Ein Festival ohne Müll – ist das möglich?

Versuch

Die Organisation eines Festivals ist für sich schon eine Herausforderung. Aber die Organisation eines Festivals inklusive eines Zero-Waste – Ansatzes ist zum Scheitern verurteilt. Oder? Ein Erfahrungsbericht aus Tunis.

Zero Waste - Tunesien
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Jede Mülltonne bekommt ihren eigenen Charme

Dieser Beitrag ist Teil unseres Dossiers "Clean it up! Müll in Nahost und Nordafrika".

Bereits 2016, als das erste Lichtkunstfestivals Interference stattfand, hatte das Organisationsteam begonnen, Müllbegrenzung in der Planung mitzudenken. So benutzte beispielsweise das Catering für die Freiwilligen und das Team der Künstler/innen und Kurator/innen Hausgeschirr, das jeder, der es benutzte, abwaschen und heil zurückgeben musste.

Als das Team der Heinrich-Böll-Stiftung in Tunis im Frühjahr 2018 die Gespräche zu einem Zero Waste-Ansatz für das Festival begann, war daher schon ein Basiskonzept vorhanden, das wir in Folge gemeinsam mit der Organisation Zero Waste Tunisia (Null Abfall Tunesien, eine Bürgerorganisation, die zu Müllvermeidungskonzepten arbeitet ausbauten.

Ein Festival ohne Müll – was braucht es dafür?

Bei Kaffee und Keksen auf dem Balkon des Büros der Heinrich-Böll-Stiftung in Tunis diskutierten wir über Ideen und ihre Umsetzbarkeit. Wie können wir die Verwendung von Plastik im Festival reduzieren? Wer könnte den Müll trennen und recyceln? Woher bekommen wir recyceltes Papier? Kann man gar ohne Papier auskommen? Wie können wir die Bewohner/innen und Verkäufer/innen in der Altstadt, in der das Festival stattfindet, in den angestrebten Abfallvermeidungsansatz einbinden?

Interference arbeitet in der Vorbereitung und Durchführung des Festivals mit einer beeindruckend hohen Anzahl von bis zu 200 Freiwilligen. Diese Armee an Helfer/innen wird in thematische Arbeitsgruppen unterteilt, die jeweils bestimmte Aufgaben übernehmen. Deshalb entstand auch eine Abfallmanagement-Gruppe, die von der Organisation Zero Waste Tunisia trainiert und beraten wurde.

Allianzen schmieden

In einem nächsten Schritt sprachen wir mit dem Team des feministischen Kunstfestivals Chouftouhonna zu einer möglichen Zusammenarbeit mit Interference und Zero Waste Tunisia zum gleichen Anliegen – Müllreduzierung. Diese Idee kam auf, da das “artivistische“ Festival beinahe zeitgleich stattfinden würde, und ebenso in der Altstadt von Tunis. Im Gegensatz zum Lichtkunstfestival, welches sein Programm erst nach Sonnenuntergang beginnen würde, war der Großteil der Aktivitäten im Rahmen von Chouftouhonna tagsüber geplant. Diese Vereinbarkeit der Programme ließ noch mehr Kooperation in der Organisation der beiden Festivals zu, die sich in Folge zu gemeinsamen Produktionen mit Künstler/innen austauschten.

Auch im Rahmen von Chouftouhonna wurde ein Freiwilligenteam zusammengestellt, das den Zero Waste-Ansatz umsetzen würde. Dieses Team wurde ebenfalls von Zero Waste Tunisia betreut und begleitet. Die Organisationsteams beider Festivals nahmen neben der praktischen Umsetzung der Müllreduktion und -wiederverwertung auch einen künstlerischen Umgang mit Müll in den Fokus: Neben Workshops, in denen aus Plastikflaschen und Trinkhalmen Kunstwerke erschaffen wurden, gab es die Möglichkeit für Kinder die aufgestellten Mülleimer zu bemalen, um jedem einzelnen seinen eigenen Charme zu verleihen.

Keramikgeschirr, Trinkwasserbrunnen und Projektion statt Papier

Beide Festivals reduzierten Plastikabfall im Catering durch Küche vor Ort und Keramikgeschirr, das von jeder Person, die es verwendete, abgewaschen werden musste. In Interference wurde Brunnenwasser gefiltert und als Trinkwasser verteilt, während in Chouftouhonna ein Trinkwasserbrunnen aufgebaut wurde. Infomaterial und Programme wurden an Wände projiziert anstatt ausgedruckt, und der dennoch produzierte Müll im Rahmen der Festivals wurde von der Bürgerorganisation Tunisie Recyclage abgeholt und verwertet.

Die Begeisterung und Effizienz, mit der die Teams von Interference und Chouftouhonna gemeinsam mit Zero Waste Tunisia an dem Zero Waste-Ansatz arbeiteten, lässt auf großartige zukünftige Projekte in diesem Sinne hoffen!

Dieser Beitrag ist Teil unseres Dossiers "Clean it up! Müll in Nahost und Nordafrika".