
Die Länder Südostasiens vertiefen strategisch ihre Beziehungen zu den BRICS Staaten, um ihre Partnerschaften zu diversifizieren und ihrer Stimme auf globaler Ebene Gehör zu verschaffen. Der Beitritt Indonesiens und die Interessensbekundungen Malaysias, Thailands und Vietnams zeigen, dass die Staats- und Regierungschefs das BRICS Forum als Plattform für Multilateralismus, Süd-Süd-Zusammenarbeit und Wirtschaftsreformen begreifen – nicht als Abkehr vom Westen.

Als Südostasien im Januar 2025, vertreten durch Indonesien, zum ersten Mal Platz nahm am BRICS-Tisch, folgte die typische Frage: Wechselt es zusammen mit den potenziellen Mitgliedern Malaysia, Thailand und Vietnam auf eine antiwestliche Seite?
Diese Erzählung ist nicht neu, sorgte aber für erneute Schlagzeilen, da der jährliche BRICS-Gipfel zu einer Zeit stattfand, als viele Länder, auch die Südostasiens, sich um Zugeständnisse bemühten, um die schmerzhaften Folgen der einseitigen Zölle von US-Präsident Donald Trump abzumildern.
Anstatt jedoch nach zwei Polen zu suchen, die sich in der zerbrochenen alten Weltordnung voneinander abgrenzen, ist es sinnvoller zu fragen: Was erwarten die südostasiatischen Länder vom Angebot der BRICS Staaten an ihrem nicht-westlichen Tisch, und was bringen sie selbst mit?
„Es geht nicht darum, sich zu beschweren und diejenigen zu kritisieren, die an einseitige Maßnahmen wie Zölle und Protektionismus glauben“, sagte Anwar auf dem BRICS-Wirtschaftsforum, das am Rande des BRICS-Gipfels vom 6. bis 7. Juli 2025 stattfand. „Wir sind eine Stimme für Multilateralismus, für Kollaboration, für die Zusammenarbeit mit Ländern des Südens, aber auch für die Kooperation mit den Ländern des Nordens als Freunde in dieser neuen Allianz.“
„Aber wir wollen sicherstellen, dass wir aus einer Position der Stärke sprechen, nicht aus einer Position der Schwäche ehemaliger Kolonialländer, sondern als unabhängige Länder mit einer eigenen Position“, sagte er.
Der indonesische Präsident Prabowo Subianto, der zum ersten Mal an einem BRICS-Gipfel teilnahm, schlug seinerseits vor, dass sein Land als Brückenbauer zwischen dem globalen Norden und dem globalen Süden agieren solle.
Der Beitritt Indonesiens zur 11-köpfigen BRICS-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika sowie die neueren Mitglieder Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate) markiert seinen Weg nach Osten. Indonesien ist das erste südostasiatische Mitglied dieser losen Allianz aus dem globalen Süden, die 2006 gegründet wurde und drei Jahre später ihren ersten Gipfel abhielt. Malaysia, Thailand und Vietnam gehören zu den 10 Partnerländern.
Neben Prabowo und Anwar nahm auch der vietnamesische Premierminister Pham Minh Chinh am Gipfeltreffen in Brasilien teil. Der thailändische Außenminister Maris Sangiampongsa sprach auf dem Treffen der BRICS-Außenminister im April 2025.
Alle Länder Südostasiens, die Mitglieder der BRICS sind oder dies anstreben und sich zu einer unabhängigen, autonomen und dennoch flexiblen Außenpolitik bekennen, haben ähnliche Botschaften hinsichtlich der Notwendigkeit einer Neugestaltung des Multilateralismus und des Systems der globalen Governance – in einer Zeit, in der nicht mehr die westlichen und fortgeschrittenen Volkswirtschaften, sondern aufstrebende Volkswirtschaften wie China und Indien das globale Wirtschaftswachstum vorantreiben.
Sie wollen eine Neugewichtung der globalen Machtverhältnisse in der politischen und wirtschaftlichen Architektur, die vor acht Jahrzehnten vom Westen geschaffenen wurde – manifest in Institutionen wie der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds und dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen – hin zu einer Architektur, die auch ihre individuellen Prioritäten widerspiegelt. Sie wollen nach dem Rückzug der USA mit der multilateralen Ordnung weitermachen. Sie wollen mit anderen sich entwickelnden Ländern eine Koalition in Bezug auf Märkte, Investitionen und Fachwissen bilden.
Es liegt bereits in der DNA des ASEAN Bündnisses – zu dem Indonesien, Malaysia, Thailand und Vietnam gehören – mit jedem und mit allen zu sprechen, und mit rivalisierenden Mächten zu interagieren. Aus dieser Sicht ist BRICS kein unbekanntes Terrain.
Die Annäherung an die BRICS-Staaten „spiegelt das wachsende Interesse Südostasiens wider, mit den Ländern des Globalen Südens zusammenzuarbeiten, die sie als aufstrebende Volkswirtschaften betrachten, die mehr Mitsprache in globaler Governance anstreben“, so Joanne Lin, Senior Fellow und Koordinatorin des ASEAN Studies Centre am ISEAS-Yusof Ishak Institute in Singapur. „Dies steht im Einklang mit der langjährigen Praxis der ASEAN-Länder, sich institutionell breit aufzustellen, um Partnerschaften zu diversifizieren und sich gegen Machtkonflikte abzusichern.“
Für die südostasiatischen Länder ist die Diversifizierung ihrer Beziehungen und eine multidirektionale Ausrichtung eine wichtige – und klügere – Priorität, insbesondere nachdem sie von Trumps Zöllen getroffen wurden, ohne dass dabei berücksichtigt wurde, ob es sich um Verbündete, Freihandelspartner, die ärmsten Nationen oder Konfliktländer handelt. Es ist nicht ganz klar, was es die einzelnen Länder gekostet hat, die Zollsätze auf 19 Prozent bis 25 Prozent zu senken, aber Vietnam soll den USA einen zollfreien Zugang zu seinem Markt gewährt haben.
Prabowo warb für einen „Süd-Süd-Wirtschaftspakt“, der den Ländern des Globalen Südens mehr Zugang zum Handel und eine bessere Integration in die globalen Lieferketten ermöglichen würde. Anwar forderte mehr Handel zwischen den BRICS-Staaten und ASEAN, deren Vorsitz Malaysia 2025 innehat.
Die sich entwickelnden Länder haben auch gesehen, wie sich die USA von globalen Mechanismen abgewandt haben, die für sie wichtig sind. Abgesehen von Trumps Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen hat sich die USA aus dem Loss and Damage Fund zurückgezogen, der als Kompensation für Schäden in armen Ländern gedacht war. Die USA ist aus der UNESCO, dem UN-Menschenrechtsrat und der Weltgesundheitsorganisation ausgetreten und hat damit die Finanzierungskrise der Vereinten Nationen, die in diesem Jahr ihr 80-jähriges Bestehen feiern, noch verschärft.
Das einzige andere multilaterale Spiel in der Stadt
„Da das von den USA dominierte globale multilaterale System am Ende ist, suchen viele Länder des Globalen Südens nach alternativen Quellen für wirtschaftliche und politische Unterstützung“, sagt Walden Bello, Vorstandsvorsitzender von Focus on the Global South mit Sitz in Bangkok und außerordentlicher Professor für Soziologie an der State University zu New York in Binghamton. Zu diesen Alternativen gehört auch die BRICS-Gruppe, die seiner Meinung nach „durch etwas gestützt wird, das der G77 trotz all ihrer Vorzüge als Plattform für den Aufbau von Allianzen für die Entwicklungsländer fehlt: wirtschaftliche Schlagkraft“.
Dieser Einfluss kommt durch China, dessen wirtschaftliche Ressourcen es zum wichtigsten Motor innerhalb der BRICS-Staaten machen. Es ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und eine, die Südostasien bereits sehr gut kennt.
China ist der größte Handelspartner von mehr als 120 Ländern, darunter Indonesien, Malaysia, Thailand und Vietnam. Es ist der größte Handelspartner der ASEAN.
„Es geht nicht darum, wie einige Experten*innen behaupten, dass Malaysia sich für eine Seite entscheidet (indem es sich für den Beitritt zu den BRICS-Staaten entscheidet)“, meint Anwar. „Es geht um eine klarsichtige Anerkennung der geopolitischen und geoökonomischen Veränderungen, die um uns herum stattfinden, und um die Erweiterung unserer Optionen.“
„Ich glaube, dass es ein starkes Gefühl der Orientierungslosigkeit gibt, das sie mit dem Zerfall der alten multilateralen Ordnung unter Trump, der Funktionsunfähigkeit der WTO (Welthandelsorganisation) und dem Widerstand der Weltbank und des IWF gegen interne Reformen, die den Ländern des Globalen Südens mehr Stimmrechte einräumen würden, sowie dem Rückgriff der USA auf Unilateralismus und unverhohlene Eigeninteressen zur Erreichung ihrer Ziele und ihrer Verachtung gegenüber ihren traditionellen Verbündeten beeinflusst“, sagte Bello in einem Interview. „BRICS sind das einzige andere multilaterale Spiel in der Stadt, und wird deshalb als Möglichkeit für die Stabilisierung einer Welt angesehen, die in Unordnung zerfällt.“
„Der Beitritt zu den BRICS oder eine Annäherung an sie ist ein strategischer Schritt, um Widerstandsfähigkeit aufzubauen und alternative Wachstumswege zu sichern“, erklärt Lin, insbesondere in Zeiten geopolitischer Unsicherheit, des Wettbewerbs zwischen den USA und China und der Unvorhersehbarkeit der Außen- und Handelspolitik von Trump.
Sie fügt hinzu: „Was die südostasiatischen Länder sich davon erhoffen, ist nicht einfach ein Gegengewicht zum Westen oder zu China, sondern eine konkrete Zusammenarbeit in den Bereichen Entwicklungsfinanzierung, Handelserleichterungen und Technologietransfer.“
Zu den attraktiven Punkten auf der Agenda der BRICS-Staaten gehört die New Development Bank, eine vor zehn Jahren gegründete multilaterale Bank, die ähnlich wie die Weltbank funktioniert, jedoch für den Süden bestimmt ist. Mit Schwerpunkt auf sechs Bereiche, von „sozialer Infrastruktur“ bis hin zu sauberer Energie, hat sie 39 Milliarden Dollar für 120 Projekte bereitgestellt. Dies ist zwar im Vergleich zu den Kreditverpflichtungen der Weltbankgruppe in Höhe von 144,7 Milliarden Dollar im Jahr 2025 ein geringer Betrag, aber die BRICS-Bank unterscheidet sich in weiteren wesentlichen Punkten von der Weltbank und anderen ähnlichen multilateralen Institutionen.
Jedes der fünf Gründungsmitglieder der Neuen Entwicklungsbank – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – hat unabhängig von der Bevölkerungsgröße oder dem BIP gleiche Stimmrechte in Höhe von 20 Prozent des Gründungskapitals der Bank. Es gibt keinen einzigen größten Anteilseigner in der BRICS-Bank. Dies steht im Gegensatz zur Weltbank, wo die USA nach wie vor der größte Anteilseigner sind, und zur Asiatischen Infrastruktur-Investitionsbank, wo China der größte Anteilseigner ist.
Wachstumsmotor, aber schwache Macht
Die Länder des Globalen Südens, die die Mehrheit der Weltbevölkerung ausmachen, fordern seit langem eine andere Art der Entwicklungsförderung. Sie streben Reformen an, um das Missverhältnis zwischen dem wachsenden Anteil der Schwellenländer an der Weltwirtschaft und ihrer unzureichenden Vertretung in der Weltbank und im IWF, die die Entwicklungsfinanzierung in der Welt dominieren, zu beheben.
Die BRICS-Mitgliedsländer machen 40,2 Prozent des weltweiten BIP (gemessen an der Kaufkraftparität) und über 40 Prozent der weltweiten Bevölkerung von 8 Milliarden Menschen aus.
Ihr wachsender Beitrag spiegelt den Wandel in der globalen Wirtschaftslandschaft seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs wider, als die USA aufgrund ihrer enormen wirtschaftlichen und politischen Bedeutung die internationale Architektur prägten. Während sie in den 1940er Jahren noch 40 Prozent des globalen BIP ausmachten, sind es heute nur noch etwa 26 Prozent (nach Angaben des singapurischen Außenministers Vivian Balakrishnan, der damit den Wandel der globalen Ordnung erläutert).
Jim O Neill, ein britischer Ökonom, der 2001 das Akronym „BRIC” (damals noch ohne Südafrika) prägte, fragte: „Für mich ist es jetzt einfach idiotisch und offensichtlich. Wie kann man wirklich globale Probleme lösen, wenn die Länder, die das globale Wachstum vorantreiben, nicht mit am Tisch sitzen?”
Zusammen halten die 11 BRICS-Mitgliedsländer 20 Prozent der Stimmrechte in der Weltbank, verglichen mit 39,76 Prozent für die G7-Industrieländer.
Lokale Währungen bitte
Von großem Interesse ist auch das Engagement der BRICS-Staaten, die Verwendung der lokalen Währungen der Länder in der Entwicklungsfinanzierung – und im Handel zwischen Entwicklungsländern – zu verstärken. Eines der Ziele der BRICS-Bank für den Zeitraum 2022-2026 ist es, 30 Prozent der Gesamtfinanzierung in lokalen Währungen zu erreichen – und nicht in US-Dollar, der dominierenden Währung in den Devisenreserven und im Handel.
Dies ist ein Appell an die südostasiatischen Länder, da die ASEAN intensiv daran arbeitet, lokale Währungen zur Vertiefung der regionalen Integration zu nutzen. So könnten sich beispielsweise südostasiatische Länder an Chinas grenzüberschreitende Interbank-Zahlungssysteme anschließen.
„Wir verwenden unsere lokale Währung. Natürlich sprechen wir nicht von einer Entdollarisierung, denn bis dahin ist es noch ein langer Weg. Aber zumindest versuchen wir es – Malaysia mit Indonesien, Malaysia mit Thailand und gemeinsam mit China versuchen wir, unsere eigene lokale Währung zu verwenden, auch wenn es zunächst nur 10 oder 20 Prozent sind“, erklärt Anwar. „Das macht einen Unterschied, denn wir können nicht weiter klagen, ohne unseren eigenen Plan in unseren Ländern und unseren befreundeten Nachbarländern umzusetzen.“
Vorsichtige Hinweise
Es gibt jedoch Fragen zu dem BRICS-Verbund von südostasiatischer Seite: wie kann die Neutralität von BRICS gewahrt werden? Wie kann die Beteiligung südostasiatischer Staaten so gestaltet werden, dass die ASEAN gleichzeitig gestärkt wird?
„Die BRICS-Staaten befinden sich in der Tat im Strudel der geopolitischen Rivalität. Sie werden derzeit von China und Russland als Mittel gegen den Westen instrumentalisiert, wobei Indonesien am meisten davon profitieren würde, wenn BRICS politisch neutral bliebe“, erläutert Lina Alexandra, Leiterin der Abteilung für internationale Beziehungen am Zentrum für strategische und internationale Studien in Jakarta.
„Daher hat eine übereilte Entscheidung, der Institution ohne klare (Begründung) beizutreten, Indonesien direkt in diesen Strudel gebracht“, erklärt sie. Eine der ersten Entscheidungen von Prabowo als Präsident im Oktober 2024 war es, auf eine BRICS-Mitgliedschaft zu drängen, während sein Vorgänger Joko Widodo eher zurückhaltend gewesen war.
Hinzu kommt die Feindseligkeit von Trump, der im Juli mit zehn Prozent höheren Zöllen für diejenigen drohte, die die „anti-amerikanische Politik der BRICS“ unterstützen. Aber die Südostasiaten wenden sich von der unvorhersehbaren Politik der USA ab und suchen nach Punkten der Zusammenarbeit jenseits – nicht gegen – den Westen oder nach Loyalität gegenüber einer Macht.
„Da Trump sich kopflos in Isolationismus, Unilateralismus und Handel auf der Grundlage von ‚Rache‘ stürzt und Europa sich mehr denn je den USA unterwirft, haben die meisten Länder des globalen Südens das Gefühl, dass sie zumindest gute Beziehungen zu den BRICS-Staaten aufbauen müssen, wenn schon keine festeren Bindungen“, so Bello. Mehr noch als die Feindseligkeit der USA sei es die Vorsicht, die die Länder davon abhalte, sich auf die BRICS zu stürzen, da deren Institutionen wie die Neue Entwicklungsbank und die Kontingenzreservevereinbarung „noch zu unterentwickelt sind, um den enormen Bedarf an Ressourcen aus dem globalen Süden zu decken“, fügt er hinzu.
Bello sieht noch weitere Herausforderungen. Erstens erwarten die Entwicklungsländer, dass die Entscheidungsprozesse der BRICS-Staaten „partizipativer und demokratischer“ sind als die der westlich geprägten multilateralen Organisationen. „Eine wichtige Frage lautet daher: Sind die Hauptakteure der BRICS bereit, die Entscheidungsgewalt über ihre Ressourcen zu teilen?“, fragt er. Zweitens: „Die führenden Kräfte in den BRICS sind eine Mischung aus autoritären und formal demokratischen Staaten. Ist es nicht realistisch zu erwarten, dass sie ihre Regimepräferenzen und Regierungsstile in ein multilaterales Umfeld einbringen werden?“
Was die ASEAN betrifft, so müsse sie das Engagement ihrer Mitglieder gegenüber den BRICS-Staaten „sorgfältig ausbalancieren“, betont Lin. „Die Herausforderung besteht darin, aus Initiativen wie den BRICS-Staaten einen Nutzen zu ziehen, ohne die eigene institutionelle Kohärenz oder Relevanz zu verwässern“, erklärte sie. „Wenn diese Strategie der Mehrfachausrichtung gut gehandhabt wird, kann sie die globale Handlungsfähigkeit der ASEAN verstärken. Wenn nicht, könnte sie interne Spaltungen offenlegen und ihre kollektive Stimme abschwächen.“
Die BRICS-Staaten „bieten eine wichtige multilaterale Korrektur“ in einer von den USA dominierten Welt, „die sich derzeit sowohl von der Unipolarität als auch vom Multilateralismus entfernt“, schreibt Sarang Shidore vom US-amerikanischen Quincy Institute for Responsible Statecraft. „Eine solche Korrektur wird unweigerlich mit eigenen Schwächen und blinden Flecken einhergehen. Aber für einen stabilen Übergang ist sie notwendig.“
Der Einflussbereich der BRICS-Staaten erstreckt sich über Handel und Wirtschaft hinaus. Die Beschreibung der BRICS-Staaten als „Manifestation der Bandung-Bewegung der Blockfreien Staaten“ durch den brasilianischen Präsidenten Luiz Inacio Lula da Silva im Juli war eine Anspielung auf Asien und seine blockfreien Wurzeln.
Er bezog sich dabei auf die Asien-Afrika-Konferenz von 1955, auch bekannt als Bandung-Konferenz, die 2025 ihr 70-jähriges Jubiläum feiert. Indonesien war Gastgeber dieses wegweisenden Treffens der Solidarität unter den Entwicklungsländern in einer Zeit der Entkolonialisierung und des Nation-Building. Auch Indien und China waren führende Mitglieder dieser Allianz.
„Die Bandung-Konferenz lehnte die Aufteilung der Welt in Einflusszonen ab und forderte den Kampf für eine multipolare internationale Ordnung. Die BRICS sind die Erben der Bewegung der Blockfreien Staaten“, sagte Lula auf dem BRICS-Gipfel 2025 in Brasilien. Heute „erleben wir einen beispiellosen Zusammenbruch des Multilateralismus“, sagte er und fügte hinzu, dass „unsere Autonomie erneut auf dem Prüfstand steht“.
Die Angst vor einem Atomkrieg sei zurückgekehrt, und die Länder investierten mehr in Waffen als in Entwicklungshilfe, sagte er und beschrieb damit die heutige Welt. Während die UNO eine wichtige Rolle bei der Entkolonialisierung der Entwicklungsländer gespielt habe, sei ihr Sicherheitsrat in seinen Versuchen, die heutigen Konflikte zu lösen, gelähmt, so Lula.
„Wenn die internationale Governance nicht die neue multipolare Realität des 21. Jahrhunderts widerspiegelt, ist es Aufgabe der BRICS-Staaten, dazu beizutragen, sie auf den neuesten Stand zu bringen“, erklärte er und sagte, dass ihre „Repräsentativität und Vielfalt sie zu einer mächtigen Plattform machen“.
Neue Freunde
In den BRICS-Staaten können Indonesien und die BRICS-Partnerländer Afrika und Lateinamerika besser kennenlernen – Regionen, über die sie weniger wissen als über China und Indien, mit denen die ASEAN strategische Partnerschaften und Freihandelsabkommen geschlossen hat.
Während die Verbindungen der südostasiatischen Länder zu den BRICS-Staaten auf individuellen Initiativen beruhen, hat Anwar Lula dazu bewegt, sich zu verpflichten, nach Malaysia zu kommen, wenn dort im Oktober der zweite ASEAN-Gipfel in diesem Jahr stattfindet. Lula wird auf derselben Reise auch Indonesien besuchen.
„Der Erfolg der BRICS-Staaten sollte nicht daran gemessen werden, inwieweit sie westliche Systeme ‚ersetzen‘ können, sondern an ihrer Fähigkeit, praktische, themenbezogene Zusammenarbeit für Schwellenländer zu leisten“, betont Lin.
Die Entwicklung der südostasiatischen Länder hin zum Beitritt in den BRICS-Club steckt noch in den Anfängen. Aber ihre Vertrautheit damit bestätigt, dass eine multipolare – manche sagen sogar post-amerikanische – Welt bereits Realität ist.
Johanna Son, die seit über drei Jahrzehnten über Südostasien berichtet, ist Herausgeberin und Gründerin der Reihe „Reporting ASEAN“, deren Newsletter hier zu finden ist.
Diese Veröffentlichung wurde mit Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung erstellt. Die in dieser Arbeit enthaltenen Ansichten und Analysen sind die der Autorin und geben nicht unbedingt die Ansichten der Stiftung wieder. Die Autorin ist für etwaige Haftungsansprüche wegen Urheberrechtsverletzungen bei verwendeten Grafiken, Fotos, Bildern, Audio- und Textmaterialien verantwortlich.
Der Artikel ist zuerst hier erschienen: th.boell.org