Die Weltbank in der Klimafinanzierung - IWF und Weltbank als Retter in der Not?

2. Oktober 2009
Von Barbara Unmüßig
Von Barbara Unmüßig

Der Weltklimarat und der IWF kommen unabhängig voneinander zu einem ähnlichen Schluss: Die ärmsten Staaten und die ärmsten Bevölkerungsgruppen sind am härtesten betroffen, sowohl von der Klimakrise als auch von der globalen Wirtschafts- und Finanzkrise.

Retter in der Not will auch die Weltbank sein. Sie will ihre Ausleihungen in den nächsten drei Jahren vervielfachen (bis zu 100 Milliarden US-Dollar) und legt dazu spezielle Kreditprogramme für die Banken- oder Handelsfinanzierung auf.

 Aber auch in der Klimafinanzierung will die Weltbank eine Führungsrolle übernehmen. Rechtzeitig vor der Jahreskonferenz in Istanbul legte sie ihren neuen Weltentwicklungsbericht zum Thema „Entwicklung und Klimawandel“ vor (s. Hinweis). In drastischen Worten verlangt sie von den Industrieländern neue Finanztransfers, um den Klimawandel im Süden zu stoppen, die Umstellung auf saubere Energien und die Anpassung an den Klimawandel zu finanzieren. Alleine für Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel sollen jährlich dreistellige Milliardenbeträge fließen. Davon will die Weltbank möglichst viel über ihre Konten lenken.
 
Ungedeckter Finanzbedarf 
 
Noch sind die Finanztransfers keine beschlossene Sache. Und trotz der alleine für die Anpassung an den Klimawandel benötigten Summen fließen derzeit gerade einmal zehn Milliarden US-Dollar (www.climatefundsupdate.org) in Entwicklungsländer. Gemessen am Bedarf  ist das nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Und auch hier ist das Problem, dass die meisten Kredite für Anpassungsmaßnahmen, die die Weltbank zum Beispiel über den Climate Investment Fund (CIF) finanziert, zurückzuzahlende Darlehen sind.

Auch Entwicklungsländer, die wenig bis nichts zur Klimakrise beigetragen haben, aber massiv unter den Folgen leiden, verschulden sich für den Klimaschutz. Mit Gerechtigkeit für die heutige Bevölkerung und mit Zukunftsfähigkeit für die künftigen Generationen hat das nichts zu tun. Auch hier muss dringlich darauf hingewirkt werden, dass bestimmte Finanztransfers als Zuschuss fließen müssen und nicht als Kredit.
 
Vor dem Klimagipfel in Kopenhagen hat lediglich die Europäische Union 15 Milliarden Euro jährlich für die Bekämpfung des Klimawandels im Süden in Aussicht gestellt. Andere Industrieländer haben sich bislang auf keine konkreten Zahlen festlegen wollen.  Die große Mehrheit der Entwicklungs- und Schwellenländer macht jedoch massive Finanztransfers zur Bedingung, wenn sie sich ihrerseits zu CO2-Reduktionen verpflichten sollen. Der Finanztransfer ist zum knallharten Verhandlungsthema in den alten, klassischen Nord-Süd-Bahnen geworden.
 
Kann die Weltbank Klimaschutz?

Das andere große Thema ist allerdings, wie verhindert werden kann, dass die neuen Kredite als Ausweg aus der Klima- und Wirtschaftskrise nicht einfach in die gewohnten Fahrrinnen einer weitgehend fehlgeschlagenen Entwicklungspolitik fließen. Die Zweifel sind deshalb groß, ob die Weltbank überhaupt die geeignete Organisation für den globalen Klimaschutz ist. Nach wie vor finanziert die Bank in Entwicklungsländern Energiestrategien, die auf fossilen Brennstoffen basieren. Sie ist bislang nicht die Lösung, sondern Teil des Problems:

  • In einem Bericht zeigt der britische WWF auf, dass die Weltbank zwischen 1997 und 2007 CO2-Emissionen mit einem Volumen von 26 Gigatonnen finanziert hat – das entspricht der 45-fachen Menge der jährlichen Emissionen Großbritanniens.
  • Die Weltbankgruppe (neben der Weltbank gehören dazu die Soft-Loan-Filiale IDA, der Private-Sektor-Arm IFC und die Investitionsversicherungsagentur MIGA) zählt zu den Top-3 der multilateralen Finanziers von Kohlekraftwerken, die seit 1994 gefördert wurden. Gemeinsam mit der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) und der Europäischen Investitionsbank (EIB) hat die Weltbank 11,7 Milliarden US-Dollar investiert und damit 58 fossile Projekte in Entwicklungsländern finanziert.
  • 2008 hat die Weltbank gemeinsam mit der Asiatischen Entwicklungsbank einen Kredit in Höhe von 850 Millionen US-Dollar bewilligt, der ein Kohlekraftwerk in Gujarat/Indien (das sog. Tata Munda-Projekt) finanzieren soll. Dieses Kraftwerk ist das erste von neun in Indien geplanten Kohlekraftwerken und wird die größte neue Quelle für CO2-Emissionen mit einem Ausstoß von 26,7 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr für die kommenden 50 Jahre sein.
  • Auch im Rahmen des Clean Technology Fund (CTF), einem Fonds der Weltbank, der die Finanzierung von Maßnahmen zur Verringerung des Klimawandels finanziell stützen soll, können weiterhin Kohlekraftwerke unterstützt werden. Hier können Kohlekraftwerke gefördert werden, selbst wenn die angewandte Technologie nur zu geringfügigen Emissionsverringerungen führt. Damit werden falsche Signale für die Verwendung knapper öffentlicher Finanzmittel gesetzt.

Die Weltbank, die immerhin aus öffentlichen Mitteln finanziert wird, sollte sich  im Rahmen des CTF besser darauf konzentrieren, Null-Emissions-Technologien und -Investitionen zu fördern. 

Völlig inkonsistent

Die Weltbank verweist stolz darauf, im letzten Fiskaljahr mit 3,3 Milliarden US-Dollar 40 Prozent der Mittel des Energieportfolios in Erneuerbare Energien und Energie-Effizienz investiert zu haben. Doch diese Zahlen erzählen nicht die ganze Geschichte. Denn die Weltbank rechnet auch große Staudammanlagen oder fossile Brennstofftechnologien, die nur geringfügig sauberer sind, in diese Kategorien ein. Auch sog. Carbon offsets, also Emissionsreduzierungen, die nicht in Industrieländern, sondern in Entwicklungs- und Schwellenländern realisiert werden, rechnet die Weltbank in ihrer Statistik den Erneuerbaren und der Energieeffizienz zu.

Anstatt ihre eigene globale Rolle bei Erneuerbaren Energien und Energie-Effizienz schönzureden, sollte sich die Weltbank im Rahmen ihres Energie-Portfolios darauf konzentrieren, in Entwicklungsländern den Übergang von fossilen Energien zu einem sauberen Energiepfad zu unterstützen. Die Weltbank-Politik ist hier völlig inkonsistent. Einerseits verlangt sie neue Mittel für den Klimaschutz; andererseits betreibt sie mit ihrem normalen Portfolio Business as usual. Als öffentlicher Finanzier müsste sie jedoch gerade hier Vorreiterin sein.

Regierungen der Schwellen- und Entwicklungsländer sowie Umwelt- und Entwicklungsorganisationen plädieren dafür, dass die neuen Finanzen für den Klimaschutz bei der UNO bzw. der Klimarahmenkonvention (UNFCCC) angesiedelt sein sollten. Unter der Oberhoheit der Konvention sollten die Zusagen und Geldeingänge überwacht und Kriterien für die Klimafinanzierung fest gelegt werden. Sektorale Fonds sind dabei durchaus denkbar. Auch dass die Weltbank bestimmte Aufgaben unter der Klimarahmenkonvention übernimmt, ist vorstellbar.

Neue Klimafinanzierungsarchitektur

Das neue Post-Kyoto-Abkommen muss also auch eine neue Klimafinanzierungsarchitektur entwerfen, die im Rahmen des UNFCCC steht. Das Weltbankmanagement kann sich das seinerseits offensichtlich nicht so richtig vorstellen und tut seit längerem alles, um Fakten zu schaffen. So hat sie immer dann die Hand aufgehalten, wenn es bei internationalen Umweltkonferenzen Geld zu verteilen gab. Nicht zuletzt deshalb gibt es heute unter dem Dach der Weltbank eine Vielzahl verschiedener umwelt- und klimabezogener Fonds, die schlecht miteinander koordiniert sind.

Öffentliche Mittel für den Kampf gegen den Klimawandel werden über kurz oder lang in noch nie dagewesener Höhe bereitgestellt werden. Deren Einsatz, ob über die Weltbank, andere multilaterale Entwicklungsbanken oder bilaterale Geber, muss sich aber an Mindestkriterien orientieren: 

  • Die Ressourcen müssen zusätzlich bereitgestellt werden und dürfen nicht mit Geldern, die im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit ausgegeben werden, verrechnet werden.
  • Die Finanzierung sollte in Form von nicht-rückzahlbaren Zuschüssen erfolgen. Kredite, die die Schulden eines Entwicklungslandes weiter erhöhen, sollten nicht vergeben werden.
  • Die Finanzierung sollte sich an den Prioritäten der Armutsbekämpfung und des Erhaltes von Ökosystemen orientieren.
  • Finanztransfers sollten auf der Basis sozialer – und darin inbegriffen gendersensibler – Kriterien erfolgen.

 

Barbara Unmüßig ist Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung.

Hinweis:
World Bank, World Development Report 2010: Development and Climate Change, 365 pp, The World Bank: Washington DC 2009. Bezug: über www.worldbank.org

Barbara Unmüßig

Barbara Unmüßig ist Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. Sie hat zahlreiche Zeitschriften- und Buchbeiträge zu Fragen der internationalen Finanz- und Handelsbeziehungen, der internationalen Umweltpolitik und der Geschlechterpolitik veröffentlicht. 

Kritische Debatten anlässlich des IWF- und Weltbank-Gipfels

Im Anschluss an den G20-Gipfel in Pittsburgh treffen auch die Vertreter der Weltbank und des Internationalen Währuungsfonds am 6./7. Oktober in Istanbul zusammen. Diskutiert werden sollen unter anderem die wirtschaftliche Entwicklung und der Status Quo der Entwicklungszusammenarbeit. Die Heinrich-Böll-Stiftung begleitet das Jahrestreffen in Istanbul - mit einer Konferenz, mit eigenem Veranstaltungsangebot und mit einem Dossier.