Bergbauindustrie: Die große Wasserplünderung

Atlas

Globale Konzerne zerstören in Ländern wie Chile die Gletschergebiete und bedrängen indigene Gemeinschaften. Und auch in Europa drohen vermehrt Nutzungskonflikte durch Bergbau, der viel Wasser verbraucht und verschmutzt. Unter anderem eine Kreislaufwirtschaft kann den Rohstoffrausch abbremsen.

Umweltauswirkungen von Metallrohstoffen
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Bis 2060 verdoppelt sich die Rohstoffnachfrage. Das begünstigt Eutrophierung: Zu hohe Nährstoffeinträge entziehen Meerestieren die Lebensgrundlage

Bedeutung metallischer Rohstoffe

Metallische Rohstoffe wie Kupfer, Aluminium, Lithium, Seltene Erden und Gold sind in unserem Alltag allgegenwärtig. Sie finden sich bei Infrastrukturprojekten, im Energie- und Verkehrssektor oder beim Wohnungsbau. Und nicht zuletzt: in unserer Hosentasche. Bis zu 66 Metalle stecken laut der Deutschen Rohstoffagentur in einem durchschnittlichen Smartphone, für deren Funktionieren vor allem Edelmetalle und Sondermetalle unersetzlich sind. 

Wasseratlas 2025

Der Wasseratlas 2025

Wasser ist lebenswichtig, doch Übernutzung, Verschmutzung und Klimawandel bedrohen die Vorräte. Besonders Industrie und Landwirtschaft bieten großes Potenzial für wasserschonendere Systeme, erfordern aber Veränderungsbereitschaft. Der Wasseratlas 2025 von Heinrich-Böll-Stiftung und BUND informiert über den Schutz von Wasserökosystemen und das Menschenrecht auf Wasser.


Wasserverbrauch bei Metallproduktion

Die Nachfrage nach Metallen nimmt seit Jahren massiv zu – Tendenz steigend. Prognosen zufolge könnte sich zum Beispiel der weltweite Bedarf an Seltenen Erden bis 2040 mehr als verdoppeln und der an Lithium sogar verdreizehnfachen. Das wirkt sich auf die Verfügbarkeit und Qualität von Wasser aus. Allein die Herstellung eines Kilogramms Kupfer, das etwa für Stromleitungen oder Kesselbau verwendet wird, verbraucht rund 97 Liter Wasser. Auf eine Tonne Kupfer hochgerechnet ergibt das eine Menge, mit der ein Mensch in Deutschland seinen Trinkwasserbedarf für 177 Jahre decken könnte. Zwischen 400 und 2.000 Liter Wasser erfordert die Gewinnung von einem Kilogramm Lithium, das etwa für Batterien von Elektroautos gebraucht wird. In Deutschland kommen so viele metallische Rohstoffe zum Einsatz wie in wenigen anderen Staaten auf der Erde. Einen noch höheren Verbrauch haben zum Beispiel China oder die USA. Für die hohe Nachfrage sind insbesondere der Bausektor und die Automobilindustrie verantwortlich. Vor allem Kupfer und Aluminium werden hierfür in großen Mengen gebraucht. Mehr als 90 Prozent der in Deutschland verwendeten Rohstoffe stammen aus dem Ausland, zum Beispiel aus Chile. Im Jahr 2022 kam von dort fast ein Drittel des Lithiums und fast ein Viertel des Kupfers auf den Weltmarkt. 

Import von Metallen und Erzen aus Lateinamerika im Jahr 2021, in 1.000 US-Dollar, und ausgewählte Schadensfälle durch Metallbergbau
Bergbau strapaziert die knappen Wasserressourcen. Das führt zwischen Konzernen, Polizei und lokaler Bevölkerung mitunter zu gewalttätigen Konflikten

Das hat Folgen

Seit Jahren frisst sich in Chile der Bergbau durch Gletschergebiete. Die Gletscher dienen eigentlich als Süßwasserreserven, die durch Akkumulations- und Schmelzprozesse langfristig ein Grundmaß an Wassersicherheit ermöglichen. 70 Prozent der chilenischen Bevölkerung werden aktuell mit Wasser aus den gletscherreichen Gebirgsregionen versorgt. Die Klimakrise setzt den Gletschern bereits schwer zu – der Bergbau schädigt sie zusätzlich. Er trägt sie ab, sprengt sie, lagert das nicht brauchbare Gesteinsmaterial, auf ihnen oder bedeckt sie mit Staub, was sie noch schneller zum Abschmelzen bringt. Da der Bergbau auch das lokale Wasser verschmutzt, sind in der Andenregion einige Dörfer bereits von Wasserlieferungen abhängig. Im chilenischen Salar de Atacama, einer der wichtigsten Bergbauregionen des Landes, hat der Abbau von Lithium und Kupfer mehr als 65 Prozent der Wasservorräte aufgezehrt. Das trifft besonders die lokale Bevölkerung schwer – da Wasser in Chile privatisiert ist und das Gesetz der Industrie bei der Wassernutzung Vorrang einräumt. Für viele Länder gilt: Internationale Konzerne, deren Profite kaum bei den Menschen vor Ort ankommen, dominieren den Rohstoffabbau. Gerade in Bergbauregionen ist die Armut oft groß. Aktuell dokumentiert der Global Environmental Justice Atlas weltweit fast 900 Konflikte rund um den Bergbau. Immer wieder kommt es zu Vertreibungen; Umweltaktivist*innen und Indigene werden getötet. In einigen Ländern wie zum Beispiel der Demokratischen Republik Kongo werden Menschen in Kobalt- und Coltanminen zur Arbeit gezwungen. 

Deutschland importiert Rohstoffe wie Kupfer und Nickel aus Lateinamerika. Das hat Folgen: Biodiversitätsverlust und Wasserknappheit vor Ort
Deutschland importiert Rohstoffe wie Kupfer und Nickel aus Lateinamerika. Das hat Folgen: Biodiversitätsverlust und Wasserknappheit vor Ort

Umweltschutz beim Bergbau

Mit dem Critical Raw Materials Act (CRMA) aus dem Jahr 2024 hat sich die EU vorgenommen, den heimischen Bergbau stärker voranzutreiben. Das rückt auch hierzulande die Probleme stärker in den Fokus, die mit Bergbau einhergehen. Klar ist: Um die Schäden durch den Bergbau zu reduzieren, hilft nur politische Regulierung. So sollte Bergbau in Quellgebieten oder sehr trockenen Regionen mit sensiblen Ökosystemen und Gletschern generell untersagt werden. Auch muss die Bevölkerung bei der Versorgung mit Wasser an erster Stelle stehen. Langfristig lässt sich die Umwelt allerdings nur dann vor Bergbau schützen, wenn die Politik dafür sorgt, die Nachfrage nach Rohstoffen soweit wie möglich zu senken. Orientierung bietet die Idee einer Kreislaufwirtschaft. Die Ökodesignverordnung der EU zielt darauf ab, Auswirkungen von Produkten auf die Umwelt durch nachhaltiges Design zu minimieren. Da Metallohstoffe oft in Solaranlagen, Windrädern und Elektroautos verbaut werden, sollte die EU die Verordnung auf erneuerbare Energien ausweiten. Auch ein Umdenken im Verkehrs- und Bausektor ist nötig, um Rohstoffhunger zu senken und Wasserressourcen zu schonen: weniger Autos, mehr Radwege, mehr ausgebauter öffentlicher Nahverkehr.