Warum liebe ich Hunde, esse aber Kühe und Schweine?

Für Hund und Katze würden wir alles tun. Warum sind sie wertvoller als ein Schwein auf dem Teller? Ein Beitrag aus "Iss was?!", dem Fleischatlas für Kinder und Jugendliche Jetzt downloaden oder online lesen!

Wir sind aufgewachsen mit Kuscheltieren, die wir im Arm hielten und denen nichts zustoßen durfte. Zwischen Bäh und Bello– dem Wuschellamm und dem Hund mit Kulleraugen – wurde nicht unterschieden. Nutztier oder Haustier, wir hatten beide lieb.

Trotzdem finden wir nichts dabei, wenn Fleisch auf den Tisch kommt. Wir sind von klein auf daran gewöhnt, dass es so ist. Viele Kinder stellen zwar Fragen dazu, deshalb gibt es Foren im Internet, in denen Eltern sich gegenseitig beraten: "Wie erkläre ich meinem Kind eigentlich, wo Fleisch herkommt?" Anscheinend fällt es den Eltern schwer, mit der Wahrheit rauszurücken.

Die US-Psychologin Melanie Joy erklärt uns dies so: Wir wachsen mit der Vorstellung auf, dass es normal, notwendig und natürlich ist, Fleisch zu essen – "das machen alle so". Dabei lernen wir auch zu trennen, dass es bestimmte Tiere gibt, die als essbar gelten, und andere, die wir nicht essen. Ein Pferd in der Lasagne finden wir eklig. Entsetzlich geschmacklos auch, einen zerlegten Golden Retriever oder Dackel auf dem Teller zu haben. Unsere starken Reaktionen darauf haben mit den Grenzen zu tun, die wir unbewusst ziehen, weil uns bereits als Kindern beigebracht wurde, was als selbstverständlich gilt und was nicht. In China werden Hunde aber gegessen. Und streng gläubige Muslime rühren nichts vom Schwein an, obwohl wir es so lecker finden.

 

Sicher spielt auch hinein, dass wir kaum noch vor Augen haben, wie Fleischproduktion abläuft. Viel zu selten bekommen wir zu sehen, wie in Mastanlagen und Schlachthöfen tatsächlich gearbeitet wird. Damit wird auch das Leid ausgeblendet, das Tieren dort zugemutet wird. Doch wie Melanie Joy beobachtet, ist dies noch lange nicht alles. Ihrer Meinung nach ist es nicht so, dass wir dieses Leid einfach nur übersehen. Um jegliches Unbehagen von uns fern zu halten, wenn wir Fleisch essen, seien auch große psychische Anstrengungen in uns selbst nötig. Wir grenzen uns emotional von Tieren ab, die wir essen. Wir verleugnen vor uns selbst, dass natürlich auch diese Lebewesen Empfindungen und Persönlichkeit besitzen– so wie der Hund vom Nachbarn. Nur so gelingt es uns, unser eigenes Verhalten nicht weiter zu hinterfragen und uns immer wieder gegenseitig darin zu bestätigen, dass Fleischessen doch eigentlich ganz normal ist.

 

Für Hund, Katze und Meerschweinchen würden wir alles tun. Sind sie krank, geht es der ganzen Familie schlecht. Müssen sie zum Tierarzt und Medikamente haben oder operiert werden, geben wir dafür viel Geld aus. Selbst wenn der Doktor nicht garantieren kann, dass das Tier wieder gesund wird, lassen wir nichts ungenutzt und helfen ihm. Denn „einfach“ einschläfern– wie gemein! Doch was geht da bloß in uns vor? Wieso haben wir manche Tiere so lieb, während andere uns seltsam egal sind? Es lohnt sich, hierauf einmal genauer zu achten. Denn unser Blick auf Tiere steckt voller Widersprüche.

Kaum jemand von uns wäre in der Lage, ein Tier zu töten, denn wir haben gelernt, uns in Tiere hineinzudenken und mit ihnen zu fühlen. Gleichzeitig nehmen wir es schweigsam hin, dass Millionen von Tiere an jedem Tag für unser Essen getötet und zerlegt werden. Und dabei wirkt unser Mitgefühl erstaunlich blockiert.

Den ganzen Fleischatlas für Kinder und Jugendliche könnt Ihr hier herunterladen.