Chinas Interesse an Brasiliens Umweltplänen

Interview

Brasilien spielt derzeit eine führende Rolle in der Diplomatie und kann neue Kooperationsbereiche mit China finden, um die Nachhaltigkeit zu fördern, sagt Maiara Folly von der Plataforma CIPÓ.

Lesedauer: 11 Minuten
GPT Icon  Foto: Der chinesische Präsident Xi Jinping und der brasilianische Präsident Luiz Inácio Lula da Silva schütteln sich die Hände vor einer goldfarbenen Wand.

Im Rahmen des jüngsten Besuchs des chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping in Brasilien anlässlich des G20-Gipfels wurden 37 neue Abkommen unterzeichnet und umfassende Zusagen für eine intensivere Zusammenarbeit gemacht.

Seit 2009 ist China Brasiliens größter Handelspartner, mit einem bilateralen Handelsvolumen von 157,5 Milliarden USD im Jahr 2023. China hat sich als führender Investor und Lieferant in Brasilien etabliert, unter anderem in Bereichen wie erneuerbare Energien, Infrastruktur, Elektrofahrzeugproduktion.

Trotz wachsender Spekulationen vor dem bilateralen Treffen trat der brasilianische Präsident Lula da Silva jedoch nicht der Belt and Road Initiative (BRI) bei. Stattdessen einigten sich die beiden Länder darauf, „Synergien“ zwischen der BRI und Brasiliens eigenen Entwicklungsstrategien auszuloten. Außerdem wurde vereinbart, den Dialog zwischen China und dem Mercosur-Handelsblock zu intensivieren.

In einem Interview mit Dialogue Earth am Rande der COP29-Klimakonferenz in Aserbaidschan betonte Maiara Folly, Mitbegründerin und geschäftsführende Direktorin des brasilianischen außenpolitischen Think-Tanks Plataforma CIPÓ, dass Brasilien und China zur Förderung der Nachhaltigkeit zusammenarbeiten können. Folly sprach zudem über Brasiliens Rolle in der globalen Klimadiplomatie und Energiepolitik, insbesondere in Institutionen wie der G20 und den BRICS-Staaten, sowie über die Perspektiven anderer Partner wie den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union im Hinblick auf die grüne Transformation.


Dialogue Earth: Brasilien hat in seiner Außenpolitik stets einen Anspruch auf Autonomie und Nicht-Blockbindung betont. Angesichts der aktuellen politischen Entwicklungen, insbesondere der jüngsten US-Wahlen, sehen Sie Herausforderungen für diesen Ansatz? Könnten sich dadurch Allianzen verschieben, insbesondere in Bezug auf Klima und Umwelt?

Maiara Folly: Brasilien verfolgt einen pragmatischen Ansatz, indem es bemüht ist, sowohl zu China als auch zu den USA gute Beziehungen zu unterhalten. Dies ist dem Land – mit einigen Ausnahmen während der Amtszeit des ehemaligen Präsidenten Jair Bolsonaro – weitgehend gelungen. Brasilien hat zu beiden Mächten ein solides Verhältnis aufgebaut, aber die Wiederwahl von Donald Trump wird für Brasiliens Außenpolitik etwas schwieriger werden. Es ist kein Geheimnis, dass Lula und Trump sehr unterschiedliche Vorstellungen von Geopolitik haben, insbesondere bei Schlüsselthemen wie der Klima- und Menschenrechtsagenda, die unter Lulas Regierung eine wachsende Rolle in der brasilianischen Außenpolitik einnehmen.

Foto: Eine Person mit langen dunklen Haaren, lächelt in die Kamera. Sie trägt ein hellblaues Jackett und ein blaues Schlüsselband.

Maiara Folly ist Mitbegründerin und geschäftsführende Direktorin des brasilianischen außenpolitischen Think-Tanks Plataforma CIPÓ
Foto: auf dem Klimagipfel COP29 in Aserbaidschan 

Lula ist sehr erfahren und engagiert in der Außenpolitik, und er wird versuchen, eine gute pragmatische Beziehung zu den USA aufrechtzuerhalten. Wir werden eine größere Rolle subnationaler Akteure in den bilateralen Beziehungen sehen, wie Parlamentarier und Gouverneure der Bundesstaaten. Allerdings könnte dies ein Problem in den multilateralen Foren schaffen. Es besteht die Möglichkeit, dass sich die US-Regierung vom Pariser Abkommen zurückzieht, während Brasilien die COP30 ausrichtet. Eine Fortsetzung des US-Engagements im Klimabereich wird für Brasilien von entscheidender Bedeutung sein.

Wie würden Sie die Partnerschaft zwischen Chinas und Brasilien beschreiben? Besteht eine Annäherung in den Bereichen Entwicklung, Umwelt und Süd-Süd-Solidarität

Die bilateralen Beziehungen haben an Bedeutung gewonnen, wobei China Brasiliens wichtigster Handelspartner ist. Gleichzeitig äußern Umweltorganisationen erhebliche Bedenken hinsichtlich der ökologischen Auswirkungen dieser Handelsbeziehungen. Sie fordern, dass Nachhaltigkeit zu einem zentralen Element der bilateralen Zusammenarbeit werden muss. Dennoch ist auf beiden Seiten ein starkes Interesse erkennbar, diesen Aspekt zu berücksichtigen.

China ist der größte Abnehmer von Produkten, die maßgeblich zur Zerstörung des Amazonas beitragen. Gleichzeitig betont Peking eine Politik der Nichteinmischung in die brasilianische Gesetzgebung und Politik. Dies schafft Vertrauen in Brasilien – insbesondere im Vergleich zu Handelsmaßnahmen der Europäischen Union, [wie der in Brasilien stark kritisierten Verordnung zur Bekämpfung von Entwaldung]. Der Ansatz Chinas bietet daher Potenzial für positivere Beziehung zwischen beiden Seiten. Brasilien hat strenge Umweltgesetze und Pläne, um die Entwaldung zu reduzieren. Das ist keine leichte Aufgabe, sie erfordert Geld und Technologie. Und da China ein starkes Interesse daran hat, Produkte aus Brasilien zu kaufen, auch im Hinblick auf seine eigene Nahrungsmittelsicherheit, liegt es im Interesse Chinas, Brasilien bei diesen bereits bestehenden Verpflichtungen und Plänen zu unterstützen.

Foto: Eine Luftaufnahme zeigt einen Waldstreifen neben einer asphaltierten Straße. Rechts davon liegt eine gerodete Fläche.
Abgeholztes Feld für Sojabohnenanbau in Querência, Bundesstaat Mato Grosso. China ist der Hauptabnehmer von Produkten, die Druck auf den Amazonas ausüben (Bild: Flávia Milhorance / Dialogue Earth).

Was die EU betrifft, so haben einige ihrer Umweltpolitiken, wie der Mechanismus zur Anpassung der CO2-Grenzwerte – die sogenannte „CO2-Steuer“ auf Importe – starke Kritik aus Brasilien hervorgerufen, sowohl direkt als auch in Foren wie den Klimaverhandlungen der COP. Angesichts des sich wandelnden politischen Umfelds in Europa, wie sehen Sie die zukünftige Entwicklung der Zusammenarbeit mit Brasilien?

Brasilien unterhält eine starke und stabile Beziehung zur EU, doch die Einführung des CO₂-Grenzausgleichssystems „CBAM“ und der Entwaldungsverordnung hat Spannungen in diese Partnerschaft eingebracht. Brasilien und andere Entwicklungsländer haben diese Regelungen scharf kritisiert und argumentieren, dass sie zwar als Klimaschutzmaßnahmen dargestellt werden, in Wirklichkeit jedoch protektionistischen Zwecken dienen. Diese Kritik hat nicht nur Auswirkungen auf die bilateralen Beziehungen zwischen Brasilien und der EU, sondern beeinflusst auch die Dynamik in multilateralen Foren. Die beim G20-Gipfel verabschiedete Erklärung unterstreicht die Bedenken gegenüber einseitigen Handelsmaßnahmen. Brasilien sowie die G77 plus China haben versucht, dieses Thema in den Rahmen der Klimakonvention der Vereinten Nationen zu integrieren. Allerdings wird es aufgrund des konsensbasierten Ansatzes der UNFCCC äußerst schwierig sein, hier substanzielle Fortschritte zu erzielen.

Es ist essenziell, Beziehungen zu schaffen, von denen beide Seiten profitieren.

Wenn andere Aspekte der Klimapolitik, wie die Finanzierung und der Technologietransfer von Industrieländern an Entwicklungsländer, besser umgesetzt würden, könnten Handelskonflikte entschärft werden. Doch die Industrieländer kommen ihren Verpflichtungen oft nicht nach, was disproportionale Auswirkungen auf die Entwicklungsländer hat. Für Brasilien könnte dies erhebliche wirtschaftliche Folgen haben, insbesondere für Sektoren, die Schwierigkeiten haben könnten, die Anforderungen der EU-Gesetzgebung zu erfüllen. Letztlich geht es jedoch nicht nur um wirtschaftliche Aspekte, sondern auch um die Gerechtigkeit und Fairness des multilateralen Systems. 

Sie haben zuvor über die Notwendigkeit geschrieben, dass Brasiliens internationale Partnerschaften in Bereichen wie Technologietransfer und anderen Gebieten „gleichberechtigte Partnerschaften“ sein müssen, die für beide Seiten von Vorteil sind. Wie kann dies gefördert werden?

Es ist essenziell, Beziehungen zu schaffen, von denen beide Seiten profitieren. Dies ist jedoch eine Herausforderung, da zwischen Industrie- und Entwicklungsländern viel Misstrauen herrscht – sei es im Bereich der Finanzierungsfragen oder im weiteren geopolitischen Kontext. Brasilien und andere Entwicklungsländer haben wiederholt eine Reform der internationalen Finanzarchitektur gefordert, doch trotz kleiner Fortschritte gab es in den letzten Jahrzehnten keine substanziellen Veränderungen, insbesondere nicht in der nötigen Geschwindigkeit. Brasilien setzt auf einige konkrete Initiativen, um die Zusammenarbeit voranzutreiben. 

Ein Beispiel ist der Fonds „Tropical Forest Forever“, der Länder belohnen soll, die ihre Wälder erhalten. Während bestehende Mechanismen Staaten dafür entschädigen, die Abholzung zu reduzieren, benötigt selbst eine Null-Abholzungsrate kontinuierliche Investitionen, um den Fortbestand der Wälder langfristig zu sichern. Brasilien arbeitet hierzu mit Partnern in Europa und den USA, um finanzielle Unterstützung für diese Initiative zu gewinnen und sie bis zur COP30 Ende 2025 operativ zu machen. Ein solcher Schritt könnte dazu beitragen, Vertrauen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern aufzubauen. Darüber hinaus hat Brasilien eine Investitionsplattform für seinen ökologischen Transformationsplan vorgestellt. Ziel ist es, durch verschiedene Projekte in Schlüsselwirtschaftssektoren die ökologische Transformation voranzutreiben und die wirtschaftliche Basis des Landes zu stärken.

Foto: Luiz Inácio Lula da Silva und Ursula von der Leyen geben sich die Hand. Im Hintergrund die Flaggen Brasiliens und der EU.
Präsident Lula da Silva begrüßt die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, beim G20-Gipfel in Rio de Janeiro im November 2024. Brasilien arbeitet mit Partnern in Europa und den USA zusammen, um Unterstützung für Projekte wie den Fonds Tropical Forest Forever zu erhalten (Bild: Ricardo Stuckert / Palácio do Planalto, CC BY ND).

Auf der makroökonomischen Ebene könnten jedoch die bevorstehenden Wahlen in den USA sowie politische Verschiebungen in Europa die notwendigen strukturellen Reformen in den Bereichen globale Governance, Finanzarchitektur und Klimapolitik erschweren. Dennoch gibt es auf der Projektebene Chancen, die genutzt werden können. Brasilien arbeitet intensiv daran, Vertrauen zurückzugewinnen, was nicht nur der brasilianischen Wirtschaft zugutekommen, sondern auch ein konstruktiveres Klima in multilateralen Foren schaffen könnte – insbesondere im Vorfeld der COP30.

Die G20-Erklärung der Staats- und Regierungschefs forderte „gerechte und inklusive Energiewenden“. Wie setzt Brasilien dieses Konzept um, und wie adressiert das Land die Herausforderungen für Industrien, die von dieser Transformation betroffen sein werden?

Eine gerechte Transition ist ein Bereich, in dem es Unterschiede in den Vorstellungen zwischen Industrie- und Entwicklungsländern gibt, und sogar innerhalb dieser Gruppen. Industrieländer neigen dazu, eine engere Definition der gerechten Transition zu verfolgen, die sich stärker auf die Rechte der Arbeitskräfte konzentriert, insbesondere darauf, wie Arbeiter von umweltbelastenden in grünere Sektoren, vor allem im Energiesektor, umgeschult werden können. Für Entwicklungsländer ist die gerechte Transition jedoch weitreichender – sie umfasst auch Anpassung, andere Wirtschaftssektoren und breitere Aspekte wie die Verringerung von Ungleichheit, die Bekämpfung von Armut und Hunger sowie die Sicherstellung, dass diese Themen in Klimapläne integriert werden.

Für die COP30 wird die Integration von Fairness, Gerechtigkeit und Gleichheit in die Klimapolitik ein zentraler Bestandteil von Brasiliens Agenda sein. Innerhalb des Landes werden bereits Schritte durch den ökologischen Transformationsplan unternommen, und im G20-Rahmen hat Brasilien andere Länder dazu ermutigt, ähnliche Ansätze zu verfolgen. Dieses Jahr hat die G20 Prinzipien für gerechte und inklusive Energiewenden verabschiedet: Diese beinhalten soziale Schutzmechanismen, die in die Klimapolitik integriert werden sollen, die Berücksichtigung von Menschenrechten sowie Maßnahmen zur Minderung von Umweltauswirkungen im Rahmen der gerechten Transition. Es handelt sich um weitreichende Prinzipien, die nun in verschiedenen Kontexten operationalisiert werden müssen.

An anderer Stelle schlug Kolumbien letzten Monat eine Initiative vor, die auf die Verantwortung und Rückverfolgbarkeit von Lieferketten für kritische Mineralien abzielt. Dabei forderte das Land die internationale Gemeinschaft auf, bei der COP30 ein entsprechendes Abkommen zu verabschieden. Gleichzeitig stellte die UN in diesem Jahr einen Bericht mit Prinzipien zur nachhaltigen Gewinnung kritischer Mineralien vor. Als bedeutender Produzent von Mineralien – darunter die steigende Lithiumfördermengen – könnte Brasilien in diesen Diskussionen eine führende Rolle einnehmen.

Länder des globalen Südens akzeptieren es zunehmend nicht mehr, lediglich Rohstoffe zu exportieren und grüne Technologien zu importieren. Für Brasilien gilt dies ebenso, doch das Land hat einen Vorteil: einen höheren Industrialisierungsgrad im Vergleich zu vielen anderen Entwicklungsländern. Brasilien hat die Möglichkeit, seine Lieferketten weiterzuentwickeln und mehr Wertschöpfung im eigenen Land zu schaffen, um das ungleiche Muster von Rohstoffexport und Technologieimport zu durchbrechen. Allerdings bleibt es eine Herausforderung, Verhandlungsmacht aufzubauen, solange sich die Schlüsseltechnologien auf wenige Staaten konzentrieren. Genau hier eröffnet sich Potenzial für eine verstärkte Süd-Süd-Kooperation. Länder mit bedeutenden Ressourcen an kritischen Mineralien könnten sich zusammenschließen, um eine kollektive Verhandlungsmacht zu schaffen. Dies könnte den Weg ebnen für Fortschritte im Technologietransfer oder die gemeinsame Entwicklung grüner Technologien.

Foto: Ein Förderband transportiert Gesteinsbrocken. Im Hintergrund sind gelbe Schutzgitter und industrielle Anlagen sichtbar.
Eine Lithium-Verarbeitungsanlage im Jequitinhonha-Tal, Bundesstaat Minas Gerais. Folly erklärt, dass Länder des globalen Südens es nicht länger akzeptieren, Rohstoffe nur zu exportieren und grüne Technologien zu importieren, sondern zunehmend Wert darauf legen, ihre industrielle Kapazität im eigenen Land auszubauen (Bild: Gil Leonardi / Imprensa MG).

Länder des globalen Südens akzeptieren es zunehmend nicht mehr, lediglich Rohstoffe zu exportieren.

Brasilien spielt derzeit eine zentrale Rolle in der globalen Diplomatie – Vorsitz der G20, Gastgeber der COP30 im nächsten Jahr und Präsident des BRICS-Blocks im Jahr 2025. Wie kann Brasilien diese Position nutzen, um positive Maßnahmen für grüne Transformationen zu fördern?

Die Hauptvision Brasiliens besteht darin, Synergien zwischen diesen drei Prozessen zu schaffen. Während seiner G20-Präsidentschaft hat Brasilien drei zentrale Prioritäten gesetzt: die Reform der globalen Governance, die Bekämpfung von Armut und Hunger sowie nachhaltige Entwicklung und gerechte Transformationen. Diese Schwerpunkte sollen auch während der BRICS-Präsidentschaft im Jahr 2025 fortgeführt werden. Nachhaltigkeit könnte ein verbindendes Thema zwischen den G20, der COP30 und den BRICS sein. Dennoch bleibt es eine Herausforderung, einen breiten Konsens zu erreichen, wie bereits beim jüngsten G20-Gipfel deutlich wurde. Die Erklärung der Staats- und Regierungschefs in Bezug auf den Klimaschutz blieb hinter den Erwartungen zurück. Im Vergleich zu früheren Ministererklärungen der G20 wurde die Sprache abgeschwächt.

Brasilien ist das G20-Land mit dem größten Anteil an erneuerbaren Energien im Strommix, stützt sich jedoch weiterhin auf fossile Brennstoffe für den Export und drängt auf eine Ausweitung der Förderung. Wie kann das Land eine gerechte Transformation unter diesen Bedingungen planen?

Wir müssen den Übergang weg von fossilen Brennstoffen schaffen – und das schnell. Die meisten Länder, einschließlich Brasilien, sind derzeit nicht auf dem richtigen Weg. Brasilien befindet sich in einer privilegierten Position, da der Großteil der Elektrizität aus erneuerbaren Quellen stammt. Es gibt ein enormes Potenzial, diesen Anteil weiter auszubauen, allerdings mit Rücksicht auf ökologische und soziale Auswirkungen. Trotzdem wird Brasilien sich mit der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen auseinandersetzen müssen. Die aktuelle Regierung hat die Klimaagenda zu einer ihrer Prioritäten gemacht, aber fossile Brennstoffe bleiben ein politisch heikles Thema. Die Industrie ist mächtig, und Brasilien beherbergt eines der größten Ölunternehmen der Welt. Diese Realität führt zu Spannungen innerhalb der Regierung, insbesondere zwischen verschiedenen Ministerien, sodass es entscheidend sein wird, wer in diesen Konflikten die Oberhand gewinnt.

Auch auf internationaler Ebene sind Fortschritte notwendig. Der fossile Energiesektor schafft Arbeitsplätze und Einkommen in vielen Ländern, auch wenn diese nicht gleichmäßig verteilt sind. Von Brasilien kann jedoch nicht erwartet werden, den Übergang weg von fossilen Brennstoffen zu bewältigen, solange die finanziellen Zwänge nicht gelockert werden. Klimafinanzierung und tiefgreifende Reformen der internationalen Finanzarchitektur sind notwendig, damit Länder des globalen Südens nachhaltigere Kredite aufnehmen können, ohne in hohe Schulden zu geraten. Viele Länder stehen vor der schwierigen Entscheidung, entweder in den Klimaschutz zu investieren oder ihre Schulden zu bedienen – diese Rechnung geht nicht auf. Der einzige Weg nach vorn besteht darin, deutlich schneller im Bereich der Klimafinanzierung voranzukommen.