Fragen und Antworten zu Open-Source-Saatgut

Wie funktioniert die Open Source Saatgutlizenz?

Es gibt drei einfache Regeln bei Open Source Saatgut:

  • Regel 1: Jeder darf das Saatgut frei nutzen, es vermehren, weiterentwickeln, züchterisch bearbeiten und es im Rahmen bestehender Gesetze weitergeben.
  • Regel 2: Niemand darf das Saatgut und seine Weiterentwicklungen mit geistigen Eigentumsrechten wie Patenten belegen.
  • Regel 3: Jeder Empfänger überträgt zukünftigen Nutzern des Saatguts und seinen Weiterentwicklungen die gleichen Rechte und Pflichten.

Einzelheiten zur Open Source Seeds Lizenz finden Sie auf den Seiten von Open Source Seeds.

Wie ist die Open Source Lizenz für Saatgut entstanden?

Es begann mit einer kleinen grünen Broschüre der Heinrich-Böll-Stiftung: Gemeingüter - Wohlstand durch Teilen. Johannes Kotschi, Agrarwissenschaftler und Berater für Ökolandbau in den Tropen, wurde durch ihre Lektüre zu einer Idee inspiriert: Könnte man die Idee der Open Source Lizenzen aus dem Bereich der Software auf Saatgut übertragen?

Eine Tagung des kleinen Vereins Agrecol e.V. im Herbst 2012 diskutierte das Thema angeregt mit Silke Helfrich, einer freien Publizistin die mit Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung seit vielen Jahren die Commons-Debatte weitertreibt. Mit drei Beiträgen vertiefte Kotschi die Debatte in Agrecol in 2012, 2015 und 2016, bis endlich nach weiteren Vorarbeiten im Frühjahr 2017 die vom Agrarwissenschaftler Bernd Horneburg (Universität Göttingen) neu gezüchtete Tomate “Sunviva” als erste Open Source lizensierte Sorte der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Inzwischen gibt es je drei Tomaten- und Weizensorten mit Open Source Lizenz.

Wie kann ich die OpenSourceSeeds Initiative noch unterstützen?

OpenSourceSeeds ist ein Projekt des gemeinnützigen Vereins Agrecol e.V. Agrecol arbeitet vollständig ehrenamtlich und freut sich sehr über Spenden.

Agrecol fördert mit den Spenden die Züchtung von neuen Sorten, die mit Open Source Lizenz für alle verfügbar sind. Ein Teil der Spenden wird für die Lizensierung von Sorten, für die Verwaltung und das Management von Sortenlizenzen verwendet. OpenSourceSeeds unterstützt Züchter bei der Vermarktung ihres Saatguts und bei der Ahndung von Lizenzverstößen. Ein anderer Teil der Spenden fließt in Züchtungsprojekte zur Entwicklung neuer, gemeinnütziger Sorten.

Nähere Informationen und eine Kontonummer finden Sie hier.

Wie kann die Züchtung von Saatgut ohne Lizenzgebühren finanziert werden?

OpenSourceSeeds schreibt dazu: Historisch betrachtet wurde der größte Teil landwirtschaftlichen Saatguts ohne Zwangsabgaben entwickelt. In vielen Entwicklungsländern folgt die Pflanzenzüchtung bis heute diesem Geschäftsmodell kaum, und auch in Industrieländern gibt es Züchtungsprogramme privater Unternehmen, deren Finanzierung ohne geistige Eigentumsrechte auskommt.

Ein anderer Aspekt ist noch wichtiger. Gemeinnützige Sorten sind mehr als nur ein landwirtschaftliches Produktionsmittel. Sie erbringen darüber hinaus viele gesamtgesellschaftliche Leistungen, Leistungen die der private Saatgutsektor mit seinem Geschäftsmodell immer weniger liefern kann. Stichworte in diesem Zusammenhang sind: Erhaltung der Biodiversität, Pflege von Kulturlandschaften und ihren Ökosystemleistungen, Anpassung an den Klimawandel.

So ist es nur folgerichtig, dass die Gesellschaft als Ganzes für die Kosten aufkommt, indem nicht nur die unmittelbaren Nutzer/innen – Landwirt/innen und Gärtner/innen - in die Pflicht genommen werden, sondern auch Verarbeiter/innen, Händler/innen und Verbraucher/innen, also letztlich die gesamte Wertschöpfungskette sich an den Kosten beteiligt. Darüber hinaus muss auch der Staat seinen Beitrag leisten. Pflanzenzüchtung zur Schaffung von Gemeingütern ist dann eine gemeinnützige Aktivität und von Saatgut-Erzeugung, die einen eindeutig wirtschaftlichen Charakter hat, klar zu unterscheiden.

Die ökologischen Getreide- und Gemüsezüchter/innen in Europa gehen mehrheitlich diesen Weg. Sie finanzieren sich über „Sortenentwicklungsbeiträge“ die mit den Saatguterzeuger/innen und Landwirt/innen ausgehandelt werden, über einen „Züchtungs-Cent“ bei Handel und Verarbeitung, sowie über staatliche Zuschüsse und Stiftungsgelder. Die so generierten Gelder für Pflanzenzüchtung sind bisher zwar noch gering, aber sie steigen von Jahr zu Jahr. Lesen Sie mehr dazu im Diskussionspapier: „Wer zahlt für das Saatgut?" von Johannes Kotschi und Johannes Wirtz.

Was ist ein Gemeingut oder Commons?

Gemeingüter? Was ist das? - Heinrich-Böll-Stiftung

video-thumbnail Direkt auf YouTube ansehen

Immer mehr Menschen bringen den Begriff der Commons auf der Suche nach Alternativen zu unserem Wirtschaftsmodell in die gesellschaftliche Diskussion und in die politische Auseinandersetzung ein. Eine "Ökonomie des Gemeinsamen", in der das Gedeihen der geteilten Ressource im Vordergrund steht und gemeinsam in einem Prozess des Commoning bewirtschaftet wird, erscheint greifbar.

Stöbern Sie weiter auf unseren Seiten zu Commons.

Warum ist freies Saatgut mit Open Source Lizenz so wichtig?

Armut

Wenn Bauern und Bäuerinnen aufgrund von Patenten nicht die Chance haben Saatgut selbst nachzuziehen oder untereinander zu tauschen müssen sie es jedes Jahr wieder vor der Aussaat von den Konzernen für teures Geld kaufen. Für viele der mehr als 500 Millionen Kleinbauern und Bäuerinnen weltweit bedeutet das eine enorme finanzielle Belastung und nicht selten ein Abrutschen in eine Schuldenspirale.

Vielfalt auf dem Acker

Aufgrund des Klimawandels kommt es vermehrt zu Wetterextremen. Nur an die regional unterschiedlichen klimatischen Bedingungen angepasstes Saatgut verbessert die Fähigkeit von Bauern und Bäuerinnen weltweit sich an den Klimawandel anzupassen. Innovationen und Züchtungen müssen also in dezentralen Strukturen passieren und nicht von einigen wenigen Konzernen gesteuert werden.

Wie ist die Situation am Saatgutmarkt?

Bis vor kurzem dominierten sieben Unternehmen die weltweite Produktion von Pestiziden und Saatgut. Doch dieses Oligopol hat sich neu formiert – und die Zahl der Akteure ist geschrumpft. Die beiden US-Konzerne DuPont und Dow Chemical haben fusioniert, ChemChina hat Syngenta aus der Schweiz aufgekauft, und der deutsche Bayer-Konzern hat zuletzt Monsanto übernommen.

Jetzt beherrschen drei Konzerne mehr als 60 Prozent der Märkte für kommerzielles Saatgut und für Agrarchemikalien. Sie bieten fast alle gentechnisch veränderten Pflanzen dieses Planeten an.
Auch die meisten Anmeldungen für das Eigentum an Pflanzen beim Europäischen Patentamt entfallen auf diese drei Konglomerate. Der neue Gigant unter den Großen wäre Bayer-Monsanto. Ein Drittel des globalen Marktes für kommerzielles Saatgut und ein Viertel des Marktes für Pestizide formen den größten Agrarkonzern der Welt.

Mehr Informationen und Infografiken gibt es in unserem Konzernatlas.