Die Klimapolitik Marokkos

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Marokkos Klimaziele gelten als „starkes Signal eines ersten arabischen Landes“

Vor dem Klimagipfel in Paris ist Marokko seinen internationalen Verpflichtungen nachgekommen und hat als einer der ersten UNFCCC Vertragsstaaten konkrete Ziele eingereicht.

Nach der Ratifizierung der Klimarahmenkonvention im Dezember 1995 hat die marokkanische Regierung zur Einhaltung ihrer Verpflichtungen einen Strukturierungsprozess der Institutionen und Organisationen eingeleitet. Es wurden sektorenspezifische Strategien, Pläne und Programme entworfen und umgesetzt, die Aspekte des Klimawandels berücksichtigen – so zum Beispiel die Energiestrategie, die Wasserstrategie oder der Grüne Plan für die Landwirtschaft.

Tatsächlich haben die seit der Ratifizierung der UNFCCC durchgeführten Maßnahmen eine Grundlage für den sukzessiven Aufbau der notwendigen Komponenten einer nationalen Klimapolitik geschaffen. Diese Politik fußt auf zwei Prinzipien: der Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Treibhausgasemissionen insbesondere durch Nutzung sauberer Technologien sowie dem bestmöglichen Schutz des Staatsgebiets durch eine effektive Reaktion auf klimatische Vulnerabilitäten und die Entwicklung entsprechender Anpassungsstrategien zur diesbezüglichen Sensibilisierung der Gesamtbevölkerung und wirtschaftlichen Akteure.

Damit die Anstrengungen zur Verinnerlichung der Dimension „Klimawandel“ in den staatlichen Maßnahmen verankert und angemessen ausgerichtet werden können, muss Marokko seinen Interessen und Positionen als Akteur auf der Bühne der internationalen Verhandlungen Geltung verschaffen. Dies erfordert ein gutes Verständnis hinsichtlich des Verhandlungsprozesses selbst sowie der entsprechenden Herausforderungen, beteiligten Akteure und Teilnahmeregeln. Tatsächlich ist Marokko ebenfalls an den Verhandlungen der Afrikagruppe beteiligt, die wiederum Teil der G77+China ist. Dabei ist Marokko dank seiner diplomatischen Bemühungen und der Unterstützung seiner Partner auch jenseits dieses Rahmens in der Lage, seinen Positionen und Interessen Geltung zu verschaffen.

Fehlender internationaler Ehrgeiz

Eine der Herausforderungen der UN Klimakonferenz in Paris 2015 umfasst die Einhaltung der national geplanten Beiträge (Intended Nationally Determined Contribution, INDC) zur Verringerung der Treibhausgasemissionen, um die Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu begrenzen. Die INDCs sind das zentrale Element des Klimaabkommens, das im Dezember 2015 in Paris unterzeichnet werden soll.

Bislang sind von 154 UNFCCC Vertragsstaaten, deren Beiträge etwa 87 Prozent der weltweiten Emissionen ausmachen, 127 INDCs eingereicht worden. Sind diese INDCs jedoch tatsächlich ehrgeizig genug, um der internationalen Staatengemeinschaft eine Begrenzung der Erderwärmung auf maximal 2 Grad Celsius zu ermöglichen? Diese Frage muss verneint werden. Die größte Herausforderung für die internationalen Verhandlungen liegt also in der Gewährleistung ausreichend ehrgeiziger INDCs.

Marokko ist seinen internationalen Verpflichtungen nachgekommen und hat als einer der ersten UNFCCC Vertragsstaaten seinen INDC eingereicht (als elften Beitrag weltweit, zweiten Beitrag aus Afrika und ersten aus der Reihe der arabischsprachigen Länder). Internationale Beobachter bewerten Marokkos Beitrag in ihren Analysen unter anderem als „ausreichend“ ehrgeizig (The Climate Action Tracker), als ein „starkes Signal eines ersten arabischen Landes“ (Climate Action Network) oder gar als „maßgebendes klimapolitisches Engagement aus der arabischen Welt“ (Germanwatch).

Zwei zentrale Achsen

Der Einreichung des Beitrags von Marokko am 5. Juni 2015 gingen Beratungen der verschiedenen zuständigen Ministerien unter Leitung des Umweltministeriums als nationale Koordinierungsstelle sowie eine nationale Klimakonferenz unter Beteiligung des Regierungschefs am 2. Juni 2015 voraus. Marokkos Beitrag beinhaltet zwei zentrale Achsen: die Achse der Reduzierung der Treibhausgasemissionen und die Achse der Anpassungsstrategien. Mit ersterer verpflichtet sich Marokko, seine Treibhausgasemissionen bis 2030 mindestens um 13 Prozent, bestenfalls um 32 Prozent reduzieren. Dabei wird das Ziel von 13 Prozent von der Mobilisierung internationaler Investitionen und Klimafonds abhängen, deren Bedarf auf 35 Milliarden US Dollar geschätzt wurde. Marokkos Anstrengungen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen werden sich in der Durchführung entsprechender Maßnahmen im Energiesektor niederschlagen (50 Prozent des Ziels von 13 Prozent), aber auch in weiteren Sektoren wie der Landwirtschaft (26 Prozent), der Müllwirtschaft (18 Prozent), der Wald  und Bodenwirtschaft (5 Prozent) sowie bei den industriellen Verfahren (1 Prozent).

Hinsichtlich der Anpassungsstrategien hat Marokko bis 2020 und 2030 konkrete Ziele angekündigt, insbesondere im Wasser  sowie Land  und Waldwirtschaftssektor. Allerdings muss hier ebenfalls ein nationaler Anpassungsplan entworfen werden, um die notwendigen Maßnahmen besser herauszuarbeiten, die unterschiedlichen Anstrengungen angemessen auszurichten und vor allem ihre Umsetzung effektiv zu koordinieren.

Allerdings muss auch daran erinnert werden, dass die Pariser Konferenz 2015 nur ein weiterer Schritt unter vielen sein wird und dieser Prozess auch in den nächsten Jahren fortgeführt werden muss, da eine Aushandlung der Modalitäten zur Umsetzung dieses internationalen Abkommens noch aussteht, insbesondere hinsichtlich der Kriterien für die Finanzierung sowie für Monitoring, Reporting und Verification (MRV), der Umsetzung des Mechanismus für klimabedingte Verluste und Schäden oder der Anpassung. Dementsprechend wird auch die von Marokko ausgerichtete UN Klimakonferenz Ende 2016 (COP 22) für die kontinuierliche Weiterführung dieses Prozesses von entscheidender Bedeutung sein.

Aus dem Französischen von Jo Schmitz und Martina Körner für lingua•trans•fair. Dieser Beitrag ist Teil des Dossiers zum Klimagipfel COP 21 in Paris.