
Trotz einiger Bemühungen ist in Deutschland der Abwärtstrend beim Artenschutz ungebrochen. Die Agrarlandschaft wird immer einheitlicher. Um gegenzusteuern, fehlen Einsicht, Geld und präzisere Programme.

Viele wild lebende Pflanzen- und Tierarten in Deutschland teilen ein Schicksal: Sie werden weniger. Der Feldhamster etwa, früher so häufig, dass er teilweise noch bis 1990 gejagt werden durfte, ist heute vom Aussterben bedroht. Ähnlich ergeht es dem Kiebitz, der 80 Prozent seiner Artgenossen zwischen 1990 und 2013 verloren hat. 41 Prozent der Wildbienenarten, eine der wichtigsten Bestäubergruppen Deutschlands, sind in ihrem Bestand gefährdet.
Seit 1980 geht auch der Bestand von etwa der Hälfte der Vogelarten deutlich zurück, die auf landwirtschaftlich genutzten Wiesen, Weiden und Äckern leben. Bei den Vögeln des Grünlands sind sogar fünf von sieben Arten betroffen. Gefährdet ist auch mehr als ein Drittel aller Ackerwildkrautarten, die ihren Lebensraum zwischen Kulturpflanzen wie Getreide und Gemüse haben. Diese Beispiele stehen stellvertretend für viele weitere Arten, die meist still und unbemerkt verschwinden.
Zurückzuführen sind diese Entwicklungen zu großen Teilen auf die Landwirtschaft, die sich im Laufe der vergangenen hundert Jahre stark verändert hat. Viele Arten und ihre Lebensräume konnten sich nur durch die unterschiedlichen landwirtschaftlichen Bewirtschaftungsmethoden etablieren, zum Beispiel Ackerwildkräuter wie Kornblume und Feldrittersporn oder die artenreichen Mähwiesen des Flach- und Berglands. Mit dem Tempo aber, in dem sich die Landwirtschaft weiterentwickelt hat, konnte die biologische Vielfalt nicht mithalten.
Negativ auf die Biodiversität wirken sich auch die überall anzutreffenden Kulturpflanzen Mais, Raps oder Weizen aus, die schnelle Abfolge bei der Bewirtschaftung der Flächen sowie ein deswegen hoher Eintrag von Dünger und Pestiziden. Auf diese Weise werden die konkurrenzstarken Arten begünstigt, die schwächeren verdrängt. Jede Art, ob Tier oder Pflanze, stellt besondere Ansprüche an ihren Lebensraum, um zu wachsen und sich fortzupflanzen. Doch knapp 13 Prozent der für die Biodiversität wichtigen sogenannten „Landwirtschaftsflächen mit hohem Naturwert“ sind in nur sechs Jahren, zwischen 2009 und 2015, verloren gegangen.
Obwohl die GAP seit 2005 Maßnahmen zum Schutz des Grünlands erlassen hat, schrumpfen besonders die wichtigen struktur- und blütenreichen Grünlandflächen. Vier von fünf deutschen Grünlandbiotop-Typen sind gefährdet. 31 Prozent davon sind akut von vollständiger Vernichtung bedroht.
Seit der Jahrtausendwende ist die GAP bemüht, nicht nur die landwirtschaftliche Produktion zu regulieren, sondern auch Ziele des Natur- und Umweltschutzes zu berücksichtigen. Im Zuge diverser Reformen wurden so zum Beispiel die Cross-Compliance-Regelungen eingeführt: Sie knüpfen die Agrarzahlungen der EU an Leistungen für den Umwelt- und Tierschutz sowie die Gesundheit von Menschen, Tieren und Pflanzen. Dem folgte das Greening. Es honoriert Methoden der Landbewirtschaftung, die den Klima- und Umweltschutz fördern. Doch alle bisherigen Maßnahmen reichen nicht aus, um die biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft zu sichern oder sie gar wieder zu erhöhen.
Viele Maßnahmen zugunsten der Biodiversität könnten wirksamer sein, wenn sie anspruchsvoller ausgestaltet und besser umgesetzt würden. Bisher fehlen auch finanzielle Anreize für die Agrarbetriebe. Sie erfordern zudem einen hohen bürokratischen Aufwand, und manche Kontrollen sind unverhältnismäßig. Die deutsche Bundesregierung kann dazu beitragen, dass die EU-Agrarpolitik eine natur- und umweltfreundlichere Landwirtschaft fördert und somit zu einer flächendeckenden Verbesserung der Biodiversität beiträgt. Doch dazu muss sie sich für Änderungen bei der Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik einsetzen.