Heinrich Böll blickte kritisch auf das Wachstumsethos der jungen Bundesrepublik – Besitz, Wohlstand und Gier wurden aus seiner Sicht immer mehr zum Selbstzweck. Dagegen positionierte er sich nicht nur in seinen Schriften.
In mehreren Werken hat sich Heinrich Böll mit den Themen der Verschwendung natürlicher Ressourcen wie Wasser, Luft, Erde bis hin zu Lebensmitteln wie Brot auseinandergesetzt. So finden sich in fast allen Erzählungen und Hörspielen Bölls aus den 1950er Jahren ironische Anspielungen auf entsprechende Erscheinungsformen des «Wirtschaftswunders».
Kritik am Wachstumsethos der jungen Bundesrepublik
Vor allem in seinen Satiren zeigt er die Widersprüche auf absurde Weise. Die «Anekdote zur Senkung der Arbeitsmoral» beschreibt zum Beispiel, wie in einem Fischerort ein Tourist scheitert, den dort am Hafen dösenden Fischer zu mehr Effizienz zu überreden. «Der Wegwerfer» ist eine Satire auf Gratis-Prospekte und Verpackungsmüll, heute vielleicht aktueller denn je. Böll sah mit Sorge, dass Besitz, Wohlstand und Gier sich zu ideologiebesetzten Werten verselbstständigten und das öffentliche Leben bestimmen sollten; sie wurden für ihn immer wieder Gegenstand scharfer Kritik. Er misstraute der Wachstumsideologie und beschrieb die Gesellschaft als «eine Verschwendungsgesellschaft, die Verschwendung als Wachstum ausgibt». Er sah Überheblichkeit in vielen Bereichen, angefangen bei der Ausbeutung der Rohstoffe bis hin zur Bezeichnung «Dritte Welt».
Verbindung zur Umweltbewegung der 60er- und 70er-Jahre
Darauf ging er 1973 in seiner Nobelpreisvorlesung ein, als er erklärte, dass die indigenen Bewohner Amerikas bei der Konfrontation mit der europäischen Vernunft hilflos mit ansehen mussten, wie die Unterwerfung ihrer Erde unter den Profit ihre Umwelt zerstörte. «Für die Poesie des Wassers und des Windes, in der sich ihr Leben verkörperte, gab es nur Hohn – und nun beginnen wir westlich Zivilisierten in unseren Städten, den Endprodukten unserer totalen Vernunft […], zu spüren, wie wirklich die Poesie des Wassers und des Windes ist und was sich in ihr verkörpert.» Böll forderte, dass der Mensch seine eigene Lebensgrundlage schützen möge. Dies verband ihn mit der sich in den 1960er und 1970er Jahren formierenden Umweltbewegung.