Wie gelingt der Übergang von Schule zu Beruf?

Der Übergang von Schule zu Beruf ist in Deutschland ein Problem. So klagen viele Betriebe über schlecht vorbereite Schulabgänger/innen. Sybille Volkholz hat in ihrem Vortrag die Schwierigkeiten beim Übergang analysiert und zeigt Projekte auf, die Schule und Wirtschaft enger vernetzen. Hier geht es zu aktuellen Artikeln und Publikationen zu Bildung & Wissenschaft

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Chancen für Eltern – Chancen für Bildung“  hielt Sybille Volkholz am 16. November den Vortrag „Wie gelingt der Übergang in den Beruf?“ in der Heinrich-Böll-Stiftung.  Sybille Volkholz ist für das Bürgernetzwerk Bildung des VBKI tätig und ist außerdem Mitglied der Schulkommission der Heinrich-Böll-Stiftung.

Problemaufriss - Indikatoren

Der Übergang von der Schule in den Beruf ist Schwerpunktthema des Bildungsberichts 2008  und dies mit gutem Grund. Die weit verbreiteten Probleme von Schulabgänger_innen beim Übergang in Ausbildung und Beruf sind nicht erst seit PISA bekannt.

Von betrieblicher Seite werden häufig mangelnde Kompetenzen der Jugendlichen beklagt. Das gelte vor allem für Jugendliche von der Hauptschule oder ohne Abschluss. Diese Klagen werden nicht nur von Betrieben erhoben, die nicht ausbilden wollen, sondern auch von denen, die mittlerweile wieder Auszubildende suchen. Die Diagnose der Betriebe muss also ernst genommen werden, nicht zuletzt auch weil sie durch empirische Studien wie PISA bestätigt werden.

Die Defizite insbesondere bei den Jugendlichen der sogenannten „Risikogruppe“ beziehen sich auf fehlende Basiskompetenzen, aber auch auf Defizite bei sozialen und personalen Kompetenzen wie Kooperationsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Pünktlichkeit oder der Bereitschaft Verantwortung zu übernehmen.

Die Probleme an der Schnittstelle von Schule und Beruf haben in den vergangenen Jahren ein Geflecht von Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen entstehen lassen, die selbst zu keinem qualifizierten Ausbildungsabschluss führen. Dieses sogenannte Übergangssystem erfüllt seine Hauptfunktion - nämlich Jugendliche, die nicht bruchlos von der Schule in die Ausbildung einsteigen können, möglichst bald für eine Ausbildung zu befähigen - allerdings bislang nur sehr unzureichend.

Die meisten Teilnehmer der vielfältigen Übergangsmaßnahmen haben einen Haupt- oder keinen Schulabschluss. Aus ihrem Kreis gelingt nur einem Drittel im Laufe von 18 Monaten der Übergang in eine voll qualifizierende Ausbildung. Nach zweieinhalb Jahren hat sich der Anteil auf 50 Prozent erhöht. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Hälfte das Übergangssystem ohne berufliche Perspektive verlässt oder in weiteren Maßnahmen landet.

Dass es zwei- bis zweieinhalb Jahre nach dem Ende des Schulbesuchs insgesamt nur drei Fünftel aller Hauptschulabsolventen gelingt, in eine voll qualifizierende Ausbildung einzumünden, muss uns im Hinblick auf das Alter von Absolventen und den Umgang mit Bildungszeit zum Nachdenken bringen. Insbesondere Jugendliche mit Migrationshintergrund sind davon betroffen. Die Schwierigkeiten mit dem Übergang von der Schule in den Beruf zeigen sich bei ihnen am deutlichsten, sie betreffen aber mittlerweile fast alle Gruppen.

Die Bundesregierung und die Ministerpräsidenten haben dies auf dem „Bildungsgipfel“ im Oktober zum Anlass genommen, nicht nur die Halbierung der Schulabbrecherquote anzustreben, sondern auch das Übergangssystem zu einem „Einstiegssystem“ weiterzuentwickeln.

Institutionelle Schwächen des Schulsystems

Die strukturellen Probleme des deutschen Schulsystems sind gravierend, weil sich viele Schwächen kumulieren:

  1. Das deutsche Schulsystem ist schlecht darin, benachteiligte Schüler und insbesondere Migrant_innen zu fördern. Die PISA Studie von 2000 hat die Defizite im Umgang mit Heterogenität benannt; in vermeintlich homogenen Klassen gelingt die individuelle Förderung schlecht.
    Die Forderung an die Schule, Chancengleichheit herzustellen hat allzu oft zu dem fatalen pädagogischen Grundsatz geführt, dass alle Kinder in der gleichen Zeit das Gleiche lernen sollen und dies noch möglichst mit der gleichen Geschwindigkeit. So werden die Starken unterfordert und die Schwachen zu wenig gefördert. Er hat letztlich dazu geführt, dass die soziale Herkunft mehr durchschlägt als die schulische Förderung.
    Wir benötigen eine stärkere Individualisierung und Differenzierung im Unterricht.

  2. Das allgemeine Bildungssystem ist in den inhaltlichen Bestimmungen wenig darauf eingerichtet, Jugendliche darin zu befähigen, ihr Leben eigenverantwortlich gestalten zu können. Insbesondere die eigene berufliche Zukunft aktiv in die Hand zu nehmen, dazu werden Jugendliche oft unzureichend in die Lage versetzt. Das liegt unter anderem daran, dass Schulen über die Einrichtungen zu wenig wissen, die sich für Schulabgänger an die Schule anschließen.´

    Die Übergänge zwischen den verschiedenen Stufen im Bildungssystem sind generell problematisch. Schulen (wie auch andere Einrichtungen des Bildungssystems) sind in der Regel eher auf die Abschlüsse hin orientiert, die sie vergeben, als auf Anschlüsse, die sie ermöglichen sollten. Lehrkräfte wissen in der Regel zu wenig über die jeweils nächsten Stufen in den Bildungsbiografien ihrer Schüler. Das gilt insbesondere für ihre Kenntnisse wirtschaftlicher Zusammenhänge und jüngerer Entwicklungen der Berufe, kommen die meisten von Ihnen doch von der Universität und nicht aus Betrieben der Wirtschaft. Die Trägheit des Bildungssystems hängt wesentlich damit zusammen, dass die Wahrnehmung tatsächlicher Veränderungen in der Welt durch die Bildungsinstitutionen, der Informationsfluss zwischen Bildungssystem und Gesellschaft generell, unterentwickelt ist.
  3. Bildung ist in Deutschland nicht als lebenslanger Prozess konzipiert, sondern konzentriert sich auf die Erstausbildung in Kindheit und Jugend. Lernen wird entsprechend verstanden als Vorratslernen, als Anhäufung von Wissen, das dann später angewandt wird.

    Das Konzept, Bildung als lebensbegleitenden Prozess zu begreifen, setzt ein erhebliches Umdenken voraus. Der Fokus bestünde dann darin, Kinder und Jugendliche zu motivieren und zu befähigen für sich und ihre eigene Bildungsbiografie Verantwortung übernehmen zu können.

    Junge Menschen werden bislang schlecht darauf vorbereitet, sich mit ihrer Gegenwart und ihrer Zukunft auseinanderzusetzen, offen gesellschaftliche Entwicklungen zu beobachten und selbstständig und kreativ an die Suche nach Chancen und Karrieremöglichkeiten in ihren Lebensläufen heran zu gehen. Eine positive Besetzung von Selbstständigkeit findet sich in den Schulen eher selten. Schüler nicht als Objekte, sondern als Subjekte ihres eigenen Lernprozesses zu begreifen, das gelingt in anderen Ländern besser als bei uns. Eine schwedische Schülerin sagte mir nach einem Besuch in Berliner Schulen: „Bei uns funktioniert die Schule anders. Ich weiß, was ich lernen will und die Lehrer unterstützen mich dabei.“ Das zeigt eine andere Herangehensweise. Die Übernahme von Verantwortung für die eigene Biografie ist in unserem Bildungssystem nicht sehr ausgeprägt und wird als Erziehungsziel wenig verfolgt. In deutschen Schulen herrscht allzu häufig eine Kultur, in der die Zuständigkeit für eigene Belange an Dritte abgeschoben wird. Deshalb ist die Kompetenz von Schülern zur Gestaltung der eigenen beruflichen Zukunft in der Sekundarstufe unterentwickelt.

    Erschwerend kommt hinzu, dass sich Lehrkräfte in Deutschland durch Ausbildung und professionellen Status häufig nicht dadurch auszeichnen, kreative, selbstständige, risikofreudige Herangehensweisen an die eigenen Lebensperspektiven zu fördern, geschweige denn vorzuleben.

  4. Ein weiterer Grund für die schwierige Passung zwischen Schulen und Beruf ist die im deutschen Schulwesen tradierte Unterscheidung zwischen allgemeiner und beruflicher Bildung. Sie bestimmt auch Auswahl der Bildungsinhalte, des Kanons und der Lernstoffe. „Die Misere des deutschen Bildungssystems hat ihren Ursprung in einer fatalen Asymmetrie: Wir überfrachten den Bildungsbegriff und unterschätzen die Erziehungswirklichkeit.“  Dies zeigt sich häufig als definierter Kanon oder Rahmenplan oder bei der Wahl der Unterrichtsgegenstände durch die Lehrkräfte

Der Bildungsbegriff bezieht sich in Deutschland in starkem Maße auf ein bestimmtes Verständnis von Allgemeinbildung und auf ein emphatisches Selbstbild des Landes als Kulturnation. Das geht einher mit einem fatalen Ausblenden der Wirklichkeit an den Schulen und der Frage, was Jugendliche lernen können. PISA 2000 weist z.B. darauf hin, dass die Lehrplanexperten völlig falsche Erwartungen von den Lernmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen haben.

Die Aufladung des Bildungsbegriffs in der deutschen Debatte hat sehr viel mit dem Bedürfnis nach Differenz und Abgrenzung zu tun, jedenfalls mehr als mit Integration. Sie knüpft nahtlos an die Tradition eines Bildungsbürgertums des 19. Jahrhunderts an, das Bildung ausschließlich als zweckfrei und fern jeden Nützlichkeitsstrebens definiert. Bildung wird ausdrücklich als Abgrenzung zur ökonomischen Massenproduktion reklamiert. Damit ist auch der Anspruch, alle Menschen an dieser Bildung teilhaben zu lassen und sich darum zu mühen, suspendiert.

Die traditionelle Unterscheidung von allgemeiner und beruflicher Bildung hat auch hierin ihren Grund. Berufliche Bildung wird sehr schnell mit Ausbildung – und damit eher als begrenzt und als weniger wertvoll angesehen als die Allgemeinbildung. Als gebildet gilt in der Regel nicht jemand, der hervorragende Kompetenzen in einem Berufsfeld hat, sondern diejenigen, die über ein möglichst großes Repertoire humanistischer Bildung verfügen.

Selbstverständlich muss die Schule einen umfassenden Bildungsbegriff für sich in Anspruch nehmen und die Persönlichkeitsbildung in ihren vielfältigen Dimensionen, inklusive kultureller, emotionaler, intellektueller und sozialer Kompetenzen begreifen. Die entstandene Distanz zwischen Schule und Wirtschaft geht aber letztlich zu Lasten der Jugendlichen. Ziel aller Bildung ist es, Menschen zu befähigen, ihr Leben zu gestalten und für sich und ihr gesellschaftliches Umfeld Verantwortung zu übernehmen. Dazu gehört für jeden Einzelnen auch, arbeits- und erwerbsfähig werden zu können. Diese Erkenntnis umzusetzen und die Distanz zwischen Bildung und Berufswelt abzubauen, ist eine dringende Aufgabe für die Bildungspolitik und alle an Bildungsprozessen Beteiligten.

Ermutigend ist, dass das Problem immer häufiger erkannt und der Wunsch nach Veränderungen zunehmend deutlich artikuliert wird. Geht man von Befragungen des Instituts für Schulentwicklungsforschung aus , so sind noch nie so viele Eltern mit der Schule unzufrieden gewesen wie heute. Zu den am meisten gewünschten Veränderungen gehört, dass sich die Schule mehr um die Vorbereitung auf das Berufsleben kümmern und mit außerschulischen Einrichtungen stärker zusammenarbeiten soll.

Trotz einiger Initiativen gestaltet sich die gegenseitige Öffnung von Schule und Wirtschaft als mühsamer Prozess. Wirtschaft wird nur schwer als ein gesellschaftlicher Bereich akzeptiert, der mit gleichem Recht wie alle anderen gesellschaftlichen Akteure Anforderungen an schulische allgemeine Bildung stellen kann. Es besteht nach wie vor bei vielen ein tiefes Misstrauen bzw. eine starke Abschottung gegenüber der Wirtschaft.

„Die Schule darf nicht wirtschaftlichen Verwertungsinteressen unterworfen werden“ – dieser Satz hat lange Zeit als pädagogisches Leitmotiv gegolten und gilt für viele immer noch. Die verständliche Befürchtung vieler Pädagogen und Bildungspolitiker, dass eine Orientierung an einseitigen Interessen von Wirtschaft und Betrieben eine umfassende Bildung und Förderung aller Fähigkeiten von Kindern und Jugendlichen behindern könnte, hat erheblich dazu beigetragen, dass sich die Schule nicht nur von Anforderungen der Wirtschaft, sondern auch von anderen Lebensrealitäten abgeschottet hat. 

Vorschläge für die Neubestimmung der Curricula


Die OECD definiert folgende drei Schlüsselkompetenzen, über die alle Menschen verfügen sollten:

  • erfolgreich selbständig handeln können;

  • mit den Instrumenten der Kommunikation und des Wissens souverän umgehen können;
  • in heterogenen Gruppen erfolgreich handeln können.

Diese Schlüsselkompetenzen, wie alle weiteren Kompetenzen orientiert die OECD an drei übergreifenden Bildungszielen: an den Menschenrechten, an Demokratie und am Leitbild nachhaltiger Entwicklung.

Schlüsselkompetenzen und übergreifende Bildungsziele bieten folglich den großen Rahmen, in dem die OECD die Inhalte des Unterrichts in der zukunftsfähigen Schule verortet. Im Einzelnen müssen durch Bildungsstandards die Kompetenzen im Detail festegelegt werden, auf deren Erwerb alle Kinder und Jugendlichen ein Recht haben.

Es ist leicht einzusehen, dass traditionelle wie moderne Kulturtechniken, moralische Urteilsfähigkeit und demokratische Handlungsfähigkeit im Zuge des Erwerbs der Schlüsselkompetenzen von allen erworben werden müssen, um allen Mitgliedern der Gesellschaft ein gemeinsames Fundament zu geben und Teilhabe zu ermöglichen.

Deshalb sollten Fundamentalkompetenzen, die am Ende der Sekundarstufe I erreicht sein müssen, definiert werden. Ohne dieses Fundament darf kein Jugendlicher die Schule verlassen. Daran gebunden ist die Rechenschaftspflicht der Schule. Sie muss nachweisen, dass ihre Schüler diese Kompetenzen erwerben. Die Schule ist begründungspflichtig, wenn das Ziel nicht erreicht wird.

Darüber hinaus ist zu klären, welche Themenfelder – so genannte  „Domänen“ – zum Pflichtprogramm eines jeden Schülers gehören, und welche Domänen zum Wahl- oder Wahlpflichtangebot des Curriculums gebündelt werden können.

Wie die OECD vom Kompetenzerwerb auszugehen bedeutet, eine radikale Umstellung bei der Formulierung des Curriculums. Was soll den Kindern und Jugendlichen vermittelt werden? Über welche Fähigkeiten und Fertigkeiten, sozialen und kulturellen Orientierungen sollen sie verfügen? Ob sich eine Fachwissenschaft in einem Schulfach angemessen repräsentiert findet, ist dem gegenüber sekundär. Anders ausgedrückt: Die Legitimation der Auswahl von Unterrichtsgegenständen liegt nicht mehr in der Fachsystematik (oder dem Lehrplan, der abgearbeitet werden muss) sondern in Hinblick auf die Lernenden als Individuen. Ist die Auswahl geeignet, so dass bestimmte Kompetenzen damit erworben werden können? Durch die Perspektivenverlagerung weg vom abzuarbeitenden Wissenskatalog hin zu den erworbenen Kompetenzen wird Schule rechenschaftspflichtig. Sie muss nachweisen, welche Kompetenzen ihre Schüler erwerben. Die Schule ist begründungspflichtig, wenn Mindestkompetenzen nicht erreicht werden. Das wäre nichts weniger als eine Bildungsrevolution.

Neue Verbindungen und Projekte Schule – Wirtschaft – Betriebe

Die Probleme der unzureichenden Vorbereitung auf die berufliche Zukunft sind vielen Schulen in den letzten Jahren bewusst geworden: Einige Initiativen zur Öffnung von Schulen für die Arbeit mit Dritten und auch mit der Wirtschaft sind ergriffen worden. Haupt-, Real-, und Gesamtschulen öffnen sich dabei verhältnismäßig unvoreingenommen, Gymnasien sind in der Regel zögerlicher. Seitens der Wirtschaft und ihrer Verbände wird die Zusammenarbeit zunehmend gesucht.

So gibt es beispielsweise Vorschläge und Bemühungen „Ökonomische Bildung“ als Unterrichtsfach in allen Schulstufen und Schulformen zu implementieren. In einer gemeinsamen Initiative von Eltern, Lehrern, Wissenschaftlern, Arbeitgebern und Gewerkschaften wird für eine Einrichtung des Faches „Wirtschaft“ in der Schule wie folgt plädiert: „Der hohe Stellenwert der sozioökonomischen Bildung für die Allgemeinbildung ergibt sich aus der herausragenden Bedeutung des Wirtschafts- und Beschäftigungssystems für Strukturen und Entwicklungen der Gesellschaft und damit für die gesellschaftlichen Bedingungen des einzelnen, seine Persönlichkeit bzw. seine Individualität zu entwickeln“ (BDA/DGB 2000, S. 9).

Auch das Pilotprojekt „Wirtschaft in die Schule“, das in Zusammenarbeit mit der Bertelsmann-Stiftung, der Heinz Nixdorff-Stiftung, der Ludwig-Erhard-Stiftung und dem Ministerium für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen aufgelegt wurde, versucht, wirtschaftliche Inhalte im sozialwissenschaftlichen Unterricht der gymnasialen Oberstufe zu akzentuieren. Im Rahmen des Projekts wird ein Curriculum „Wirtschaft“ entwickelt, an ausgewählten Schulen in Zusammenarbeit mit den Lehrkräften ausprobiert und entsprechend der Erfahrungen fortlaufend verbessert. Darüber hinaus erhalten die beteiligten Lehrkräfte umfassende projektbegleitende Fortbildungsmöglichkeiten.

Weitere Initiativen, die beabsichtigen, unternehmerisches Denken und Selbstständigkeit zu fördern, um mehr Nähe zur Wirtschaft zu erreichen, sind beispielsweise ‚SchülerUnternehmen’ oder ‚Go To School’.

Seit 1994 veranstaltet das Institut der deutschen Wirtschaft das Projekt JUNIOR: Dabei gründen SchülerInnen ein auf ein Schuljahr befristetes Schüler-Unternehmen. Die Gruppe entwickelt eine Projektidee, kümmert sich um Kapitalbeschaffung, Produktion und Vertrieb der von ihnen angebotenen Produkte und Dienstleistungen. Ein ähnliches Konzept liegt den ‚SchülerUnternehmen‘ zugrunde, einem Fördervorhaben der Heinz Nixdorf-Stiftung unter dem Dach der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung. In der Initiative ‚Go to School‘ erhalten Lehrende und Lernende die Möglichkeit, Themen wie ‚Unternehmertum‘ und ‚Selbstständigkeit‘ als Unterrichtsstoff zu entdecken. Eine speziell auf die Kooperationspartner abgestimmte Integration unternehmerischer und wirtschaftlicher Fragestellungen in die schulische Erziehungs- und Bildungsarbeit bieten schließlich der ‚Projektwettbewerb Schulen und Unternehmen‘ sowie das Projekt ‚Schule und Betrieb‘.

Für fast alle genannten Projekte gelten ähnliche Schwerpunktsetzungen. Sie sollen hier am Beispiel des Projektes „Partnerschaft Schule – Betrieb“ der IHK Berlin stellvertretend veranschaulicht werden.

Die Industrie-und Handelskammer Berlin startete im April 2000 eine Initiative mit dem Ziel, Schulen und Betriebe in Berlin besser zu verknüpfen. Die IHK Berlin fördert mit ihrem Projekt „Partnerschaft Schule – Betrieb“ die Kooperation der beiden Seiten und trägt dazu bei, dass sich gegenseitiges Wissen und Informationen besser fließen können.

Das Projekt „Partnerschaft Schule-Betrieb“ vermittelt Partnerschaften zwischen einzelnen Schulen und Betrieben. Es wendet sich an Schulen der Sekundarstufe I, die für ihre Jugendlichen die Chancen verbessern wollen, einen Ausbildungsplatz zu finden und einen realitätsnäheren Unterricht gestalten möchten. Auf der anderen Seite richtet sich das Programm an Betriebe, die an frühen Kontakten mit Schulen und Schülern interessiert sind. Es gibt kein einheitliches Konzept für alle Schulen und Betriebe, sondern die jeweiligen Kooperationsvorstellungen werden in jedem Einzelfall erarbeitet und in Vorhaben umgesetzt.

Fast alle Partnerschaften bestehen zu Betrieben im regionalen Umfeld der jeweiligen Schulen. Dies erleichtert die Zusammenarbeit. Gerade Betriebe schätzen es, wenn der Einsatz in der Schule nicht den ganzen Betriebsablauf eines Tages auf den Kopf stellt und auch die Besuche von Schülerinnen und Schülern im Betrieb sind im näheren Umfeld leichter zu realisieren.

Der Schwerpunkt der Kooperationen ist in der Regel die Verbesserung der Berufsorientierung. Lernenden sollen Einstellungen und Haltungen vermittelt werden, die ihnen bei der Berufswahlorientierung von Nutzen sind. In diesem Zusammenhang sollen beispielsweise reale Anforderungen der Berufs- und Arbeitswelt kennen gelernt werden. Von den Unternehmen wird erhofft, so die Ausbildungsfähigkeit ihrer künftigen Auszubildenden zu verbessern. Betriebe werden kontinuierlich als Lernort für Schülerinnen und Schüler genutzt. Schulen arbeiten auch mit veränderten Betriebspraktika und kontinuierlicheren Aufenthalten in Betrieben und suchen dafür feste Ansprechpartner in Betrieben. Angehörige aus Betrieben, Ausbilder wie auch Auszubildende informieren über die Ausbildung und deren Anforderungen, geben Bewerbungstipps, simulieren Bewerbungsgespräche und Assessment Center. Wenn Vertreter der Betriebe den SchülerInnen darlegen, wie sie Bewerbungsunterlagen sichten, wie sie die Zeugnisse lesen, ist dies viel wirkungsvoller, als wenn das Gleiche von Lehrpersonen erläutert wird.

Ausblick - Was ist noch zu tun?

Die Veränderung schulischen Lernens dauert immer lange, geht es doch darum, lange eingeübte Routinen von Lehrkräften und Erwartungshaltungen von Eltern zu ändern. Hinsichtlich der Umorientierung von Unterricht auf Kompetenzen anstelle abzuarbeitender Rahmenpläne wird mithilfe von Standards und der in vielen Ländern bereits praktizierten Vergleichsarbeiten schon viel bewegt. Hier bedarf es aber gezielter Unterstützung und Fortbildungen, damit Lehrkräfte lernen, damit produktiv umgehen zu können. Das SINUS-Programm war in diesem Zusammenhang ein guter Einstieg für den mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterricht, ihm müssen weitere folgen.

Bei allen Projekten der Zusammenarbeit von Schulen mit außerschulischen Partnern zeigt sich ihre Störanfälligkeit. Es ist außerordentlich schwierig, Projekte, wie die oben dargestellten, in den normalen schulischen Alltag, d.h. in das schulische Curriculum zu integrieren. Meist werden solche Projekte für Lehrkräfte und Schüler zusätzlich zum regulären Unterricht organisiert und sind damit immer in Gefahr, bei Überlastung wieder fallen gelassen zu werden. Häufig werden sie aus Überlastungsgründen gar nicht erst realisiert. Es ist hilfreich, wenn die Kooperation nicht auf einzelne Fächer wie Arbeitslehre oder – sofern unterrichtet – Wirtschaft begrenzt wird. Gestaltungskompetenz hinsichtlich der eigenen beruflichen Zukunft erwerben Jugendliche erst, wenn in vielen Fächern die eigene Zukunft thematisiert wird. Es sollte immer ein Fach, wichtiger noch eine Person in jeder Institution zuständig für die Koordination der Zusammenarbeit zwischen Schule und Betrieb sein. Hier ist eine unterstützende Begleitung für die Schulen notwendig. Sie brauchen Hilfe, wie Kooperationen mit außerschulischen Partnern – mit Betrieben oder anderen Trägern - in das schulische Curriculum eingebunden werden können. Sie müssen im regulären Schulalltag, im Schulleben und in der Stundentafel eingebunden sein und als Leistungsnachweise für Schüler angerechnet werden.

Bildung als Prozess, der Kinder und Jugendliche befähigt, selbstständig, kreativ, an das eigene Leben aktiv gestaltend heran zu gehen, auf neue Herausforderungen neugierig und positiv zu regieren, bedarf kontinuierlicherer weiterer Arbeit an den begonnenen Reformen. Wir müssen weiter an der Öffnung der Schulen arbeiten.