Warum soll ich für ÖRM zahlen, wenn ich sie nicht nutze?

Hintergrund

Das Recht auf Empfang bedeutet auch das Recht, die Öffentlich-Rechtlichen Medien nicht zu nutzen. Als Gemeinschaft zahlen wir für Leistungen, die uns als Gemeinwohl wichtig sind, unabhängig von der konkreten Nutzung.

Waage mit Geld auf der einen Seite und öffentlichen Gütern auf der anderen Seite

Wir zahlen nicht für die konkrete Nutzung der Öffentlich-Rechtlichen Medien, sondern für das Recht und die Möglichkeit, sie zu nutzen.

Die Öffentlich-Rechtlichen Medien sind ein wesentlicher Bestandteil demokratischer Öffentlichkeit. Alle Menschen profitieren davon, wenn diese Medien öffentliche Infrastrukturen unterhalten und zuverlässige Quellen für Information, Wissen und Meinungsbildung sind. Das gilt auch dann, wenn jemand die Angebote nicht nutzt. „Wir zahlen für das Recht“, so der Vater des Rundfunkbeitrags, der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof, „überall und jederzeit ein breites Programm von Information und Unterhaltung verlässlich empfangen zu können. Ob der Einzelne das Angebot nutzt, ist seine Sache. Die Empfänger der Rundfunksendungen lassen sich nicht individualisieren. Rundfunk wird nicht am Kiosk gekauft oder wie Strom am Zähler abgerechnet. Rundfunk funkt überall herum."Die Pflicht, den Rundfunkbeitrag zu zahlen sei mit der Kurtaxe vergleichbar, so Kirchhof. Hier bestehe auch für die eine Zahlpflicht, die nie in den Kurpark oder zum Kurkonzert gehen.

Heute erreichen die Öffentlich-Rechtlichen Medien zudem viele Menschen, die sich gar nicht bewusst sind, dass sie beispielsweise auf Plattformen wie Youtube, Facebook etc. öffentlich-rechtliche Angebote nutzen. Und selbst, wenn sie nicht direkt mit öffentlich-rechtlichen Beiträgen in Berührung kommen, werden alle zumindest indirekt von den durch die Öffentlich-Rechtlichen Medien vermittelten gesellschaftlichen Großthemen (Corona-Pandemie, Klimawandel, gesellschaftliche Wertedebatten) erreicht. Die Wirtschaftswissenschaften nennen dies „positive externe Effekte“.

In der aktuellen Reformdebatte wird über Alternativen zur solidarischen Finanzierung des Beitrags diskutiert. Doch die z.B. in Großbritannien ernsthaft erwogene Umstellung auf Abo-Modelle wie bei Streamingdiensten könnte solche positiven Effekte für die gesamte Gesellschaft nicht leisten, da hier viele Angebote mangels ausreichender Nachfrage nicht zu finanzieren wären. Zwar bietet auch Netflix mittlerweile in einem bestimmten Rahmen Dokumentationen an - Nachrichten oder gar eine teure Auslandsberichterstattung wird man hier aber immer vergebens suchen.


Von Steffen Grimberg

Cover Öffentlich-Rechtliche Medien

Volker Grassmuck, sehr guter Kenner von Medienlandschaft und -politik, gibt per Frage & Antwort eine Übersicht über Aufgaben und Funktionsweise der Öffentlich-Rechtlichen Medien. Neben den guten Gründen für deren Fortbestand erläutert er auch den Reformbedarf.

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