Solares Geoengineering: EU muss Solar Radiation Modification als Antwort auf die Klimakrise ausschließen
Berlin, 9. Dezember 2024 – Heute wurde der Bericht der wissenschaftlichen Berater*innengruppe der EU-Kommission zum Thema solares Geoengineering vorgelegt. Der Bericht wurde zusammen mit dem zugrundeliegenden Expert Evidence Review Report veröffentlicht.
Die Heinrich Böll Stiftung ist besorgt, dass die vorgelegten Empfehlungen zu mehr Offenheit gegenüber dem solaren Geoengineering in der EU führen könnten. Bislang hat sich die EU dazu klar positioniert und das solare Geoengineering als Reaktion auf die Klimakrise ausgeschlossen. Die Heinrich-Böll-Stiftung fordert die EU-Kommission auf, dieser Positionierung praktisch nachzukommen und sich für eine internationale Regulierung im Rahmen eines Solar Geoengineering Non Use Agreement einzusetzen. Vor allem im globalen Süden gibt es dafür zunehmend politische Unterstützung, auch Deutschland hat hierfür jüngst Offenheit zu einem Dialog signalisiert.
Linda Schneider, Referentin für Internationale Klima- und Energiepolitik bei der Heinrich-Böll-Stiftung, kommentierte die heute vorgelegte wissenschaftliche Stellungnahme wie folgt:
„Die Politikempfehlungen der Beratergruppe der EU-Kommission werden den gravierenden und unauflösbaren Risiken des solaren Geoengineerings, die im Bericht beschrieben werden, nicht gerecht.
Anstatt einen ergebnisoffenen Verhandlungsprozess zu starten, der dazu führen könnte, den Einsatz von solarem Geoengineering zu legitimieren, sollte sich die EU gemeinsam mit Regierungen aus Afrika und dem Pazifikraum für eine klare und robuste, internationale Nichtnutzungsvereinbarung einsetzen.
Genau das hat bereits das Europäische Parlament in 2023 gefordert: Es forderte die EU-Kommission und die EU-Mitgliedstaaten auf, gemäß dem Vorsorgeprinzip eine Nichtnutzungsvereinbarung auf internationaler Ebene zu initiieren.
Die EU sollte außerdem keine Freilandexperimente zu Geoengineering zulassen, wie von der Beratergruppe empfohlen, umso weniger Geoengineering-Forschung mit öffentlichen Mitteln fördern. Weitere Forschung wird die inhärenten, unkalkulierbaren Risiken eines solchen Experiments im planetaren Maßstab niemals auflösen können. Wir wissen genug über diese Technologien um sicher zu sein, dass ihr Einsatz nur noch mehr Klimachaos verursachen würde, daher sollte ihrer Entwicklung sofort ein Riegel vorgeschoben werden.“
Hinweise für Redaktionen:
Die Europäische Kommission hat die Gruppe der leitenden wissenschaftlichen Berater*innen damit beauftragt, Empfehlungen zu Risiken und Möglichkeiten sowie Regulierungsoptionen für das solare Geoengineering zu entwickeln.
Geoengineering bezeichnet großtechnologische Eingriffe in das Klimasystem und die globalen Ökosysteme an Land und in den Ozeanen, um Auswirkungen und Symptome der Klimakrise zu bekämpfen. Darunter fallen sowohl jene technologischen Ansätze, einfallendes Sonnenlicht im großen Stil zurückzureflektieren (sogenanntes Solares Geoengineering) als auch solche, der Atmosphäre großmaßstäblich CO2 zu entziehen (sogenanntes Carbon Dioxide Removal, CDR). All diese Ansätze sind zum jetzigen Zeitpunkt spekulativ und unerprobt, keiner von ihnen adressiert die Ursachen der Klimakrise.
Aufgrund der gravierenden Risiken von solarem Geoengineering und in Übereinstimmung mit dem Vorsorgeprinzip hat das Europäische Parlament in seiner Resolution zur COP28 die EU-Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten dazu aufgefordert, ein Non-Use Agreement auf internationaler Ebene zu initiieren (Paragraph 92). Zudem ist die Forschung im Bereich des marinen Geoengineerings durch Regime des Londoner Übereinkommens/Londoner Protokolls stark eingeschränkt.
Das Solare Geoengineering unterliegt bereits dem de facto Moratorium unter dem UN-Übereinkommen über die biologische Vielfalt (UN CBD), das 2010 erlassen und 2016 sowie jüngst bei der COP16 in Kolumbien bekräftigt wurde. Die EU-Mitgliedsstaaten sind als Vertragsstaaten der UN CBD an diese Entscheidung gebunden. Solares Geoengineering widerspricht außerdem einer Vielzahl von völkerrechtlichen Grundsätzen und Verpflichtungen, einschließlich Menschenrechtsverpflichtungen.
Pressekontakt:
Heinrich-Böll-Stiftung
Nicole Sagener
Pressesprecherin
E sagener@boell.de