Finanzierung: Big Player im Verborgenen

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Ausschnitt aus der Grafik "Viel Kredit für wenig Zukunft" (s.u.)

Der Bau von Minen, Kraftwerken und Infrastruktur kostet Milliarden. Das können sich viele Länder nicht leisten. Dann steigen staatliche und private Banken ein. Ein Kapitel aus dem Kohleatlas.

Baut ein deutsches Unternehmen ein Kohlekraftwerk in einem Entwicklungsland, sind damit erhebliche finanzielle Risiken verbunden, auch für so große Konzerne wie Bilfinger, Siemens, Alstom oder ThyssenKrupp. Der Bau ist teuer – große Kohlekraftwerke können durchaus über eine Milliarde Euro kosten –, und er macht enorme Vorleistungen nötig. Die Abwicklung kann sich um Jahre verzögern. Die Auftraggeber, staatliche oder private Stromfirmen, können in Zahlungsschwierigkeiten geraten. In manchen Fällen führen politische Krisen dazu, dass die Montage einer Anlage abgebrochen werden muss.

Um solche Risiken für die herstellenden Firmen und die finanzierenden Banken zu senken, haben viele Regierungen Exportkreditversicherungen eingeführt. In Deutschland heißen sie umgangssprachlich "Hermes-Bürgschaften", nach einer Gesellschaft der Allianz-Versicherung, die diese Aufgabe im Auftrag des Staates übernimmt und das Segment dominiert. Zusätzlich stützen Förderkredite etwa der staatlichen Bankengruppe KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) den Export von Bergwerksausrüstungen und Kraftwerken. Die Risikoabsicherung und die Zinsvorteile führen dazu, dass die Hersteller ihre Lieferungen günstiger anbieten können.

Staaten vergeben politisch verbilligte Kredite ins Ausland, um mit ihnen die Aufträge für die eigene Exportindustrie zu finanzieren

Dabei ist die Förderung von Kohleprojekten als Instrument der Entwicklungszusammenarbeit umstritten. Einer-seits sollen neue Kohlekraftwerke dabei helfen, Armut in den Entwicklungsländern zu bekämpfen und Zugang zu Energie zu verschaffen. Andererseits laufen die fossilen Kraftwerke dem Klimaschutz zuwider und blockieren den Ausbau der erneuerbaren Energien. Zudem geht der Kohlebergbau in den Entwicklungsländern häufig mit der Zerstörung der Umwelt, mit Verletzungen der Menschenrechte und ausbeuterischen Arbeitsbedingungen einher.

Die Industrieländer fördern den Export großzügig. Von 2007 bis 2013 haben sie mit Versicherungen, Bürgschaften und Krediten in Höhe von 36 Milliarden US-Dollar Kohleprojekte unterstützt. Japan führt als größter Finanzierer die Liste mit 16,8 Milliarden US-Dollar an, gefolgt von den USA und Deutschland (7,2 bzw. 4,8 Milliarden US-Dollar). Größtes Empfängerland weltweit war zuletzt Süd­afrika. Für den Bau mehrerer großer Kohlekraftwerke erhielt es drei Milliarden US-Dollar. Die günstigen Kredite kamen ab 2008 vor allem aus Frankreich, Sitz des Maschinenbaukonzerns Alstom, an den ein großer Teil der Aufträge ging. Mit solchen Finanzierungspaketen bewerben sich Firmen oft schon bei der Ausschreibung. Neben den Industrieländern beteiligt sich inzwischen auch China an diesem Geschäft, von 2007 bis 2013 mit 6,1 Milliarden US-Dollar. Bereits seit 2004 hatte die Exportkreditagentur China Exim-Bank den Bau mehrerer Kohlekraftwerke in Indien im Volumen von 2,8 Milliarden US-Dollar subventioniert.

Die meisten der Mittel fließen in den Kraftwerksbau. Doch Länder wie Russland, Kanada und Italien finanzieren mit ihren Exportkrediten vornehmlich die Erschließung neuer Kohleminen. Angeführt von den USA und Japan sind seit 2007 hierfür rund 12,9 Milliarden US-Dollar geflossen. Obwohl Exportkredite ursprünglich als Absicherung von Geschäften auf unsicheren Märkten vorgesehen waren, wurden sie in den vergangenen Jahren auch für die Erschließung von Kohleminen in stabilen Ländern wie den USA und Australien vergeben.

Banken finanzieren Minen, Transportwege und Kraftwerke - ein sicheres Geschäft, solange die Politik mitmacht

Neben den nationalen Kreditagenturen spielen auch die internationalen Entwicklungsbanken eine wichtige Rolle. Von 2007 bis 2013 haben sie Kohleprojekte mit 13,5 Milliarden US-Dollar unterstützt. Größte Geldgeberin war die Weltbank mit 6,5 Milliarden US-Dollar; bei den Regionalbanken lag die Afrikanische Entwicklungsbank mit 2,8 Milliarden US-Dollar an der Spitze. Rund 90 Prozent aller Mittel flossen in den Neubau von Kraftwerken, der Rest in den Bergbau und die Modernisierung alter Kraftwerke.

Seit 2010 ist die Finanzierung von Kohleprojekten wegen der anhaltenden Kritik stark rückläufig. Seit 2013 haben drei Entwicklungsbanken – die Weltbank, die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und die Europäische Investitionsbank – festgelegt, keine weiteren Kohleprojekte zu finanzieren – oder nur als seltene Ausnahmen. Auch einzelne Länder ziehen sich zurück. Seit 2013 fördert die Export-Import Bank der USA – mit einigen Ausnahmen – keine Kohlekraftwerke mehr. In Europa haben dies Frankreich, die Niederlande, Großbritannien und einige skandinavische Länder angekündigt. Deutschland tut sich schwer damit. Zwar beendet auch die KfW Entwicklungsbank ihre jahrelange Praxis, neue Kohlekraftwerke mit Exporthilfen zu fördern. Doch ihre Tochtergesellschaft IPEX wird weiterhin Kohleprojekte finanzieren, wenn, so die Auflage, im Empfängerland eine Klimaschutzpolitik existiert.

Kommerzielle Banken, in deren Tagesgeschäft Regierungen kaum hineinreden können, spielen für Kohleprojekte weltweit eine noch wichtigere Rolle als die öffentlichen Geldgeber. Von 2005 bis 2014 summiert sich die Finanzierung von Kohleprojekten auf 500 Milliarden US-Dollar. Allein die 20 größten Banken haben 73 Prozent der Kredite vergeben.

In der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit (OECD) verhandeln derweil die Mitgliedsländer über die Verschärfung der Umwelt- und Sozialstandards, die die nationalen Agenturen bei der Vergabe von Exportkrediten anwenden. Größter Streitpunkt ist die Finanzierung von Kohleprojekten. Die USA und weitere Länder fordern, dass diese künftig ausgeschlossen wird. Darüber hinaus geht es in den Verhandlungen um mehr Transparenz. Bislang informieren die Exportkreditagenturen nur unregelmäßig über ihre Geschäfte. Geht es nach ihren Kritikerinnen und Kritikern, sollen die Agenturen künftig zeitnah veröffentlichen, wer wen mit welchen Mitteln fördert.