Die COP30 in Belém sollte die „COP der Wahrheit“ werden und die internationale Gemeinschaft dort - im Geiste von Mutirão – gemeinsam daran arbeiten, der Klimakrise zu begegnen. Es wurde eher eine harte Bewährungsprobe.
Die Erwartungen an die COP30 waren hoch – nachdem die letzten drei Klimaverhandlungen in Ländern mit autoritären Regimen und mit starken Einschränkungen für die Zivilgesellschaft stattfanden. Durch die Wahl des Veranstaltungsortes Belém an der Mündung des Amazonas, einem der wichtigsten Tropenwälder der Welt, und vor dem Hintergrund einer starken und lebendigen brasilianischen Zivilgesellschaft und sozialer Bewegungen bestand die Hoffnung, dass die Dringlichkeit der Klimakrise und der Fokus auf Menschenrechte wieder zu zentralen Triebkräften der Klimaverhandlungen werden würden. Und tatsächlich brachten die schiere Zahl der Teilnehmer*innen und die Hunderte von Veranstaltungen, die von der Zivilgesellschaft außerhalb des Konferenzortes organisiert wurden, neue Energie in einer Zeit, in der der Multilateralismus im Allgemeinen und das internationale Klimaregime im Besonderen vor beispiellosen Herausforderungen stehen.
Letztendlich führten aber der Veranstaltungsort und die Energie der Menschen außerhalb der Verhandlungen nicht zu den erwarteten ehrgeizigen Ergebnissen, auch wenn in diesen Zeiten die Einigung auf Ergebnisdokumente an sich schon als eine Art Erfolg gefeiert werden könnte. Darin finden sich auch einige wichtige und sinnvolle Entscheidungen, wie beispielsweise im Just Transition Work Programme.
So lieferte die COP30 nach zwei Wochen voller Verhandlungen, tropischer Hitze, sintflutartigen Regenfällen und sogar einem Brand im Konferenzzentrum inmitten wachsender Spaltungen am Ende vor allem die ernüchternde Erkenntnis, dass es im multilateralen Klimaregime – mit oder ohne Beteiligung der USA – keinen Konsens gibt, um die Kernprobleme anzugehen, die die Klimaziele behindern: den Ausstieg aus den fossilen Energien und die Bereitstellung von Klimafinanzierung von den Industrieländern an den Globalen Süden als zentrales Mittel zur Umsetzung wichtiger und dringender Klimaschutzmaßnahmen. Und damit ist das Vermächtnis von Belém wahrscheinlich nicht der dringend benötigte Schub bei der Umsetzung der Klimaziele, sondern das wachsende Bewusstsein für den Reformbedarf der UNFCCC.
Dazu gehört auch die Frage, wie Entscheidungen getroffen werden können, wenn kein Konsens aller 196 Vertragsstaaten erzielt werden kann, um die Relevanz des multilateralen Klimaregimes und damit auch des Pariser Abkommens zehn Jahre nach seiner Verabschiedung und das 1,5-Grad-Limit aufrechtzuerhalten – trotz der erschütternden Erkenntnis von Wissenschaftlern und Verhandlungsführern, dass zumindest ein vorübergehendes Überschreiten dieses Ziels bereits unvermeidbar scheint.
Mutirão: Der Geist des gemeinsamen Handelns
Eines der wichtigsten Ergebnisse der COP30 war die „Mutirão-Entscheidung”, die zwar technisch gesehen keine sogenannte „Cover decision“ war, aber die wichtigsten und umstrittensten Themen, die nicht auf der offiziellen Tagesordnung standen, zusammenzuführt. Dazu gehörten insbesondere die Debatte über die national festgelegten Beiträge (NDCs), die Bottom-up-Klimaschutzverpflichtungen der Länder, die kurz vor Belém in ihrer dritten Fassung vorgelegt wurden, und ihre Ambitionen (oder vielmehr deren Fehlen, wie aus dem jüngsten NDC-Synthesebericht hervorgeht); die Bereitstellung von Klimafinanzierung durch die Industrieländer gemäß Artikel 9.1 des Pariser Abkommens; sowie einseitige Handelsmaßnahmen und Transparenzbemühungen, die die Präsidentschaft in separaten Konsultationen bis weit in die zweite Woche hinein behandelt hatte.
Das Wort „Mutirão” stammt aus der indigenen Tupi-Guarani-Sprache und meint den Gemeinschaftsgeist, auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten.
Das Wort „Mutirão” stammt aus der indigenen Tupi-Guarani-Sprache und meint den Gemeinschaftsgeist, auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten. Die Klimaverhandlungen sollten bei der COP30 im Geiste von Mutirão geführt werden, aber die Verhandlungen zeigten die Schwächen dieser Strategie und Vorgehensweise, die unter anderem durch die brasilianische Shuttle-Diplomatie, ihre Hinterzimmergespräche und die mangelnde Transparenz verursacht wurden. Eine Reihe von Ländern und Verhandlungsgruppen äußerten ihre Unzufriedenheit mit der Art und Weise, wie die brasilianische Präsidentschaft die Endphase der Verhandlungen in der abschließenden Plenarsitzung geführt hatte.
Der Mutirão-Beschluss enthält die erste Erwähnung von Handelsmaßnahmen in einem COP-Rahmenbeschluss und spiegelt damit den starken Widerstand der Entwicklungsländer, allen voran Boliviens und gleichgesinnter Länder wie Indien, gegen die Regulierungsbemühungen der Industrieländer, etwa den CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) der EU, wider. Der Beschluss sieht einer Reihe von jährlichen Dialogforen über einen Zeitraum von drei Jahren vor und unterstreicht, dass Klimaschutzmaßnahmen den Handel nicht willkürlich oder diskriminierend einschränken dürfen.
Ausstieg aus den Fossilen: kein Einigung zum Fahrplan
Die Bemühungen Brasiliens, zwei Fahrpläne zum Ausstieg aus den Fossilen und zur Bekämpfung der Entwaldung in der Mutirão-Entscheidung zu verankern, die in der zweiten Verhandlungswoche die Unterstützung Dutzender Länder gefunden hatten, scheiterten. Letztendlich enthält der Entscheidungstext nicht einmal einen Verweis auf fossile Brennstoffe: Es konnte keine Einigung erzielt werden, da Ländergruppen wie die Like-Minded Developing Countries, die Arab Group, Russland und andere sich trotz des starken Drucks von Ländergruppen wie der EU, der Alliance of Small Island States (AOSIS) und den AILAC-Ländern (Lateinamerika und Karibik) und der Unterstützung Brasiliens gegen jegliche formellen Fahrplanprozess als Teil des Verhandlungsergebnisses aussprachen.
Insbesondere Kolumbien zeigte weiterhin Führungsstärke und kündigte an, im April nächsten Jahres eine wichtige erste globale Konferenz zum Ausstieg aus fossilen Brennstoffen auszurichten -- auch ohne ein formelles Ergebnis der COP30. Ebenso kündigte die brasilianische COP-Präsidentschaft an, einen solchen Fahrplan für den Ausstieg aus den Fossilen eigenständig, aber außerhalb der formellen Verhandlungen im nächsten Jahr voranzutreiben (ähnlich wie die diesjährige Baku-to-Belém-Roadmap zur Klimafinanzierung) und versprach, bei der COP31 einen Bericht vorzulegen.
Wälder: zweifelhafte Ansätze für den Waldschutz
Brasilien kündigte außerdem den Start einer ähnlichen Initiative für einen von der Präsidentschaft geleiteten Fahrplanprozess zum Schutz der Wälder außerhalb des Klimaverhandlungsprozesses an. Dies ergänzt die seit mehreren Jahren vorbereitete brasilianische Initiative für einen Tropical Forest Forever Fund (TFFF), der auf dem Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der COP30 offiziell ins Leben gerufen wurde. Der TFFF konnte während der Verhandlungen 6,6 Milliarden US-Dollar hauptsächlich aus Norwegen und Deutschland einwerben – und damit deutlich weniger als die 25 Milliarden US-Dollar an Anfangskapital, die anvisiert waren, um weitere 100 Milliarden US-Dollar auf den Kapitalmärkten aufzubringen.
Mehr als 150 zivilgesellschaftliche und indigene Gruppen sprachen sich dagegen aus.
Der Fonds wird von 53 Ländern offiziell unterstützt, darunter Länder mit Tropenwäldern, die für den Erhalt ihrer Tropenwälder entschädigt werden sollen, beispielsweise in Regionen des Amazonas oder des Kongobeckens. Der TFFF als Finanzierungsmechanismus wird außerhalb der UNFCCC angesiedelt sein und somit eher zu einer weiteren Fragmentierung der Klimafinanzierungsbemühungen beitragen als die Klimafinanzierung im Rahmen des Klimaregimes zu stärken. Es gibt außerdem heftige Kritik an der Priorisierung von Auszahlungen an Kapitalmarktinvestoren gegenüber den Zahlungen an die Tropenwaldländer.
Nach der Einführung der TFFF sprachen sich mehr als 150 zivilgesellschaftliche und indigene Gruppen dagegen aus und kritisierten, dass zu wenig der finanziellen Unterstützung für indigene Gemeinschaften als Hauptverantwortliche für den Schutz und die Integrität der Wälder vorgesehen ist (aktuell 20 Prozent), während die strukturellen Ursachen der Entwaldung nicht angegangen werden.
Klimafinanzierung: Globaler Norden wird seiner Verantwortung weiterhin nicht gerecht
Nach der COP29 im letzten Jahr, auf der das neue kollektive quantifizierte Ziel für die Klimafinanzierung (NCQG) verabschiedet wurde, das die Mobilisierung von 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr bis 2035 für den Globalen Süden verspricht, hatte die COP30 - obwohl sie formal keine Klimafinanzierungs-COP war - mit den Nachwirkungen von Baku zu kämpfen. Der Globale Süden war von dem Ergebnis des NCQG als vagem Mobilisierungsziel mit unklarer öffentlicher Unterstützung und fehlenden Zielen für die Anpassungsfinanzierung oder die Finanzierung von Verlusten und Schäden zutiefst enttäuscht und versuchte in Belém, in allen Verhandlungssträngen (Minderung, Anpassung, Umsetzung der Ergebnisse der ersten globalen Bestandsaufnahme und Vorbereitung der zweiten Bestandsaufnahme) klare Entscheidungen zu den Klimafinanzierungsverpflichtungen der Industrieländer im Rahmen der UNFCCC und des Pariser Abkommens zu bekommen und konkrete zukünftige Verpflichtungen festzulegen.
Die Regierungen des Globalen Südens hatten insbesondere auf einen neuen Verhandlungsstrang gedrängt, der sich auf die öffentliche Bereitstellung von Finanzmitteln durch die Industrieländer für den Globalen Süden gemäß Artikel 9.1 des Pariser Abkommens konzentriert und Teil der Konsultationen der COP30-Präsidentschaft war. Diese Versuche waren weitgehend erfolglos. Enttäuschenderweise verspricht der Mutirão-Beschluss nur ein zweijähriges Arbeitsprogramm zu Artikel 9 insgesamt, einschließlich Artikel 9.1 – eine sehr schwache Verpflichtung und ein Erfolg für die EU, die einen solchen Ansatz bereits vor sechs Monaten bei den Zwischenverhandlungen in Bonn vorgeschlagen hatte.
Die Industrieländer strichen Verweise auf ihre eigene Rolle.
Stattdessen bemühten sich die Industrieländer in allen relevanten Verhandlungsräumen – einschließlich denen, die sich mit multilateralen Klimafonds wie der Global Environment Facility (GEF), dem Green Climate Fund (GCF) oder dem Fund for responding to Loss and Damage (FRLD) befassen und die für die Umsetzung des Pariser Abkommens von entscheidender Bedeutung sind –, ihre bestehenden Verpflichtungen zur finanziellen Unterstützung des Globalen Südens weiter zu verwässern und damit die Auswirkungen der NCQG-Entscheidung fortzusetzen. Unter der Führung der EU (die sich nun bei den Verhandlungen nicht mehr hinter den US-amerikanischen Verhandlungsführer*innen verstecken konnten, um sich weiteren Klimafinanzierungsverpflichtungen zu widersetzen) strichen die Industrieländer Verweise auf ihre eigene Rolle und drängten stattdessen auf Formulierungen, in denen „alle Länder, die dazu in der Lage sind“, aufgefordert werden, für Klimaschutzmaßnahmen zu zahlen, und in der die Mobilisierung des Privatsektors gefordert wird, um Finanzierungslücken zu schließen.
Die Konzentration auf die Mobilisierung von Finanzmitteln aus dem Privatsektor sowie von inländischen Ressourcen ist auch der Kern der Roadmap von Baku nach Belém für 1,3 Billionen US-Dollar, die die Präsidentschaften der COP29 und COP30 den Regierungen in Belém als nicht verhandeltes Ergebnis und als Folgemaßnahme zum NCQG-Beschluss von Baku vorgelegt haben, ohne jedoch einen Umsetzungsplan mit Kernzielen, vorgeschriebenen Maßnahmen oder klaren Verantwortlichkeiten zu haben.
Der Globale Süden zeigte seine Unzufriedenheit mit den Bemühungen der Präsidentschaften, indem sie diese lediglich „zur Kenntnis nahmen”, anstatt sie im Mutirão-Beschluss zu billigen. In Belém wurden außerdem Entscheidungen zur Klimafinanzierung getroffen, darunter die Fortsetzung des Dialogs über die Angleichung aller Finanzströme an das Pariser Abkommen (gemäß Artikel 2.1.c.), wobei jedoch angemerkt wurde, dass alle derartigen Bemühungen auf nationaler Ebene erfolgen müssen und weder die nationale Souveränität untergraben noch strafend sein dürfen, sowie die Verbesserung der Transparenz und des Detailgrads in der Berichterstattung der Industrieländer über die Klimafinanzierungshilfen, die sie in den nächsten zwei Jahren leisten wollen.
Anpassung: Finanzierung und Indikatoren für das Globale Anpassungsziel
Vor Belém gab es Hoffnungen, dass die COP30 bedeutende Ergebnisse zum Thema Klimaanpassung, einschließlich der Anpassungsfinanzierung, erzielen könnte. Auch hier blieben die Erwartungen hinter den Erwartungen zurück. Zwar enthält der Mutirão-Beschluss die Zusage, die Anpassungsfinanzierung bis 2035 zu verdreifachen, was den im vergangenen Jahr in Baku verabschiedeten Verpflichtungen im Rahmen des NCQG entspricht, doch liegt dies weit unter der vom Globalen Süden und der Zivilgesellschaft in Belém geforderten Zusage von 120 Milliarden US-Dollar für die Anpassungsfinanzierung bis 2030.
Die Forderung nach einer „Verdreifachung der Verdopplung” hätte eine Verdreifachung des alten Anpassungsfinanzierungsziels der COP26 in Glasgow über einen Zeitraum von fünf Jahren bedeutet, wonach die Anpassungsfinanzierung bis 2025 gegenüber dem Niveau von 2019, also rund 20 Milliarden US-Dollar, auf 40 Milliarden US-Dollar verdoppelt werden müsste. Das Ziel von Glasgow (das wahrscheinlich nicht erreicht werden wird, da die Klimafinanzierung 2024 und 2025 deutlich zurückgegangen ist) war ein Bereitstellungsziel mit einer klaren Verpflichtung für die Industrieländer, öffentliche Finanzmittel bereitzustellen, während das Dreifachziel von Belém nun einen Zeithorizont von zehn Jahren hat, an keine klaren Ausgangswerte geknüpft ist, im Kontext der Finanzmobilisierung steht und nicht festlegt, wer für die Bereitstellung der Mittel verantwortlich ist. Das neue Finanzierungsziel für Anpassungsmaßnahmen ist auch nicht eng mit dem globalen Anpassungsziel (GGA) verknüpft.
In Belém konzentrierten sich die Verhandlungen über die Anpassung auf die Einigung auf eine Reihe von Indikatoren, anhand derer die Länder ihre Fortschritte bei der Erreichung des GGA messen können. Dabei wurde die ursprüngliche Liste mit Tausenden von Indikatoren im Laufe der letzten zwei Jahre auf nur 59 Indikatoren reduziert, die in Belém verabschiedet wurden. Allerdings wird im GGA-Ergebnisdokument ausdrücklich betont, dass die Indikatoren freiwilliger und unverbindlicher Natur sind und im Rahmen eines zweijährigen Arbeitsprogramms umgesetzt werden sollen. Die GGA-Entscheidung wurde von einer Reihe von Ländern, darunter die EU, die Schweiz, aber auch Länder wie Sierra Leone, Panama und andere AILAC-Länder sowie kleine Inselstaaten, im Plenum nach ihrer Verabschiedung heftig kritisiert. Sie bezeichneten die Entscheidung und das Ziel als „fast undurchführbar“, nachdem technische Indikatoren, die in technischen Expertengruppen und Workshops mühsam ausgearbeitet worden waren, in letzter Minute und auf undurchsichtige Weise durch eine Reihe politisch motivierter Indikatoren ersetzt worden waren: darunter sehr schwache Indikatoren zu den Umsetzungsmitteln, einschließlich der Finanzierung.
Artikel 6 Kohlenstoffmärkte: Scheinlösungen rücken ins Zentrum der NDCs
Obwohl es keine formellen Verhandlungen zu Artikel 6 und den internationalen Kohlenstoffmärkten gab, nahmen solche falschen Lösungen trotzdem viel Raum ein. Eine Woche vor dem Beginn der COP30 wurde die Open Coalition for Compliance Carbon Markets von der brasilianischen Regierung ins Leben gerufen und von 17 weiteren Regierungen unterstützt. Die Initiative ist freiwilliger Natur und versucht die – laut Befürworter*innen der Kohlenstoffmärkte – fragmentierte Landschaft nationaler Compliance-Kohlenstoffhandelssysteme zu harmonisieren. Die tiefgreifenden strukturellen Probleme der Kohlenstoffmärkte werden sich durch eine engere Integration dieser Systeme durch Artikel 6 jedoch nicht beheben lassen.
Was die formellen Verhandlungen angeht, war von den „Nichtverhandlungen” zu 6.2 und 6.4 eigentlich nicht viel zu erwarten. Dennoch zogen sich diese Nichtverhandlungen in langen Aushandlungen und undurchsichtigen Entscheidungsprozessen hin. Ein konkretes Ergebnis ist die Entscheidung, den Clean Development Mechanism (CDM), den Vorgänger von Artikel 6, der den CO2-Handel im Rahmen des Kyoto-Protokolls ermöglichte, endgültig zu beenden. Gleichzeitig wurde die Frist für CDM-Projekte, die einen Übergang in den neuen Mechanismus unter Artikel 6.4 beantragen, um weitere sechs Monate bis Juni 2026 verlängert.
Darin zeigt sich der Vormarsch von Scheinlösungen und der anhaltende Unwille, die Ursachen der Klimakrise anzugehen
Dadurch könnten bis zu weitere 760 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent-Gutschriften in den 6.4-Mechanismus aufgenommen werden. Außerdem bestehen weiterhin kritische Schwachstellen hinsichtlich der Nicht-Permanenz und der Umkehrung von Kohlenstoffentfernungen (reversals) unter den Artikel-6-Mechanismen. Eine umfassende Überprüfung der Artikel-6-Regeln ist für 2028 geplant, und bis dahin ist mit weiteren Versuchen zu rechnen, die bestehenden, ohnehin schon schwachen und unzureichenden Regeln für die Kohlenstoffmärkte unter dem Pariser Abkommens zu verwässern und neu aufzurollen.
Der internationale Kohlenstoffhandel unter Artikel 6 wird zu einem zunehmend wichtigen Bestandteil vieler NDCs, insbesondere der Länder des Globalen Nordens (bspw der EU) – darin zeigt sich der Vormarsch von Scheinlösungen und der anhaltende Unwille, die Ursachen der Klimakrise anzugehen. Die internationalen Kohlenstoffmärkte werden außerdem zunehmend als Klimafinanzierung angepriesen, unter anderem als zentraler Beitrag im Rahmen der Baku-to-Belém-Roadmap zu 1,3 Billionen US-Dollar als Teil der NCQG-Verpflichtungen.
Gerechter Übergang (Just Transition): die Erfolgsgeschichte der COP30
Eine starke Entscheidung in den beiden Verhandlungen im Rahmen eines Arbeitsprogramms für einen gerechten Übergang (JTWP) ist zweifellos die Erfolgsgeschichte von Belém. Der finale Ergebnistext enthält einen Verweis auf einen Mechanismus für einen gerechten Übergang, eine Koordinierungs-, Kapazitäts- und gemeinsame Lern- und Politikentwicklungsinitiative, für die sich die Zivilgesellschaft in den letzten zwei Jahren eingesetzt hat. Die COP-Entscheidung zum Arbeitsprogramm für einen gerechten Übergang enthält wunderbar ambitionierte und umfassende Formulierungen zu Rechten und Inklusion: Menschenrechte, Arbeitsrechte, Rechte indigener Völker und Afro-Nachfahren sowie starke Verweise auf Geschlechtergleichstellung, Stärkung der Rolle der Frau, Bildung, Jugendförderung und mehr. Dies ist ein seltener Erfolg für die Menschenrechte in einem Prozess, in dem in den letzten zehn Jahren keine Fortschritte bei der Umsetzung der Menschenrechtsformulierungen erzielt wurden, die Teil der Präambel des Pariser Abkommens sind. Tatsächlich kam es in anderen Verhandlungsräumen in Belém zu anhaltenden Angriffen auf die Menschenrechtsformulierungen, die untergraben und beseitigt werden sollten – Länder wie Russland, Argentinien und Paraguay fügten in mehreren ausgehandelten Texten Fußnoten hinzu, in denen sie ihr rückständiges Verständnis von Geschlecht als binär offenkundig machten. Ebenso wurden alle Bemühungen, die jüngste beratende Stellungnahme des Internationalen Gerichtshofs zu den Klimaverpflichtungen aller Länder zu verankern, durch den Widerstand einiger Länder, darunter insbesondere Saudi-Arabien, vereitelt.
Die Entscheidung von Belém eröffnet auch die Diskussion über die Unterstützung gerechter Übergangswege und zeigt deutlich die Stärke und kollektive Macht von Gewerkschaften, Gemeinschaften, sozialen Bewegungen, der Zivilgesellschaft im weiteren Sinne (dies war in diesem Jahr das zentrale Anliegen von CAN International), Organisationen indigener Völker und feministischen Gruppen (die Idee für einen Mechanismus für einen gerechten Übergang stammt von jungen Feministinnen aus der Women and Gender Constituency), die ihren Druck für ein Ergebnis bei dieser COP verstärkt hatten.
Belém Gender Action Plan: Licht und Schatten
Die COP30 verabschiedete den Belém Gender Action Plan, das Ergebnis mehrjähriger koordinierter und beharrlicher Lobbyarbeit unter der Führung der Women and Gender Constituency zusammen mit wichtigen Verbündeten aus Ländern und Institutionen. Er spiegelt Fortschritte, aber auch Rückschritte wider, die die geschlechtergerechte Klimapolitik im Rahmen des Lima-Arbeitsprogramms der UNFCCC zu Geschlechterfragen prägen werden, das zuletzt auf der COP29 in Baku um zehn Jahre verlängert wurde. Positiv ist, dass er mehrere strukturell ausgegrenzte Gruppen ausdrücklich anerkennt, die Entwicklung von Leitlinien zum Schutz und zur Sicherung von Umweltaktivist*innen vorschreibt und Raum schafft, um langfristige und neu auftretende Themen wie Pflegearbeit, Gesundheit und Gewalt gegen Frauen durch nationale Beiträge anzugehen. Negativ ist, dass eine breite Gegenreaktion gegen Geschlechterrechte in den Verhandlungen nur eine verwässerte Referenz auf „multidimensionale Faktoren” in allen Aktivitäten zuließ, anstatt eine explizite Sprache zur Intersektionalität zu verwenden, und dass geschlechtsdiverse Menschen nicht anerkannt werden. Die Kernformulierungen zu den Menschenrechten in der Präambel des Lima-Arbeitsprogramms zu Gender wurden aus dem Gender-Aktionsplan gestrichen. Dem Plan fehlen auch klare Indikatoren, was seine Rechenschaftspflicht untergräbt. Insgesamt schwach in Bezug auf die Finanzierung (Aktivitäten im Rahmen des Gender-Aktionsplans werden nicht aus dem Kernhaushalt der UNFCCC unterstützt, sondern sind auf zusätzliche Geberunterstützung angewiesen), stellt er zumindest eine Verbindung zur finanziellen Unterstützung durch Gender-Bemühungen innerhalb des Green Climate Fund (GCF) her.
Indigene Rechte: sich den Raum nehmen
Die COP30 war die COP mit der höchsten Beteiligung indigener Völker: Mehr als 3.500 indigene Menschen aus 385 Völkern in 42 Ländern nahmen daran teil. Diese Stärke zeigte sich in den Fluren der offiziellen Konferenzorte (Blaue und Grüne Zone), wo am zweiten Tag der COP30 Dutzende indigene Aktivist*innen mit Sicherheitskräften zusammenstießen, um Zugang zu den Verhandlungen zu erhalten. Die Forderungen drehten sich vor allem um die Demarkierung indigener Gebiete in Brasilien sowie den besseren Schutz indigener Gruppen vor Megaprojekten gemäß Regelungen unter der ILO 169, einem internationalen Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, das die Rechte indigener und Stammesvölker schützt und Regierungen verpflichtet, diese Gemeinschaften bei Entscheidungen zu konsultieren, ihre Kulturen zu respektieren und ihre Rechte auf Land, natürliche Ressourcen und selbst definierte Entwicklungsprioritäten anzuerkennen.
Tatsächlich hat die COP30 die Landrechte indigener Völker in der Mutirão-Entscheidung anerkannt und sie ausdrücklich in den vereinbarten Mechanismus für einen gerechten Übergang aufgenommen. Darüber hinaus hat sich eine von der COP30-Präsidentschaft einberufene hochrangige Veranstaltung verpflichtet, im Rahmen der Forest and Land Tenure Pledge von 2026 bis 2030 1,8 Milliarden US-Dollar für die Unterstützung der Landrechte indigener Völker und Afro-Nachfahren bereitzustellen. Derzeit erkennen jedoch nur wenige NDCs die territorialen Rechte indigener Völker an. Indigene Vertreter*innen äußerten während der Verhandlungen ihre Frustration über die nach wie vor schwache Einbeziehung und Beteiligung an den formellen Verhandlungen – so wurde etwa nur ein Teil der brasilianischen indigenen Vertreter*innen, die Interesse bekundet hatten, offiziell zur Teilnahme an der COP30 akkreditiert. Mehrere brasilianische indigene Gruppen versuchten stattdessen, sich vor dem Konferenzgelände Gehör zu verschaffen, wo sie – nach dem anfänglichen Zusammenstoß indigener Demonstrant*innen mit UN-Sicherheitskräften am zweiten Tag – während der gesamten restlichen Verhandlungen mit einer militarisierten Zone mit starker Präsenz bewaffneter Militärpolizei konfrontiert waren. Die starke und einschüchternde Sicherheitspräsenz der brasilianischen Streitkräfte erfolgte auf Anforderung des Exekutivdirektors der UNFCCC und wurde von der Zivilgesellschaft heftig kritisiert.
Zivilgesellschaft und Alternativgipfel
Nach drei aufeinanderfolgenden Klimaverhandlungen, die von autoritären Regierungen ausgerichtet wurden und bei denen große Versammlungen und Organisationen der Zivilgesellschaft verboten waren, war die COP30 in Belém auch wegen des dynamischen Engagements und der Beteiligung der Zivilgesellschaft bemerkenswert, insbesondere außerhalb des Konferenzortes. Der fünftägige Alternativgipfel mit mehr als 25.000 akkreditierten Teilnehmer*innen, der von der Heinrich-Böll-Stiftung unterstützt wurde, gab insbesondere den Menschen, die an den Frontlinien der Klimakrise leben, eine Stimme und konzentrierte sich durch Aktionen und Debatten darauf, die strukturellen Ursachen der Klimakrise sowie die falschen Lösungen zu ihrer Bewältigung anzuprangern, die beide im Kapitalismus und Extraktivismus verwurzelt sind. In der Abschlusserklärung an die COP30-Präsidentschaft wurden 15 Vorschläge vorgelegt. Dabei wurden vor allem die territorialen Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften sowie ihre Rolle bei der Entwicklung von Klimalösungen auf der Grundlage von traditionellem Wissen und Expertise betont. Darüber hinaus gab es eine Reihe von Aktionen in verschiedenen Bereichen, wie z. B. die Forderung nach einem Ende der Fossilen, einer höheren Besteuerung von Unternehmen und den reichsten Personen, der Förderung der Agrarökologie und dem Kampf gegen Umweltrassismus, sowie der Stärkung der internationalen Instrumente zur Verteidigung von Landrechten.
Die Energie und Lebendigkeit der sozialen Bewegungen und Zivilgesellschaft zeigte sich schließlich in der großen Klimademonstration am 15. November, bei der 70.000 Teilnehmer*innen auf die Straßen von Belém strömten und in einer kraftvollen und farbenfrohen Demonstration für Klimagerechtigkeit eintraten. In einer Zeit, in der die Räume für die Zivilgesellschaft innerhalb der UNFCCC weiter eingeschränkt wird, diente diese Machtdemonstration dazu, das Recht der Menschen in ihrer ganzen Vielfalt einzufordern, dass ihre Anliegen und Stimmen in den offiziellen Verhandlungen Gehör finden, und erhöhte damit den Druck auf der Halbzeit der Verhandlungen für ein sinnvolles, gerechtes und ausgewogenes Ergebnis der COP30 in Belém.
Ausblick: Reformnotwendigkeit der UNFCCC und COP31 in der Türkei
Die COP30 war die erste Konferenz ohne die USA am Verhandlungstisch, die ehrlicherweise nicht vermisst wurden und die, wären sie anwesend gewesen, wahrscheinlich die hart erkämpften (kleinen) Erfolge wie den Just Transition Mechanism, den Belém Gender Action Plan oder das (wenn auch schwache und unzureichende) Versprechen, die Anpassungsfinanzierung bis 2035 zu verdreifachen, torpediert hätten. Doch auch ohne die USA ist die Liste der Blockierer lang. Eines ist klar: In Belém war die Lobby der fossilen Brennstoffe sehr präsent und zeigte sich in unverminderter Stärke (auch als Teil von Regierungsdelegationen), da es im UN-Klimaregime immer noch keine Regelung zu Interessenskonflikten gibt, die ihre Beteiligung verbieten würde. D
Die COP30 hat noch einmal eindringlich die Notwendigkeit gezeigt, die UNFCCC zu reformieren.
Die COP30 hat noch einmal eindringlich die Notwendigkeit gezeigt, die UNFCCC zu reformieren. Dazu zählt zentralerweise die Frage, ob und wie ein „Konsens” bestimmt und gesichert werden kann - und ob es überhaupt möglich ist, einen Konsens zu erzielen, der den engen Fokus eigene, nationalen Interessen überwinden kann, die einige um jeden Preis verteidigen. Dies zeigt sich in der Weigerung, den Ausstieg aus den Fossilen zu unterstützen, in der Weigerung, den Globalen Süden angemessen und verpflichtend finanziell zu unterstützen, in der Anwendung einseitiger Handelsmaßnahmen oder im Versäumnis einzelner Länder, ihre bestmöglichen NDCs als rechtliche Verpflichtung vorzulegen, auch im Lichte des jüngsten Gutachtens des Internationalen Gerichtshofs. Zehn Jahre nach dem Pariser Abkommen ist die Bilanz daher ernüchternd: Die aktuellen politischen Entscheidungen und Pfade steuern immer weiter in eine Klimakatastrophe und eine unbewohnbare Welt.
Die COP31 im nächsten Jahr wird von der Türkei in Antalya ausgerichtet, nachdem der Streit zwischen der Türkei und Australien darüber, wer die COP31-Präsidentschaft übernehmen soll, mit dem vermutlich unbrauchbaren Kompromiss gelöst wurde, dass die Türkei physischer Gastgeber der COP31 ist, Australien jedoch die politischen Verhandlungen leitet und Gastgeber eines pazifischen Pre-COP-Treffens ist. Dies wird als innovativ gepriesen, ist jedoch eher ein Zeichen dafür, dass ein Kompromiss zum Wohle der Allgemeinheit im multilateralen Klimaregime nach wie vor schwer zu erreichen ist und dass der Geist des Mutirão, der vom Gastgeber der COP30 so tapfer beschworen wurde, in Belém nicht zum Tragen kam.