Journalismus statt Fake News: Öffentlich-Rechtlichen Medien arbeiten nach verlässlichen Standards. Über die Einhaltung ihres Auftrags wachen die Rundfunkräte. Jetzt bekommen sie noch mehr Einfluss.

Die Öffentlich-Rechtlichen Medien entscheiden eigenverantwortlich nach journalistischen Kriterien über Themen und Inhalte ihrer Programme. Über die Einhaltung ihres Auftrags wachen die Rundfunkräte
Die Anstalten sind in ihrer Entscheidungsstruktur hierarchisch aufgebaut. Oberste Instanz - auch redaktionell - ist die Intendantin bzw. der Intendant. Darunter folgen Programmdirektion, Chefredaktion und die einzelnen Redaktionsleitungen. De facto fallen die meisten kurzfristigen Entscheidungen in den zuständigen Redaktionen. Es gelten die etablierten journalistischen Kriterien wie Aktualität, Relevanz, Vielfalt, Transparenz, Richtigkeit und Verständlichkeit. Bei Öffentlich-Rechtlichen Medien kommen noch Anforderungen wie (politische) Ausgewogenheit und die Berücksichtigung von Minderheiteninteressen dazu. Zudem gelten insbesondere vor und bei Wahlen bestimmte Sondervorschriften hinsichtlich der politischen Neutralität („abgestufte Chancengleichheit“). Diese Programmautonomie gilt auch für die nicht journalistischen Anteile des Programms wie beispielsweise die fiktionale Film- und Serienproduktion, Serviceformate oder den Bereich Unterhaltung.
Waren früher die Redaktionen für Hörfunk und Fernsehen getrennt, sind jetzt überall crossmediale Strukturen etabliert oder zumindest im Aufbau, in denen die jeweiligen Redaktionen ein Komplettprogramm für die TV-, Radio- und Internet-Angebote der Anstalt liefern. Für die internationale Berichterstattung unterhalten die Öffentlich-Rechtlichen Medien außerdem eines der weltweit größten Auslandskorrespondentennetze. Die „nationalen Anstalten“ wie ZDF und Deutschlandfunk sind auch in den einzelnen Bundesländern mit eigenen Regionalstudio oder -korrespondentenstellen vertreten.
Ob die Öffentlich-Rechtlichen Medien ihren Auftrag erfüllen, das kontrolliert das wichtigste Aufsichtsorgan: Die Rundfunkräte (ARD), der ZDF-Fernsehrat bzw. der Hörfunkrat beim Deutschlandradio. Sie wählen die Intendantin bzw. den Intendanten, genehmigen den Haushalt und entscheiden über neue Angebote. Sie sind außerdem bei Programmbeschwerden zuständig und berufen den Verwaltungsrat, der die Finanzen der Anstalt und die Intendant*in kontrolliert.
Die Räte sollen einen Querschnitt der Bevölkerung abbilden. Ihre Mitglieder werden daher von „gesellschaftlich relevanten Gruppen“ entsandt. Dazu gehören Parteien, Kirchen, Gewerkschaften, Arbeitgeber-, Sport- und Kommunalverbände, Kultur-, Jugend- und Wohlfahrtsorganisationen u.v.a.m. Neue gesellschaftlich relevante Gruppen wie beispielsweise Muslime und Migranten, aber auch die Digitalwirtschaft sind bei vielen Anstalten immer noch unterrepräsentiert. Ebenfalls umstritten ist die bei vielen dieser Gremien nach wie vor übliche Praxis, sich in informellen „Freundeskreisen“ nach dem überkommenen Schema SPD- bzw. Unions-nah zu organisieren.
Die Aufgaben der Gremien werden im neuen Medienstaatsvertrag erweitert. So werden die Rundfunkräte auch für Programmleitlinien und Qualitätsmanagement zuständig.
In der aktuellen Reformdebatte wird diskutiert, ob sie damit nicht strukturell und kompetenzmäßig überfordert sind. Wie der RBB-Skandal gezeigt hat, mangelt es an der Unabhängigkeit der Gremien von den Intendanzen und am Rollenverständnis als Kontrollorgan. Dabei ist oft nicht genügend eigene Expertise vorhanden. Auch die entsendenden Organisationen sind aufgefordert, auf die Qualifikation ihrer Kandidat*innen zu achten.
Von Steffen Grimberg