Öffentlich-Rechtliche Medien: Was ist das, welche gibt es, und braucht es so viele Sender?

Hintergrund

Deutschland hat das am besten ausgebaute öffentlich-rechtliche Mediensystem der Welt. Aber warum ist das so - und müssen es wirklich so viele Angebote sein?

Grafische Darstellung der Öffentlich-Rechtlichen Medien

Öffentlich-Rechtliche Medien garantieren eine Grundversorgung an Informationen und Unterhaltung für alle.

Demokratie braucht Öffentlichkeit. Medien sind die Instrumente, mit denen sich ein demokratisches Gemeinwesen selbst beobachtet und in dem die Gesellschaft miteinander diskutiert. Während private Medienangebote der Marktlogik entsprechen müssen und nach Gewinn streben, sind die Öffentlich-Rechtlichen Medien dem Gemeinwohl, also dem Wert und Nutzen für die Gesellschaft verpflichtet.

Nach den Erfahrungen des Nazi-Regimes entstand der öffentlich-rechtliche Rundfunk ab 1946 nach dem Vorbild der britischen BBC. Er soll der Gesellschaft als Ganzes dienen und alle Interessen, Sichtweisen und Meinungen berücksichtigen. Er muss – anders als privatwirtschaftlich organisierte Medien – auch Ansichten und Interessen von Minderheiten berücksichtigen und darf sein Angebot nicht nach Gesichtspunkten wie kommerziellen Erfolg oder möglichst hohen Quoten bzw. großen Reichweiten ausrichten. Dieses Prinzip der Grundversorgung wurde vom Bundesverfassungsgericht in mehreren Rundfunkurteilen entwickelt. Konkret bedeutet es, dass die Öffentlich-Rechtlichen Medien möglichst viele Menschen mit einem Angebot erreichen. Daher gehören zur Grundversorgung auch populäre und reichweitenstarke Inhalte wie Unterhaltung und Spitzensport. Zugleich müssen auch Angebote gewährleistet werden, die nur für eine geringere Zahl von Nutzerinnen und Nutzern von Interesse sind – selbst wenn diese Sendungen zu „Nischenthemen“ dann vergleichsweise kostenaufwendig sind.

In der Reformdebatte wird aktuell diskutiert, ob diese Grundversorgung von allen öffentlich-rechtlichen Anstalten jeweils separat und individuell wie bisher geleistet werden soll, oder ob sie durch Kooperationen und die Aufteilung von Zuständigkeiten schlanker und kosteneffizienter gemeinsam geleistet werden kann.

Aktuell besteht das öffentlich-rechtliche Medienangebot in Deutschland aus den drei Einheiten ARD, ZDF und Deutschlandradio. Gemeinsam bieten sie rund 20 TV-Kanäle und über 70 Radiowellen an. Die ARD besteht heute aus neun regionalen Landesrundfunkanstalten. Sie strahlen im Fernsehen gemeinsam das „Erste“ sowie jeweils die regionalen „Dritten Programme“ aus, sowie die Digitalkanäle „One“, „ARD alpha“ und „tagesschau24“. Dazu kommen über 60 regionale Radioprogramme. Das ZDF, das auf TV beschränkt ist, produziert neben seinem Hauptprogramm die Digitalkanäle „ZDFneo“ und „ZDFinfo“. „phoenix“ und der „Kinderkanal“ (KiKA) sowie das junge Content-Netzwerk „funk“ sind Gemeinschaftsangebote von ARD und ZDF. Beide sind außerdem Partner beim deutsch-französischen Kulturkanal „arte“ und bei „3sat“.

Das Deutschlandradio sendet drei Programme: den nachrichtenorientierten „Deutschlandfunk“, „Deutschlandfunk Kultur“ sowie „Deutschlandfunk Nova“ für eine jüngere Zielgruppe. Auch der deutsche Auslandsrundfunk, die Deutsche Welle (DW) ist öffentlich rechtlich organisiert, aber nicht über den Rundfunkbeitrag, sondern aus Steuermitteln finanziert.

In der Reformdebatte wird aktuell diskutiert, welche Angebote weitergeführt werden sollen und welche von den Sendungen zusammengelegt, umgewidmet oder ganz wegfallen können. Dies ermöglicht der neue Medienstaatsvertrag, der im Sommer 2023 in Kraft treten soll.

 


Von Steffen Grimberg

Cover Öffentlich-Rechtliche Medien

Volker Grassmuck, sehr guter Kenner von Medienlandschaft und -politik, gibt per Frage & Antwort eine Übersicht über Aufgaben und Funktionsweise der Öffentlich-Rechtlichen Medien. Neben den guten Gründen für deren Fortbestand erläutert er auch den Reformbedarf.

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