Auf dem afrikanischen Kontinent werden deutlich weniger Pestizide eingesetzt als in anderen Weltregionen. Dennoch geraten die 33 Millionen Kleinbäuerinnen und Kleinbauern immer stärker in den Fokus der Pestizidunternehmen. Ihnen wird auch verkauft, was in der EU verboten ist.
Globale Verbreitung von Pestiziden wächst rasant
Der afrikanische Markt für Pestizide wurde im Jahr 2015 auf etwa 2,1 Milliarden US-Dollar geschätzt. Noch werden nur 2 bis 4 Prozent der weltweiten Pestizidmenge hier ausgebracht. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), wurden im Jahr 2019 in Afrika durchschnittlich 0,4 Kilogramm Pestizidwirkstoffe pro Hektar Anbaufläche eingesetzt. Das ist im Vergleich mit 3,1 Kilogramm in der EU, 3,7 Kilogramm in Nord- und Südamerika und 3,7 Kilogramm in Asien noch immer gering. Dennoch wächst der Pestizideinsatz seit der Jahrtausendwende kontinuierlich und stellt – in Verbindung mit Bevölkerungswachstum und der Notwendigkeit, die Produktivität zu steigern – Wachstumsraten für die Pestizidunternehmen in Aussicht. Zwischen 2020 und 2025 wird dem afrikanischen Markt für Pestizide ein jährliches Wachstum von 4,2 Prozent prognostiziert. Allein in Westafrika ist die Pestizidnutzung zwischen 2005 und 2015 um 177 Prozent gestiegen. Weltweit hat sich die Nutzung im gleichen Zeitraum um 30 Prozent erhöht. Die drei Märkte der großen Agrarländer Elfenbeinküste, Ghana und Nigeria sind besonders schnell gewachsen. Je nach Anbaukultur, Kapitalverfügbarkeit und geographischer Lage werden Pestizide von den Bäuerinnen und Bauern sehr unterschiedlich genutzt. Feldstudien aus Mozambique und Sambia zeigen jedoch die große Verbreitung von hochgefährlichen Pestiziden. Laut einer Studie der Michigan State University werden sie in Sambia von 76 Prozent und in Mosambik von 87 Prozent der Farmer verwendet.
Zu den wichtigsten Akteuren auf dem afrikanischen Pflanzenschutzmarkt gehören Adama, Sumitomo Chemical, UPL Limited und Bayer CropScience AG. Untersuchungen von zivilgesellschaftlichen Organisationen zeigen, dass die Unternehmen diverse Verkaufsstrategien anwenden, um das Marktpotenzial in afrikanischen Ländern auszuschöpfen. In Kenia beispielsweise gehören soziale Medien und lokale Radiosendungen zu den meistgenutzten Medien für Produktwerbung. Pestizidunternehmen finanzieren aber auch landwirtschaftliche Fachmessen in ländlichen Regionen.
Unzureichende Vorschriften und Regularien
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die Pestizidmärkte in verschiedenen afrikanischen Ländern nicht in einer Weise reguliert sind, die die Gesundheit der Bäuerinnen und Bauern und die Umwelt schützt. Organisationen der Zivilgesellschaft fordern daher strengere Regeln: Unter anderem sollten Regierungen Möglichkeiten prüfen, wie sie Risikodaten der Öffentlichkeit zugänglicher machen und stärker in Zulassungsverfahren berücksichtigen können. Auch muss der Verkauf von Pestiziden stärker reguliert und durch unabhängige Stellen überwacht werden – bislang fehlen dafür allgemeinverbindliche Kriterienkataloge. Ein weiteres Problem ist, dass Regeln, Gesetze, Zulassungen und Kontrollen nicht mit der steigenden Nachfrage nach Pestiziden Schritt halten können und sich dadurch ein lukrativer Markt für billige Generika und illegale Pestizide entwickelt hat. Quellen aus Wirtschaft und Wissenschaft gehen für den afrikanischen Markt von bis zu 20 Prozent, für den westafrikanischen Markt sogar von 34 Prozent aus, die illegal produziert und gehandelt werden. In Extremsituationen handelt es sich sogar um mehr als 40 Prozent der Pestizide. Auch werden leere Verpackungen und Kanister mit gefälschten Produkten befüllt und als Original verkauft – mit gravierenden Risiken für Bäuerinnen und Bauern und die Umwelt. In Gambia ergab die Analyse von 128 Pestizidprodukten, dass sich nur 10 Prozent ordnungsgemäß in Originalbehältern befanden. Die anderen 90 Prozent waren umgepackt und in nichtetikettierten Beuteln und Flaschen verkauft worden. Fast ein Drittel der nicht-etikettierten Produkte enthielten verbotene Substanzen, vor allem hochgiftige Insektizide.
Hoffnung Ökolandbau
Pflanzenkrankheiten und Schädlinge stellen eine große Bedrohung für die afrikanische Landwirtschaft dar. Sie gefährden die Einkommen der Erzeuger und das Menschenrecht auf Nahrung. Um Pflanzenschutz, der zum Erhalt der Ernte nötig ist, mit der Gesundheit von Menschen und Umwelt in Einklang zu bringen, braucht es intelligente agrar-ökologische Lösungen. In einigen Teilen der Welt werden sie bereits praktiziert: Zum Beispiel mit agrarökologischen Anbauweisen und dem Einsatz von Biopestiziden. Diese aus natürlichen Bestandteilen entwickelten Substanzen sind für jene, die sie ausbringen, meist weniger problematisch – und auch für Konsumenten, auf deren Teller die Ernte landet. Und auch die ökologische Landwirtschaft breitet sich zunehmend aus. Auf dem afrikanischen Kontinent verzeichnete sie im Jahr 2016 noch 1,79 Millionen Hektar – inzwischen werden dort etwa zwei Millionen Hektar ökologisch bewirtschaftet.