Herausforderungen grüner Ordnungspolitik: Externe Effekte und soziale Gerechtigkeit

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Gerechtigkeitsproblem bei Lenkungsabgaben: Vielflieger würden sich vermutlich kaum einschränken, stark betroffen wären jedoch Haushalte mit geringerem Einkommen, die bloß einmal jährlich in den Sommerurlaub fliegen

Wenn Unternehmen Kosten für andere verursachen, für die sie selbst jedoch nicht aufkommen, spricht man von externen Effekten. Wenn der Staat nun mit Lenkungsabgaben eingreift - zum Beispiel eine gleiche CO2-Abgabe auf alle Sitzplätze in einem Flugzeug einführt - dann hat dies negative Auswirkungen auf die soziale Gerechtigkeit.
 

1. Problemstellung

Wenn Unternehmen in ihrem wirtschaftlichen Handeln Kosten für andere verursachen, für die sie selbst jedoch nicht aufkommen müssen, spricht man von externen Effekten. Der häufigste Fall dieser Effekte sind Folgen für die Umwelt, wenn wirtschaftliche Akteure bspw. CO2 ausstoßen oder Wasser aus Flüssen verbrauchen, den Verbrauch dieser Ressourcen bzw. die Behebung der Umweltverschmutzung jedoch nicht bezahlen müssen.

Ordnungspolitisch sind externe Effekte und die damit verbundenen Kosten ein bedeutsames Thema. Seit langem wird in verschiedensten Bereichen diskutiert, ob und wie Unternehmen auch für die Kosten externer Effekte aufkommen müssen. Volkswirtschaftlich (vor allem umweltökonomisch) wird argumentiert, dass ohne die Berücksichtigung der Kosten externer Effekte keine effizienten Märkte herrschen, da die Kosten ja letztlich irgendwo anfallen werden (meist beim Staat), diese jedoch bei der Erfolgsrechnung und Ressourcenallokation der Unternehmen keine Berücksichtigung finden. Es gibt darum auch in der Praxis bereits seit längerem Lenkungsabgaben wie Steuern oder Zertifikate, die versuchen, diese Kosten ordnungspolitisch und marktgerecht zu reduzieren oder aber den verursachenden Unternehmen zuzuweisen.

In den Debatten geht es dann meist um Abwägungen zwischen ökonomischen Kosten einerseits, die bei der Berücksichtigung externer Kosten anfallen, und ökologischen Kosten andererseits, die bei Missachtung der externen Effekte anfallen. Wie der vorliegende Beitrag zeigen wird, gibt es jedoch noch eine dritte bedeutsame Dimension, die in den Debatten ebenfalls berücksichtigt werden sollte: die Berücksichtigung externer Kosten hat nämlich immer auch eine soziale Dimension.

2. Externe Effekte

Externe Effekte sind in der Ökonomie eine Form des Marktversagens. Es handelt sich immer dann um einen externen Effekt, wenn die Handlung eines wirtschaftlichen Akteurs den Nutzen bzw. Gewinn eines anderen Akteurs bzw. der Gesellschaft allgemein direkt beeinflusst. Notwendige Bedingung ist dabei, dass sich dieser Einfluss nicht in den Marktpreisen widerspiegelt, also außerhalb des Preismechanismus wirksam wird (darum auch externer Effekt). Um das Problem an einem Beispiel zu illustrieren:

„Wenn die Stahlfabrik ihre Abwässer ungeklärt in den Fluss einleitet und dadurch den Ertrag des Fischzüchters schmälert, dann spiegelt sich dieser Ertragsverlust nicht in dem Stahlpreis wider, den der Stahlproduzent am Stahlmarkt erzielen kann.“ (Sturm/Vogt 2011: 17)


Hier liegt also ein externer Effekt vor, da die Kostenrechnung des Stahlunternehmens die Verschmutzung des Flusses nicht berücksichtigt. Weitere Beispiele für externe Kosten sind Luftverschmutzung, Lärmbelästigung, Gesundheitskosten uvm.

Das ökonomische Problem von externen Effekten ist also zunächst, dass am Markt kein effizientes Ergebnis produziert wird und die Grenzkosten des Industrieunternehmens die zusätzlich verursachten Kosten (den Preis) für Mensch, Umwelt oder Gesellschaft nicht berücksichtigen. Unternehmen, die natürliche Ressourcen nutzen oder andere externe Kosten verursachen, berücksichtigen bei ihren Kostenkalkulationen nur die messbaren Kosten ihres privaten Verbrauchs. Umweltressourcen wie Wasser oder Luft werden zwar in Anspruch genommen, haben aber (noch) keinen Preis und werden folglich auch nicht berücksichtigt. In einem effizienten Markt müsste jedoch aller Nutzen und alle Kosten in einer unternehmerischen Entscheidung berücksichtig werden (vgl. Sturm/Vogt 2011: 19f.).

Externe Kosten fallen darum folglich besonders häufig bei sog. öffentlichen Gütern an (auch Allmendegüter genannt), denen kein Preis zugeordnet wird bzw. werden kann. Die Allmende bezeichnet ein Allgemeingut, das von allen genutzt werden kann, aber nur begrenzt verfügbar ist. Mit diesem Begriff eng verbunden ist die sog. „Tragödie der Allmende“. Sie bezeichnet das Problem, dass diese Ressourcen aufgrund des freien Zugangs übernutzt werden können und ihr Bestand folglich gefährdet ist. Beispiele für solche Güter sind Wasser, Luft, Fische oder Wälder.

Das Problem einer ungenauen Wirtschaftsrechnung aufgrund externer Effekte ist kein neues Phänomen, sondern wurde bereits vor 75 Jahren im Ordoliberalismus diskutiert. Der Ordoliberalismus stellt die ideengeschichtliche Grundlage der Sozialen Marktwirtschaft dar und hat in den vergangenen Jahrzehnten die Debatten der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik zumindest implizit immer mitgeprägt.

Auch wenn das Marktversagen einen prominenten Platz in den Entwürfen der Ordoliberalen einnimmt (bspw. als eines von vier regulativen Prinzipien bei Eucken (1990)), ist der Umgang mit dem Thema doch eher beiläufig und, gemessen an der Bedeutung des Themas, unterkomplex. Eucken empfiehlt ganz salopp, bei einem „klaren Fall“ von externen Kosten „die Planungsfreiheit der Betriebe zu begrenzen“ (Eucken 1990: 302) und sie zur Berücksichtigung der externen Kosten zu zwingen. Wie dies genau geschehen kann oder soll, bleibt jedoch vollkommen unbestimmt.

Die deutsche Politik hat inzwischen, wie andere Länder auch, den grundsätzlichen Anspruch formuliert, dass externe Kosten zu vermeiden sind oder, wenn solche anfallen, doch wenigstens für diese aufgekommen werden muss. Dieser Anspruch ist u.a. im Naturschutzgesetz gesetzlich festgelegt:

„Erhebliche Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft sind vom Verursacher vorrangig zu vermeiden. Nicht vermeidbare erhebliche Beeinträchtigungen sind durch Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen oder, soweit dies nicht möglich ist, durch einen Ersatz in Geld zu kompensieren.“ (§ 13 BNatSchG)

Dieser gesetzliche Anspruch ist wichtig, zumal das Gesetz nicht bloß Symptome bekämpft und die Zahlung externer Kosten formuliert, sondern, dass sie vorrangig zu vermieden sind.

Im Fall von Marktversagen bei externen Kosten werden dann, auch im Anschluss an neuere Debatten der Umweltökonomik, verschiedene Lösungsmöglichkeiten vorgeschlagen, die auch realpolitisch alle bereits in verschiedenen Formen (mehr oder weniger erfolgreich) Anwendung finden. Es handelt sich dabei stets um staatliche Regulierungsaufgaben, die meist entweder in Form von Steuern und Subventionen einerseits oder aber in Form von Lizenzen andererseits diskutiert werden.

3. Gängige Lösungsvorschläge

Die Integration von externen Kosten in die Wirtschaftsrechnung wird einseitig als Aufgabe des Staates definiert. Weder den Produzenten noch den Konsumenten wird zugemutet, die externen Kosten individuell bei der eigenen Wirtschaftsrechnung einzubeziehen. Gelingt es dem Staat nicht, sie angemessen zu integrieren, wird von neueren ökonomischen Ansätzen in diesem Fall inzwischen darum tatsächlich von Staatsversagen statt von Marktversagen gesprochen, da der Staat seiner Aufgabe nicht gerecht wird, den Akteuren am Markt einen angemessenen Rahmen vorzugeben, um externe Kosten zu berücksichtigen.

Der Staat hat zur ordnungspolitischen Gestaltung zwei Möglichkeiten: Einerseits können Steuern erhoben werden, die in erster Linie nicht fiskalischen Zwecken dienen, sondern den Verbrauch bestimmter endlicher Ressourcen einschränken oder lenken sollen. Dies kann Auswirkungen auf den Verbrauch auf Produzenten- wie auch auf Konsumentenseite haben. Die geläufige Variante dieses ordnungspolitischen Instruments ist die sog. Pigou-Steuer. Sie gilt als eine Lenkungsabgabe, wie sie beispielsweise bei der Benzin- oder der Tabaksteuer eingesetzt wird. Entweder wird also weniger konsumiert und damit die externen Kosten gesenkt, oder der Akteur bezahlt für die externen Kosten, die sein Konsum verursacht. In beiden Fällen sollen die Auswirkungen des Konsums auf die Gesellschaft oder die Umwelt eingeschränkt werden.

Umgekehrt können auch Subventionen für Maßnahmen gezahlt werden, die die Produktion oder den Verbrauch reduzieren oder sie auf einen nachhaltigen Ressourcenverbrauch verlagern. Dies geschieht beispielsweise, wenn der Staat Solarstrom fördert und damit Anreize schafft, schmutzigere Energieträger zu ersetzen.

Lizenzen hingegen sind das, was im Fall des Emissionshandels zum Einsatz kam: Jedem Verbraucher wird seitens des Staats gestattet, eine ganz bestimmte Menge einer Ressource zu ge- oder verbrauchen. Sind die Lizenzen aufgebraucht, so darf der Produzent keine weiteren Ressourcen verbrauchen, was die Verursachung von externen Kosten begrenzen soll. Diese Lizenzen können, je nach Gestaltungsart, auf Märkten gehandelt werden, wie bei den CO2-Zertifiakten geschehen (bzw. versucht).

Bei der Nennung dieser gängigen Lösungsvorschläge scheint in volkswirtschaftlichen Fachdebatten weitestgehend Einigkeit zu bestehen. Dabei bleibt jedoch die individuelle Ausgestaltung höchst kontrovers. Kritisch diskutiert wird an diesen Lösungen dann unter anderem, dass dem Staat (bzw. der Politik) allein die Deutungshoheit darüber eingeräumt wird, was richtiger und was falscher Konsum bzw. was gesellschaftlich gewünschte Produktion ist. Wie viel Tabak, wie viel Benzin, wie viel Fleisch darf jeder einzelne konsumieren? Der Staat befindet sich hier in einem Spannungsfeld aus verschiedenen Ansprüchen, hat er doch, neben der Garantie individueller Freiheitsrechte, auch gleichzeitig die Pflicht, die Gesellschaft und ihre Umwelt nachhaltig zu schützen.

4. Soziale Ungerechtigkeiten durch die Korrektur externer Effekte

So ergibt sich bei der Diskussion von Lenkungsabgaben zwangsläufig eine Diskussion zwischen ökonomischer Freiheit und individueller Selbstbestimmung einerseits und dem Schutz der Umwelt andererseits. Darüber hinaus hat die wirtschaftspolitische Lenkung von Marktteilnehmern und Konsum jedoch auch eine bedeutende soziale Komponente. So führen Lenkungsabgaben (zur Vermeidung bzw. Berücksichtigung von externen Kosten) ganz gezielt dazu, dass bestimme Produkte teurer werden: Entweder werden die Hersteller aufgrund höherer Produktionskosten weniger produzieren, was das Angebot verknappt und zu höheren Preisen führt. Oder aber die Produktionsmenge bleibt gleich und die höheren Produktionskosten werden direkt an die Konsumenten weitergereicht. Das bedeutet, dass bei gleichbleibenden Haushaltseinkommen weniger konsumiert werden kann.

Ein reduzierter Konsum bestimmter Produkte ist nicht selten ein gewünschtes Ergebnis der Lenkungsabgaben, wie bspw. die Debatten um die von vielen als zu niedrig erachteten Preise für Fleisch oder Flugreisen zeigen. Gemessen an der Menge an CO2, die durch die Fleischproduktion freigesetzt wird sowie dem Großeinsatz von Antibiotika, was sich in höheren Ausgaben im Gesundheitssystem niederschlägt, müsste Fleisch eigentlich teurer sein, um die externen Kosten, die der Gesellschaft vor allem in Form von Umweltbelastung und medizinischer Mehrkosten aufgrund von Antibiotikaresistenzen anfallen, einzupreisen. Man müsse ja schließlich auch nicht jeden Tag Fleisch essen.

Hier beginnt jedoch eine problematische Argumentation, wenn der Staat den individuellen Konsum ethisch bewertet und mitgestalten will. Dies vor allem vor dem Hintergrund, dass nicht alle Bürger gleichermaßen von teurerem Fleisch betroffen wären. Haushalte mit geringem Einkommen werden sehr sensibel auf eine Preissteigerung reagieren und ihren Konsum vermutlich sehr schnell anpassen und vermehrt auf Fleisch verzichten (müssen). Haushalte mit höherem Einkommen, die möglicherweise auch bereits heute schon mehr Geld für teureres Fleisch ausgeben, werden hingegen mit ihrem Fleischkonsum weitgehend uneingeschränkt fortfahren können.

Diesen Gerechtigkeitsaspekt bei der Diskussion zur Behebung von externen Kosten zu vernachlässigen, ist ein wesentliches Versäumnis aktueller Debatten. Natürlich muss nicht jeder Haushalt jeden Tag Fleisch konsumieren – hier herrscht vermutlich weitgehender Konsens. Doch die Lenkung alleine über den Preis zu gestalten (mittels einer Pigou-Steuer bspw.) führt eben dazu, dass manche Bürger wesentlich stärker eingeschränkt werden als andere. Und das Beispiel ließe sich in anderen gesellschaftlichen Bereichen fortsetzen: So wird auch gegen Flugreisen vorgebracht, dass sie, gemessen an der Umweltbelastung durch den CO2-Ausstoß von Flugzeugen, eigentlich viel zu günstig seien und teurer sein müssten, um Anreize zu schaffen, weniger zu fliegen. Würden hier bspw. höhere Kerosinsteuern zur Kompensation eingeführt, würde erneut ein ganz ähnliches Problem wie beim Fleischkonsum auftreten: Vielflieger (wie bspw. Geschäftsreisende), die heute vielleicht schon wenig preissensibel sind, weil sie ihre Flüge vom Arbeitgeber bezahlt bekommen, würden sich vermutlich kaum einschränken und auch weiterhin um die Welt jetten. Stark betroffen wären jedoch erneut die Haushalte mit geringerem Einkommen, die bloß einmal jährlich in den Sommerurlaub oder zur Familie fliegen wöllten.

Durch Lenkungsabgaben würden so also neue Luxusgüter kreiert, die sich viele Haushalte nicht (mehr) leisten können. Es sind darum nicht nur die zwei Pole zwischen wirtschaftlicher Effizienz einerseits und der gewünschten Einpreisung externer Kosten andererseits, die sich bei der vorliegenden Diskussion gegenüberstehen. Es sind auch Gerechtigkeitsaspekte, die berücksichtigt werden müssen.

5. Lösungsvorschläge unter Berücksichtigung von Gerechtigkeitsaspekten

Letztlich ist hier ein Spannungsfeld aus unterschiedlichen Zielvorgaben des Staats aufgezeigt, das nicht ohne Weiteres aufgelöst werden kann und darum gesellschaftlich diskutiert werden muss. Die Energiewende zeigt diese Herausforderung exemplarisch auf, bei der sich mögliche ökonomische, soziale und ökologische Kosten gegenüberstehen:

Atomkraftwerke sind, rein ökonomisch betrachtet (und ohne die externen Kosten der Endlagerung zu berücksichtigen), mittelfristig ökonomisch rentabel, wenn die hohen Anschaffungskosten einmal amortisiert sind. Neben der bis heute immer noch langfristig ungeklärten Entsorgung des Atommülls bergen sie jedoch ein nicht zu kalkulierendes Risiko, enorme externe Kosten zu verursachen. Wenn nun also der Staat aus ökologischen Erwägungen eingreift und Atomkraftwerke in Deutschland abschaffen will, steigen zunächst die Kosten der Energiekonzerne aufgrund von Investitionen in neue und alternative Energieerzeugung. Die höheren Kosten werden dann jedoch an die Kunden weitergegeben, was dazu führen kann, dass nicht mehr alle Kunden gleichermaßen wie vorher Strom verbrauchen können und folglich auch soziale Kosten verursacht werden. Diese können sicherlich staatlich abgefangen werden, sollten aber zumindest einen Platz in der Debatte finden.

Bei allen ordnungspolitischen Eingriffen in den Wirtschaftskreislauf muss darum berücksichtigt werden, dass, abhängig von der Gestaltung der Instrumente, nicht alle Verbraucher gleichermaßen von Lenkungsabgaben betroffen sind. Bei der Benzinsteuer kann noch eine gewisse Sozialverträglichkeit mitgedacht werden: Wer ein geringeres Einkommen und darum evtl. ein kleineres Auto besitzt, verbraucht auch weniger Benzin und ist weniger stark von der Steuer betroffen. Besitzer von teureren Autos mit größeren Motoren, die auch mehr Benzin verbrauchen und folglich höhere (Umwelt-)Kosten verursachen, bezahlen hingegen mehr Steuern. Ähnlich gestaltet ist auch die Kfz-Steuer, die am Hubraum des Fahrzeugs bemessen wird. Beim Fliegen würde eine solche Lenkungsabgabe hingegen schon schwieriger. Da alle Kunden gleichzeitig im selben Flugzeug sitzen, würde eine Abgabe pro Ticket oder pro Liter Kerosin alle Kunden gleich viel Kosten, unabhängig vom Einkommen.

Eine Möglichkeit, eine Lenkungsabgabe auf Flugreisen sozial zu differenzieren, wäre die höhere Besteuerung der Oberklasse-Tickets. Da davon ausgegangen werden kann, dass diese Tickets entweder von wohlhabenderen Kunden oder von Geschäftsreisenden gebucht werden, könnte hier eine sozialverträgliche Abgabe eingeführt werden, die vielleicht für alle Kunden gilt, Tickets der Economy Class jedoch weniger stark belastet werden. Diese Einpreisung externer Kosten löst aber noch nicht das eigentliche Problem. Denn wenn eine Lenkungsabgabe nur dazu führt, dass wohlhabende Kunden mehr zahlen, aber weiterhin so viel konsumieren wie vorher, wird sich am Ausstoß von Treibhausgasen wenig ändern und das Ziel der Lenkungsabgabe verfehlt. Mit den höheren Steuereinnahmen kann der Staat zwar versuchen, den Ausstoß zu kompensieren, doch wäre das eigentlich wünschenswerte Ergebnis ja doch eigentlich, die Anzahl der getätigten Flugreisen generell zu reduzieren, um so nicht den Ausstoß nachträglich kompensieren zu müssen, sondern von Beginn an weniger Ausstoß zu verursachen.

Eine weitere Möglichkeit wäre darum, die Menge des Konsums progressiv zu besteuern. Dies könnte wie folgt aussehen: Wer bspw. einen Flug im Jahr bucht, kann diesen ohne zusätzliche Kosten buchen. Die nächsten zwei bis fünf Flüge sind dann von einer moderaten Lenkungsabgabe betroffen. Ab dem sechsten Flug wird dann ein deutlich höherer Steuersatz angesetzt, um zu zahlreiches Fliegen zu vermeiden. Die Zahlen sind willkürlich gewählt und sollen nur die Grundidee verdeutlichen: Vielflieger, die bspw. wöchentlich Kurzstrecken fliegen, sollen einen Anreiz erhalten, auf andere Verkehrsmittel umzusteigen, während die einmalige Urlaubsreise von der Steuer ausgenommen ist.

Das offensichtlichste Problem dieser Lösung ist der administrative Aufwand. Es müsste eine zentrale Sammelstelle eingerichtet werden, die einen Überblick darüber hat, welche Person wie oft geflogen ist. Man könnte versuchen, diese Aufgabe an die Fluggesellschaften zu übergeben, die ja ohnehin die Fluggastdaten erheben und entsprechend ein Flugkonto führen könnten. Wenn nun ein Austausch zwischen allen Fluglinien möglich wäre, könnten möglicherweise auch die Lenkungsabgaben verbrauchsgerecht erhoben werden.

Die Möglichkeit einer progressiven Verbrauchssteuer ist bei Gütern wie Flugreisen, die zentral gekauft und einzeln konsumiert werden, zwar nicht ganz einfach, aber zumindest noch denkbar. Bei Konsumgütern des Alltags wie Lebensmitteln wird sie jedoch beinahe unmöglich, wie am Beispiel des Fleischkonsums deutlich wird.

Eine allgemeine Lenkungsabgabe führt wie gesagt dazu, dass Haushalte mit niedrigem Einkommen ihren Verbrauch deutlich einschränken müssten, während andere Haushalte kaum davon betroffen wären. Eine progressive Lenkungsabgabe würde nun allerdings bedeuten, dass erfasst werden müsste, welcher Konsument wann und wie oft Fleisch konsumiert, um diejenigen höher zu besteuern, die viel Fleisch konsumieren. Dies scheint im Alltag schlichtweg unmöglich.

Um eine Lenkungsabgabe im Fleischkonsum einzuführen, die den sozialen Hintergrund der Haushalte berücksichtigt, wäre vielleicht noch eine Mischform von Steuer und Subvention denkbar. Fleisch wird dabei ganz grundsätzlich mit einer Abgabe zur Kompensation externer Kosten belegt, die beim Produzenten abgeschöpft wird. Dies führt wie bereits ausgeführt zu höheren Kosten, was sich in einer geringeren Produktion und/oder einem höheren Preis niederschlagen wird. Nun wäre es denkbar, im Gegenzug diejenigen Haushalte mit geringerem Einkommen etwas steuerlich zu entlasten oder ihnen Kompensationszahlungen zukommen zu lassen, damit sie nicht vollständig auf Fleisch verzichten müssten. Es ist dabei natürlich ungewiss, ob die Kompensation von den Haushalten überhaupt für Fleischkonsum genutzt würde, was dann ganz im Ermessen eines jeden Haushalts läge. Sollte, bei freier Wahl der Konsumenten, nun entschieden werden, doch weniger Fleisch zu konsumieren und die Kompensation anderweitig zu verwenden, wäre dies durchaus ein zusätzliches positives Ergebnis.

6. Fazit

Ganz abgesehen von den aufgezeigten konkreten Fällen und Fragestellungen soll erneut festgehalten werden, dass ordnungspolitische Regelungen weitreichende Folgen über die bloße Berücksichtigung von Kosten hinaus haben. Vor allem der Fall externer Kosten ist weitaus komplexer, da sich ordnungspolitische Eingriffe meist direkt auf den Preis auswirken werden und sich darum ökonomische, ökologische und soziale Faktoren gegenüberstehen und ausbalanciert werden müssen. Vor allem die sozialen Folgen sollten darum nicht außer Acht gelassen werden, wenn ordnungspolitische Maßnahmen zur Steuerung von Konsum über den Marktmechanismus des Preises geregelt werden sollen. Ist aus ökologischen Gründen eine andere Produktion oder ein veränderter Konsum wünschenswert, sollten zumindest die sozialen Kosten berücksichtigt und neue, kreative Möglichkeiten zur Abfederung derartiger Folgen diskutiert werden.

 

Dies ist der neunte Debattenbeitrag zur Konferenz "Baustelle grüne Wirtschaftspolitik: Welche Ordnung muss sein?", die am 26. und 27. Juni in Berlin stattfindet. Alle Beiträge finden Sie in unserem Dossier.


Quellen

  • Eucken, W. (1990): Grundsätze der Wirtschaftspolitik / Walter Eucken. Hrsg. von Edith Eucken und K. Paul Hensel, 6., durchges. Aufl./mit e. Vorw. zur Neuausgabe 1990 von Ernst-Joachim Mestmäcker, Tübingen.
  • Sturm, B. / Vogt, C. (2011): Umweltökonomik. Eine anwendungsorientierte Einführung, Berlin, Heidelberg.