Die grüne Strömung steht angesichts der gravierenden politischen Veränderungen der vergangenen Jahre vor der Frage: Wie lautet der gesellschaftliche Auftrag der grünen Partei in der Gegenwart? Zur Beantwortung dieser Frage müssen Entwicklungen der politischen und medialen Öffentlichkeit, der Strukturwandel sowie die tiefgreifenden Verschiebungen in der Ausgestaltung liberaler Demokratien reflektiert und in Entwürfe grünen Regierens eingebunden werden. Im Rahmen ihrer Frühjahrstagung öffnete sich die Grüne Akademie als Raum für eine strategische Orientierungsdebatte.

Auf der Agenda der Frühjahrstagung der Grünen Akademie standen zentrale Schlüsselfragen grüner Politik. Gravierende politische Einschnitte und Veränderungen auf nationaler und internationaler Ebene in den vergangenen Jahren geben Anlass zu einer Standortbestimmung. Die Akademiemitglieder waren dazu eingeladen, künftige Handlungs- und Gestaltungsoptionen vor dem Hintergrund gegenwärtiger Bedingungen der politischen Öffentlichkeit in einem offenen Austausch miteinander zu diskutieren.
Franziska Brantner (Vorsitzende Bündnis 90/Die Grünen, Mitglied der Grünen Akademie) eröffnete die Debatte mit vier zentralen Impulsen als Antwort auf gesellschaftliche Erwartungen an eine zukunftsgerichtete, grüne Politik: Die Partei begreife sich als pro-europäische Oppositionskraft, die die ökologische Frage weiter fasst als die Klimafrage. Die Grünen müssen für Emanzipation und eine durch die Kritik reflektierte „Aufklärung“ stehen – und für gesellschaftliche und ökonomische Innovationen streiten. Schließlich müsse die Partei stärker eine eigenständige Antwort darauf entwickeln, wie eine zunehmende Ungleichheit in Deutschland wieder eingegrenzt werden kann. Dabei muss die grüne Strömung nicht zuletzt auch international gedacht werden und entsprechende Netzwerke gebildet respektive gestärkt werden.
Für ein neues Kapitel grüner Geschichte gelte es zusammenfassend eine positive Definition dessen zu erarbeiten, wie eine nationale, europäische und internationale Gesellschaft aussehen könnte, in der wir gerne leben würden.
Die Tagung gab insbesondere der gemeinsamen Diskussion in den parallelen Themenforen ausführlich Raum: In einem ersten Themenforum diskutierten die Akademiemitglieder nach einem Impuls von Eva Hausteiner (Universität Erlangen, Grüne Akademie), kommentiert von Valentin Lippmann (MdL Sachsen, Grüne Akademie), die Konsequenzen des Strukturwandels der Öffentlichkeit für grüne Politik. Das zweite Themenforum fokussierte Herausforderungen und Bedrohungen der liberalen Demokratie und wurde von Bernd Ladwig (FU Berlin, Grüne Akademie) eröffnet sowie von Roman Schmidt (Heinrich-Böll-Stiftung) kommentiert. Im dritten Themenforum sprachen die Mitglieder nach der Eröffnung durch Sandra Seubert (Universität Frankfurt/M., Grüne Akademie) sowie Till Steffen (MdB, Grüne Akademie) über gute Politikgestaltung und darüber, welche Erwartungen Regieren gegenwärtig wecken kann und soll.
Den Abschluss der Tagung bildete die gemeinsame Diskussion im Anschluss an Reinhard Bütikofers (MdEP a.D., Grüne Akademie) Impuls „Grüne Politik 2030: Mehrheiten, Lösungen und Kompromisse“. Bütikofer plädierte in seinem Vortrag für eine Orientierung am Gemeinwohl, einem wohlverstandenen common sense, was vor allem im Dialog vor Ort zu erringen sei. Konkrete Vorschläge bezogen sich auf eine Kritik am administrative state, die Verankerung der Parteipolitik in lokalen Strukturen, eine kritische Analyse des eigenen Stils sowie schließlich eine Veränderung der internen Personalstruktur auf Führungsebene hin zu einer Diversität, die soziale Gesellschaftsstrukturen besser abbildet.
Die Veranstaltung bot einen Einstieg in Fragen zur strategischen Orientierung der Partei- und Stiftungsarbeit, auf die in der laufenden Arbeit der Akademie und Stiftung aufgebaut wird.