Neue Studie zur Stilllegung von Kohlekraftwerken

Tagebau Garzweiler
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Der Braunkohle-Tagebau in Garzweiler

Ein Beitrag der Stromwirtschaft zum Klimaschutz: Wie würde sich die Stilllegung von alten, CO2-intensiven Kohlekraftwerken auf den Strommarkt auswirken? Ein Statement von Ralf Fücks zur gemeinsamen Pressekonferenz des DIW Berlin, der European Climate Foundation und der Heinrich-Böll-Stiftung.

Wir möchten Ihnen heute den ersten Teil einer zweistufigen Studie vorstellen, die untersucht, wie wir in der Elektrizitätswirtschaft drei Ziele unter einen Hut bringen können:

  • Klimaschutz (Schlüsselrolle der Kohleverstromung: 85 Prozent der CO2-Emissionen im Stromsektor stammen aus Kohlekraftwerken, der Löwenanteil entfällt auf die Braunkohle)
  • Versorgungssicherheit
  • bezahlbare Strompreise für private Haushalte und Industrie

In der heute präsentierten Untersuchung geht es um den Zeitraum bis 2020.
Eine folgende, umfassendere Studie wird sich der nächsten Etappe nach Abschaltung des letzten Kernkraftwerks im Jahr 2022 widmen. Sie wird dann auch stärker auf die Wechselwirkungen mit dem europäischen Strommarkt eingehen. Auftraggeber der Studie sind ECF und Heinrich-Böll-Stiftung.

Ohne die Ergebnisse vorwegnehmen zu wollen, die Ihnen gleich von Prof. Claudia Kemfert (DIW) präsentiert werden, möchte ich ein paar Worte zu den Beweggründen dieses Projekts sagen:

Die Bundesrepublik ist dabei, das selbst gesetzte Ziel, die CO2-Emissionen bis zum Ende des Jahrzehnts um 40 Prozent zu reduzieren, deutlich zu verfehlen.

Auf der Basis der jetzigen Trends würde nur eine Minderung von rund 33 Prozent erreicht. Es bleibt eine Lücke von ca. 70 Mio t / Jahr, die bis 2020 geschlossen werden muss.

In den letzten Jahren sind die CO2-Emissionen in Deutschland aufgrund des Kohlebooms sogar wieder gestiegen. Veraltete, bereits abgeschriebene Kohlekraftwerke wurden hochgefahren, während moderne Gaskraftwerke vom Markt verdrängt werden. Ursachen hierfür sind die viel zu geringen CO2-Emissionspreise und die sinkenden Weltmarktpreise für Kohle. Dieser Trend muss unbedingt umgekehrt werden.

Der Stromsektor muss einen stärkeren Beitrag zum Erreichen der kurz- und mittelfristigen Klimaziele leisten, indem CO2-intensive, ineffiziente Kraftwerke aus dem Markt genommen und durch effiziente Gas-KW ersetzt werden. Die Versorgungssicherheit wird durch diesen Eingriff zu keinem Moment in Frage gestellt. Vielmehr führt diese überfällige Marktbereinigung dazu, dass sich effizientere Kraftwerke wieder über den Börsenstrompreis refinanzieren können (was gegenwärtig nicht der Fall ist).
 
Insofern geht es darum, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten und zugleich den aus den Fugen geratenen Strommarkt wieder funktionsfähig zu machen. Nebenbei verbessert sich damit auch die Ertragslage der Stromkonzerne wieder. Gleichzeitig müssen verstärkte Anstrengungen unternommen werden, die Energieeffizienz im Gebäudebereich und im Verkehr zu steigern. Die Klimaziele sind nur in einer konzertierten Aktion zu erreichen, die alle volkswirtschaftlichen Sektoren einbezieht.

Die Studie kommt gerade zur rechten Zeit.

In den kommenden Wochen muss die Bundesregierung die Karten auf den Tisch legen, ob und wie sie die Klimaziele bis 2020 noch erreichen will. Insbesondere Wirtschaftsminister Gabriel hat schon begonnen, am 40 Prozent-Ziel zu rütteln. Das ist ein fatales Signal im Vorfeld der Pariser Weltklimakonferenz 2015, bei der es darum gehen muss, verbindliche globale CO2-Reduktionsziele festzulegen.

Wir sind mit der Energiewende in Deutschland ja keineswegs isoliert, sondern befinden uns international in guter Gesellschaft. Insbesondere die skandinavischen Länder sind uns auf dem Weg zu einer CO2-neutralen Energiewirtschaft schon deutlich voraus. Jetzt haben sich auch die USA und China verständigt, ihren Beitrag zum Klimaschutz zu verstärken. Der Ausbau von Solar- und Windenergie in China vollzieht sich in raschem Tempo - allein in diesem Jahr wird es einen Zubau an Solarstrom-Kapazitäten in Höhe von 14 Gigawatt geben.

Es ist auch aus industriepolitischer Sicht das falsche Signal, die Energiewende abzubremsen, statt den ökologischen Strukturwandel voranzutreiben und die Bundesrepublik zum Vorreiter einer weltweiten grünen industriellen Revolution zu machen. Sigmar Gabriel führt eine Phantomdebatte, wenn er Atom- und Kohleausstieg gegeneinander ausspielt. Nicht einmal die radikalsten Ökologen wollen zeitgleich aus der Kernenergie und der Kohle aussteigen.

Aber zugleich ist klar, dass wir JETZT damit beginnen müssen, die CO2-Emissionen aus der Kohleverstromung zu reduzieren und verstärkt auf moderne, hoch effiziente Gaskraftwerke als Ergänzung zum Ausbau der erneuerbaren Energien zu setzen. Wer eine Bestandsgarantie für die Braunkohle abgibt, gibt die Energiewende auf und schreibt den Klimaschutz ab. Wir wollen mit der Studie einen Beitrag zur Versachlichung der Diskussion leisten und zeigen, dass Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit auf einen Nenner gebracht werden können.
 

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