Geoengineering ist der falsche Weg

Hintergrund

Geoengineering-Technologien nähren die Illusion, dass es einen Weg aus der Klimakrise gibt, ohne dass wir unseren Lebensstil und unser Wirtschaftsmodell radikal ändern müssen. Doch niemand weiß, ob sie überhaupt funktionieren, von den Risiken ganz zu schweigen.

Luftaufnahme von Phytoplankton
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Luftaufnahme von Phytoplankton

Der Harvard-Forscher und führender Geoengineering-Fürsprecher David Keith war 2013 in der Talkshow des US-Komikers Stephen Colbert zu Gast. Er nutzte diese Gelegenheit, einem Millionenpublikum seine Ideen zur Bekämpfung des Klimawandels zu präsentieren:

„Die Erde mit Schwefelsäure bedecken?“ fragte Colbert. „Gibt es eine Möglichkeit, dass das zurückkommt und uns in den Hintern beißt?“ Das Publikum brüllte vor Lachen. Keith spielte mit. „Schadstoffe in die Atmosphäre sprühen, um die Erwärmung zu stoppen.“ Damit räumte er ein, wie paradox das klingt - mit Schadstoffen den Klimawandel zu bekämpfen. „Am Ende rettet die Verschmutzung also alle“, antwortete Colbert und erntete noch mehr Gelächter. „Wir schulden der Umweltverschmutzung, wir schulden dem sauren Regen eine Entschuldigung, das ist es, was Sie sagen.“

Keith – der die Einwände seiner Gegner*innen gut kennt, räumte ein: „Es wäre eine völlig unvollkommene Lösung. Es hätte Risiken. Es würde uns nicht von der Notwendigkeit abbringen, die Umweltverschmutzung zu stoppen. Aber es könnte tatsächlich Menschen retten und nützlich sein.“ Und wie jeder kluge Verfechter einer Sache ging er auf eines der stärksten Argumente seiner Kritiker*innen ein: „Die Menschen haben Angst, darüber zu sprechen, weil sie befürchten, dass es uns daran hindert, über die Reduzierung der Emissionen zu sprechen“, gab Keith zu. „Richtig, und auch, dass es sich um Schwefelsäure handelt“, scherzte Colbert.

Mit großmaßstäblichen Technologien das Klimasystem unserer Erde manipulieren

Was Colbert und Keith so salopp besprechen, ist Geoengineering: mit großmaßstäblichen Technologien das Klimasystem unserer Erde manipulieren, um so der Klimakatstrophe zu entkommen – ein weit gefasster Begriff, hinter dem sich ganz unterschiedliche technologische Ideen und Methoden mit jeweils verschiedenen Risiken für Menschen und Ökosystemen verbergen. Und obwohl alle diese Technologien längst noch Fiktion sind, propagieren einzelne Wissenschaftler*innen, Unternehmen und Politiker*innen seit einigen Jahren Geoengineering als Ausweg aus der Klimakrise und haben ihm einen prominenten Platz in der Klimadebatte verschafft.

Das Versprechen klingt einfach: Mit neuen Technologien ahmen wir zum Beispiel die nachweislich kühlenden Effekte eines Vulkanausbruchs nach, indem wir mit chemischen Partikeln in der Stratosphäre das Sonnenlicht reflektieren und so den Treibhauseffekt abmildern (das heißt Solar Radiation Management, SRM). 

Und je weiter das Pariser Klimaziel, die Erderwärmung auf weit unter 2 Grad zu beschränken, in die Ferne rückt, desto verlockender wird dieser „Technofix“.  Die Befürworter*innen dieser Technologien nähren die Illusion, dass es einen Weg aus der Klimakrise gibt, ohne an unserem emissionsintensiven Lebensstil und Wirtschaftsmodell radikale Veränderungen vornehmen zu müssen. Längst fließt privatwirtschaftliches, philanthropisches und auch öffentliches Geld in die Erforschung von Geoengineering-Technologien, etwa in den USA und China.

Die Schäden wären irreparabel

Was dabei verschwiegen wird: Niemand weiß, ob das überhaupt funktionieren würde, von den Auswirkungen ganz zu schweigen. Um das herauszufinden, müsse man es ausprobieren: in der freien Natur, am lebenden Objekt. Im Labor lässt sich eben nicht sagen, was mit dem komplex ausbalancierten Weltklima passiert, wenn man an einer Stellschraube dreht. Und wenn man es tut, ist es wahrscheinlich zu spät, die Schäden wären irreparabel. Trotzdem sind Experimente in der freien Natur bereits unterwegs. Welche und wo, zeigt die interaktive Weltkarte des Geoengineering Monitor. Das wohl bekannteste, das SCoPEx (Stratospheric Controlled Pertubation Experiment), führt Keith selbst durch. Unterstützt wird er dabei von einer Reihe Philanthropen und Technologiemilliardären, darunter Bill Gates.

Zivilgesellschaftliche Akteure auf der ganzen Welt beobachten diese Entwicklungen und mischen sich seit längerem mit massiver Kritik ein. Sie warnen vor den irreversiblen Schäden von Geoengineering-Experimenten: Computersimulationen prognostizieren, dass der Einsatz von SRM Niederschlagsmuster verändern würde, die Ozonschicht beschädigen und damit die Lebensbedingungen von Millionen von Menschen grundlegend, aber unvorhersehbar verändern könnte. Vor allem dienen diese Freilandexperimente nicht unbedingt nur dem wissenschaftlichen Erkenntnisinteresse, sondern auch der Legitimationsbeschaffung qua „Normalisierung“ der Technologie, die entwickelt werden soll. Gleichzeitig bleibt das Grundproblem, dass wir fortwährend zu viel Kohlendioxid (CO2) emittieren und damit die Klimakatastrophe verschlimmern, ungelöst. Über die ökologischen und sozialen Risiken hinaus warnen Kritiker*innen vor der Gefahr, dass einzelne Staaten, Konzerne oder Individuen in der Lage sein könnten, das Klima zu strategischen oder militärischen Zwecken zu manipulieren – und das auch unilateral, also ohne Absprache innerhalb der internationalen Gemeinschaft.

Was ist positiv an „negativen Emissionen“?

Erhebliche Bedenken ruft eine zweite Gruppe von Geoengineering-Technologien, die derzeit diskutiert werden, hervor: der sogenannte Carbon Dioxide Removal (CDR). Dabei wird der Atmosphäre CO2 entzogen und in den Weltmeeren oder unter der Erde gespeichert, also in der Klimabilanz als „negative Emissionen“ verbucht. Viele Wissenschaftler*innen gehen schon davon aus, dass wir das Pariser Klimaziel nur mit ihnen erreichen können.

Mit dem 5. Sachstandsbericht des Weltklimarates hat diese Annahme 2013/2014 auch Einzug in die internationalen klimapolitischen Debatten gehalten. Die Mehrzahl der klimaökonomischen Szenarien setzt darauf, dass in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts Technologien zur Verfügung stehen werden, mit Hilfe derer wir CO2 im großen Maßstab aus der Luft holen können. Hier geht es mitunter um Größenordnungen von 400-1.200 Gigatonnen – das wäre das 10- bis 30-fache der jährlichen Treibhausgasemissionen der gesamten Welt.

Die Debatte um die Deutungshoheit und die Regulierung der neuen Technologien ist bereits entbrannt. Einige CDR-Ansätze wurden wegen ihrer Umweltauswirkungen schon verboten, etwa das Speichern von CO2 in den Weltmeeren – hier würden Ozeane mit Eisen gedüngt, um damit das Planktonwachstum anzuregen. Das ist mit dem Londoner Protokoll zur Verhütung der Meeresverschmutzung schon seit 2013 verboten. Die an der Entscheidung beteiligten Staaten waren besorgt über die potenzielle Schädigung der fragilen marinen Umwelt.

Dafür gewinnt die Idee, die CO2-Speicherung von Biomasse mit Techniken zur Kohlenstoffabscheidung und -speicherung (CCS) zu verknüpfen, im Klimadiskurs mehr und mehr an Attraktivität. Diese als „Bioenergie mit CCS“ oder BECCS bezeichnete Methode zielt darauf ab, die CO2-Aufnahmefähigkeit schnell wachsender Pflanzen und deren Verbrennung zur Energiegewinnung mit Methoden zur unterirdischen Speicherung von CO2 zu kombinieren. Kurzum: Wir forsten auf, um CO2 zu absorbieren, verbrennen diese Biomasse dann, um das dabei freiwerdende CO2 chemisch aus der Luft zu saugen und langfristig unterirdisch zu speichern. Die Befürworter*innen argumentieren, dass BECCS tatsächlich zu „negativen Emissionen“ führen würde.

Die Versprechen sind zu schön, um wahr zu sein

Doch wie bei anderen ingenieurstechnischen Lösungen für sozial-ökologische Krisen sind die Versprechen auch hier schlicht zu schön, um wahr zu sein. Es wären enorme Mengen an Land, Energie, Wasser, Pestiziden und Dünger erforderlich, um BECCS-Systeme erfolgreich zu betreiben. Damit BECCS in signifikantem Maßstab zu den Pariser Klimazielen beiträgt, wären – je nach Klimaszenario – zwischen 430 und 580 Millionen, teilweise auch mehr Hektar Land nötig, um den erforderlichen Bewuchs zu ermöglichen. Das ist ein Drittel des weltweiten Ackerlandes – oder 16-mal Deutschland. Eine astronomisch große Fläche.

Die Zerstörung von natürlichen Ökosystemen, die hiermit einhergehen würde, würde die terrestrische Biodiversität weiter dezimieren, den Wettbewerb um Landflächen für Nahrungsmittelanbau und andere Landnutzungen massiv verschärfen sowie die Vertreibung lokaler Bevölkerungen und die Missachtung von Landrechten verstärken. Einige Prognosen legen sogar nahe, dass die mit diesen Projekten verknüpften Flurbereinigungs- und Baumaßnahmen zu einem Nettoanstieg anstatt einer Senkung der Treibhausgasemissionen führen könnten. Alle CDR-Technologien sind letztlich darauf ausgelegt, neue extraktive Industrien zu etablieren, die ihrerseits durch hohen Energie-  und Ressourcenverbrauch sowie durch transnationale Lieferketten und Transportnotwendigkeiten vermutlich viel mehr neue Emissionen schaffen als sie der Atmosphäre tatsächlich entziehen würden.

Die Alternativen

Es gibt zahllose und sichere Alternativen, um der Atmosphäre CO2 zu entziehen. Statt künstliche CO2-bindende „Farmen“ zu schaffen, sollten wir uns zuallererst auf den Schutz oder die Renaturierung noch bestehender Ökosysteme konzentrieren. Wälder aller Art, Moore, Savannen,– die müssen wir vor weiterer Inwertsetzung, Degradierung und Zerstörung bewahren.  Wälder, Böden, Ozeane, Grasland und Torfmoore (wie etwa Sumpfgebiete) haben enorme CO2-Speicherkapazitäten. Sie zu schützen, erfordert keinen großtechnologischen Eingriff, sondern politischen Willen zur Abkehr der Zerstörung. Wälder speichern 372 Gigatonnen CO2, die  Ozeane speichern 27 Prozent des menschengemachten CO2 und unsere Böden nehmen sogar mehr Kohlenstoff als unsere Atmosphäre und die gesamte Erdvegetation auf– eine gigantische Menge. Außerdem schätzt das Stockholmer Umweltinstitut, dass wir bis zu 330 weitere Gigatonnen CO2 aus der Atmosphäre ziehen könnten, wenn wir natürlichen Wäldern und anderen erodierten Ökosystemen wieder erlauben, sich zu re-naturalisieren. Und solche Ökosysteme sind nicht nur CO2-Speicher, sondern Lebensraum für eine reiche Artenvielfalt und Lebensgrundlage für lokale Bevölkerungen – ganz im Gegensatz zu den Holzplantagen, die BECCS Technologien nutzen wollen, um CO2 zu speichern.

Wir brauchen eine Debatte zum Regulierungsrahmen

Welche Debatten sollten wir zu Geoengineering also führen? Der Diskurs rund um Geoengineering hat sich seit dem Pariser Klimaabkommen im Jahr 2015 stark verändert. Damit muss auch die Debatte um einen Regulierungsrahmen für solch riskante Technologien und Maßnahmen neu und offensiver geführt werden. Der bestehende Regulierungsrahmen jedenfalls ist unzureichend, löchrig und nicht verbindlich genug. Ein internationaler Regulierungsmechanismus sollte auf dem Vorsorgeprinzip fußen und Technologien, deren Risiken nicht rückholbar und vertretbar wären, prinzipiell verbieten. Dazu gehört jegliche Form des Solar Radiation Management.

Bei der 4. UN-Umweltversammlung (UNEA-4) im März 2019 in Nairobi hat es unter Federführung der Schweiz einen Vorstoß verschiedener Länder gegeben, Schritte in Richtung einer möglichen internationalen Regulierung von Geoengineering zu gehen. Die vorgelegte Resolution sah dabei lediglich einen Bericht vor, der den aktuellen Stand der Forschung sowie die Möglichkeiten von Regulierung zusammenfassen sollte. Dieser Versuch scheiterte jedoch am Widerstand vor allem einiger erdölproduzierender Länder, insbesondere an dem der USA und Saudi-Arabien. Es wird aber sicherlich gerade auch auf Druck zivilgesellschaftlicher Organisationen bei der 5. UNEA (Termin noch offen) einen neuen Anlauf geben, eine internationale Regelung im Umgang mit Geoengineering-Technologien zu finden.

Denn die Notwendigkeit, diese Risikotechnologien international zu regulieren, bleibt bestehen: Ihre Erforschung und Entwicklung wird weiter vorangetrieben – durch Forschungsprogramme, Freilandexperimente und Pilotprojekte, durch finanzielle Anreize von staatlicher Seite und durch massive Investitionen aus Silicon Valley, der fossilen Industrie sowie der Bergbauindustrie. Eine internationale Debatte, wie diese Risikotechnologien mit planetaren Auswirkungen effektiv und restriktiv reguliert werden können, sollte also besser früher als später beginnen – und keinesfalls erst, wenn die voranschreitende Technologieentwicklung bereits Fakten geschaffen hat. Das Vorsorgeprinzip muss dabei eine zentrale Rolle einnehmen. Ihm gemäß sollten alle Geoengineering-Experimente mit grenzüberschreitenden Risiken international verboten werden.

Geoengineering und die multilateralen Klimaverhandlungen

In der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) ist das Thema Geoengineering bislang nicht offiziell auf der Agenda, wenngleich die Side Events und Veranstaltungen in den Foren am Rande der Verhandlungen über die letzten Jahre stark zugenommen haben. Auch gibt es inzwischen zahlreiche Regierungen, die „negative Emissionen“ oder „carbon removal“ fest zur Erreichung ihrer Klimaziele einplanen. Es wird sich bei den Verhandlungen rund um den noch ausstehenden Artikel 6 zu internationalen Marktmechanismen zeigen, ob Geoengineering – vor allem als Carbon Dioxide Removal – hier Einzug halten wird oder ob das von zivilgesellschaftlicher Seite verhindert werden kann. Der Weltklimarat (IPCC) dagegen befasst sich schon länger mit dem Thema Geoengineering, auch wenn er diese Terminologie kaum direkt verwendet und vor allem über Carbon Dioxide Removal (und das oftmals sogar als Teil von „Mitigation“, also von Vermeidung) und Solar Radiation Management spricht. Auch wurden für den Sonderbericht zu 1,5 Grad im Jahr 2018 erstmals alternative Klimaszenarien entwickelt, die zeigen, dass die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad auch ohne Geoengineering möglich ist.

Insgesamt kommt dem IPCC eine nicht zu unterschätzende Rolle im internationalen Diskurs um Geoengineering zu: Der IPCC ist die zentrale globale Autorität in Sachen Klimawandel und seine Wissensproduktion prägt den internationalen Klimadiskurs maßgeblich. Bislang hat er sich überwiegend kritisch und zurückhaltend geäußert – insbesondere gegenüber SRM. Aber auch zu CDR bietet der IPCC eine fundierte Sammlung von kritischer Literatur. Das kann sich aber auch leicht ändern, da der IPCC sich lediglich auf die wissenschaftliche Literatur beziehen kann, die in den relevanten Feldern publiziert wird. Zudem sind naturwissenschaftliche Perspektiven und Disziplinen im IPCC deutlich stärker vertreten als die Sozial- und Geisteswissenschaften, die soziale, politische, ethische und ähnliche Dimensionen stark machen könnten. Außerdem kommt ein Großteil der Literatur, die absehbar in den 6. Sachstandsbericht des IPCC einfließen wird, aus dem Kreis der sogenannten „Geoclique“ – einer Gruppe von Forscher*innen, die seit Jahrzehnten zu Geoengineering forscht, teilweise Patente auf einzelne Technologien hält und/oder anderweitige Eigeninteressen darin verfolgt. Und nicht zuletzt: Einer der Hauptverantwortlichen des Geoengineering-Kapitels im 6. Sachstandsbericht ist ein Vertreter von Saudi Aramco, dem saudischen Ölunternehmen und nebenbei größten Ölproduzenten der Welt. Das wirft ernsthafte Fragen nach Interessenskonflikten und Objektivität der Bewertung auf, die der IPCC in diesem Zusammenhang erstellen wird.

Internationale Zivilgesellschaft und Geoengineering

Eine kleine, international sehr gut vernetzte und schlagkräftige Gruppe zivilgesellschaftlicher Akteur*innen beobachtet die wissenschaftlichen und politischen Diskurse sowie die Lobbyaktivitäten in Sachen Geoengineering schon lange. Die internationale Hands Off Mother Earth (H.O.M.E)-Kampagne beispielsweise wurde im April 2010 bei der World People‘s Conference on Climate Change and the Rights of Mother Earth in Cochabamba, Bolivien, von einer Koalition internationaler zivilgesellschaftlicher Gruppen, Organisationen indigener Gemeinschaften sowie sozialer Bewegungen angestoßen. Im Jahr 2018 wurde diese Kampagne dann mit dem Manifest Hands Off Mother Earth!“ von 110 zivilgesellschaftlichen Organisationen und sozialen Bewegungen - darunter Friends of the Earth International, La Via Campesina, Indigenous Environmental Network, Third World Network und ETC Group sowie sechs Preisträger*innen des Alternativen Nobelpreises und des Goldman Environmental Prize – neu aufgelegt. Inzwischen sind über 200 Organisationen dabei.

Die internationale HOME-Kampagne spricht sich klar gegen die Manipulation der Klima- und Erdsysteme mit unerprobten und riskanten Großtechnologien aus, die mit großen sozialen und ökologischen Risiken und Nebenwirkungen einhergehen. Die HOME-Kampagne kritisiert außerdem, dass Geoengineering dazu dient, unsere ökologisch und sozial ungerechten industriellen Produktions- und Konsummuster aufrechtzuerhalten und lediglich die Symptome mit Hilfe von „Technofixes“ eindämmen zu wollen. Sie fordert daher eine Abkehr vom fossilistischen Status quo hin zu transformativen, sozial und ökologisch gerechten Pfaden in eine 1,5-Grad-Welt. Dazu gehört der schnelle Ausstieg aus der fossilen Energie und eine Demokratisierung der Energiegewinnung durch 100 Prozent Erneuerbare, eine Reduktion des globalen Energie- und Ressourcenkonsums, eine gerechte Transition hin zu einer feministischen und regenerativen Ökonomie, die Transformation unserer Ernährungssysteme weg von der industriellen Landwirtschaft und hin zu kleinbäuerlichen agrarökologischen Produktionssystemen. Schließlich fordert das HOME-Manifest die umfassende und behutsame Wiederherstellung der globalen Ökosysteme, vor allem der Wälder, in der die Rechte von indigenen Gemeinschaften und lokalen Bevölkerungen gewahrt und gestärkt werden.

Konkret auf die Regulierung von Geoengineering bezogen, fordert die HOME-Kampagne ein internationales Verbot von Freilandexperimenten und der Anwendung von Geoengineering. Sie fordert außerdem ein multilaterales Governance-System auf UN-Ebene, das dieses Verbot überwacht und durchsetzt. Zur Aufklärung gehört akribische Recherche, und es braucht gut funktionierende Netzwerke auf mehreren Ebenen. Bislang waren die zivilgesellschaftlichen Netzwerke damit ganz erfolgreich.

Geoengineering ist ein Irrweg und kein Ausweg. Stattdessen müssen radikaler Klimaschutz und der Schutz und die Wiederherstellung unserer Ökosysteme endlich oberste politische Priorität werden.


Der Beitrag ist eine gekürzte Fassung, zuerst erschienen in: De Gruyter, Forschungsjournal Soziale Bewegungen, Band 33 (2020), Heft 1.