Die Zahl der Tierhaltungen in Deutschland sinkt seit Jahrzehnten – und zwar schnell. Finanzkräftige Betriebe vergrößern dagegen ihre Bestände noch. Bei der Verteilung der Tiere und beim Ökoanteil unterscheiden sich die Regionen stark.
Die Nutztierhaltung ist ein wichtiges Standbein der deutschen Landwirtschaft. Ihr Anteil an den erzeugten Waren und Dienstleistungen des Agrarsektors lag in den vergangenen zehn Jahren konstant zwischen 45 und 50 Prozent. In der EU nimmt Deutschland die Spitzenposition bei der Erzeugung von Schweinefleisch und Milch ein und erreicht Marktanteile von 21 beziehungsweise 20 Prozent. Bei Rindfleisch und Eiern liegt es mit 15 beziehungsweise 12 Prozent nach Frankreich auf Platz zwei, bei Geflügelfleisch mit 12 Prozent nach Polen und Frankreich auf Platz drei. Zudem ist Deutschland ein Exportland für Fleisch. Es produziert 16 Prozent mehr, als im Inland konsumiert wird. Bei Schweinefleisch liegt der Wert sogar bei 19 Prozent.
Je nach Region werden die Tierbestände unterschiedlich konzentriert gehalten. Gemessen wird in Großvieheinheiten (GVE) pro 100 Hektar; eine GVE entspricht einer Lebendmasse von 500 Kilogramm, so viel wie ein ausgewachsenes Rind, etwa sechs ausgewachsene Mastschweine oder 320 Legehennen. Bei der Tierdichte liegt Deutschland im EU-Vergleich im oberen Drittel. Mit 109 GVE je 100 Hektar ist Deutschland jedoch weit von der Spitzenposition der Niederlande mit 380 GVE entfernt. Die Tierbestände sind zudem in Deutschland sehr unterschiedlich verteilt: Regionen in Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen erreichen Werte wie in den Niederlanden, in anderen wie der Uckermark in Brandenburg gibt es nur sehr wenig Vieh.
In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen werden rund 60 Prozent aller Schweine und Hühner, in Bayern und Niedersachsen fast 50 Prozent aller Rinder und Milchkühe gehalten. Die Bestände pro Betrieb sind sehr unterschiedlich. Ein Beispiel: In Niedersachsen hält ein durchschnittlicher Betrieb etwa 95 Kühe, in Bayern sind es nur 42. Mehr als 40 Prozent der bayrischen Milchkühe leben dabei in Anbindehaltung, die aus Sicht des Tierschutzes nicht zu akzeptieren ist.
In Ostdeutschland hat die Nutztierhaltung eine geringere Bedeutung als im Westen. Es gibt mit 64 GVE je 100 Hektar weniger Tiere pro Fläche als in den westdeutschen Bundesländern mit ihren 128 GVE. Im Durchschnitt werden jedoch in den neuen Ländern pro Betrieb von allen Arten deutlich mehr Tiere gehalten. So leben dort über 90 Prozent der Schweine in Beständen von mindestens 200 GVE, also beispielsweise 1.400 Mastschweinen oder 660 Sauen. Solche hohen Zahlen pro Betrieb werden in den alten Bundesländern bei Weitem nicht erreicht.
Die gesamte deutsche Nutztierhaltung durchläuft seit Jahren einen enormen Strukturwandel. Während die Tierbestände abnehmen, hält eine immer geringere Anzahl an Betrieben zunehmend größere Viehbestände. Beispiel Rinder und Milchkühe: Von 2010 bis 2020 sank die Zahl der Rinder um knapp 11 Prozent, die der Milchkühe um 5 Prozent. Im gleichen Zeitraum gaben rund 35.000 Betriebe die Haltung von Milchkühen auf, während die durchschnittliche Herdengröße von 45 auf 68 Kühe stieg.
Bei der Schweinehaltung ist der Strukturwandel noch deutlicher. Zwar gingen die Schweinebestände in Deutschland um knapp 4 Prozent zurück, die der Zuchtschweine allerdings um etwa 21 Prozent. Die Zahl der Mastschweine blieb jedoch konstant. Die zur Mast benötigten Ferkel werden also zunehmend nicht mehr in Deutschland produziert. Bereits 2018 stammten 20 Prozent der in Deutschland gemästeten Ferkel aus Importen. Immer mehr Betriebe haben diesen Produktionszweig aufgegeben. Die Folge ist ein starker Konzentrationsprozess mit immer größeren Beständen. So stieg die Tierzahl pro Betrieb bei Zuchtschweinen von 142 auf 256, bei Mastschweinen ab 50 Kilogramm von 398 auf 653. Bedenklich ist, dass die Zahlen bei Schweinen gerade in Nordrhein-Westfalen und Niedersachen so gestiegen sind, wo die Konzentration bei der Tierhaltung ohnehin schon sehr hohe Werte erreicht.
Auch die Geflügelhaltung spielt in Deutschland eine größere Rolle, vor allem die von Legehennen für Eier und Hähnchen zur Geflügelfleischerzeugung. Die Haltung von Schafen lässt hingegen deutlich nach. Seit 2010 sank ihre Zahl um 25 Prozent. Insbesondere ihre Haltung als Weidetiere gestaltet sich aus vielen Gründen zunehmend problematisch. Um Defizite im Umwelt- und Tierschutz zu verringern, könnte die ökologische Tierhaltung ausgebaut werden. Der Ökolandbau hat klare Vorgaben, wie viele Tiere maximal pro Hektar gehalten werden dürfen. Er schreibt ebenfalls vor, dass ein großer Teil des Futters von betriebseigenen Flächen kommen muss. Häufig hat er auch schärfere Regeln, um für das Wohl der Tiere zu sorgen.
Diese Haltungsform fristet allerdings noch immer ein Nischendasein. Nur fünf Prozent des gesamten Viehbestandes werden in ökologisch wirtschaftenden Betrieben gehalten, bei Rindern sind es etwa sechs Prozent, bei Schweinen ist es sogar nur ein Prozent. Ziegen kommen auf einen Anteil von 33, Schafe auf 12 Prozent. Es gibt jedoch Vorreiter unter den Bundesländern. So werden in Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und im Saarland mehr als zehn Prozent der Tierbestände in Ökobetrieben gehalten. Beim Geflügel sticht Mecklenburg-Vorpommern heraus. Dort werden 16 Prozent der Legehennen in Ökobetrieben gehalten. Bei Schweinen gehen das Saarland mit sieben Prozent und wiederum Mecklenburg-Vorpommern mit sechs Prozent voran. Bundesweit ist also noch viel Luft nach oben.