Methode, Ergebnisse und Langzeitverlauf der Autoritarismus-Studie 2022

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Dies ist das zweite Kapitel der Leipziger Autoritarismus-Studie 2022. Hier beschreiben Oliver Decker, Johannes Kiess, Ayline Heller, Julia Schuler und Elmar Brähler die Methode und zentrale Ergebnisse der Studie und zeigen, wie sich die Verbreitung und Ausprägung politischer Einstellungen in Deutschland über die Jahre entwickelt hat.  

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Lesedauer: 57 Minuten
Autoritarismus Studie 2022: Ausschnitt des Covers

Kapitelinhalt:

Die Leipziger Autoritarismus Studien zu rechtsextremen und politischen Einstellungen in Deutschland (LAS) wird seit nunmehr 20 Jahren im Zweijahresrhythmus von uns vorgelegt. Seit 2002 befragen wir eine repräsentative Stichprobe der deutschen Bevölkerung zu einer Bandbreite politischer Themen. Bekannt wurde unsere Studienreihe bis 2016 unter dem Namen Leipziger »Mitte«-Studien, 2018 verschoben wir mit unserem neuen Reihentitel den

Fokus von der Problemanzeige auf die Problemanalyse. Wir können zeigen, wie weit verbreitet mit der rechtsextremen Einstellung die antidemokratischen Ressentiments in der Bevölkerung sind, aber über die Jahre wurde es immer wichtiger, die psychosozialen Dynamiken zu verstehen, die antidemokratische Reaktionen so nahelegen. Mit den Jahren ist eine Zeitreihe entstanden, die es uns erlaubt, nicht nur ein Stimmungsbild zu aktuellen politischen Fragestellungen zu zeichnen, sondern darüber hinaus differenzierte Aussagen über den Langzeitverlauf unterschiedlicher Dimensionen rechtsextremen und autoritären Denkens zu treffen. Im vorliegenden Kapitel werden wir einen Überblick über die zentralen Ergebnisse der diesjährigen Erhebung im Zeitvergleich der letzten 20 Jahre geben.

Methode und Stichprobe

Um die Vergleichbarkeit der Erhebungen untereinander sicherzustellen sowie die Repräsentativität der Stichprobenziehung zu gewährleisten, beauftragen wir für unsere Befragungen turnusmäßig das unabhängige Markt- und Sozialforschungsinstitut USUMA. Die Stichprobenziehung erfolgt mehrstufig randomisiert: Zunächst wird eine erste, regionale Zufallsauswahl aus einem Netz von 258 regionalen Flächen (210 in den alten und 48 in den neuen Bundesländern) getroffen. Im zweiten Schritt werden dann nach dem sogenannten Random-Route-Verfahren mithilfe von Sampling Points die Zielhaushalte zufällig ermittelt. In diesem Jahr wurden so 6.192 Haushalte für die Befragung ausgewählt und durch eine bzw. einen von insgesamt 193 erfahrenen und geschulten Interviewenden aufgesucht. Innerhalb der Haushalte wurde wiederum mittels einer Zufallsauswahl, dem sogenannten Schwedenschlüssel, das Haushaltsmitglied ausgewählt, das an der Befragung teilnahm. Im Vergleich zu unseren bisherigen Befragungen (2002–2020) wurde das Mindestalter zur Teilnahme in diesem Erhebungsjahr von 14 auf 16 Jahre nach oben gesetzt, damit stieg auch das Durchschnittsalter unserer Befragten an (vgl. Tabelle 1). Ein weiteres Teilnahmekriterium war eine ausreichende Kenntnis der deutschen Sprache, um die Fragebögen beantworten zu können. Durch systematische Ausfälle (Haushalt bzw. Zielperson wird trotz viermaligem Besuch nicht angetroffen; Auskunft wird verweigert; Zielperson ist verreist, krank oder aus anderen Gründen nicht in der Lage, an der Befragung teilzunehmen) reduzierte sich die finale Stichprobe in diesem Jahr auf 2.522 Personen (Ausschöpfung: 41,2%).

Für diese Erhebung wurden die Zielpersonen zunächst mündlich über das Ziel der Studie und die Freiwilligkeit der Teilnahme aufgeklärt. Außerdem wurde allen Teilnehmenden eine Information über den Datenschutz ausgehändigt, die die Vertraulichkeit der Angaben zusicherte. Im Falle von Minderjährigen wurde außerdem mindestens ein Elternteil vor Beginn der Befragung informiert. Wie in der Vergangenheit auch, bestand die Befragung aus zwei Teilen, einem soziodemografischen Interview, das Informationen zur Person enthielt und von dem oder der anwesenden Interviewenden durchgeführt wurde, und einem Fragebogenteil, der von den Befragten selbstständig ausgefüllt wurde und bei dem der Interviewende nicht eingriff, sondern lediglich für Rückfragen zur Verfügung stand. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass die Befragten eher als z.B. bei Telefoninterviews bereit sind, persönliche Vorstellungen offen zu berichten, auch wenn diese sozial weniger erwünscht oder sogar tabuisiert sind. Durch den Versand von Kontrollkarten an die Befragten wurde der ordnungsgemäße Ablauf der Interviews sichergestellt. Die Erhebung wurde zwischen Anfang März und Ende Mai 2022 durchgeführt und damit wie auch im Jahr 2020 unter den Bedingungen der COVID-19-Pandemie.

Tabelle 1 gibt einen Überblick über die soziodemografischen Charakteristika der Stichprobe. Der starke Anstieg im mittleren Alter um über drei Jahre im Vergleich zur letzten Erhebung lässt sich auf die restriktiveren Einschlusskriterien (Alter ab 16 Jahren) in Kombination mit einem erhöhten Anteil der ältesten Altersgruppen (ab 65) zurückführen. Letzteres ist bemerkenswert, da gerade die Gruppe der über 74-Jährigen in vielen anderen Befragungen, insbesondere im Online-Format, häufig unterrepräsentiert bzw. gar nicht abgebildet ist. Ein weiteres Problem vieler Online- und Telefonbefragungen ist, dass überproportional viele Befragte mit einem hohen formalen Bildungsstatus erreicht werden. Durch die Face-to-Face Befragung werden hingegen eher auch Personen mit niedrigem formalem Bildungsgrad erreicht. Weiterhin ist anzumerken, dass wir in dieser Erhebung, wie auch schon in der Vergangenheit, den Anteil der Befragten aus den neuen Bundesländern überquotiert, d.h. absichtlich erhöht haben. Auch mehr als dreißig Jahre nach der deutschen Vereinigung bestehen weiterhin Differenzen zwischen den beiden Regionen und ihrer politischen Kultur. Um diese Unterschiede angemessen abbilden zu können, benötigen wir eine ausreichend große Gruppe von Personen aus den neuen Bundesländern. Trotz dieser Abweichungen vom Bundesdurchschnitt haben wir uns dieses Jahr, wie auch in der Vergangenheit, gegen den Einsatz einer proportionalen Gewichtung bei der Analyse entschieden. 

Tabelle 1: Soziodemografische Beschreibung der Stichprobe LAS 2022 (mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit, 16–91 Jahre)

Tabelle 1: Soziodemografische Beschreibung der Stichprobe LAS 2022 (mit und ohne deutsche Staatsangehörigkeit, 16–91 Jahre)
Autoritarismus-Studie 2022 - Tabelle 1.2
1 Nach unserer Definition liegt eine Migrationsgeschichte vor, wenn eine Person oder mindestens einer ihrer Elternteile eine Wanderungsbewegung über nationale Grenzen hinweg durchgeführt hat.

Den Kern der Leipziger Autoritarismus Studien bildet seit 2002 der Fragebogen zur rechtsextremen Einstellung – Leipziger Form (FR-LF) (Decker et al., 2013a; Heller et al., 2020a). Auch in diesem Jahr beginnen wir mit einer ausführlichen Darstellung der Verbreitung rechtsextremer Einstellungen in der Bundesrepublik Deutschland.

„Rechtsextremismus ist ein Einstellungsmuster, dessen verbindendes Kennzeichen Ungleichwertigkeitsvorstellungen darstellen. Diese äußern sich im politischen Bereich in der Affinität zu diktatorischen Regierungsformen, chauvinistischen Einstellungen und einer Verharmlosung bzw. Rechtfertigung des Nationalsozialismus. Im sozialen Bereich sind sie gekennzeichnet durch antisemitische, fremdenfeindliche und sozialdarwinistische Einstellungen“ (Decker & Brähler, 2006, S. 20).

Es handelt sich somit um ein einheitliches, zugrundeliegendes Konstrukt mit verschiedenen Facetten, das auch bei einer Veränderung der Zustimmungswerte erhalten bleibt (Heller et al., 2020a). Wir gehen ferner davon aus, dass sich die sechs genannten Dimensionen des Rechtsextremismus inhaltlich und statistisch in zwei Bereiche gliedern lassen: Ethnozentrismus einerseits und Neo-NS-Ideologie andererseits (Heyder & Decker, 2011). Diese Unterteilung greifen wir weiter unten in der Darstellung und Interpretation entsprechend immer wieder auf. 

Obgleich der Begriff Rechtsextremismus nicht frei von politischen und gesellschaftlichen Widersprüchen ist (Kiess & Decker, 2010; Kiess, 2011; Decker, 2018), vermag er präziser als andere Begriffe, die zu untersuchenden antidemokratischen Phänomene zu bezeichnen. Ein Wesensmerkmal der Studienreihe war dabei immer auch aufzuzeigen, dass Bedrohungen der Demokratie nicht von „extremistischen Rändern“ ausgehen, sondern aus der Verbreitung von Ressentiments und autoritären Dispositionen in der gesellschaftlichen „Mitte“ entspringen. Im Extrem kommen allgemeine Dynamiken der Gesellschaft nur in besonders deutlicher Weise zum Vorschein. So zeigt die Studienreihe seit 2002: Vorstellungen von Ungleichwertigkeit und völkisch-nationalen Ideologien sind nicht auf den Rand der Gesellschaft begrenzt, sondern finden sich in allen gesellschaftlichen Gruppen. Das gilt auch für die zugrundeliegenden Ursachen und Wirkfaktoren, denen alle Gesellschaftsmitglieder gleichermaßen unterliegen.

Ergänzt wird der Fragebogen zur rechtsextremen Einstellung auch in diesem Jahr durch zusätzliche Fragebögen. Zum einen erfassen wir weitere (antidemokratische) Einstellungsdimensionen. Neben Fragen zur Akzeptanz und Zufriedenheit mit der Demokratie waren dies ausgewählte Fragen zu Muslimfeindschaft und Antiziganismus (Heitmeyer, 2012). Beibehalten haben wir auch einen Fragebogen zur Erfassung von Gewaltakzeptanz und Gewaltbereitschaft (Ulbrich-Herrmann, 1995). Mit den Fragebögen zu unterschiedlichen Erscheinungsformen des Antisemitismus sind wir nicht nur im Bereich der politischen Einstellung, sondern antimoderner Ideologien. Zu diesen gehört auch der Antifeminismus, den wir wie den Sexismus in diesem Jahr wieder erhoben haben. Das erste Mal werden dieses Jahr gewaltbezogene Männlichkeitsideale erhoben. Ihre Verbreitung wird in diesem Kapitel vorgestellt, bevor in Kapitel 8 eine vertiefende Analyse folgt.

Ebenfalls nicht mehr zu den Einstellungen gehört das von uns gemessene Autoritäre Syndrom. Es wird mit seinen Elementen autoritäre Aggression, autoritäre Unterwürfigkeit und Konventionalismus sowie Verschwörungsmentalität und Aberglauben abgebildet (Decker et al., 2020b), um das antidemokratische Potenzial zu erheben, welches die Ursache für die Übernahme sowohl von Ungleichwertigkeitsideologien als auch von anderen, die liberale Demokratie bedrohenden Gesellschaftsbildern ist. Als gesellschaftliches Verhältnis und individuelle Motivation für Ressentiments ist Autoritarismus der Treiber antidemokratischer Einstellungen. Wir greifen deshalb sowohl bei der Analyse der politischen Situation während der Pandemie als auch zur Begründung der gesellschaftlichen Verbreitung von Antifeminismus und Antisemitismus auf unser Autoritarismuskonzept zurück.

Bei Fragebögen, die in derselben Form bereits auch in vorangegangenen Erhebungen erfasst wurden, stellen wir jeweils die Entwicklung über den Zeitverlauf dar. Zum anderen erheben wir neben soziodemografischen Merkmalen (siehe Tab. 1) auch subjektive Einschätzungen wie die Schichtzuordnung. Weiterhin greifen wir auf Fragen zur wahrgenommenen politischen Deprivation und auf die Sonntagsfrage, mit der die Parteipräferenz erfasst wird, zurück. 

Wie im Jahr 2020 haben wir auch in diesem Jahr alle Befragten in die Auswertung eingeschlossen. In den Jahren vor 2020 waren nur die Antworten der deutschen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger berücksichtigt worden (zur Erläuterung, weshalb diese Praxis bis 2020 in unserer Studienreihe bestand, siehe Decker et al., 2020a, S. 33). Außerdem haben wir uns auch in diesem Jahr dazu entschieden, in vielen Abbildungen und Auswertungen eine Differenzierung zwischen den ost- und westdeutschen Bundesländern beizubehalten. Diese Unterscheidung erscheint uns vor dem Hintergrund weiterhin bestehender Differenzen angemessen (zu Argumenten für wie auch gegen diese Praxis siehe ebd., S. 33f.; vgl. auch Kap. 5).

Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen 2022 

Unser zentrales Erhebungsinstrument umfasst 18 Aussagen, die rechtsextreme Einstellungen in sechs Dimensionen erfassen. In Tabelle 2 ist zunächst die Antwortverteilung über die fünf Antwortkategorien für alle 18 Items dargestellt – in der Reihenfolge, in der sie den Befragten im Fragebogen vorgelegt wurden.

Tabelle 2: Der Fragebogen zur rechtsextremen Einstellung – Zustimmung auf Item- Ebene (in %, N = 2.522)

Tabelle 2: Der Fragebogen zur rechtsextremen Einstellung – Zustimmung auf Item- Ebene (in %, N = 2.522)
Autoritarismus-Studie 2022 - Tabelle 2.2

Zur besseren Vergleichbarkeit von zustimmenden, ablehnenden und teilweise zustimmenden Antworten werden die Antworten zu drei Kategorien zusammengefasst. Um die Ergebnisse nachvollziehen zu können, haben wir die fünfstufige Likert-Skalierung noch einmal in Tabelle 3 aufgeführt. Wir unterscheiden in der folgenden Darstellung zwischen der manifesten Ablehnung der Aussagen (Kategorie 1 „lehne völlig ab“ und Kategorie 2 „lehne überwiegend ab“), einer latenten Zustimmung (Befragte stimmen teilweise zu, bleiben aber teilweise auf Distanz; Kategorie 3) und der manifesten Zustimmung (umfasst die beiden ausdrücklich bejahenden Kategorien 4 und 5). Wir sprechen bei der dritten Kategorie von latenter Zustimmung, da sie den Befragten die Möglichkeit gibt, sich im Sinne der sozialen Erwünschtheit nicht eindeutig positionieren zu müssen, aber dem Inhalt der extrem-rechten Aussagen dennoch in Teilen zuzustimmen. Entsprechend bildet die „teils/teils“ Antwortkategorie ein rechtsextremes Potenzial ab. Um dieses Potenzial in unseren Analysen abzubilden, werden wir in den folgenden Darstellungen zwischen latenter und manifester Zustimmung differenzieren.

Tabelle 3: Übersicht der Antwortkategorien des Fragebogens zur rechtsextremen Einstellung

Tabelle 3: Übersicht der Antwortkategorien des Fragebogens zur rechtsextremen Einstellung

Im Folgenden stellen wir die latente und manifeste Zustimmung nach Dimensionen und der Unterscheidung zwischen Neo-NS-Ideologie und Ethnozentrismus entsprechend dar (vgl. Heyer & Decker, 2011). Statistisch bedeutsame Unterschiede (signifikante Unterschiede) zwischen den Befragten in Ost- und Westdeutschland werden, wo diese vorhanden sind, in den Abbildungen gekennzeichnet.

Dimensionen der Neo-NS Ideologie

Wir beginnen die Ergebnisdarstellung mit den Dimensionen der Neo-NS Ideologie. Die Dimension Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur erfasst die Ablehnung einer pluralistischen und liberal-demokratischen Regierungsform und die Hinwendung zu einer autoritären Gesellschaftsordnung, die auf dem Phantasma der Homogenität eines Staatsvolkes basiert (siehe Grafik 1). Die Begriffe „Diktatur im nationalen Interesse“, „Führer“ und „Volksgemeinschaft“ haben einen ideologischen und im deutschen Kontext auch historischen Bezug. Die Vorstellung, eine Diktatur wäre „unter bestimmten Umständen“ und im „nationalen Interesse“ die bessere Staatsform, findet bei 4,8% der Befragten offene und bei weiteren 11,4% immerhin teilweise Zustimmung. Einen Führer, der „Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert“ wünschen sich 7,1% und weitere 14,7% stimmen hier teilweise zu. Den größten Zuspruch findet die dritte Aussage mit 14,5% manifester und 23,9% latenter Zustimmung. Der Begriff „Volksgemeinschaft“ rekurriert dabei auf ein als homogen und konfliktfrei imaginiertes Volk, dessen Interesse nicht deliberativ aus gegensätzlichen Interessen, sondern durch eine starke Partei bzw. Person erkannt wird. Der Begriff ist zudem eng mit dem Nationalsozialismus verbunden, der eine solche Gesellschaftsordnung umsetzen wollte.

Grafik 1: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur« (Neo-NS Ideologie; in %)

Grafik 1: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur« (Neo-NS Ideologie; in %)
Pearsons Chi-Quadrat zwischen Ost und West: **p < ,01

Die zweite der Neo-NS-Ideologie zugeordnete Dimension ist der Antisemitismus. Mit ihr erfassen wir die Ressentiments gegen Jüdinnen und Juden. Wie bei anderen Ressentiments finden sich in den Aussagen Inhalte, welche die autoritären Aggressionen gegen Juden legitimieren und rationalisieren sollen. Allerdings nimmt der Antisemitismus im Vergleich zu anderen Ressentiments eine besondere Position ein – etwa im Vergleich zu jenem gegen Migranten. Obwohl Migrantinnen und Migranten als „fremd“ gekennzeichnet werden, sind in den Aussagen bis zu einem gewissen Grad auch Ähnlichkeiten formuliert. Die ihnen zugeschriebenen negativen Eigenschaften zielen auf eine Konkurrenz: Migranten lösen Neid und Aggressionen aus, weil sie als diejenigen fantasiert werden, die das schöne Leben ohne Arbeit haben. Juden werden dagegen als grundsätzliche Bedrohung der eigenen Identität erlebt, sie werden in der Neo-NS Ideologie zu den grundsätzlich Anderen gemacht, zur bedrohlichen Verneinung von Identität überhaupt (Weiß, 2017). Dieses spezifische Ressentiment, eine Art dunkle Ressource zur Bewältigung von fundamentalen Bedrohungserleben, findet in den Formulierungen der Antisemitismus-Items seinen Niederschlag: Ihnen wird eine ominöse Macht angedichtet, die Welt zu kontrollieren, und sie können niemals zum „eigenen“ gehören. Unsere Dimension erfasst mit dem tradierten Antisemitismus eine spezifische Ausdrucksform, bei welcher Juden offen und mittels althergebrachter judenfeindlicher Stereotype abgewertet werden. In vergangenen Erhebungen konnten wir aufzeigen, dass das antisemitische Ressentiment mithin deutlich weiterverbreitet ist, wenn es auch in der Umwegkommunikation als israelbezogener oder Schuldabwehrantisemitismus erfasst wird (Kiess et al., 2020). Aber auch zu den Aussagen in der tradierten Form finden sich manifeste Zustimmungen zwischen 6,4% und 7,2% und deutlich höhere latente Zustimmungswerte zwischen 17,0% und 21,6% (siehe Grafik 2). Insgesamt stimmen der Aussage, dass „der Einfluss der Juden zu groß“ sei, also 28,8% der Befragten zumindest teilweise zu. 23,4% vermuten, dass Juden zumindest teilweise mehr als andere Menschen üble Tricks einsetzen, um voranzukommen. Und wiederum knapp ein Viertel der Befragten denkt zumindest teilweise, dass Juden nicht so recht zu „uns“ passen. Gerade die letzte Aussage verweist auf die Nützlichkeit des „Gerüchts über die Juden“ (Adorno, 1951, S. 200) für die Konstruktion einer nationalen, als homogen gedachten Identität (vgl. Holz, 2000).

Grafik 2: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Antisemitismus« (Neo-NS Ideologie; in %)

Grafik 2: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Antisemitismus« (Neo-NS Ideologie; in %)
Pearsons Chi-Quadrat: **p < ,01

In Grafik 3 finden sich die latenten und manifesten Zustimmungen zu den drei Aussagen der Dimension Sozialdarwinismus. Die in diesen Aussagen aufgehobenen Ressentiments begründen die autoritären Aggressionen mit naturalisierten Unterschieden zwischen Menschen. Diese Ungleichwertigkeitsvorstellung, die wir als verbindendes Element der rechtsextremen Einstellung sehen, findet zumindest teilweise Unterstützung in der Bevölkerung. Wie auch in den anderen Dimensionen der Neo-NS-Ideologie finden sich in der Dimension Sozialdarwinismus Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen.

Während 23,1% der Ostdeutschen der Aussage „Wie in der Natur sollte sich in der Gesellschaft der Stärkere durchsetzen“ zumindest teilweise zustimmen, sind es bei den Westdeutschen 30,1%. Vor allem die manifeste Zustimmung ist hier deutlich höher. Bei der zweiten Aussage ist bei den Westdeutschen nur die manifeste Zustimmung deutlich stärker ausgeprägt: 9,1% stimmen der Aussage, die Deutschen seinen „anderen Völkern von Natur aus überlegen“ „überwiegend“ bzw. „voll und ganz“ zu, weitere 17,7% immerhin teilweise. Sind es bei der zweiten Aussage in Ostdeutschland insgesamt etwas weniger, so sticht bei der dritten Aussage „Es gibt wertvolles und unwertes Leben“ die hohe latente Zustimmung ins Auge. Beim Sozialdarwinismus messen wir insgesamt geringe manifeste, aber eine doch relevante latente Zustimmung.

Grafik 3: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Sozialdarwinismus« (Neo-NS Ideologie; in %)

Grafik 3: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Sozialdarwinismus« (Neo-NS Ideologie; in %)
Pearsons Chi-Quadrat: **p < ,01

Die vierte, dem Faktor Neo-NS-Ideologie zugeordnete Dimension erfasst die Verharmlosung des Nationalsozialismus. Geschichtsrevisionistische Positionen haben mit den Äußerungen verschiedener AfD-Spitzenpolitikerinnen und -politiker zur Relativierung des Nationalsozialismus in den vergangenen Jahren immer wieder Aufmerksamkeit erfahren. Zustimmung erhalten sie nach unserer Befragung im Jahr 2022 in Westdeutschland signifikant häufiger als in Ostdeutschland (Grafik 4): Die manifeste Zustimmung zu den drei Aussagen liegt in Westdeutschland zwischen 4,5% („Ohne Judenvernichtung würde man Hitler heute als großen Staatsmann ansehen“) und 6,2% („Der Nationalsozialismus hatte auch seine guten Seiten“), die latente Zustimmung aber nochmals bei 13,1% bis 16,7%. In Ostdeutschland liegt die latente und manifeste Zustimmung zur zweiten Aussage „Die Verbrechen des Nationalsozialismus sind in der Geschichtsschreibung weit übertrieben worden“ bei 8,9% und bei den beiden anderen Aussagen zusammengenommen bei etwas über 10%. Insgesamt ist jedenfalls die manifeste Zustimmung in dieser Dimension ebenfalls nicht sehr hoch, wobei eine soziale Norm, die Bezüge auf den Nationalsozialismus zumindest ein Stück weit tabuisiert, eine Rolle spielen dürfte. Mit entsprechenden Tabubrüchen lässt sich somit derzeit auf jeden Fall Aufmerksamkeit, aber nur begrenzte offene Zustimmung erzielen.

Grafik 4: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Verharmlosung des Nationalsozialismus« (Neo-NS Ideologie; in %)

Grafik 4: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Verharmlosung des Nationalsozialismus« (Neo-NS Ideologie; in %)
Pearsons Chi-Quadrat: * p < ,05; **p < ,01

Dimensionen des Ethnozentrismus

Die fünfte und sechste Dimension des Rechtsextremismusfragebogens ordnen wir dem Ethnozentrismus zu. Dieser bezieht sich vor allem auf die Auf- bzw. Überwertung der Eigengruppe (Chauvinismus) und die gleichzeitige Abwertung der Anderen (Ausländerfeindlichkeit). Für den Chauvinismus zeigen sich bei zwei der drei Fragen höhere Werte im Osten (Grafik 5): 23% der Ostdeutschen stimmen der Aussage „Was unser Land heute braucht, ist ein energisches Durchsetzen deutscher Interessen gegenüber dem Ausland“ manifest zu, weitere 34,8% stimmen hier teilweise zu. Die „Macht und Geltung“, die Deutschland „zusteht“, wünschen sich 18,1% manifest und weitere 41,9% zumindest teilweise. Der Aussage „Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben“ stimmen in Westdeutschland mit 32,1% (manifest) und noch einmal 29,3% (latent) mehr Befragte zu als in Ostdeutschland. Insgesamt werden alle drei Aussagen nur von einer Minderheit der Befragten explizit abgelehnt. Darin lässt sich ein weit verbreiteter Wunsch Die fünfte und sechste Dimension des Rechtsextremismusfragebogens ordnen wir dem Ethnozentrismus zu. Dieser bezieht sich vor allem auf die Auf- bzw. Überwertung der Eigengruppe (Chauvinismus) und die gleichzeitige Abwertung der Anderen (Ausländerfeindlichkeit). Für den Chauvinismus zeigen sich bei zwei der drei Fragen höhere Werte im Osten (Grafik 5): 23% der Ostdeutschen stimmen der Aussage „Was unser Land heute braucht, ist ein energisches Durchsetzen deutscher Interessen gegenüber dem Ausland“ manifest zu, weitere 34,8% stimmen hier teilweise zu. Die „Macht und Geltung“, die Deutschland „zusteht“, wünschen sich 18,1% manifest und weitere 41,9% zumindest teilweise. Der Aussage „Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben“ stimmen in Westdeutschland mit 32,1% (manifest) und noch einmal 29,3% (latent) mehr Befragte zu als in Ostdeutschland. Insgesamt werden alle drei Aussagen nur von einer Minderheit der Befragten explizit abgelehnt. Darin lässt sich ein weit verbreiteter Wunsch nach nationaler Stärke und Einheit ablesen, der zugleich Schließungsprozesse beinhaltet und aggressiv nach außen auftritt.

Grafik 5: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Chauvinismus« (Ethnozentrismus; in %)

Grafik 5: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Chauvinismus« (Ethnozentrismus; in %)
Pearsons Chi-Quadrat: **p < ,01

Auch die drei Aussagen in der Dimension Ausländerfeindlichkeit werden nur von einer Minderheit explizit abgelehnt (Grafik 6). Die Benennung der Dimension wurde in letzter Zeit häufiger kritisiert, wir haben sie aber beibehalten. Die Kritik missversteht, dass wir den Konstruktionsprozess des »Anderen« als »Ausländer« begrifflich nachvollziehen, um das Ressentiment umfassender messen zu können. Die Formulierungen in den Aussagen bieten Gelegenheit, Ressentiments gegen Migrantinnen und Migranten zu äußern, die nicht nur in den angebotenen Aggressionen bestehen, sondern auch in der Formulierung »Ausländer«. Diese greift die Etikettierung als fremd und nicht zum Eigenen gehörig auf und legitimiert das Ressentiment. In Ostdeutschland werden diese Ressentiments signifikant häufiger geteilt: Die manifeste Zustimmung zur ersten Aussage erreicht im Osten mit 49,3% fast die 50%-Marke. Während im Westen die manifeste Zustimmung mit 21,5% deutlich geringer ausfällt, unterstützen weitere 32,7% diese Aussage jedoch zumindest teilweise – es stellt sich also auch hier nur eine Minderheit dagegen. Im Osten erfahren auch die beiden anderen Aussagen bei über einem Drittel der Befragten Zustimmung. Im Westen ist es etwa ein Viertel. Jeweils hinzu kommt aber etwa ein Viertel teilweiser Zustimmung. Einige Theorien argumentieren, dass sich Vorurteile gegenüber einer konstruierten Fremdgruppe besonders in solchen Regionen halten, in denen wenig Kontaktmöglichkeiten zu anderen Gruppen bestehen (Allport, 1954; Pettigrew & Tropp, 2011), wie es in den neuen Bundesländern im Mittel der Fall ist. Diesem Ansatz gehen wir in Kapitel 5 weiter nach. Insgesamt ist die Abwertung und Abwehr der konstruierten Fremdgruppe „Ausländer“ eine mehrheitsfähige Einstellung in Deutschland, auf deren Grundlage extrem rechte Akteure immer wieder mobilisieren können oder zumindest auf heimliches Einverständnis und offene Nachsicht hoffen können.

Grafik 6: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Ausländerfeindlichkeit« (Ethnozentrismus; in %)

Grafik 6: Manifeste und latente Zustimmung zu den Aussagen der Dimension »Ausländerfeindlichkeit« (Ethnozentrismus; in %)
Pearsons Chi-Quadrat: **p < ,01

Die Entwicklung der rechtsextremen Einstellung in Deutschland von 2002 bis 2022

In diesem Abschnitt gehen wir auf die Zustimmung in den einzelnen Dimensionen im Zeitverlauf ein. Dazu wurden die drei Items pro Dimension jeweils zusammengefasst. In den folgenden Grafiken geben die Prozentwerte den Anteil Befragter an, die den Aussagen im Mittel mindestens überwiegend zustimmen (Cut off-Wert = 12; bei den einzelnen Fragen entspricht dies dem Wert 4). Dieses sehr harte Kriterium schließt also bereits Befragte aus, die zwei Aussagen überwiegend zustimmen und einer Aussage nur teilweise. Insofern betrachten wir hier also eine konsolidierte Einstellung je Dimension.

Neo-NS Ideologie im Langzeitverlauf

In allen Dimensionen der Neo-NS-Ideologie ist der starke Rückgang in Ostdeutschland im Jahr 2022 sehr bemerkenswert. Die Zustimmungswerte sinken auf ein geringeres Niveau als im Westen. Bestimmend hierfür sind mit Sicherheit gesellschaftliche Ereignisse, von denen alle Einwohner der Bundesrepublik betroffen sind. Die Neo-NS-Ideologie hat offensichtlich gegenwärtig an Attraktivität verloren, zur Rationalisierung und Legitimation der Ressentiments spielen sie eine untergeordnete Rolle (vgl. für eine vertiefende Analyse Kap. 3 und Kap. 4). Illustrieren lässt sich diese Beobachtung mit dem in Grafik 7 dargestellten Zeitverlauf für die Dimension Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur. Für Westdeutschland beobachten wir einen relativ kontinuierlichen Abwärtstrend. Rechtsautoritäre Rufe nach einem „Führer […], der Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert“ befriedigen nicht mehr im selben Maße das Bedürfnis nach Ordnung und Macht, wie noch 2020. Vor dem Hintergrund sich ausdifferenzierender individueller Bedürfnisse verliert offenbar auch die „Volksgemeinschaft“, die durch „eine einzige starke Partei“ verkörpert wird, an Relevanz.

Grafik 7: Anteil der manifesten Zustimmung zur Dimension »Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur« 2002–2022 (Neo-NS Ideologie; in %)

Grafik 7: Anteil der manifesten Zustimmung zur Dimension »Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur« 2002–2022 (Neo-NS Ideologie; in %)

Wir verzeichnen beim Antisemitismus im Verlauf unserer Studienreihe seit 2002 einen steten Rückgang in Westdeutschland (Grafik 8). Es wirkt weiterhin eine starke soziale Norm gegen die explizite Zustimmung zu tradiertem Antisemitismus. Weiter unten gehen wir auf den Schuldabwehr- und den israelbezogenen Antisemitismus als davon unterscheidbare und deutlich weiter verbreitete Ausdrucksformen des antisemitischen Ressentiments ein. Mit der sozialen Norm alleine lässt sich dieser Rückgang nicht erklären. Zum besseren Verständnis ist es hilfreich, den Ausgangswert von 2002 zu berücksichtigen: Damals waren antisemitische Ressentiments in Ostdeutschland deutlich geringer ausgeprägt als in Westdeutschland. Während in Westdeutschland die Zustimmung in den Folgejahren aber kontinuierlich sank, kam es in Ostdeutschland im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008–2012 zu einem massiven Anstieg. Auch wenn derzeit der tradierte Antisemitismus nicht stärker ausgeprägt ist, zeigen diese Schwankung, dass das antisemitische Ressentiment mobilisierbar bleibt, im Moment aber in der Kommunikationslatenz abgesunken ist (Bergmann & Erb, 1986). Antisemitismus ist als dunkle Ressource, die in Zusammenhang mit spezifischen Bedrohungswahrnehmung zur Verfügung steht, allerdings leicht mobilisierbar. 

Grafik 8: Anteil der geschlossen manifesten Zustimmung zur Dimension »Antisemitismus« 2002–2022 (Neo-NS Ideologie; in %)

Grafik 7: Anteil der manifesten Zustimmung zur Dimension »Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur« 2002–2022 (Neo-NS Ideologie; in %)

In der Dimension Sozialdarwinismus beobachten wir einerseits wieder einen leichten, aber kontinuierlichen Abwärtstrend im Westen und andererseits starke Schwankungen im Osten (Grafik 9). Die manifeste Zustimmung hier war mit 9,1% (2004) und 7,8% (2012) mehrmals deutlich höher als im Westen. 2022 ist sie allerdings beinahe auf null zurückgegangen. Hier ist anzumerken, dass wir die mitunter sehr hohe latente Zustimmung zu den hier eingeflossenen Aussagen gerade auch in Ostdeutschland – siehe Grafik 3 oben – nicht berücksichtigen. Insofern ist auch beim Sozialdarwinismus von einem höheren mobilisierbaren Potenzial, also einer derzeit in der Latenz befindlichen Zustimmungsbereitschaft in der (ostdeutschen) Bevölkerung auszugehen.

Grafik 9: Anteil der manifesten Zustimmung zur Dimension »Sozialdarwinismus« 2002–2022 (Neo-NS Ideologie; in %)

Grafik 9: Anteil der manifesten Zustimmung zur Dimension »Sozialdarwinismus« 2002–2022 (Neo-NS Ideologie; in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost- und  Westdeutschland 2022, Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Dem Faktor Neo-NS-Ideologie ordnen wir als vierte Dimension die Verharmlosung des Nationalsozialismus zu. Die Zustimmung im Zeitverlauf ist Grafik 10 zu entnehmen. Auch hier bestätigt sich der Eindruck, dass wir in Westdeutschland von tendenziell abnehmenden Werten ausgehen können, während wir im Osten mit Schwankungen konfrontiert sind. Im Jahr 2022 hat die Zustimmung im Osten mit beinahe null einen Tiefstwert erreicht, wobei auch hier darauf hingewiesen werden muss, dass es sich nur um die manifeste Zustimmung zu allen drei Items handelt.

Grafik 10: Anteil der manifesten Zustimmung zur Dimension »Verharmlosung des Nationalsozialismus« 2002–2022 (Neo-NS-Ideologie; in %)

Grafik 10: Anteil der manifesten Zustimmung zur Dimension »Verharmlosung des Nationalsozialismus« 2002–2022 (Neo-NS-Ideologie; in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland 2022, Pearsons Chi-Quadrat: *p < .05

Langzeitverlauf in den Dimensionen des Ethnozentrismus

Das Niveau der dem Faktor Ethnozentrismus zugeordneten Dimensionen liegt wie bereits in den Vorjahren deutlich höher als das der Neo-NS-Ideologie. Auch lassen sich hier nicht im selben Maße Rückgänge verzeichnen, im Gegenteil. So beobachten wir beim Chauvinismus im Langzeitverlauf sowohl im Osten als auch im Westen Schwankungen (Grafik 11). Derzeit liegen die Werte jeweils auf einem Tiefstand und sehr dicht beieinander

Grafik 11: Anteil der manifesten Zustimmung zur Dimension »Chauvinismus« 2002–2022 (Ethnozentrismus, in %)

Grafik 11: Anteil der manifesten Zustimmung zur Dimension »Chauvinismus« 2002–2022 (Ethnozentrismus, in %)

Ein abweichendes Bild bietet der Zeitverlauf für die Dimension Ausländerfeindlichkeit (Grafik 12). Bei den Ressentiments gegen Migrantinnen und Migranten registrieren wir wieder bzw. weiterhin deutlich höhere Werte unter ostdeutschen Befragten. Eine über die Jahre bestehende Tendenz zurückgehender Zustimmung im Westen steht im Kontrast zu den Zu- und Abnahmen im Osten: Im Nachgang der Finanz- und Wirtschaftskrise erfassten wir hier 2012 mit 38,5% einen Rekordwert, dem ein starker Rückgang und in den letzten Jahren wieder ein Anstieg auf nun 33,1% folgten. Auch in dieser Dimension ist offenbar zumindest in Ostdeutschland trotz zeitweisem Rückgang immer wieder eine höhere Zustimmung mobilisierbar, die besonders in Kriegs- und Krisensituationen auch offen artikuliert wird.

Grafik 12: Anteil der manifesten Zustimmung zur Dimension »Ausländerfeindlichkeit« 2002–2022 (Ethnozentrismus; in %)

Grafik 12: Anteil der manifesten Zustimmung zur Dimension »Ausländerfeindlichkeit« 2002–2022 (Ethnozentrismus; in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland 2022, Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Geschlossen rechtsextremes Weltbild im Langzeitverlauf

Um die Entwicklung der Zustimmung zur rechtsextremen Einstellung insgesamt darzustellen, greifen wir auf einen weiteren Cut-Off-Wert zurück. Diesmal betrachten wir die durchschnittliche Zustimmung zu allen 18 Items des Fragebogens und legen dafür, wie schon in den Vorjahren, den Wert 63 fest. Bei 18 Items ergibt sich anhand der Antwortskala ein Minimalwert von 18 und ein Maximalwert von 90, sodass der Cut-Off-Wert einer mittleren Zustimmung im Bereich von 3,5 – also zwischen „stimme teilweise zu, teilweise nicht“ und „stimme überwiegend zu“ je Frage – entspricht. Wie in Grafik 13 zusehen ist, fasst die Entwicklung der Gesamtskala die bisher beschriebenen Ergebnisse noch einmal zusammen: Im Westen beobachten wir einen weiterhin anhaltenden Trend, der Anteil der Personen mit einem geschlossen rechtsextremen Weltbild ist inzwischen auf 2,9 % zurückgegangen. Für Ostdeutschland zeigen sich im Langzeitverlauf deutliche Schwankungen von 8,0% (2002) über 15,8% (2012) und 9,5% (2020) bis hin zu nur 2,1 % (2022). Die bereits in den einzelnen Dimensionen der Neo-NS-Ideologie zu verzeichnenden Rückgänge führen auch beim geschlossen rechtsextremen Weltbild zu einem Rückgang. Insgesamt hat diese Ideologie zur Legitimation der Ressentiments in der Bevölkerung aktuell an Bedeutung verloren. Dass andere Motive derzeit die autoritären Aggressionen besser legitimieren, ohne dass z.B. die Dimensionen des Ethnozentrismus in gleichem Maße an Bedeutung verloren hat, ist den Analysen in Kapitel 3 und 4 zu entnehmen. Die Pandemie und der Krieg führten zu einer neuen autoritären Dynamik mit Verschiebung der zentralen Motive der Abwertung. Die Darstellung nach dem Cut-Off-Wert könnte zumindest bis zu einem gewissen Grad die latente, also „teilweise“ Zustimmung verdecken. Zudem muss mit Blick auf die Schwankungen damit gerechnet werden, dass sich derzeit latente Einstellungspotenziale erneut mobilisieren lassen.

Grafik 13: Anteil an Befragten mit geschlossen rechtsextremem Weltbild 2002–2022 (in %)

Grafik 13: Anteil an Befragten mit geschlossen rechtsextremem Weltbild 2002–2022 (in %)

Rechtsextreme Einstellungsdimensionen und Soziodemografie

In diesem Abschnitt gehen wir auf ausgewählte Zusammenhänge der rechtsextremen Einstellung mit soziodemografischen Variablen ein. Dabei greifen wir wiederum auf die bereits beschriebene Zustimmung nach dem Cut-Off-Wert 12 für die einzelnen Dimensionen zurück. Befragte, die diesen überschreiten, gelten jeweils als ausländerfeindlich, antisemitisch usw. eingestellt. So lässt sich einerseits nachzeichnen, in welchen statistischen Gruppen die Zustimmungswerte höher bzw. niedriger liegen. Andererseits geht es uns auch darum aufzuzeigen, dass kaum eine Gruppe frei von demokratiefeindlichen Einstellungen ist. Anders gesagt: Rechtsextreme Einstellungen sind überall in der Gesellschaft, auch in vermeintlich davor gefeiten Milieus anzutreffen, wenn auch in teils unterschiedlichem Ausmaß.

Wir beginnen mit der Darstellung der rechtsextremen Einstellung je Dimension und im Vergleich von Ost und West (Tab. 4). Während die Unterschiede bei der Befürwortung einer rechtsautoritären Diktatur, beim Antisemitismus sowie beim Chauvinismus im Jahr 2022 nicht signifikant ausfallen, sind der Sozialdarwinismus und die Verharmlosung des Nationalsozialismus in Westdeutschland weiter verbreitet als in Ostdeutschland. In den beiden letzteren Dimensionen sind die latenten Zustimmungswerte, wie bereits erwähnt, im Osten jedoch sehr hoch, sodass ein großes Einstellungspotenzial hier unberücksichtigt bleibt. Im Gegensatz dazu ist die Ausländerfeindlichkeit im Osten mit 33,1% deutlich ausgeprägter als im Westen (12,6%). Insgesamt sind damit die Werte in den Dimensionen der Neo-NS-Ideologie im Westen in der Tendenz höher, während der Rechtsextremismus im Osten mit einer stark ausgeprägten Ausländerfeindlichkeit eine andere Ausdrucksform annimmt.

Tabelle 4: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension in Ost- und Westdeutschland (in %)

Tabelle 4: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension in Ost- und Westdeutschland (in %)
Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, *p < .05

In Tabelle 5 ist die Zustimmung je Dimension unterschieden nach Bildungsgrad dargestellt. Der Einfachheit halber unterschieden wir dabei die Befragten mit mindestens Abitur von jenen mit einem niedrigeren Abschluss. Unterschiede zeigen sich hier beim Antisemitismus sowie bei den beiden Dimensionen des Ethnozentrismus. Bei allen drei Dimensionen liegt der Anteil manifest-rechtsextremer Einstellung bei den Personen mit niedrigerer Bildung um etwa das Doppelte höher.

Tabelle 5: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Bildungsgrad (in %)

Tabelle 5: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Bildungsgrad (in %)
Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, *p < .05

Beinahe durchgehend signifikant höhere Anteile manifest-rechtsextremer Einstellungen finden sich bei Männern im Vergleich zu Frauen (Tab. 6).Auf niedrigerem Niveau sind die Unterschiede beim Antisemitismus, beim Sozialdarwinismus und bei der Verharmlosung des Nationalsozialismus mehr als doppelt so hoch, beim Chauvinismus und bei der Ausländerfeindlichkeit zeigen sich auf höherem Niveau ebenfalls deutliche Unterschiede. Interessant ist, dass wir in unserer Studie von 2020 (Decker et al., 2020a) nur in den Dimensionen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit signifikante Unterschiede fanden. Der Rückgang bei der Zustimmung zu extrem rechten Einstellungen insgesamt basiert also vermutlich stärker auf einem Rückgang unter Frauen.

Tabelle 6: Manifest-rechtsextreme Einstellung je Dimension bei Männern und Frauen (in %)

Tabelle 6: Manifest-rechtsextreme Einstellung je Dimension bei Männern und Frauen (in %)
Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, *p < .05 2 Die Befragten, die als Geschlecht„divers“ angaben, wurden auf Grund der geringen Gruppengröße (N = 4) aus der Analyse ausgeschlossen. Statistische Gruppenvergleiche setzen eine entsprechende Stärke der Teilgruppen voraus.

Als vierte soziodemografische Variable blicken wir auf das Alter und zwar in Kombination mit dem Merkmal Wohnort in Ost- bzw. Westdeutschland (Tab. 7). Dies ist insofern sinnvoll, als verschiedene Geburtsjahrgänge in Ost- und Westdeutschland in unterschiedlichem Ausmaß von der deutschen Teilung und den anschließenden Transformationserfahrungen betroffen waren und daher oft auch unterschiedliche Einstellungen vertreten (Heller et al., 2020b). Im Vergleich zu unserer letzten Veröffentlichung zeichnet sich eine interessante Verschiebung ab: 2020 sahen wir bei den jungen Ostdeutschen höhere Anteile als bei den älteren Ostdeutschen und ein gegenläufiges Muster in Westdeutschland (Decker et al., 2020a). In diesem Jahr bestätigt sich dieses Muster für die beiden Dimensionen des Ethnozentrismus. Nur der Chauvinismus ist unter jungen Ostdeutschen im Vergleich aller Gruppen noch am weitesten verbreitet. Bei der Ausländerfeindlichkeit ist der Anteil bei älteren Ostdeutschen deutlich höher, wenn auch junge Ostdeutsche klar ausländerfeindlicher eingestellt sind als junge Westdeutsche.

Tabelle 7: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension in Abhängigkeit vom Alter (in %) nach Ost/West

Tabelle 7: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension in Abhängigkeit vom Alter (in %) nach Ost/West
Sämtliche angegebene Unterschiede im Ost-West-Vergleich in den Altersgruppen sind signifikant; Pearsons Chi-Quadrat: ** p < .01, * p < .05

In Tabelle 8 beschreiben wir die Ausprägung der Dimensionen der rechtsextremen Einstellung in unterschiedlichen Erwerbsstatusgruppen. Bedeutsame Unterschiede finden sich vor allem in den beiden Dimensionen des Ethnozentrismus, wobei der Anteil der manifest-rechtsextremen Einstellung in der Gruppe der Arbeitslosen deskriptiv am höchsten ist. Der Chauvinismus ist unter Erwerbstätigen am wenigsten vertreten. Insgesamt zeigt sich hier aber, dass keine dieser Gruppen frei von antidemokratischen Einstellungen ist.

Tabelle 8: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension nach Erwerbsgruppen (in %)

Tabelle 8: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension nach Erwerbsgruppen (in %)
Pearsons Chi-Quadrat: ** p < .01

Mit der sogenannten Sonntagsfrage („Wenn am nächsten Sonntag Bundestagswahlen wären, …“) fragen wir die Parteipräferenz der Befragten ab (Tab. 9). Wenig überraschend ist die im Vergleich und über alle Dimensionen hinweg deutlich höhere Zustimmung zu rechtsextremen Aussagen unter Befragten, die ihr Kreuz bei der Alternative für Deutschland (AfD) machen würden. Einen höheren Anteil in den Dimensionen Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit – wenn auch deutlich niedriger als bei der rechtsextremen AfD – finden wir auch bei den Nichtwählerinnen und Nichtwählern sowie bei Anhängerinnen und Anhängern der Linken. Insgesamt sind die weiter verbreiteten Einstellungsdimensionen Chauvinismus und Ausländerfeindlichkeit in allen Gruppen vertreten. Im Vergleich zu 2020 ist unter den Anhängerinnen und Anhängern der Grünen der Anteil chauvinistisch und ausländerfeindlich Eingestellter angewachsen, wenn auch weiterhin unterdurchschnittlich. Außerdem interessant ist, dass Chauvinismus unter FDP-Anhängerinnen und -Anhängern und bei der SPD und der Linken die Ausländerfeindlichkeit stärker als bei den jeweils anderen Parteien vertreten ist. Befragte, die sich bei der Parteiwahl unsicher sind, weisen in diesen beiden Dimensionen die niedrigsten Werte auf.

Tabelle 9: Anteil der Menschen mit manifest-rechtsextremen Einstellungen je Dimension unter den Parteiwählerinnen und -wählern (in %)

Tabelle 9: Anteil der Menschen mit manifest-rechtsextremen Einstellungen je Dimension unter den Parteiwählerinnen und -wählern (in %)
Pearsons Chi-Quadrat: ** p <.01; Wegen freier Felder teilweise keine Signifikanzberechnung

Wie bereits 2020 finden sich auch in dieser Erhebung zunächst nur geringfügige Unterschiede zwischen Gewerkschaftsmitgliedern und Nicht-Gewerkschaftsmitgliedern mit Blick auf den Anteil manifest-rechtsextremer Einstellungen (Tab. 10). Dies ist in Einklang zu bringen mit der These, dass sich in Gewerkschaften die Breite der Einstellungen der gesamten Gesellschaft wiederfinden (vgl. Stöss, 2007; Kiess & Schmidt, 2020). Interessanterweise finden sich in diesem Jahr aber Unterschiede in der Dimension der Ausländerfeindlichkeit: Der Anteil manifest-ausländerfeindlich eingestellter Personen ist unter den Gewerkschaftsmitgliedern geringer.

Tabelle 10: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Gewerkschaftsmitgliedschaft (in %)

Tabelle 10: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Gewerkschaftsmitgliedschaft (in %)
Pearsons Chi-Quadrat: * p < .05

Tabelle 11 gibt die Verteilung der geschlossen manifest-rechtsextremen Einstellung über verschiedene Einkommensgruppen hinweg an. Wir nehmen hier als Referenzwert das Äquivalenzeinkommen, welches im Gegensatz zum individuellen Einkommen die Haushaltsgröße berücksichtigt und so ein realistischeres Bild der ökonomischen Situation über verschiedene Haushaltskonstellationen hinweg ermöglicht. Die deutlichsten Unterschiede zeigen sich in den beiden Dimensionen des Ethnozentrismus. Chauvinistische Einstellungen sind in den Gruppen bis 3.000 Euro Einkommen ungefähr gleich häufig vertreten und nehmen dann in der höchsten Einkommensgruppe deutlich ab. Manifest-ausländerfeindliche Ansichten werden in der größten Einkommensgruppe (zwischen 1.000 und 2.000 Euro) besonders häufig vertreten, in der niedrigeren Gruppe sind sie ungefähr gleich häufig anzutreffen. Mit steigendem Äquivalenzeinkommen sinkt der Anteil geschlossen manifest-ausländerfeindlich eingestellter Personen. Ein ähnliches Profil lässt sich auch für die Dimensionen der Neo-NS-Ideologie ausmachen: Außer beim Antisemitismus findet sich in der höchsten Einkommensgruppe jeweils der niedrigste Anteil manifest-rechtsextremer Einstellung. Insgesamt ist aber auch hier festzuhalten, dass antidemokratische Einstellungen in allen Gruppen vorhanden sind.

Tabelle 11: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Äquivalenzeinkommen (in %)

Tabelle 11: Manifest-rechtsextreme Einstellungen je Dimension und Äquivalenzeinkommen (in %)
Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, *p < .05

Ein wichtiger Befund ist der Tabelle 12 zu entnehmen: Während die Mobilisierungsreserve für extrem rechte Parteien in den Jahren bis 2020 unter den Nichtwählern groß war, ist sie nun gesunken. Gegenwärtig haben extrem rechte Parteien ihr Reservoir nahezu ausgeschöpft, hiervon profitiert vor allem die AfD.

Tabelle 12: Was wählen Menschen mit geschlossen rechtsextremen Weltbild  (in %)?

Tabelle 12: Was wählen Menschen mit geschlossen rechtsextremen Weltbild  (in %)?
Keine Chi-Quadrat-Test möglich, daher keine Signifikanztestung

In Tabelle 13 ist das Vertrauen in gesellschaftliche und Verfassungsinstitutionen dargestellt. Personen mit einem rechtsextremen Weltbild zeigen hier ein deutlich vermindertes Vertrauen. Dabei tritt im Kontrast zu den Ergebnissen der Erhebung im Jahr 2020 ein weiterer vorangeschrittener Vertrauensverlust zutage. Waren es 2020 noch 41 % der Rechtsextremen, die dem Bundestag vertrauten, sind es in diesem Jahr nur noch 16,2 %.

Tabelle 13: Wie viel Vertrauen haben Menschen mit geschlossen rechtsextremen Weltbild in gesellschaftliche und Verfassungsinstitutionen? (in %)

Tabelle 13: Wie viel Vertrauen haben Menschen mit geschlossen rechtsextremen Weltbild in gesellschaftliche und Verfassungsinstitutionen? (in %)
Pearsons Chi-Quadrat 2022: **p < .01

Das höchste Vertrauen wird von ihnen noch den Gerichten und der Wissenschaft entgegengebracht, jedoch ist der Unterschied zum Vertrauen, welches diese Institutionen in der restlichen Gesellschaft innehaben, eklatant. Die Legitimation des Bundestags, der Bundesregierung und der politischen Parteien ist unter den Rechtsextremen hingegen kaum vorhanden. Nur 10,3 % bis 16,2 % der Befragten haben Vertrauen in die jeweilige Institution.

Demokratiezufriedenheit und politische Deprivation

Neben dem Fragebogen zur rechtsextremen Einstellung kamen auch in diesem Jahr weitere Erhebungsinstrumente zur Erfassung verschiedener Dimensionen politischer Einstellungen zum Einsatz, für die zum Teil bereits Vergleichswerte aus vorherigen Erhebungen vorlagen. Wir beginnen mit den drei Fragen zur Beurteilung der Demokratie in Deutschland und zwar (1) zur Demokratie als Idee, (2) zur Demokratie, wie sie in der Verfassung festgelegt ist, und (3) zur Demokratie, wie sie in der Bundesrepublik funktioniert. Die Zustimmungsraten im Zeitverlauf seit 2006 finden sich in den Grafiken 14 bis 16. Die Zustimmung zur Demokratie als Idee ist in Ost- wie Westdeutschland insgesamt sehr hoch, wobei sie im Osten stärkeren Schwankungen unterworfen ist als im Westen. Bereits in der letzten Befragung kam es zu einer Annäherung zwischen Ost und West, die sich in dieser Erhebung auf höherem Niveau fortsetzt: 94,3% aller Befragten sind von der Idee der Demokratie nach wie vor überzeugt.

Grafik 14: Zustimmung zur »Demokratie als Idee« 2006–2022 (in %)

Grafik 14: Zustimmung zur »Demokratie als Idee« 2006–2022 (in %)

Die Zustimmung zur Demokratie, wie sie in der Verfassung festgelegt ist, fällt hingegen meist weniger hoch aus und es fanden sich in der Vergangenheit größere Unterschiede zwischen Ost und West. Im Westen können wir in diesem Jahr eine ähnlich hohe Zustimmung verzeichnen wie in den letzten Befragungen: Knapp 80% sind mit der in der Verfassung festgelegten Demokratie zufrieden. Bemerkenswert ist der rapide Anstieg im Osten: Waren die Werte in der letzten Befragung im Westen noch deutlich höher als im Osten, so ist es 2022 andersherum: Über 90% der ostdeutschen Befragten unterstützen die Demokratie, wie sie in der Verfassung festgelegt ist. Dieser Anstieg ist korrespondiert mit dem Rückgang der Neo-NS-Ideologie. Diese Schwankungen lassen sich teilweise auf soziale und politische Veränderungen und Krisensituationen zurückführen und werden mit der vertiefenden Analyse zu den Pandemie- und Kriegsfolgen noch Thema (vgl. Kap. 4 und Kap. 5). Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Zufriedenheit mit der Verfassungsrealität zunächst einmal weniger die Zufriedenheit mit konkreten demokratischen Normen als vielmehr eine Legitimation des politischen Systems kennzeichnet. Die Identifikation mit diesem scheint in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen zu sein.

Grafik 15: Zustimmung zur »Demokratie, wie sie in der Verfassung festgelegt ist« 2006–2022 (in %)

Grafik 15: Zustimmung zur »Demokratie, wie sie in der Verfassung festgelegt ist« 2006–2022 (in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland 2022, Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Auch mit Blick auf die Demokratie, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert, also die alltägliche politische Praxis, lässt sich ein mehr oder weniger kontinuierlicher Aufwärtstrend in den Zustimmungsraten innerhalb der ostdeutschen Bevölkerung verzeichnen, der sich 2022 fortsetzt. So können wir eine Annäherung der Werte für den Osten an jene für den Westen beobachten, obgleich der Unterschied weiterhin statistisch signifikant ist. In der westdeutschen Bevölkerung nimmt die Zufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie, die als sehr konkrete Form der Demokratie seit Beginn unserer Erhebung weniger Zustimmung erfährt als die anderen beiden Aspekte, leicht ab im Vergleich zu 2020, bleibt jedoch auf relativ hohem Niveau verglichen mit den ersten hier verfügbaren Erhebungszeitpunkten 2006 und 2010: Mit 58,8% ist immer noch eine überwiegende Mehrheit der Westdeutschen mit dem Funktionieren der Demokratie in der Bundesrepublik zufrieden.

Grafik 16: Zustimmung zur »Demokratie wie sie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert« 2006–2022 (in %)

Grafik 16: Zustimmung zur »Demokratie wie sie in der Bundesrepublik Deutschland funktioniert« 2006–2022 (in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland 2022, Pearsons Chi-Quadrat: *p < ,05

Dem leichten Anstieg in der Zufriedenheit mit der Demokratie steht eine weiterhin hohe politische Deprivation in Ost- wie Westdeutschland gegenüber. Als politische Deprivation erfassen wir die Wahrnehmung, die Demokratie nicht ausreichend mitgestalten zu können. Es geht um die Diskrepanz zwischen gewünschtem Einfluss auf die Politik und empfundener politischer Ohnmacht und Einflusslosigkeit. Seit 2006 erfassen wir die politische Deprivation mittels zweier Aussagen. Die Wahrnehmung, dass „Leute wie ich“ keinen Einfluss auf das Regierungsgeschehen haben, teilen in Ostdeutschland 81,3% der Befragten (Tab. 14). Damit liegt der Wert leicht unter dem Wert der letzten Erhebung 2020, ist aber weiterhin höher als in Westdeutschland, wo mit 72,7% ebenfalls eine große Mehrheit der Befragten dieser Überzeugung ist.

Tabelle 14: Politische Deprivation, Zustimmung zur Aussage »Leute wie ich haben sowieso keinen Einfluss darauf, was die Regierung tut« (in %)

Tabelle 14: Politische Deprivation, Zustimmung zur Aussage »Leute wie ich haben sowieso keinen Einfluss darauf, was die Regierung tut« (in %)
Pearsons Chi-Quadrat zwischen Ost und West: **p > .01

Ebenfalls mit leichten Schwankungen, aber hoch sind die Zustimmungswerte hinsichtlich der Wahrnehmung, dass es als „sinnlos“ erlebt wird, sich politisch zu engagieren (Tab. 15). Dieser Auffassung sind mit 74,3% in Ost- und 63,8% in Westdeutschland erneut mehr Menschen als in den Vorjahren. Insgesamt ist also nur jede vierte befragte Person überzeugt, Einfluss auf Regierungsentscheidungen nehmen zu können (Tab. 14) und nur ein Drittel der Befragten sieht Sinn in eigenem politischem Engagement. Die wahrgenommene Ferne der Regierungspolitik wie auch die wahrgenommene Bedeutungslosigkeit politischer Teilnahme werden offenkundig.

Mit Blick auf die COVID-19-Pandemie zeigt sich, dass die unterschiedlichen Reaktionen auf die Krise (etwa die Bereitschaft, sich impfen zu lassen, und autoritäre Reaktionen, vgl. Kap. 3) einen Zusammenhang zur Zufriedenheit mit der Demokratie und zur wahrgenommenen politischen Deprivation aufweisen. Dabei wird deutlich, dass die Unzufriedenheit mit der Demokratie einerseits und die Wahrnehmung begrenzter politischer Teilhabemöglichkeiten andererseits nicht ausschließlich mit der Ablehnung von politischen Maßnahmen in der Krise einhergehen. Ausgerechnet jene, welche sich haben impfen lassen, aber mit Aggressionen gegenüber denen auftreten, die dies nicht getan haben, zeigen ein besonders hohes Maß an politischer Deprivation bei gleichzeitig hoher Zufriedenheit mit dem demokratischen System.

Tabelle 15: Politische Deprivation, Zustimmung zur Aussage »Ich halte es für sinnlos, mich politisch zu engagieren« (in %)

Tabelle 15: Politische Deprivation, Zustimmung zur Aussage »Ich halte es für sinnlos, mich politisch zu engagieren« (in %)
Pearsons Chi-Quadrat zwischen Ost und West: **p < .01

Antimoderne Ressentiments und spezifische Zielgruppen autoritärer Aggressionen

In der Untersuchung rechtsextremer Einstellungen bildet Sozialdarwinismus die allgemeine Bereitschaft ab, autoritären Hass auf „Schwächere“ oder „Abweichende“ auszuleben. Als Ideologie der Ungleichwertigkeit legitimiert und rationalisiert eine rechtsextreme Einstellung die autoritären Aggressionen gegen Andere, wobei die autoritäre Aggression das Bindeglied der mit ihr verbundenen spezifischen Ressentiments gegen Migrantinnen und Migranten, Jüdinnen und Juden, Frauen sowie weitere Gruppen bildet. Da es relevant ist, welche Gruppen den Hass auf sich ziehen, führen wir hierzu eine differenzierte Erhebung durch. So haben wir seit einigen Jahren zwei Fragebögen zu Muslimfeindschaft und Antiziganismus, welche im Rahmen der Studienreihe Deutsche Zustände (Heitmeyer, 2012) entwickelt worden sind, in unsere Untersuchung aufgenommen. Neben tradiertem Antisemitismus messen wir zudem anhand zweier Fragebögen antisemitische Ressentiments in Form von israelbezogenem und Schuldabwehrantisemitismus. Beide Ressentiments gestatten es, dem Antisemitismus trotz der sozialen Ächtung des tradierten Antisemitismus Ausdruck zu verschaffen. In der Forschung wird für diese Formen von einer Umwegkommunikation gesprochen, wenn sich der Hass auf Juden und Jüdinnen durch den Bezug auf Israel rationalisiert werden sollen oder über die Relativierung der Shoah Ausdruck finden können. Als weitere antimoderne Einstellungen untersuchen wir darüber hinaus Antifeminismus und Sexismus.

Grafik 17: Manifeste Zustimmung zum israelbezogenen Antisemitismus 2012, 2018, 2020 und 2022 (in %)

Grafik 17: Manifeste Zustimmung zum israelbezogenen Antisemitismus 2012, 2018, 2020 und 2022 (in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost und West 2022, Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, *p < .05

Der israelbezogene Antisemitismus fungiert in der Migrationsgesellschaft als Brückenideologie und Scharnier zwischen verschiedenen antimodernen Milieus. In den Jahren 2012 und 2018 haben wir ihn anhand eines Items erhoben („Durch die israelische Politik werden mir die Juden immer unsympathischer“), 2020 kamen zwei weitere hinzu („Israels Politik in Palästina ist genauso schlimm wie die Politik der Nazis im Zweiten Weltkrieg“ und „Auch andere Nationen mögen ihre Schattenseiten haben, aber die Verbrechen Israels wiegen am schwersten“). Seit 2018 sehen wir eine relative Stabilität der Einstellung: Israelbezogener Antisemitismus wird manifest von 10% bis 21% der Befragten geteilt (Grafik 17). Das Besondere dieser Form des Antisemitismus ist, dass er auch für migrantische Gruppen zustimmungsfähig ist (Decker & Celik 2019), während Schuldabwehrantisemitismus in der Regel von Menschen mit Migrationsgeschichte nicht so deutlich befürwortet wird. Die Verbindungslinie zwischen beiden antisemitischen Ressentiments wird anhand der Zustimmung zum Vergleich der israelischen Politik mit der Nazideutschlands deutlich. Schuldabwehrantisemitismus erhoben wir bereits 2012 anhand von drei Items, die seit 2018 regelmäßig in unsere Untersuchung einfließen (Grafik 17). Nach einem sprunghaften Anstieg über alle Items in der LAS 2020 sind auch in diesem Jahr bei zwei von drei der Aussagen höhere Zustimmungswerte zu verzeichnen. Der Schuldabwehrantisemitismus bleibt die am häufigsten Ausdrucksmöglichkeit für den Antisemitismus in Deutschland.

Grafik 18: Manifeste Zustimmung zum Schuldabwehrantisemitismus 2012, 2018, 2020 und 2022 (in %)

Grafik 18: Manifeste Zustimmung zum Schuldabwehrantisemitismus 2012, 2018, 2020 und 2022 (in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost und West 2022, Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, *p < .05

Da wir Antisemitismus als ein übergreifendes, antimodernes Ressentiment verstehen, wollen wir die Verbreitung seiner verschiedenen Erscheinungsformen in unterschiedlichen politischen Milieus in den Blick nehmen. Dafür ziehen wir die Selbsteinschätzung der Probanden hinzu, die gebeten wurden, sich auf einer zehnstufigen Skala politisch zu verorten (zwischen »links« und »rechts«). Zur besseren Darstellbarkeit haben wir diese Abstufung in Zweierschritten auf fünf Positionen reduziert und das Vorkommen manifester Ressentiments gegenüber Jüdinnen und Juden in diesen Gruppen berechnet (Grafik 19). Sehr deutlich zeigt sich, dass antisemitische Ressentiments umso häufiger geteilt werden, je weiter rechts sich die Befragten selbst verorten. Dem tradierten Antisemitismus stimmen Menschen, die sich links außen im politischen Spektrum verorten (N = 104), nicht manifest zu. Die Differenz zwischen denen, die sich links (N = 657), und jenen, die sich in der politischen Mitte (N = 1.272) verorten, ist zu vernachlässigen – es finden sich um die 2 % mit manifesten tradierten Antisemitismus. Das Bild verändert sich bei denen, die sich rechts der Mitte (N = 393) oder sogar rechts außen verorten (N = 44), signifikant. Auch bei den anderen Formen des Antisemitismus ist der Befund so eindeutig, dass nicht allein von einer Tendenz gesprochen werden kann.

Grafik 19: Manifeste Zustimmung zu Erscheinungsformen des antisemitischen Ressentiments in Abhängigkeit der politischen Selbstverortung (in %)

Grafik 19: Manifeste Zustimmung zu Erscheinungsformen des antisemitischen Ressentiments in Abhängigkeit der politischen Selbstverortung (in %)
Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Mit Muslimfeindschaft und Antiziganismus erfassen wir auch in diesem Jahr die Abwertung zweier Gruppen, die von extrem rechten Akteuren bis hinein in demokratische Milieus immer wieder als Feindbilder instrumentalisiert werden. Beim Antiziganismus bauen diese auf jahrhundertealten Vorurteilen auf, die auch nach der Porajmos (dt. „Verschluckung“; bezeichnet den Völkermord an den europäischen Sinti und Roma durch die Nationalsozialisten) weite Verbreitung finden und mitunter kaum tabuisiert sind. Bei der Muslimfeindschaft ist es neben den ebenfalls alten Stereotypen (Said, 1973) auch der moderne islamistische Terrorismus und dessen mediale Thematisierung, die die Fremdgruppenkonstruktion mit Bildern versorgen.

Wie bei der Ausländerfeindlichkeit beobachten wir auch für Muslimfeindlichkeit teils deutlich höhere Werte im Osten (Tab. 16). Hier stimmen 46,6% der Befragten der Aussage „Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden“ mindestens „überwiegend“ zu, nur eine Minderheit lehnt die Aussage explizit ab. Im Vergleich liegt die Zustimmung zu dieser Aussage mit 23,6% im Westen deutlich niedriger. Bei der zweiten Aussage ist der Unterschied weniger ausgeprägt, aber weiterhin signifikant: 42,7% im Osten und 36,6% im Westen fühlen sich durch „die vielen Muslime hier […] manchmal wie ein Fremder im eigenen Land.“ Bei der Interpretation dieser Werte sollte der deutlich niedrigere Bevölkerungsanteil an Menschen muslimischen Glaubens in den ostdeutschen Bundesländern beachtet werden (Ost: 0,7%–2,9%, West: 4,4%–10,8%; Tanis, 2021). Ausschlaggebend für eine hohe Zustimmung zu diesen Aussagen kann also nicht ein häufigerer (potenzieller) Kontakt mit Muslima und Muslimen sein, vielmehr ist das Gegenteil der Fall (zur sogenannten Kontakthypothese siehe Kap. 5).

Auch beim Antiziganismus zeigt sich eine deutlich höhere Abwertungsbereitschaft im Osten: Mehr als die Hälfte der Ostdeutschen „hätte Probleme damit, wenn sich Sinti und Roma“ in seiner oder ihrer Nähe aufhielten, und eine klare Mehrheit ist „überwiegend“ oder „voll und ganz“ der Meinung, dass Sinti und Roma zur Kriminalität neigen. Doch auch im Westen liegen die Zustimmungswerte für antiziganistische Aussagen, die sich zwischen 29,7% und 39,3% bewegen, auf einem hohen Niveau. 

In Tabelle 16 haben wir die Zustimmungswerte der letzten fünf Erhebungen (seit 2014) zu den fünf Aussagen zu Muslimfeindlichkeit und Antiziganismus zusammengestellt. Der Blick auf die Zahlen zeigt, dass beide Ressentiments in der deutschen Bevölkerung weiterhin weit verbreitet sind. Allerdings sind die Werte im Westen zum zweiten Mal in Folge und über alle fünf Fragen hinweg gesunken. Im Osten hingegen zeigt sich über nahezu alle Aussagen hinweg ein Anstieg im Vergleich zum Jahr 2020 – davon ausgenommen ist lediglich die Wahrnehmung, sich durch „die vielen Muslime hier […] wie ein Fremder im eigenen Land“ zu fühlen. Auffällig ist, dass die Zustimmungswerte unter den Befragten in Ostdeutschland teilweise deutlich über denjenigen im Westen liegen – es ergeben sich bis zu 23 Prozentpunkte Unterschied. Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit mit Bezug auf die beiden Gruppen ist insbesondere unter den Befragten im Osten weiterhin stark ausgeprägt.

Tabelle 16: Muslimfeindschaft und Antiziganismus 2014–2022 (Zustimmung in %)

Tabelle 16: Muslimfeindschaft und Antiziganismus 2014–2022 (Zustimmung in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland 2022, Pearsons Chi-Quadrat: ** p < .01, * p < .05

Seit 2006 erfassen wir Sexismus und seit 2020 auch Antifeminismus als wichtige Facette eines antimodernen Weltbilds. Rechtsextremismus und Autoritarismus gehen nicht selten mit der Abwertung feministischer Emanzipationsbestrebungen und Errungenschaften sowie mit stereotypen Rollenvorstellungen einher. Wie tief sexistische und antifeministische Tendenzen in der deutschen Mehrheitsgesellschaft verankert sind, haben wir in der LAS 2020 eingehend untersucht (Höcker et al., 2020).

Seit 2020 erfassen wir Antifeminismus anhand von vier Items auf einer vierstufigen Skala (von 1 = „stimme überhaupt nicht zu“ bis 4 = „stimme voll und ganz zu“; Höcker et al., 2020). Im Vergleich zu dieser ersten Erhebung sind die Zustimmungswerte 2022 über alle Aussagen hinweg angestiegen (Grafik 22). Im Mittel stimmt rund ein Viertel der Befragten den Aussagen zu, wobei im Osten deutlich häufiger die Meinung vertreten wird, dass „Frauen […] mit ihren Schilderungen über sexualisierte Gewalt häufig [übertreiben], um Vorteile aus der Situation zu schlagen“, und dass „durch den Feminismus […] die gesellschaftliche Harmonie und Ordnung gestört“ werden. Beide Positionen werden 2022 in Ostdeutschland sogar noch deutlich häufiger geteilt als 2020. Ein Rückgang findet sich lediglich bei der Zustimmung zur Aussage, dass „Frauen, die mit ihren Forderungen zu weit gehen, […] sich nicht wundern [müssen], wenn sie in ihre Schranken gewiesen werden“, und hier auch nur in Ostdeutschland.

Grafik 20: Zustimmungswerte zu den Items der Skala Antifeminismus nach Ost und West im Zeitvergleich (in %)

Grafik 20: Zustimmungswerte zu den Items der Skala Antifeminismus nach Ost und West im Zeitvergleich (in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland 2022, Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Zur Erfassung sexistischer Einstellungen nutzen wir vier Items zu Rollenvorstellungen – zwei wurden bereits in den Befragungen 2006 und 2016 eingesetzt, zwei weitere kamen 2020 neu hinzu (Grafik 23) –, deren Grundlage ein Fragebogen aus der Studienreihe Deutsche Zustände ist (Endrikat, 2003). Während zwischen 2006 und 2020 eher ein Rückgang in sexistischen Einstellungen zu verzeichnen war, zeigt sich 2022 fast durchgängig eine stärkere Zustimmung zu sexistischen Aussagen. Ungefähr jeder fünfte Befragte ist der Meinung, dass sich „Frauen […] wieder mehr auf die Rolle als Ehefrau und Mutter besinnen“ sollten, und empfindet „Frauen, die sich gegen eine Familie und Kinder entscheiden, […] als egoistisch“. Obwohl in Ostdeutschland meist eher liberalere Rollenvorstellungen vorherrschen, die häufig auf die Gleichstellungsbemühungen der DDR zurückgeführt werden (Baier, 2014; Bauernschuster & Rainer, 2012), finden wir 2022 nur in den beiden Aussagen Unterschiede zwischen Ost und West, die sich besonders stark auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie beziehen. Für die deutsche Gesamtbevölkerung fällt vor allem die im Vergleich zu 2020 stark gesunkene Zustimmung zu der Aussage, dass Frauen kein schlechtes Gewissen haben sollten, wenn sie sich mehr auf ihren Beruf als auf ihre Kinder konzentrieren, ins Auge. Waren 2020 noch über 80% der Befragten davon überzeugt, sind es 2022 nur noch knapp über die Hälfte. Es ist zu vermuten, dass das veränderte Meinungsbild auch auf Erfahrungen während der COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist. Mit ihr ging durch geschlossene Institutionen der Kinderbetreuung (Kindergarten, Schule) eine Verlagerung der Betreuungsverantwortung auf die Familie einher, während für die Eltern gleichzeitig die Notwendigkeit bestand, ihre Berufstätigkeit fortzuführen. Insgesamt lässt sich mit Blick auf die gewonnenen Daten festhalten: Die Befürwortung klassischer Familienkonstellationen, in welcher die Frau hauptsächlich als Mutter und Ehefrau gesehen wird, ist wieder stärker auf dem Vormarsch.

Grafik 21: Zustimmungswerte zur Skala Sexismus im Zeitvergleich (in %)

Grafik 21: Zustimmungswerte zur Skala Sexismus im Zeitvergleich (in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland 2022, Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01, *p < .05. Das erste Item ist invertiert, d.h. das hier niedrige Zustimmungsraten für sexistischere Einstellungen stehen

Diese Tendenz zeigt sich auch im Stimmungsbild hinsichtlich eines gewaltbezogenen Männlichkeitsideals, das wir in diesem Jahr erstmals erfasst haben (Grafik 24). Die ersten drei der unten genannten Aussagen wurden einem Fragebogen von Kalter et al. entnommen (Kalter, et. al. 2017), die vierte Frage von uns entwickelt. Die Beantwortung erfolgte auf einer fünfstufigen Skala (1 = „stimmt überhaupt nicht“ bis 5 = „stimmt genau“), wobei wir für die Darstellung jeweils die beiden ablehnenden und die beiden zustimmenden Antworten zusammengefasst haben. Mit einer internen Konsistenz von .76 kann die Reliabilität des Fragebogens als adäquat eingestuft werden. Zunächst lässt sich feststellen, dass die Zustimmungswerte für die einzelnen Aussagen teilweise sehr hoch ausfallen. So meinen mehr als die Hälfte der Befragten, dass „ein Mann immer noch die Verantwortung als Ernährer seiner Familie“ tragen sollte, „wenn es darauf ankommt“. Dabei ist die Zustimmung im Osten sogar höher als im Westen. Besonders eklatant sind die Ost-West-Unterschiede hinsichtlich der Akzeptanz männlicher Gewalt: Mehr als ein Drittel der Ostdeutschen findet, dass „ein Mann […] bereit sein [sollte], sich gegen Beleidigungen mit Gewalt zu wehren“, und 45,9% sind überzeugt, dass „ein Mann […] bereit sein [sollte], Frau und Kinder mit Gewalt zu verteidigen“. Dieser letzten Aussage stimmt jedoch auch fast ein Drittel der westdeutschen Befragten zu.

Tabelle 17: Zustimmung bzw. Ablehnung eines gewaltbezogenen Männlichkeitsideals 2022 (in %)

Tabelle 17: Zustimmung bzw. Ablehnung eines gewaltbezogenen Männlichkeitsideals 2022 (in %)
Pearsons Chi-Quadrat zwischen Ost und West: **p < ,01. Interne Konsistenz (Cronbach’s Alpha) = .76

Vor dem Hintergrund nicht abnehmender rechtsextrem motivierter Gewalttaten haben wir in diesem Jahr erneut einen Fragebogen zur Dokumentation der Gewaltakzeptanz und Gewaltbereitschaft eingesetzt. Hierbei differenzieren wir zwischen der Bereitschaft, selbst Gewalt anzuwenden, und der Akzeptanz von Gewalt durch andere (Ulbrich-Herrmann, 1995). Die Probanden hatten die Möglichkeit, sich anhand einer vierstufigen Skala (1 = „stimmt überhaupt nicht“ bis 4 = „stimmt voll und ganz“) in Bezug auf die Aussagen zu positionieren. In Tabelle 18 sind die Gewaltakzeptanz und Gewaltbereitschaft für 2022 dargestellt, wobei die zustimmenden Antwortkategorien 3 und 4 zusammengefasst wurden. Auffällig ist die deutlich höhere Gewaltbereitschaft unter den ostdeutschen Befragten: Jeder vierte von ihnen gibt an, in bestimmten Situationen bereit zu sein, körperliche Gewalt anzuwenden, um eigene Interessen durchzusetzen, während dies nur auf 13,5% der Westdeutschen zutrifft. Interessanterweise verkehrt sich die Tendenz mit Blick auf die Gewaltakzeptanz: Jeder fünfte Westdeutsche gibt an, dass er zwar selbst keine Gewalt anwenden würde, aber es gut findet, wenn andere „ihre Fäuste sprechen lassen“, im Osten befürworten hingegen nur 14,0% der Befragten Gewalt durch andere. Diese Zustimmungswerte sind überraschend. Während sich 2020 keine signifikanten Unterschiede zwischen Ost und West fanden, treten sie in diesem 2022 umso deutlicher zu Tage. So ist im Osten ein starker Anstieg der eigenen Gewaltbereitschaft zu verzeichnen, im Westen stieg hingegen die Gewaltakzeptanz. Beides ist als Indikator für eine gewachsene Anspannung zu verstehen und zeigt eine unabhängig von der politischen Einstellung bestehende hohe Aggressionsbereitschaft an (vgl. Kap. 3 und 4).

Tabelle 18: Gewaltbereitschaft und Gewaltakzeptanz 2006–2022 (in %)

Tabelle 18: Gewaltbereitschaft und Gewaltakzeptanz 2006–2022 (in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland 2022, Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Das Autoritäre Syndrom 2022 und im Zeitverlauf

Autoritäre Dynamiken in der Gesellschaft sowie das Autoritäre Syndrom als individuelle Reaktion auf diese Dynamiken sind seit Beginn fester Bestandteil unserer Untersuchungsreihe und geben ihr seit 2018 auch ihren neuen Namen. Die klassische Autoritarismustheorie, wie sie von Adorno et al. (1950) entworfen wurde, betrachtet Autoritarismus als eine Charaktereigenschaft, die bereits durch frühe Sozialisationserfahrungen angelegt wird. Moderne Theorien, die sich hauptsächlich auf die sadomasochistische Dynamik des Autoritären Syndroms konzentrieren, gehen zudem davon aus, dass Autoritarismus als Verhaltensdisposition durch bestimmte Faktoren, insbesondere durch als bedrohlich wahrgenommene äußere Situationen, verstärkt werden kann (Duckitt & Fisher, 2003; Feldmann & Stenner, 1997; Oesterreich, 2005; siehe Kapitel 3, 4 und 5).

Mit autoritärer Aggression, autoritärer Unterwürfigkeit und Konventionalismus erfassen wir drei Elemente des Autoritären Syndroms, deren Einfluss auf das Zustandekommen rechtsextremer und ethnozentrischer Einstellungen vielfach belegt wurde (Decker & Brähler, 2000; Lederer, 2000; Oesterreich, 2000; Fuchs, 2003). Diese drei Elemente erfassen erstens die Dynamik aus Unterwerfung unter gesellschaftliche und politische Autoritäten, zweitens die Abfuhr von Aggressionen durch die Verurteilung sozial abweichenden Verhaltens sowie drittens ein Festhalten an der bestehenden Ordnung (vgl. auch Altemeyer, 1981, 1988, 1996) und bilden damit die sadomasochistische Dynamik des Autoritären Syndroms ab (Decker et al., 2020b). Projektivität, die zweite Dimension in unserer Definition des Autoritären Syndroms, besteht aus den beiden Elementen Verschwörungsmentalität und Aberglaube.

Zur Erfassung der drei Elemente der sadomasochistischen Dynamik des autoritären Syndroms nutzen wir seit 2018 einen bewährten Fragebogen von Beierlein et al. (2014), die Kurzskala Autoritarismus (KSA-3; Heller et al., 2022).

Die aktuellen Zustimmungswerte zu den einzelnen Aussagen der drei Elemente finden sich in Tabelle 18, wobei die zwei Stufen der Ablehnung und die zwei Stufen Zustimmung zusammengefasst wurden. Es zeigt sich, dass die Aussagen der autoritären Aggression breite Zustimmung in der Bevölkerung erfahren. Fast die Hälfte aller Befragten (47,7%) findet, dass „Unruhestifter […] deutlich zu spüren bekommen [sollten], dass sie in der Gesellschaft unerwünscht sind“, weniger als ein Viertel lehnt diese Aussage explizit ab. Auch beim Konventionalismus finden sich teilweise sehr hohe Zustimmungsraten. So finden 45,7%, dass „Traditionen […] unbedingt gepflegt und aufrechterhalten werden [sollten]“ und mehr als ein Drittel stimmt der Forderung zu, dass „bewährte Verhaltensweisen […] nicht in Frage gestellt werden [sollten]“. Bei den Aussagen der autoritären Unterwürfigkeit fallen die Zustimmungsraten niedriger aus – immerhin 27,4%, also mehr als ein Viertel der Befragten findet jedoch, dass „wir […] starke Führungspersonen [brauchen], damit wir in der Gesellschaft sicher leben können“.

Tabelle 19: Sadomasochistische Dimensionen des autoritären Syndroms 2022 (in %)

Tabelle 19: Sadomasochistische Dimensionen des autoritären Syndroms 2022 (in %)
Skalierung 1 = »stimme gar nicht zu«, 2 = »stimme wenig zu«, 3 = »stimme etwas zu«, 4 = »stimme ziemlich zu«, 5 = »stimme voll und ganz zu«

Aus Grafik 22 wird deutlich, dass die autoritäre Aggression, also der Anteil derjenigen, die voll und ganz zustimmen, zwar seit 2016 gesunken ist, sie jedoch nach wie vor ein sehr hohes Niveau aufweist. Die grundsätzliche Bereitschaft, Gründe für die Ressentiments gegen andere zu finden, ist bei jedem zweiten Befragten zu finden. Die Verbreitung von Ressentiments und damit auch von antidemokratischen Reflexen zeigt sich hier so deutlich ausgeprägt, da diese noch nicht an ideologische Motive gebunden sind. Die politischen Inhalte, die die Aggressionen legitimieren und rationalisieren, können sich unterscheiden, und gerade in einer fragmentierten Gesellschaft werden konkrete politische Ziele immer nur von einer Teilgruppe geteilt. Weil sie das antidemokratische Potenzial in der Bevölkerung unabhängig von Ideologien und Weltanschauungen sichtbar machen, ist die Messung von grundsätzlicher Aggressionsbereitschaft und Unterwürfigkeit von so großer Bedeutung. An welche ideologische Begründung sich diese Abwertungsbereitschaft haftet, ist hoch relevant, aber sekundär.

Seit 2014 haben wir lediglich drei der neun Aussagen der Kurzskala Autoritarismus (KSA-3) durchgängig in unseren Befragungen eingesetzt, weshalb die in Grafik 22 abgebildeten Zustimmungsraten auf den Aussagen 2., 5. und 8. aus Tabelle 19 beruhen. Da keine gemittelte Zustimmung über drei Aussagen hinweg berechnet wird, ist die Zustimmung insgesamt höher, trotzdem bildet auch diese Kurzform des Autoritarismus-Fragebogens die Tendenz sehr gut ab (Heller et al., 2020b). Mit Blick auf die Zustimmung zu der Aussage, mit der wir autoritäre Aggression erfassen, zeigt sich eine interessante Divergenz zwischen den neuen und den alten Bundesländern. Während in Westdeutschland die Zustimmungsrate 2022 im Vergleich zu 2020 noch einmal drastisch zurückgegangen ist, stieg sie in Ostdeutschland um 6 Prozentpunkte an. Dort sind mit 65,4 % fast zwei Drittel der Befragten der Meinung, dass abweichendes Verhalten hart sanktioniert werden sollte. Während die manifest-rechtsextreme Einstellung insbesondere in Ostdeutschland deutlich zurückgegangen ist, nimmt in diesem Bevölkerungsteil demnach die autoritäre Aggression zu. Es ist naheliegend, dass sich diese Aggression nun in anderer Form als in klassisch rechtsextremen Äußerungen manifestiert.

Grafik 22: Zustimmung zu drei ausgewählten Aussagen der autoritären Aggression, autoritären Unterwürfigkeit und Konventionalismus bundesweit und im Ost-West-Vergleich (in %)

Grafik 22: Zustimmung zu drei ausgewählten Aussagen der autoritären Aggression, autoritären Unterwürfigkeit und Konventionalismus bundesweit und im Ost-West-Vergleich (in %)
2022: Signifikante Unterschiede zwischen Ost und West auf allen drei Elementen, Pearsons Chi-Quadrat p < .01

Sowohl in Ost- als auch in Westdeutschland steigen die Zustimmungswerte der Dimension autoritäre Unterwürfigkeit im Vergleich zu 2020 an, wobei sie im Osten deutlich stets deutlich höher liegen als im Westen. Ein Grund dafür könnte sein, dass sich der Wunsch nach starken Leitfiguren und Führungspersonen durch die Krisen der COVID-19-Pandemie und des russischen Angriffskriegs in der Ukraine intensiviert hat. Mit Blick auf die Dimension des Konventionalismus ist ein Anstieg in Westdeutschland und ein leichter Rückgang in Ostdeutschland zu verzeichnen. Trotzdem sind die Zustimmungsraten in den neuen Bundesländern (41,9%) nach wie vor höher als in den alten (35%).

Auch in Bezug auf die Verschwörungsmentalität findet sich in Ostdeutschland ein starker Rückgang (Imhof & Decker, 2013; siehe Grafik 23). Mit diesem Begriff wird innerhalb der Sozialpsychologie das Bedürfnis nach Verschwörungserzählungen bezeichnet, also die Stärke des Wunsches nach entsprechenden Verschwörungsmythen (Moscovici, 1987; vgl. Kap. 8 und Kap. 1). Grundsätzlich handeln Menschen aus Bedürfnissen, die durch die Umgebungssituation beeinflusst werden. Auch das autoritäre Syndrom wird durch diese Motivation bestimmt, ein Rückgang auf einer oder mehreren Dimensionen zeigt Bedürfnisveränderungen an. Das Bedürfnis nach Verschwörungsnarrativen ist 2022 nach einem Anstieg im Jahr 2020 deutlich zurückgegangen. Durch die Zunahme von autoritärer Unterwürfigkeit und Konventionalismus einerseits und der Abnahme von Verschwörungsmentalität und Aberglauben (siehe Grafik 24) andererseits ist es seit 2020 zu einer Verschiebung im Autoritären Syndrom gekommen. Die Legierung hat sich – trotz geringerer autoritärer Aggression – zugunsten der Dimensionen des Sadomasochismus verändert. Diese Bewegung und den Zusammenhang mit den Maßnahmen im Zuge der COVID-19-Pandemie werden wir in Kapitel 3 näher untersuchen.

Grafik 23: Manifeste Verschwörungsmentalität 2012, 2016, 2018, 2020 und 2022 über drei Items zusammengefasst (in %)

Grafik 23: Manifeste Verschwörungsmentalität 2012, 2016, 2018, 2020 und 2022 über drei Items zusammengefasst (in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost und West in den Jahren 2012, 2016, 2020 und 2022, Pearsons Chi-Quadrat p < ,01

Grafik 24: Manifester Aberglaube 2020 und 2022 (in %)

Grafik 24: Manifester Aberglaube 2020 und 2022 (in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost und West 2022, Pearsons Chi-Quadrat **p < ,01

Wie in der LAS 2020 kamen zudem zwei Aussagen zum Einsatz, mit denen der Glaube an COVID-bezogene Verschwörungserzählungen gemessen wurde (Grafik 25). Wir sehen auch hier einen Rückgang im Glauben an diese Narrative, allerdings ist er in Ostdeutschland nicht ganz so deutlich wie in Westdeutschland, und die Zustimmungswerte sind in den ostdeutschen Bundesländern immer noch deutlich höher.

Zum ersten Mal wurde von uns die Zustimmung zu Verschwörungserzählungen gemessen, die sich auf den Klimawandel beziehen (Grafik 26). Sie fällt bei Weitem nicht so hoch aus wie die zu COVID-bezogenen Narrativen. Sehr deutlich wird aber, dass in Ostdeutschland häufiger der Einfluss des Menschen auf den Klimawandel geleugnet wird: Während nur jeder zehnte Westdeutsche diesen Zusammenhang verneint, ist es in Ostdeutschland jeder fünfte. Dass nur jeder siebte Befragte die Auswirkungen des Klimawandels für übertrieben hält, zeigt, dass die Losung »neben uns die Sintflut« nicht mehr aufrechtzuerhalten ist (Lessenich, 2016) und bei der überwältigenden Mehrheit ein Bewusstsein für die Zusammenhänge von Naturkatastrophen und gesellschaftlichen Bedingungen entstanden ist.

Grafik 25: Zustimmung zu COVID-bezogenen Verschwörungserzählungen (in %)

Grafik 25: Zustimmung zu COVID-bezogenen Verschwörungserzählungen (in %)
Signifikante Unterschiede zwischen Ost und West 2022, Pearsons Chi-Quadrat: **p < .01

Abschließend betrachten wir die Verbreitung der Elemente des Autoritären Syndroms in den verschiedenen politischen Milieus und gehen damit der Frage nach, welche Potenziale für eine antidemokratische Mobilisierung auch jenseits manifester Ideologien der Ungleichwertigkeit, also jenseits rechtsextremer Einstellungen bestehen. Wie schon bei der Betrachtung des Antisemitismus greifen wir deshalb auf die politische Selbstverortung der Befragten zurück (s.o., Grafik 27). Zwar kann das Autoritäre Syndrom in unterschiedlichen Legierungen auftreten (vgl. Kap. 7), dennoch sehen wir, dass es in Regel rechts außen am stärksten ausgeprägt ist. Allerdings sind die Unterschiede in der Zusammensetzung sehr relevant. 

Grafik 26: Zustimmung zu Verschwörungserzählungen mit Bezug zum Klimawandel (in %)

Grafik 26: Zustimmung zu Verschwörungserzählungen mit Bezug zum Klimawandel (in %)
Pearsons Chi-Quadrat zwischen Ost und West: **p < .01

Verschwörungsmentalität weist die größten Sprünge auf – sie ist links außen bei einem Drittel der Befragten sowie rechts außen bei drei von vier Probanden manifest. Gerade weil in der Gruppe der moderaten „Linken“ der kleinste Anteil festgestellt wird, ist der Kontrast zu links außen eindrücklich. Immerhin ist der Aberglaube links außen besonders stark, so dass der Charakter des Autoritären Syndroms innerhalb eines ausgeprägten linken Milieus durch die Projektivität bestimmt wird. Dass dies trotzdem nicht zu einem links geprägten Verschwörungsmilieu gegen die Corona-Maßnahmen führt, können wir anhand unserer vertiefenden Analyse in Kapitel 7 feststellen. Dort wird auch deutlich, wie stark andere Faktoren – etwa Geschlecht, aber auch allgemeine Gesellschaftsbilder – sowie die unterschiedliche Zusammensetzung des Syndroms in den politischen Milieus mit darüber entscheiden, welche antidemokratischen Mobilisierungspotenziale bestehen.

Grafik 27: Das Autoritäre Syndrom in seinen Ausprägungen nach Links-rechts-Selbsteinschätzung (in %)

Grafik 27: Das Autoritäre Syndrom in seinen Ausprägungen nach Links-rechts-Selbsteinschätzung (in %)
Pearsons Chi-Quadrat zwischen den Gruppen: **p < .01

Fazit und Diskussion

Zentrale Ergebnisse werden wir zunächst in Stichpunkten zusammenstellen. In der anschließenden kurzen Diskussion werden neben einem ersten Fazit auch Fluchtlinien für die weitere Auswertung in den folgenden Kapiteln gezogen. Als zentrale Ergebnisse der LAS 2022 halten wir fest:

  • Insgesamt ist ein Rückgang bei manifest-rechtsextremen Einstellungen im Bereich der Neo-NS-Ideologie zu verzeichnen, insbesondere im Osten.
  • Die Demokratiezufriedenheit verweilt im Westen auf gleichbleibend hohem Niveau und ist im Osten sogar angestiegen. Trotzdem bleibt die Zufriedenheit mit der Verfassungsrealität weiterhin relativ niedrig, zumal die politische Deprivation auf sehr hohem Niveau angekommen ist.
  • Gleichzeitig bleiben die Zustimmungswerte in den Dimensionen des Ethnozentrismus sehr hoch und steigen im Osten leicht an.  Eine aggressive Fremdgruppenabwertung in Form von Ressentiments gegen Migranten und Migrantinnen bei gleichzeitiger Aufwertung des Eigenen wird konstant als legitim wahrgenommen und sind weiterhin Scharnier zur extremen Rechten.
  • Auch die latenten Zustimmungswerte der Neo-NS-Ideologie sind durchgängig hoch. Das bedeutet, dass sie nicht grundsätzlich verschwunden ist, sondern derzeit lediglich eine geringere Bedeutung zur Legitimation der autoritären Aggressionen hat.
  • Bereits beim getrennt erhobenen Schuldabwehrantisemitismus zeigt sich, dass Kernelemente des antisemitischen Ressentiments nicht verschwunden sind. Aussagen dieses Inhalts werden von weiten Teilen der Bevölkerung geteilt, und auch diese Zustimmung ist angestiegen. 
  • Die Demokratiebedrohung vor allem durch die autoritären Aggressionen gegen „Andere“ wird auch durch die weiterhin hohen Zustimmungswerte zu Antiziganismus und Muslimfeindschaft verdeutlicht. Beide Ressentiments werden immer noch von einem großen Teil der Bevölkerung geteilt, und wir müssen insbesondere im Osten einen Anstieg der Zustimmungswerte verzeichnen. 
  • Der Anstieg des Antifeminismus und die darin zum Ausdruck kommenden aggressiven Impulse gegen Frauen schärfen das Bild einer zunehmenden Verschiebung der Demokratiebedrohung durch die erhöhte Aggressionsbereitschaft auf spezifische Gruppen in der Gesellschaft zusätzlich. Die hohe Zustimmung zu gewaltbereiten Männlichkeitsidealen fügt sich an dieser Stelle ein (vgl. Kap. 8).
  • Diejenigen, die nach wie vor ein geschlossen rechtsextremes Weltbild aufweisen, zeigen sich noch gewaltbereiter, wählen häufiger die AfD und haben weniger Vertrauen in Verfassungsinstitutionen als noch 2020. Ein kleiner Teil der Bevölkerung hält also an rechtsextremen Einstellungen fest, und es gibt eine deutliche Tendenz zur Radikalisierung.
  • Während die Wahlbereitschaft im Allgemeinen zugenommen hat, ist das Wählerpotenzial der AfD unter den Unentschiedenen weitestgehend ausgeschöpft.
  • Verschwörungsmentalität hat in der Breite der Bevölkerung an Relevanz verloren.  
  • Die Legierung des Autoritären Syndroms hat sich verändert: Kamen in der Erhebung 2020 noch stärker Verschwörungsmentalität und Aberglaube zum Tragen, ist gegenwärtig wieder ein Anstieg der autoritären Unterwürfigkeit und des Konventionalismus zu verzeichnen. Autoritäre Aggressionen gehen zwar zurück, finden sich aber immer noch bei fast jedem zweiten Befragten.

Die Befunde zeigen eines deutlich an: Rechtsextremismus ist zur Zeit nur in Teilen dazu geeignet, die autoritären Bedürfnisse der Menschen zu befriedigen. Das häng zentral mit den aktuellen Herausforderungen durch Krieg und Pandemie zusammen, durch welche die Zentralgewalt und damit die Exekutive in den Vordergrund gerückt sind. So konnten staatliche Institutionen offenbar die autoritären Bedürfnisse vor dem Hintergrund der Krisen der letzten Jahre teilweise befriedigen. Das zeigt sich auch an der anhaltenden (bzw. im Osten sogar angestiegenen) Zufriedenheit mit der Demokratie. Die demokratischen Strukturen können – gerade wegen der Betonung von Expertenwissen – gleichzeitig deliberative und autoritäre Bedürfnisse bedienen. 

Der Rückgang einer einheitlichen rechtsextremen Ideologie hängt auch mit der Fragmentierung des autoritären Milieus in Zeiten des aus unterschiedlichen Quellen stammenden Bedrohungserleben zusammen. In Bezug auf die COVID-19-Pandemie konnten etwa autoritär-submissive Wünsche durch eine strikte Einhaltung der Maßnahmen ausgelebt werden, während autoritär-aggressive Regungen gegen Ungeimpfte gerichtet wurden. Auf der Gegenseite finden sich dann projektiv-autoritäre Aggressionen, ein autoritäres Syndrom, das als scheinbare Rebellion gegen eine Autorität in Erscheinung tritt (siehe auch Kapitel 3).

Die Krisenwahrnehmung löste eine Zeit der Exekutive aus und damit auch eine Zufriedenheit mit dem politischen System. Das passiert, so kann man sagen, mit einer Vernachlässigung der demokratischen Inhalte, denn diese Anerkennung der Autorität geht mit einer Ambivalenz einher: So wird das Ventil für die weiter bestehenden Spannung wieder stärker in bestimmten Gruppen gefunden (Muslime, Migranten, Sinti und Roma, Frauen, Juden). An dieser Stelle kann im Vorgriff auf das Kapitel 3 auch schon darauf hingewiesen werden, dass zur Befriedigung dieser generellen Aggressionsbereitschaft auch neue Gruppen identifiziert wurden.

Auch vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine lässt sich argumentieren, dass die Demokratie in weiten Teilen der Bevölkerung als etwas Schützenswertes erkannt wurde. Das hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Kriegssituation mit einer Rationalisierung der Aggressionen und einer klaren Unterteilung der Welt eben jene Bedürfnisse auch befriedigt (siehe Kap. 4). In den Männlichkeitsnormen und im Antifeminismus zeigt sich zu dem die Bedeutung von heroischen Vorstellungen, die entlang von Geschlechtsbildern reaktiviert werden (vgl. Kap. 13). Durch Krieg und Pandemie treten in der Wahrnehmung der Menschen auch komplexere Herausforderungen in ihrer Relevanz zurück (vgl. Kap. 11). Aus der autoritären Dynamik resultierende autoritäre Wünsche werden demnach nicht mehr primär in Form manifest rechtsextremer Einstellungen geäußert; das Objekt und die Möglichkeiten zur Befriedigung dieser Wünsche haben sich vielmehr verschoben und ausdifferenziert.


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