
Es gehörte auch Mut dazu. Zum ersten Mal in seiner 13-jährigen Geschichte lud das Nairobi Gender Forum der Heinrich-Böll-Stiftung in Nairobi im September 2014 zum Gespräch über die Rechte sexueller Minderheiten und Menschen mit diversen Genderidentitäten. Ein Bericht von Katrin Seidel, Leiterin des Heinrich-Böll-Büros in Nairobi.
Nur einen Monat zuvor wurde dem kenianischen Parlament ein Gesetzentwurf vorgelegt, der lebenslange Haftstrafen für Homosexuelle vorsieht. Bisher ist nur der homosexuelle Akt strafbar in Kenia. Den Diskutantinnen und Diskutanten ging es daher vor allem darum aufzuklären, hier und da bereits Fragen vorwegzunehmen. Warum sprechen wir öffentlich über Sexualität? Sind Homosexualität, Bisexualität und Transsexualität Importe aus dem Westen und der afrikanischen Kultur fremd? Was sagen die Religionen dazu? Trotz aller Zweifel und Vorurteile war die Stimmung unter den fast 200 Teilnehmenden ausgesprochen offen und respektvoll. Viele verstanden erst durch das Forum, dass die Tatsache, dass Gesetze die Sexualität einiger in der Gesellschaft regulieren, das Thema zwangsweise zu einem öffentlichen Thema macht. Das Publikum hörte ebenfalls, wie weit verbreitet Menschenrechtsverletzungen gegen Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle wirklich sind. Und dass die Strafbarkeit homosexueller Handlungen - auch wenn es zu keinen Verurteilungen kommt - und die Akzeptanz durch kollektives Schweigen zu diesen Gewaltakten beitragen.
Menschenrechte seien universell und unteilbar, betonte die Vertreterin der kenianischen Menschenrechtskommission, Suzanne Chivusia. Das Strafgesetzbuch stehe in starkem Widerspruch zur neuen progressiven Verfassung Kenias, betonte auch Eric Gitari, der Direktor der National Gay and Lesbian Human Rights Commission, einer Nichtregierungsorganisation, die derzeit um ihre Registrierung kämpft. Laut der Registrierungsbehörde zeigte der Name der Organisation, dass sie kriminelle Akte unterstütze. Eine Registrierung wurde daher bisher abgelehnt. Nur ein Beispiel für die Diskriminierungen, die LGBTI-Personen und ihre Organisationen in Kenia erfahren.
Ob sie denn auch Kenianerinnen und Kenianer in die Homosexualität rekrutierten, wurden Eric Gitari und Roselyn Odoyo von UHAI, der East African Sexual Health and Rights Initiative, gefragt. Es ist nahezu unbekannt, dass Sexualität und Genderidentität in Kenia und in vielen anderen Teilen Afrikas einmal viel fluider waren. Eric Gitari wird nicht müde, die ethnologischen Aufzeichnungen dazu immer und immer wieder zu zitieren. Er spricht über homosexuelle Männer und Transsexuelle, die Onek heissen bei den Kikuyu und Mugawe bei den Meru in Kenia. Oft hatten sie wichtige Positionen als spirituelle Führer in ihren Gemeinschaften. Das was wir heute glauben, was Afrika und afrikanisch sei, ist oft Ergebnis internalisierter Stereotype über „Schwarz-Sein“, die uns koloniale Regime gebracht haben, erklärt Dr. Njoki Ngumi vom The NEST, einem der vielen kreativen Kunst- und Kulturorte Nairobis. Entsprechend der herrschenden Machtinteressen, sind die Auslegungen flexibel. Demnach sei es auch unafrikanisch, wenn eine Frau ihre Stimme erhebt. Es ist an der Zeit, dass wir uns rückbesinnen, meint Roselyn Odoyo, und die große Diversität des Kontinents erneut bejahen. All diese Zweifel, Ablehnung, oft auch Anfeindungen sind es wert, sagt Po Kimani, nach vielen Jahren des Kampfes für die Rechte von LGBTI-Personen, wenn mein vierjähriges Kind in einer Welt leben wird, die akzeptiert wer du bist.
Video-Mitschnitt "Nairobi Gender Forum" am 25. September 2014 (Englisch)