Biete Zimmer, suche Flüchtlingsfrau

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Wer einen Flüchtling aufnehmen will, erwartet

Die Nachfrage nach Privatunterkünften für Flüchtlinge steigt. Wer ein Zimmer an Asylsuchende vermieten will, muss einige Bedingungen erfüllen. Ein Angebot ans schwarze Brett zu pinnen, reicht nicht aus.

Der Oranienplatz in Berlin. Tröglitz in Sachsen-Anhalt. Lehnitz in Brandenburg. Orte, die bekannt sind durch erschütternde Berichte über die Situation von Flüchtlingen in Deutschland. Bis Januar 2015 beantragten laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 178.250 Menschen in Deutschland Asyl. Jeden Tag werden es mehr. Sie kommen aus Syrien, Serbien, Eritrea, dem Kosovo. Doch wo sollen sie wohnen? Die Flüchtlingsheime sind hoffnungslos überfüllt. Mancherorts werden Frauen, Männer und Kinder in Schulen, Turnhallen und Hotels untergebracht.

Die Nachfrage nach Privatunterkünften für Flüchtlinge steigt. Kleine Wohnungen, WGs, Gästezimmer, egal was, Hauptsache Räume, in denen die Frauen, Männer und Kinder zur Ruhe kommen können. Aber das ist nicht so einfach. Mancherorts erleben Menschen, die das leere Zimmer der Tochter an Flüchtlinge vermieten wollen, wahre Ämterodysseen.

Einfach im Flüchtlingsheim um die Ecke das Zimmer anbieten, am schwarzen Brett? Geht nicht. Die Flüchtlingsunterkünfte dürfen nicht selbst zwischen Anbietern und Interessenten vermitteln. Behörden wie die für Flüchtlinge zuständigen Ministerien oder Senatsverwaltungen anschreiben? Aussichtslos. Auf Antwort wartet man in der Regel vergebens. Die Verwaltungen in den Ländern und Kommunen gehören zwar zu den politischen Hauptakteuren in der Flüchtlingsfrage, sind in der Regel aber nicht mit den administrativen Aufgaben betraut. Bundesweit gibt es keine einheitliche Stelle für die Vermittlung von Flüchtlingen an Privatunterkünfte, die Vermittlungsstellen unterscheiden sich von Ort zu Ort.

Monatelange Wartezeiten

In Berlin beispielsweise vermittelt das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk Asylsuchende in Privatunterkünfte. Jeden Tag stehen Bedürftige vor der Tür des kleinen Büros im Arbeiterbezirk Moabit, die Vermittlerinnen dort arbeiten bis zu zehn Stunden am Tag. Sie telefonieren, klären auf, drucken Vorschriften, Mietverträge und Adressen aus. Sie reden mit den Flüchtlingen und den potenziellen Vermietern und bringen, wenn es passt, beide Seiten zusammen. Bis es dazu kommt, können Monate vergehen.

Die Hürden für die "Anbieter/innen" sind hoch. Wer an Flüchtlinge vermieten möchte, muss viele Unterlagen abgeben: Kopie des Mietvertrages, Mietkosten, Strom, Heizung, eine Erlaubnis des Vermieters zur Untervermietung. Es wird genau vereinbart, welche Räume der Wohnung die Flüchtlinge nutzen dürfen - zur Wahrung der eigenen Privatsphäre. Ebenso wird eine Kündigungsfrist vereinbart - für den Fall, dass das Zusammenleben wider Erwarten nicht klappt.

Die meisten Privatanbieter wollen Frauen aufnehmen. Die sollten zudem nicht traumatisiert sein und Englisch, Französisch, Russisch oder eine andere globale Sprache sprechen. Man muss sich ja irgendwie verständigen. Doch es gibt nicht viele Flüchtlingsfrauen, die diese "Bedingungen" erfüllen. Die wenigen, die "passen", sind rasch vermittelt. Es flüchten viel weniger alleinstehende Frauen nach Deutschland als Männer. Männer können sofort vermittelt werden, aber die sind nicht so "gefragt". Es gibt aber auch zahlreiche Anfragen hiesiger Männer, die gezielt eine Frau suchen. Solche Angebote weist das Hilfswerk zurück. Zu suspekt. "Wir müssen die Frauen schützen", sagt eine EJF-Mitarbeiterin.

Ohnehin halten sich die Privatangebote in Grenzen. Wie viele Menschen bundesweit in nicht öffentlichen Unterkünften wohnen, wird statistisch nicht erfasst, das verzeichnen die Kommunen einzeln für sich. 2014 vermittelte EJF in Berlin rund 1100 Flüchtlinge in 480 private Wohnungen. Im März 2015 konnte das Hilfswerk - nach einer aufwendigen Werbekampagne - eigenen Angaben zufolge gerade mal 30 neue Privatzimmer akquirieren.