Unter den Wissenschaftlern stellt seit geraumer Zeit niemand mehr ernsthaft in Frage, dass es einen anthropogen verursachten Klimawandel gibt. Die Zahl der Kronzeugen, die man hier aufführen könnte, ist lang. Das wichtigste wissenschaftliche Gremium in dieser Frage, das International Panel on Climate Change IPCC, hat in seinen Berichten aufgezeigt, wie sich der Klimawandel in diesem Jahrhundert auswirken kann und was getan werden muss, um den Klimawandel abzumildern.
Was sich ändern muss
Das Ergebnis lässt sich ziemlich einfach zusammenfassen: Wir müssen die Emission der klimaschädlichen Gase drastisch reduzieren. Konkret bedeutet dies: Die Art und Weise, wie wir heute Energie nutzen und erzeugen, muss sich grundsätzlich ändern.
- Strom muss zunehmend auf der Basis erneuerbarer Energien erzeugt werden. Wir sind auf einem guten Weg. Mit dem EEG haben wir schon mehr als 15 % Stormanteil aus erneuerbaren Energien erreicht – uns damit das Ausbauziel für 2010 bereits übertroffen. Das bedeutet aber auch, dass noch immer 85 % des Stroms nicht nachhaltig und oft klimaschädlich produziert wird.
- Mobilität ist wichtig für eine moderne Gesellschaft. Umso wichtiger ist es daher auch, dass wir den ÖPNV stärken und im Individualverkehr die Antriebstechnologien revolutionieren. Sparsamere Motoren und vor allem andere Energieträger sind notwendig. Die Diskussion um Hybridmotoren zeigt mit der Elektromobilität eine spannende Richtung auf.
- Ein Löwenanteil unserer Energie wird für Wärmeerzeugung verwandt. Auch hier müssen die Erneuerbaren einen zunehmenden Anteil liefern. Zudem sind durch Wärmedämmung etc. enorme Einsparungen möglich.
- Heute wird Strom noch zu großen Teilen in Wolkenmaschinen produziert. 60 bis 70 % der umgewandelten Energie geht durch den Schornstein oder das Kühlwasser verloren. Dabei ist die Technologie der Kraft-Wärme-Kopplung keine Hexerei, sondern eine Jahrzehnte alte und bewährte Technik, die stärker wieder in den Fokus genommen werden muss.
Diese Umbaumaßnahmen erfordern natürlich enorme Kraftanstrengungen. Nichts tun wird uns aber noch mehr fordern. Zu diesem Ergebnis kommt auch der Bericht des ehemaligen Chefökonomen der Weltbank, Nicholas Stern. Er hatte systematisch untersucht, was die Klimavorsorge und die Anpassung an Klimaveränderungen kosten würden. Die Anpassung an Klimaveränderungen kann um den Faktor 20 über den Kosten der Klimavorsorge liegen. Diese Vorsorge muss betrieben werden, wir müssen jetzt damit beginnen. Aber die Umsetzung verläuft bislang schleppend.
Ein Grund mag in der großen Anzahl der verantwortlichen Akteure liegen. Jede der verschiedenen politischen Handlungsebenen hat für den Klimaschutz eine besondere Relevanz: Die Internationale Staatengemeinschaft kann sich immer nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner bezüglich gemeinsamer Zielvorgaben einigen. Die nationale Ebene gibt durch Förderprogramme oder das Ordnungsrecht bereits einen konkreteren Handlungsrahmen vor. Das EEG ist ein gutes Beispiel für die Durchschlagskraft dieser Handlungsebene. Kommunen nehmen eine wichtige - häufig unterschätzte - Rolle ein. Der Kontakt zwischen dieser Entscheidungsebene und den Bürgern ist direkt. Die Umsetzung von Vorhaben kann dort passgenau zugeschnitten werden. Zudem haben die Bürgerinnen und Bürger die Chance eines direkten Feedbacks.
Die Bedeutung der Kommunen
Wie relevant die kommunale Ebene ist, zeigt die Bevölkerungsverteilung. In Deutschland leben rund ein Drittel der Menschen allein in den 82 Großstädten mit über 100.000 Einwohnern. Die demografische Verstädterung ist mittlerweile ein weltweiter Trend. 1950 lebten noch 70 % der Menschen auf dem Land, seit 2007 wohnt bereits mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten. Folgt man den Prognosen der UNO, wird der Anteil der städtischen Bevölkerung auf über 70 % bis zum Jahr 2050 steigen.
Die starke Verdichtung in den Städten legt den Schluss nahe, als sei das Leben in den Städten heute per se klimaverträglicher. Kurze Wege zur Arbeit oder zu anderen Besorgungen, geringere Wärmeverluste bei Häusern aufgrund der dichteren Bebauung oder die effizientere Versorgungsstruktur, wie zum Beispiel dem öffentlichen Nahverkehr sind sicher gute Voraussetzungen für eine energiesparendere Pro-Kopf-Bilanz. Dies ist aber kein Ruhekissen, sondern ein Maßstab für Verantwortung. Wir müssen uns die Frage stellen, wie man Städte zukünftig klimafreundlicher organisieren kann. Denn Ballungszentren sind immer auch Trendsetter einer Gesellschaft.
Auch wenn den Städten zukünftig für immer mehr Aufgaben immer weniger Mittel zur Verfügung stehen, muss auch die kommunale Ebene Klimaschutz als Querschnittsaufgabe begreifen. Dies bedeutet in einem ersten Schritt die Bilanzierung des Ist-Zustandes. Im Blick nach vorne müssen dann durch kurzfristige Schritte sowie ein langfristig wirkendes Maßnahmenpaket ambitionierte Reduktionsziele anvisiert werden.
Das Bremer Klimaschutzprogramm
Bremen kann einen Beitrag zur Klimaschutzdiskussion leisten. Bei uns hat sich in den vergangenen Jahren einiges in Bezug auf die Klimaschutztechnologien getan. Bremen und die gesamte Region haben hier einen wichtigen Wandlungsprozess begonnen. Es haben sich gerade in Bremen und Bremerhaven viele Unternehmen angesiedelt, die auf diesem Gebiet etwas bewirken wollen. Auffällig ist die enorme Dichte an Unternehmen der Erneuerbaren Energien. Es haben sich in den letzten Jahren viele Unternehmen angesiedelt, die neue Technologien vor allem im Bereich Offshore entwickeln oder selbst Windenergieanlagen produzieren. Spannend ist aber vor allem auch das wissenschaftliche Potential der Region insbesondere vor dem Hintergrund der intensiven Verknüpfung mit der Wirtschaft.
Wir wollen diese Situation nutzen und im Land Bremen in den nächsten Jahren in Richtung Klimaschutz einen weiteren großen Schritt nach vorn machen. Daher haben wir einen Entwurf für ein „Aktionsprogramm Klimaschutz 2010“ vorgelegt. Darin sind konkrete Ziele und Maßnahmen für die bremische Klimaschutzpolitik der nächsten Jahre enthalten.
Durch Maßnahmen wie den Ausbau der Erneuerbaren Energien um den Faktor vier (gegenüber 2005), die stärkere Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung durch den Ausbau konkreter Wärmenetze, umfassende Anstrengungen zur energetischen Gebäudemodernisierung auch in öffentlichen Gebäuden, den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, die Förderung des Fahrradverkehrs und die intensivere Nutzung des Car-Sharings sollen die bremischen CO2-Emissionen (ohne Stahlindustrie) bis zum Jahr 2010 um rund sechs Prozent gegenüber 2005 sinken.
Weitere Schritte sind möglich. Dazu sind Diskussionsprozesse wie dieser von der Heinrich-Böll-Stiftung organisierte Kongress nötig. Sie helfen, das eigentliche Potenzial der kommunalen Wirkungsebene - die Pluralität der Ansätze – zu heben. Man kann voneinander lernen und gleichzeitig versuchen, eine maßgeschneiderte Strategie für die eigene Kommune zu entwerfen.