 Millionen Basketball-Fans in China, welches damit der zweitgrößte Markt nach den USA für die Liga ist. Alleine die Houston Rockets sollen rund 25 Millionen US-Dollar durch den Boykott verlieren, dazu kommen hohe Verluste für einzelne Spieler, die Verträge mit chinesischen Firmen haben. Die Reaktion auf den Tweet hat offengelegt, welchen wirtschaftlichen Druck die chinesische Regierung auf ausländische Akteure ausüben kann. Dies ist eine Erfahrung, die immer mehr westliche Unternehmen machen, die aber selten eine so große Öffentlichkeit erfährt wie jetzt durch die NBA.

Parteiübergreifender Aufschrei gegen die Reaktion der NBA

Die NBA inszeniert sich gerne als die progressivste der großen amerikanischen Sportligen, die Wert darauflegt, dass sich ihre Spieler und Trainer zu aktuellen Themen äußern können. Umso größer war der Aufruhr, als sie in der ersten offiziellen Stellungnahme zum Thema sehr darauf bedacht war, die chinesische Regierung nicht weiter zu verärgern um den Marktzugang zu schützen. Sie ließ verlautbaren, es sei nicht beabsichtigt gewesen, die Gefühle der Chines/innen zu verletzen, Moreys Recht auf freie Meinungsäußerung wurde nicht explizit verteidigt. Sonst sehr meinungsstarke Spieler äußerten sich ebenfalls nicht klar, wohl aus Sorge um bestehende Werbeverträge.

Das Verhalten der NBA löste einen bemerkenswerten öffentlichen Aufschrei in den USA aus. In diesem politisch so polarisierten Land gab es plötzlich eine lagerübergreifende laute Kritik. In einem parteiübergreifenden Offenen Brief, den unter anderen der konservative Senator Ted Cruz und die progressive Abgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez unterschrieben, wurde die NBA aufgefordert, die freie Meinungsäußerung ihrer Mitarbeiter/innen zu garantieren. Elizabeth Warren, eine der führenden Kandidatinnen in den demokratischen Vorwahlen, schrieb, der NBA sei das eigene Portemonnaie wichtiger als ihre Prinzipien. Dabei gab es unterschiedliche Beweggründe für die Kritik, wie der Einsatz für die Meinungsfreiheit, die Auseinandersetzung mit der chinesischen Regierung oder aber mit der NBA. Auch wenn die Intentionen unterschiedlich waren, wurde der Schaden für die NBA in den USA so groß, dass Adam Silver, der Commissioner der NBA in einem zweiten Statement nachsteuerte und sich sehr klar zur Meinungsfreiheit bekannte.

Präsident Trump konzentriert sich auf den Handel

Weniger eindeutig war die Haltung der Trump-Regierung. Präsident Trump will im Handelskonflikt gegenüber Chinas Regierung Stärke zeigen. Gleichzeitig braucht er aber bald Verhandlungserfolge, damit die wirtschaftlichen Schäden gerade bei seinen Unterstützer/innen nicht zu groß werden. Deshalb versprach er nach Berichten dem chinesischen Präsident Xi bereits im Juni, sich wegen der laufenden Verhandlungen nicht zu den Protesten in Hongkong zu äußern. Diese Haltung relativierte er zwar später etwas, nannte Präsident Xi aber weiter einen “Freund”.

Zum Morey-Tweet und der Reaktion der NBA sagte Trump einerseits, dies müsse die NBA alleine klären. Andererseits griff er zwei bekannte Trainer, die seine Politik in der Vergangenheit immer wieder kritisiert hatten, an, sie würden China nach dem Mund reden. Zu den Demonstrationen in Hongkong äußerte er sich aber nicht. Umso bemerkenswerter waren die klaren Äußerungen anderer führender Republikaner/innen zur Verteidigung der Meinungsfreiheit, die sich damit indirekt von Trump distanzierten. Sogar sein Vize-Präsident Mike Pence kritisierte in einer Rede zur US-amerikanischen Chinapolitik die NBA scharf, weil sie sich zum Handlanger der chinesischen Regierung gemacht habe und verband dies aber mit Unterstützung für die Demonstrierenden in Hongkong.

Gesetzgebung zu Hongkong

Im November verabschiedete der Kongress mit breiter überparteilicher Mehrheit zwei Gesetze, die Sanktionen gegen chinesische Offizielle ermöglichen, die in Menschenrechtsverletzungen in Hongkong involviert sind, und den Verkauf von Tränengas und anderen Materialien an die Hongkonger Polizei verbieten. Präsident Trump zögerte zuerst, diese Gesetze zu unterzeichnen, um den inzwischen ausgehandelten Handelsdeal nicht zu belasten. Da jedoch der Kongress sein Veto überstimmen würde, hat er sie schlussendlich unterzeichnet. Es ist noch nicht absehbar, welche Auswirkungen diese Gesetze auf die weiteren Handelsgespräche haben werden. Die Aufregung um den Tweet von Daryl Morey hat aber einer breiteren amerikanischen Öffentlichkeit deutlich gemacht, in welches Spannungsverhältnis sich Unternehmen auf dem chinesischen Markt begeben.