Braucht es so viel Unterhaltung und Sport in den ÖRM? Geht das alles auch billiger?

Hintergrund

Die Quote ist tot, trotzdem ist Reichweite für die Öffentlich-Rechtlichen Medien wichtig. Sie darf aber kein Selbstzweck sein, und ein Lebensrecht auf TV-Fußball gibt es nicht.

Grafik mit Euromünzen, Basketball-Korb, Dart-Pfeilen, Hand und Fußballer*innenbein

Die Öffentlich-Rechtlichen Medien brauchen reichweitenstarke Programme für ihre Akzeptanz. Sie dürfen aber kein Selbstzweck sein.

Beim Thema Sport oder Unterhaltung und Öffentlich-Rechtliche Medien scheiden sich die Geister. Für die Fans kann es nicht genug geben. Nicht-Sportinteressierte kritisieren die hohen Rechtekosten für Weltmeisterschaften und Olympia und die wegen solcher Live-Übertragungen vorgenommenen Programmänderungen. Gerade durch die Übertragung von Sportereignissen oder populären Shows erzielen die Öffentlich-Rechtlichen Medien hohe Reichweiten, die für die Akzeptanz und Wirkung ihres Gesamtangebots wichtig sind. Dennoch hat sich in den letzten Jahren ein gewisser Sinneswandel vollzogen. Millionenschwere Sportrechteetats sehen viele Aufsichtsgremien zunehmend kritischer. Denn die Einschaltquote darf kein Selbstzweck sein. Vielmehr müssen die Öffentlich-Rechtlichen Medien ein Gleichgewicht zwischen relevanten, aber weniger reichweitestarken Programmen und massentauglichen Angeboten schaffen. Erstere allein würden die öffentlich-rechtlichen Programme in eine mediale Nische abdrängen, wie es beispielsweise beim „Public Service Broadcasting“ in den USA der Fall ist. Eine reine Orientierung an Popularität und Quote würde die Unterschiede zu privaten Programmangeboten verwischen. Die Öffentlich-Rechtlichen Medien haben im Bereich Unterhaltung zudem den Anspruch, auch in populären Programmen gesellschaftlich relevante Inhalte wie Gewalt in Familien oder Fremdenfeindlichkeit zu vermitteln.

Zur Deckelung der Kosten hat die Medienpolitik das Ziel der möglichst konstanten Beitragsstabilität ausgegeben und den Anstalten den Prozess „Auftrag und Strukturoptimierung“ verordnet. Von 1993 bis 2024 wird allein die ARD über 5.000 Stellen abgebaut haben. Gleichzeitig kommen vor allem mit dem Ausbau der Online-Aktivitäten neue Aufgaben auf die Medienhäuser zu. Diese Ausweitung des Angebots wurde überwiegend durch interne Umschichtung von Ressourcen erreicht.

Die Öffentlich-Rechtlichen Medien sind schon seit rund fünf Jahren in diesem Prozess, der durch die jüngsten Skandale beim rbb nochmal an Fahrt gewinnt. Denn zu viele Reformen sind erst zum Teil realisiert. Zudem ist die Ausgangslage dabei von Anstalt zu Anstalt sehr unterschiedlich. Die KEF attestiert den Öffentlich-Rechtlichen Medien regelmäßig in ihren Berichten eine eher geringe Gesamtwirtschaftlichkeit und zeigt zahlreiche Sparpotentiale auf. Besonders die zusätzliche Altersversorgung für die festangestellten Mitarbeiter*innen sorgte lange für kritische Diskussionen. 2017 wurde ein neues Altersversorgungsmodell eingeführt, dass in den nächsten Jahren die Kosten für die betriebliche Altersversorgung massiv zurückfahren soll. Dennoch liegen sie vor allem vielen kleineren Anstalten wie ein Mühlstein um den Hals. Dazu kommt aktuell die Debatte über sehr großzügige Ruhegeld- und Altersversorgungsdeals für die Spitzenpositionen. Nachdem sich die Länder 2022 auf einen neuen Medienstaatsvertrag zur Konkretisierung und Flexibilisierung des Auftrags der Öffentlich-Rechtlichen Medien geeinigt haben, soll in einem zweiten Schritt ab 2023 die Reform der Finanzierung in Angriff genommen werden. Der Rundfunkbeitrag an sich steht - Stand Februar 2023 - dabei aber nicht zur Disposition.

In der aktuellen Reformdebatte wird über eine generelle Begrenzung der Gehälter von Intendant*innen und Direktor*innen und deren Altersversorgung diskutiert. Für die deutlich schlechter abgesicherten, für das Programm aber immens wichtigen sogenannten Festen Freien Mitarbeiter soll es dafür Verbesserungen wie einen Bestandsschutz nach langer Unternehmenszugehörigkeit geben.

 


Von Steffen Grimberg

Cover Öffentlich-Rechtliche Medien

Volker Grassmuck, sehr guter Kenner von Medienlandschaft und -politik, gibt per Frage & Antwort eine Übersicht über Aufgaben und Funktionsweise der Öffentlich-Rechtlichen Medien. Neben den guten Gründen für deren Fortbestand erläutert er auch den Reformbedarf.

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