Klimaanpassung: Gesunde Böden benötigt

Atlas

Die Klimakrise ist in Deutschland immer intensiver zu spüren. Starkregen und Überschwemmungen werden in Zukunft noch öfter auftreten. Gesunde Böden können die Auswirkungen von Extremwetterereignissen zumindest abpuffern. Bodenschutz ist deshalb unverzichtbar – wird jedoch nach wie vor vernachlässigt.

Gut entwickelte, tiefe Böden können besonders viel Regenwasser speichern. Ins Grundwasser gelangt es durch versickern
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Gut entwickelte, tiefe Böden können besonders viel Regenwasser speichern. Ins Grundwasser gelangt es durch versickern

Gesunde Böden mit einer ausgeglichenen Porenstruktur nehmen wie ein Schwamm Wasser auf und geben es bei Bedarf wieder ab. Außerdem reinigen Böden Wasser, indem sie Schadstoffe filtern und so die Grundwasserqualität halten oder sogar verbessern können. Bodenlebewesen wie Pilze und Bakterien bauen bestimmte Schadstoffe ab und wandeln sie in ungiftige Verbindungen um. All diese Aufgaben können Böden vor allem bei bodenschonender Nutzung gut erfüllen.

Bodenatlas 2024 Cover

Der Bodenatlas 2024

Der Bodenatlas beleuchtet in 19 Kapiteln nicht nur die Folgen des weltweiten Verlusts an fruchtbarem Boden, sondern zeigt auch die Potentiale nachhaltiger und gerechter Bodennutzung für den Klimaschutz und die Artenvielfalt.

Ohne Wasserspeicherung in Böden wäre Landwirtschaft kaum vorstellbar. Rund 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen weltweit werden nicht künstlich bewässert, sondern im Regenfeldbau bewirtschaftet. Insbesondere dort spielt die Wasserspeicherfähigkeit von Böden eine wichtige Rolle, denn sie hilft Feldfrüchten dabei, Trockenperioden zu überstehen. Damit möglichst viel Regenwasser in Böden versickert und den Pflanzen zur Verfügung steht, ist der Schutz und die nachhaltige Nutzung von Böden unerlässlich. Werden Böden von schweren Maschinen verdichtet, versickert weniger Wasser, und es kann bei starken Regenfällen zu lokalen Überschwemmungen kommen. Bodendecker wie Klee oder Lupinen sorgen dafür, dass Böden bei Starkregen nicht weggespült werden und dass bei Hitze weniger Wasser verdunstet. In Bergregionen reduzieren Terrassen – künstliche Geländestufen an Hängen – den oberflächlichen Wasserabfluss und verbessern Wasserrückhaltung. 

Auch durch Versiegelungen und Bebauung für Infrastruktur, Industrie, Wohnungen funktionieren Böden immer schlechter als Wasserspeicher. Eine hohe Versiegelung in Städten führt dazu, dass das meiste Regenwasser über die Kanalisation abgeleitet wird. Bei Starkregen kann dies zur Überlastung der Kanalsysteme führen – die Folgen sind überschwemmte Straßen und überflutete Keller. Zwar hat sich die Bundesregierung zum Ziel gesetzt, den Flächenverbrauch durch Versiegelung zu senken: auf unter 30 Hektar pro Tag bis 2030 und auf Netto-Null bis 2050. Bis dahin ist es jedoch ein weiter Weg. Aktuell werden in Deutschland immer noch etwa 55 Hektar für Siedlungsbau oder Verkehrsflächen umgewidmet – täglich! Pro Jahr entspricht das einer Fläche größer als Potsdam. 

Zukünftig werden noch mehr Menschen unter Dürre und Ernteausfällen leiden. Gesunde Böden müssen geschützt, geschädigte restauriert werden
Zukünftig werden noch mehr Menschen unter Dürre und Ernteausfällen leiden. Gesunde Böden müssen geschützt, geschädigte restauriert werden

Angesichts der Klimakrise steigt die Bedeutung nachhaltiger Stadtentwicklung. Ein Vorreiter ist Kopenhagen. Die Stadt hat mehrere Überflutungen im letzten Jahrzehnt zum Anlass genommen, sich zu einer sogenannten Schwammstadt weiterzuentwickeln. Zentral dabei war die Begrünung und Entsiegelung von ausgebauten und asphaltierten Flächen. Unversiegelte Böden sind für den Hochwasserschutz unentbehrlich: Während Starkniederschlägen nehmen sie Wasser auf und verringern so den Druck auf umliegende Gebiete. Natürliche Überflutungsflächen und Feuchtgebiete wie Feuchtwiesen und Moore dienen als natürlicher Hochwasserschutz. Durch menschlichen Eingriff sind sie jedoch arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Über 90 Prozent der Moore in Deutschland sind entwässert; circa 70 Prozent dieser Flächen werden landwirtschaftlich genutzt.

Um Boden als lebenswichtigen, natürlichen Wasserspeicher zu schützen, braucht es rechtsverbindliche Ziele für die nachhaltige Nutzung, den Schutz und die Regeneration von Böden. Ein großes Potenzial liegt in der Landwirtschaft, die die Hälfte der Fläche Deutschlands nutzt. Beispielsweise könnten die Gelder der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union zielgerichtet eingesetzt werden, um die Umstellung auf bodenschonendere Nutzung attraktiver zu gestalten. Darüber hinaus hat das Bundesumweltministerium mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz einen ersten wichtigen Schritt in Richtung Klima- und Bodenschutz unternommen. Die Wiedervernässung von trockengelegten Mooren und Grünflächenmanagement in Städten stehen im Mittelpunkt. Wie sehr die Bundesregierung jedoch ihren Klimazielen hinterherhinkt, zeigt das Beispiel Moore. Im Sinne des Pariser Klimaabkommens müssten in Deutschland jährlich 50.000 Hektar Moore wiedervernässt werden – tatsächlich wiedervernässt werden jedes Jahr jedoch lediglich 2.000 Hektar.

77 Fußballfelder: Die Fläche für Straßen, Häuser und sonstige Bebauung wächst in Deutschland jeden Tag um 55 Hektar
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