Mit Drainagerohren und Gräben wurden bis zum heutigen Tag fast alle deutschen Moore trockengelegt. Zum Schutz von Klima und Artenvielfalt ist ihre Wieder-vernässung dringend geboten. Aber wie funktioniert sie – und was ist zu beachten?
Im Interesse des Klimaschutzes sollten Moore einen Wasserstand nahe der Bodenoberfläche aufweisen. Die meisten intakten oder wiedervernässten Moore ähneln deshalb weniger einem See, vielmehr sind sie offene, nasse Landschaften mit einigen Wasserstellen. Weil jedes Moor anders ist, gehört jede Vernässung einzeln vor Ort geplant: Wasserflüsse müssen betrachtet, Höhenunterschiede im Gelände vermessen und Bohrungen im Boden vorgenommen werden. Bodenproben zeigen, wie dick die Torfschicht noch ist und welche Eigenschaften die Torfe haben – etwa ob sie sehr wasserdurchlässig sind oder stark zersetzt mit geringer Wasserleitfähigkeit. Darüber hinaus ist bei trockenen Mooren unbedingt zu berücksichtigen, welche Pflanzen und Tierarten dort leben und welchen Einfluss eine Wiedervernässung vermutlich auf ihren Lebensraum haben wird. Auf diesen Grundlagen entsteht dann ein Plan, wie das Wasser in diesem Moor gehalten werden kann – und welche optimale Wasserhöhe anvisiert werden sollte. Nach den Umbauarbeiten braucht es außerdem ein umfangreiches Monitoring, das in den Blick nimmt, wie sich die Wasserstände und der Lebensraum für moortypische Arten entwickeln.
Hochmoore werden von Niederschlägen mit Wasser versorgt, Niedermoore vom Grundwasser. Der erste Schritt bei beiden Moortypen ist zunächst, Wasser in den Torf zu bringen. In der Regel bedeutet das: Die Pumpen werden abgestellt, die Drainagerohre aus dem Boden geholt und die Gräben angestaut. Genutzt werden dafür Spezialbagger. Sie fahren auf extra breiten Ketten, damit sie im weichen Moorboden nicht einsinken.
Je nach Moortyp unterscheidet sich das weitere Vorgehen bei der Wiedervernässung. In Hochmooren werden oft Dämme gebaut, die verhindern, dass Wasser seitlich ablaufen kann. Beim Bau wird geeigneter Torf herangeschafft und durch Überfahren mit Baggerketten verdichtet, um Wasserflüsse unter dem Damm zu verringern. Für andere Flächen kann es sinnvoller sein, eine lösungsmittelfreie Teichfolie senkrecht einzuziehen: So entsteht eine Art riesige Badewanne, die sich mit Regenwasser füllt. Der vorher ausgetrocknete Torf kann sich wieder mit Wasser vollsaugen und aufquellen. Mit regulierbaren Überläufen kann der Wasserstand für eine optimale Moorentwicklung eingestellt werden. Da Niedermoore eben meist aus verschiedenen Grund- und Oberflächenwasserströmen gespeist werden, muss man bei der Vernässung weitläufigere Gebiete betrachten. Ein Bach, der durch die Niederung fließt, kann für die Vernässung genutzt werden. Gibt man dem fließenden Wasser wieder Raum, sich in der Niederung frei auszubreiten, vernässt es den Torfkörper. Werden Gräben verfüllt und Drainagerohre zurückgebaut, kann sich so in Niedermooren ausreichend Wasser anstauen. Im besten Fall ist dieses Wasser nährstoffarm. Dadurch können sich moortypische, an nährstoffarme Umgebung gewöhnte Arten wie zum Beispiel Kleinseggen und Orchideen wieder ansiedeln. Nährstoffreiches Wasser, das aus der landwirtschaftlich genutzten Umgebung kommt, sollte nach Möglichkeit bereits im Randbereich angestaut werden. Auf diese Weise können sich die Nährstoffe ablagern oder durch chemische Prozesse abgebaut werden. Zu viel Nährstoffeintrag führt zu einer verstärkten Torfzersetzung und würde die Moorflächen belasten.
Entsprechend der zukünftigen Moornutzung braucht es ein angepasstes Flächenmanagement. Soll beispielsweise der Lebensraum einer offenen Niedermoorlandschaft für Wiesenvögel und Feuchtwiesenpflanzen erhalten werden, gehört bei der Vernässung die Fläche so gestaltet, dass eine Beweidung durch geeignete Tierrassen und eine Mahd möglich ist.
Wenn alles gelingt, ist das Moor wieder ein funktionierender Speicher von Wasser und Kohlenstoff. Das ist nicht nur gut für den Klimaschutz, sondern mildert auch Auswirkungen der Klimakrise ab: Das Moor puffert wie ein Schwamm Starkregen ab und wirkt wie eine natürliche Kühlung für die Luft. Doch trotz dieser dringend benötigten Funktionen können nicht alle Moore sofort wiedervernässt werden. Die meisten entwässerten Moorböden in Deutschland werden nach wie vor landwirtschaftlich genutzt – ihre Umstellung auf nasse Nutzung erfordert sorgfältige Vorbereitung und Planung. Außerdem gelingt die vollständige Vernässung von Mooren nur bei Wasserüberschuss. Gerade in Zeiten sinkender Grundwasserspiegel und vermehrter Trockenperioden ist dieser aber nicht an allen Standorten gesichert. Gleichzeitig können nasse Moorlandschaften genau dieser Wasserknappheit entgegenwirken, indem sie durch großflächigen Rückhalt der Winterniederschläge zu einem guten Wasserhaushalt beitragen.
Dieses komplexe Zusammenspiel benötigt politischen Willen – und Fachwissen. Bislang gibt es in vielen Planungsbüros und Baufirmen zu wenige Menschen, die über Erfahrung mit Wiedervernässungsmaßnahmen verfügen und sich auskennen mit Wasserhaushalt, Torfeigenschaften und der speziellen Tier- und Pflanzenwelt im Moor. Damit die Moortransformation gelingen kann, ist daher die Ausbildung von noch mehr Moorexpertinnen und Moorexperten ein entscheidender Faktor.