Zeigt die Baku-Belém Roadmap der globalen Klimafinanzierung den richtigen Weg?

Analyse

Die Baku-Belém Roadmap soll die Lücke zwischen dem enttäuschenden Ergebnis der COP29 von jährlich 300 Milliarden US-Dollar und den geforderten 1,3 Billionen US-Dollar im Jahr für die Klimafinanzierung schließen. Kann das bei der COP30 gelingen?

hbs Bildbeschreiber sagte:  Pappschild mit Aufschrift „Climate Justice Now!“ (Klimagerechtigkeit jetzt!) wird von Mensch in Menschenmenge hochgehalten.

Auf einen Blick: Die Roadmap von Baku nach Belém auf der COP30

  • Der Fahrplan (die sogenannte Roadmap), der auf der COP30 vorgestellt werden soll, sieht vor, bis 2035 jährlich 1,3 Billionen US-Dollar an Klimafinanzierung für den Globalen Süden zu mobilisieren. Er läuft jedoch Gefahr, zu einem unverbindlichen Bericht mit begrenzter Wirkung, Nachverfolgbarkeit und Rechenschaftspflicht zu werden.
     
  • Das auf der COP29 vereinbarte neue globale Klimafinanzierungsziel (NCQG) von 300 Milliarden US-Dollar liegt weit unter dem tatsächlichen Bedarf. Das COP29-Ergebnis schwächte das Vertrauen des Globalen Südens in den internationalen Klimaprozess und verwässerte die Finanzverpflichtungen der Industrieländer im Rahmen der UNFCCC und des Pariser Abkommens.
     
  • Der Globale Süden fordert von den Industrieländern öffentliche, zuschussbasierte, neue und zusätzliche Finanzmittel, während die Industrieländer sich auf die Mobilisierung von Privatkapital konzentrieren, was die bereits untragbare Schuldenlast und die strukturellen Ungleichheiten weiter zu verschärfen droht.
     
  • Der einjährige Roadmap-Prozess leidet unter Verfahrensschwächen und begrenzter Transparenz, wobei der Abschlussbericht keine verbindlichen Ziele enthält und sich stark auf die parallelen Arbeiten des brasilianischen Finanzminister*innenkreises stützt.
     
  • Kritische Themen, die im NCQG nur unzureichend behandelt werden, laufen Gefahr, weiter an den Rand gedrängt statt gefördert zu werden: Finanzierungslücken bei Anpassung und Verlusten und Schäden, Grundsätze der Gerechtigkeit und Fairness, Qualität der Klimafinanzierung einschließlich der Verbesserung der Konditionen und des Zugangs, Schuldenerlass und Erforschung innovativer öffentlicher Finanzierungsquellen (Verursachersteuern, Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe, Vermögenssteuern).

Zentrale Empfehlungen:

  1. Fokus auf öffentliche Finanzmittel aus Industrieländern mit klaren Zielen für Emissionsminderung, Klimaanpassung und die Bewältigung von Verlusten und Schäden.
     
  2. Einrichtung von Mechanismen zur Rechenschaftspflicht (verbindliche Fristen, klare Zuständigkeiten, Überwachung, Berichterstattung), um jenseits des Berichts in die Umsetzung zu kommen.
     
  3. Ausweitung multilateraler Klimafonds (MCFs) und Ausbau der zuschussbasierten, konzessionären Finanzierung mit vereinfachtem Direktzugang für gefährdete Gemeinschaften und lokal geführte Initiativen.
     
  4. Einführung innovativer Finanzierungsinstrumente – Verursacherabgaben, Subventionsreformen, Vermögens- und Gewinnsteuern – zur Generierung vorhersehbarer neuer öffentlicher Ressourcen.
     
  5. Strukturreformen im globalen Finanzsystem vorantreiben: Schuldenerlass und verbesserte Rahmenbedingungen für die Entschuldung, gerechtere globale Steuersysteme und Kreditbewertungspraktiken sowie eine stärkere Vertretung der Entwicklungsländer im IWF und in der Weltbank.
     
  6. Die Roadmap auf Gerechtigkeit und Fairness ausrichten und sicherstellen, dass marginalisierten Gemeinschaften Vorrang eingeräumt wird sowie dass die Roadmap mit dem Grundsatz der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten (CBDR) im Einklang steht.

Die Entwicklung der Roadmap ist eine gemeinsame Initiative der scheidenden aserbaidschanischen COP29-Präsidentschaft und der neuen brasilianischen COP30-Präsidentschaft. Sie wurde auf der COP29 in Baku ins Leben gerufen – teils als Trostpreis, teils als Ablenkungsmanöver – um einen völligen Zusammenbruch der Verhandlungen über ein neues kollektives quantifiziertes Ziel für die Klimafinanzierung (New Collective Quantified Goal, NCQG) zu vermeiden. Gleichermaßen sollte sie die Unzulänglichkeit der in letzter Minute hart erkämpften Entscheidung über ein neues Finanzierungsziel von 300 Milliarden US-Dollar pro Jahr bis 2035 für den globalen Süden verschleiern, das das alte Ziel von 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr nach 2025 ersetzen soll. Die Länder des globale Südens hatten auf einen viel höheren Betrag gehofft, der ihren Bedürfnissen entspricht. So hatte der zweite Bedarfsermittlungsbericht aus dem Jahr 2024 beispielsweise 5,1 bis 6,8 Billionen US-Dollar bis 2030 aus abgelieferten NDCs zusammenaddiert. Expert*innenberechnungen zufolge müssen die Klimainvestitionen in Schwellen- und Entwicklungsländern (ohne China) bis 2030 um 2,5 Billionen US-Dollar jährlich und bis 2035 um 3,3 Billionen US-Dollar jährlich steigen, allerdings aus allen Quellen, sowohl aus nationalen und internationalen öffentlichen als auch privaten Finanzmitteln. Der wissenschaftlich fundierte Finanzierungsbedarf wäre sogar noch höher.

Enttäuschende NCQG-Entscheidung 

Die NCQG-Entscheidung in Baku war für den globalen Süden und viele Beobachter*innen aus der Zivilgesellschaft eine große Enttäuschung. Viele haben kritisiert, dass sie auf eine Schwächung der Verpflichtungen der Industrieländer im Rahmen der UN-Klimakonvention hinausläuft:Die Entscheidung verpflichtet die Industriestaaten lediglich dazu, bei der Mobilisierung der 300 Milliarden US-Dollar „die Führung zu übernehmen”, anstatt ihre Verantwortung für die Bereitstellung öffentlicher Mittel klar zu umreißen. Die COP29-Entscheidung wurde auch als Abkehr von dem in Paris geschlossenen großen Kompromiss interpretiert, der die Industrieländer verpflichtet, dem globalen Süden mit der finanziellen Unterstützung zu helfen, die sie zur Umsetzung ihrer erhöhten Emissionsreduktionsverpflichtungen in ihren nationalen Klimaplänen benötigen. Das jüngste Gutachten des Internationalen Gerichtshofs bekräftigte die rechtliche Verpflichtung der Länder, Klimafinanzierungen in einer Höhe bereitzustellen, die eine Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C ermöglicht. 

Anstatt Vertrauen in den Klimaprozess aufzubauen, hat die NCQG-Entscheidung in Baku diesen [...] weiter geschwächt.

Anstatt Vertrauen in den Klimaprozess aufzubauen, hat die NCQG-Entscheidung in Baku diesen in einer Zeit, in der die Zukunft des multilateralen Klimaprozesses ohnehin  bereits gefährdet war und die UNFCCC darum kämpft, finanziell über Wasser und relevant zu bleiben, weiter geschwächt. Dies geschieht außerdem zu einem Zeitpunkt, an dem die USA - historisch gesehen der größte Emittent von Treibhausgasen – unter Präsident Trump sowohl aus dem Pariser Abkommen als auch aus ihren finanziellen Verpflichtungen zur Bereitstellung von Klimafinanzierung, einschließlich im Rahmen der NCQG, aussteigen. 

Die Zweifel der Länder des global Südens, dass die NCQG-Entscheidung die ernsthaften Bemühungen der Industrieländer widerspiegelt, und damit einhergehend das mangelnde Vertrauen in die Baku-Belém Roadmap aufgrund des intransparenten und unklaren Prozesses und des wahrscheinlich unzureichender Ergebnisse, zeigen sich auch in der dritten Runde der NDCs, die unmittelbar vor der COP30 vorgelegt wurden. Viele der neuen und aktualisierten Pläne aus dem globalen Süden machen deutlich, wie sehr die Verwirklichung der dargelegten Klimaziele von der finanziellen Unterstützung durch die Industrieländer abhängt. 

Zentrale Bedeutung der öffentlichen Unterstützung

Der globale Süden vertritt seit langem die Auffassung, dass die Industrieländer aufgrund von Gerechtigkeit und im Einklang mit dem Kernprinzip des globalen Klimaregimes der gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und jeweiligen Fähigkeiten (Common But Differentiated Responsibility and Respective Capabilities, CBDR-RC) ihre historische Verantwortung für die ausufernden Treibhausgasemissionen anerkennen müssen. Daraus ergibt sich, dass sie auch den größten Teil der Finanzierung im Rahmen des NCQG-Ziels, einschließlich eines wesentlichen Teils des 1,3 Billionen US-Dollar Ziels der Baku-Belém-Roadmap, als öffentliche Mittel bereitstellen sollten. Im Gegensatz dazu haben die Industrieländer auf die veränderten geopolitischen Realitäten nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine hingewiesen, die erhöhte Militärausgaben (die 2024 einen neuen Rekordwert erreichten) und fiskalische Zwänge erfordern, was zu erheblichen Kürzungen der öffentlichen Entwicklungshilfe und Klimafinanzierung geführt hat. Damit begründen sie, dass sie ihre finanzielle Unterstützung nicht wesentlich erhöhen können. Gleichzeitig drängen sie darauf, den Kreis der Beitragszahler für die Erfüllung des NCQG zu erweitern, indem sie auf die gestiegene Finanzkraft vieler Schwellenländer verweisen. Ihre Patentlösung besteht aber darin, auf den privaten Sektor zu setzen, um die wachsenden Finanzierungslücken zu schließen. Unter anderem verlangen sie von den Ländern des globalen Südens, mehr für die Schaffung von günstigen Rahmenbedingungen im Inland und die Einrichtung von nationalen Investitionsplattformen zu tun, um private Investitionsströme zu erleichtern.   

Auf der COP30 könnte es daher zu einer Wiederholung der Kontroverse um die Agenda kommen, die sich auch bei der diesjährigen Bonner Konferenz abspielte: Deren Eröffnung verzögerte sich um Tage, weil die Länder des globalen Südens die Aufnahme eines neuen Tagesordnungspunkts zu Artikel 9.1 des Pariser Abkommens forderten, der eine öffentliche Zahlungsverpflichtung der Industrieländer festlegt. Stattdessen drehen sich die Diskussionen über die Klimafinanzierung im neuen Klimafinanzierungsziel in erster Linie um Artikel 9.3,  der sich auf die Mobilisierung konzentriert.

Vor diesem Hintergrund dürfte die Baku-Belém Roadmap in mehreren Punkten hinter den Erwartungen zurückbleiben – darunter auch hinsichtlich der Forderung der Zivilgesellschaft, dass die Roadmap grundlegende Schwächen und Leerstellen des NCQG anerkennt und behebt: beispielsweise die Konzentration auf die Mobilisierung privater Finanzmittel anstelle öffentlicher Unterstützung und das Fehlen konkreter öffentlicher Finanzierungsziele für Emissionsminderung, Anpassung oder die Bewältigung von Verlusten und Schäden. Mängel sind sowohl in verfahrenstechnischer als auch in inhaltlicher Hinsicht offenkundig.

Verfahrenstechnische Mängel der Roadmap 

Verfahrenstechnisch sieht der NCQG-Beschluss von Baku lediglich vor, dass die Präsidentschaften der COP29 und COP30 in Belém einen Bericht vorlegen, in dem die im vergangenen Jahr geleistete Arbeit zusammengefasst wird. Es wird jedoch kein klarer Aktionsplan mit messbaren Zielen und Indikatoren, konkreten Zeitplänen und einer Aufstellung der Verantwortlichkeiten der verschiedenen Akteure sowie transparenten Rechenschaftsmechanismen erwartet, den viele für notwendig halten. 

Damit ein Umsetzungsplan für das NCQG in den nächsten zehn Jahren den Umfang, die Qualität, den Zugang und die Inklusivität der Klimafinanzierung für den globalen Süden verbessern kann, muss er sich inhaltlich auf die Beseitigung struktureller Ungleichheiten, Hindernisse und Hemmnisse konzentrieren, mit denen die meisten Länder des globalen Südens konfrontiert sind. Diese Hindernisse wurden während des technischen Prozesses der NCQG in einer Reihe von Expert*innendialogen identifiziert und analysiert, wobei insbesondere die untragbare Schuldenlast, der begrenzte fiskalische und politische Spielraum, die hohen Kapitalkosten, einseitige Handelsmaßnahmen oder unfaire globale Steuersysteme genannt wurden. Sie erfordern eine grundlegendere Reform der multilateralen Finanz- und Wirtschaftsarchitektur mit Akteur*innen und Prozessen –  wie den multilateralen Entwicklungsbanken (MDBs) oder den globalen Schulden-, Steuer- und Handelssystemen –, die weitgehend außerhalb des Zuständigkeitsbereichs der UNFCCC und des Pariser Abkommens liegen. Innerhalb der UNFCCC können diese umfassenderen systemischen Fragen vor allem im Rahmen des Sharm-el-Sheikh-Dialogs zu Artikel 2.1.c über die Angleichung aller Finanzströme an das Pariser Abkommen und im Arbeitsprogramm der VAE für einen gerechten Übergang diskutiert werden, wobei jedoch noch unklar ist, wie sie mit der Baku-Belém Roadmap verknüpft werden können. Die Zukunft beider Verhandlungsstränge – insbesondere die Frage, wie vom Dialog zur Umsetzung übergegangen werden kann – wird auf der COP30 entschieden werden.

Derzeit ist keine formelle Entscheidung der Vertragsparteien des Pariser Abkommens über den Inhalt der Roadmap vorgesehen (abgesehen vielleicht von einer höflichen, aber letztlich konsequenzlosen „Kenntnisnahme“ des Berichts). Dies beeinträchtigt die Nützlichkeit der Roadmap, wenn er mehr als nur ein weiterer Bericht sein soll, der in der Schublade verschwindet. Einerseits gibt es ohne eine Art Konsensentscheidung der COP30 zu zumindest einigen Elementen oder Empfehlungen der Roadmap, beispielsweise als Teil eines Gesamtpakets der COP30 in einer Rahmenentscheidung, keine Garantie dafür, dass überhaupt konkrete Maßnahmen folgen werden, geschweige denn Transparenz und Rechenschaftspflicht durch Berichterstattung und Überwachung darüber, wann und von wem potenzielle Maßnahmen ergriffen werden. Andererseits haben viele Länder sowie Beobachter*innen aus der Zivilgesellschaft Fragen zur mangelnden Transparenz und Inklusivität des Entwicklungsprozesses der Roadmap aufgeworfen. Sie sind skeptisch, einem Bericht, der nicht das Ergebnis formeller Klimaverhandlungen ist, durch eine COP30-Entscheidung die Legitimität und das Gewicht des Klimaregimes zu verleihen. 

Konsultationen und Facheingaben

Im Rahmen des ursprünglichen Arbeitsplans für die Roadmap und deren Aktualisierung führten die beiden Präsidentschaften Konsultationen und Gespräche mit Ländern und Beobachter*innen durch, beispielsweise während der Bonner Klimaverhandlungen im Juni und am Rande anderer Treffen wie den Klimawochen in London und New York. Sie luden die Vertragsparteien und Beobachter*innen außerdem zu zwei Runden schriftlicher Stellungnahmen auf der Grundlage von Leitfragen ein. Bislang wurden mehr als 210 Facheingaben offiziell eingereicht, davon jedoch nur etwa 30 von Ländern und Ländergruppen, während der Rest von Nicht-Vertragsparteien stammt. Wie die sehr unterschiedlichen und oft konkurrierenden Ansichten dieser Beiträge zusammengefasst und aufgegriffen werden sollen, ist unklar und stellt eine gewaltige Aufgabe dar, bevor der Bericht voraussichtlich Ende Oktober vor der COP30 veröffentlicht wird. Es ist auch unklar, welchen Einfluss diese formellen Beiträge insgesamt auf den Roadmap-Bericht haben werden, da es noch weitere Beiträge gibt, die speziell von der brasilianischen COP30-Präsidentschaft in Auftrag gegeben wurden. Letztere ist eindeutig die dominierende Kraft unter den beiden COP-Präsidentschaften ist, die gemeinsam für die Vorlage der Roadmap verantwortlich sind. Das brasilianische Team gab sowohl eine Studie eines Teams von Ökonom*innen als auch einen Bericht des COP30-Kreises der Finanzminister*innen als weitere Beiträge zur Roadmap in Auftrag und argumentierte dabei, dass die Umsetzung der Baku-Belém Roadmap das Engagement der für Wirtschaft und Finanzen zuständigen Regierungsakteur*innn erfordern werde, wobei den Finanzminister*innen eine zentrale Rolle zukomme – vor allem bei der Umsetzung der Empfehlungen der Roadmap sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene.

Rolle und Gewicht des Beitrags des Kreises der Finanzminister*innen

Während die brasilianische COP30-Präsidentschaft behauptet, dass der Bericht des COP30-Finanzminister*innenkreises, der während der Jahresversammlung von Internationalen Währungsfonds und der Weltbank Mitte Oktober veröffentlicht wurde, nur „ein Beitrag “ sein wird, ist es schwer zu glauben, dass seine Empfehlungen und Ergebnisse in der endgültigen Baku-Belém Roadmap, die gegen Ende Oktober vorgelegt werden soll, nicht besonders berücksichtigt werden. Dies gilt umso mehr, als die Arbeit des Kreises der Finanzminister*innen sich eindeutig stark auf frühere Erkenntnisse und Arbeiten der brasilianischen G20 aus dem Jahr 2024 zum Thema klimabezogene Finanzen stützt, wie beispielsweise den Reformplan für multilaterale Entwicklungsbanken (MDBs), sowie auf frühere Analysen der Unabhängigen Hochrangigen Expert*innengruppe für Klimafinanzierung (IHLEG), die dem Kreis der Finanzminister*innen beratend zur Seite stand. Die Initiative wird vom brasilianischen Finanzministerium geleitet, die die Finanzministerien aus 34 Ländern und die Europäische Kommission zur Teilnahme und Mitwirkung einlud, darunter die Finanzminister*innen der früheren COP21 bis COP29-Präsidentschaften, die Gastgeberländer der jüngsten Gipfeltreffen zu Biodiversität und Wüstenbildung sowie die G20-Präsidentschaft. Dies stellt jedoch eindeutig nur einen Teil der Länder dar, die dem Pariser Abkommen beigetreten sind. 

Kann die Roadmap für Gerechtigkeit und Fairness sorgen?

Inhaltlich dürfte die Baku-Belém Roadmap diejenigen enttäuschen, die hoffen, dass sie ihre Empfehlungen fest in Gerechtigkeit und Fairness verankert, insbesondere in den Grundsätzen der CBDR-RC und des Verursacherprinzips sowie der Inklusivität, der Geschlechtergerechtigkeit und der Einhaltung und Förderung der Menschenrechte. Dies würde erfordern, dass in der Roadmap Empfehlungen und konkrete Maßnahmen priorisiert werden, um eine angemessene, zusätzliche, vorhersehbare, nicht schuldeninduzierende, hochwertige und zugängliche Finanzierung für Klimainvestitionen auszuweiten, die nicht nur den Bedürfnissen und Prioritäten der Vertragsparteien aus dem globalen Süden entspricht, sondern auch denen der oft marginalisierten und entrechteten Gemeinschaften, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind. 

In der NCQG-Entscheidung wurde eindeutig anerkannt, dass öffentliche und zuschussbasierte Ressourcen sowie hochvergünstigte Finanzmittel für die Länder des globalen Südens aufgestockt werden müssen

In erster Linie sollte die Roadmap mehr Klarheit über das Kernziel des NCQG in Höhe von 300 Milliarden US-Dollar für jährlich mobilisierte Klimafinanzierungen bis 2035 schaffen, auch in Bezug auf wichtige Elemente, die in der NCQG-Entscheidung nicht behandelt wurden. Ein fehlendes Element ist eine einheitliche Definition dessen, was als Klimafinanzierung gezählt werden kann, oder zumindest eine Ausschlussliste dessen, was nicht gezählt werden sollte (z. B. marktübliche Kredite oder Erlöse aus den internationalen Kohlenstoffmärkten, wie zivilgesellschaftliche Netzwerke argumentieren), da Klimafinanzierungen neu und zusätzlich zu anderen Finanzströmen und in hohem Maße konzessionell sein sollten. Ein weiteres fehlendes Element ist eine gemeinsame Methodik für die Zuschussäquivalenz von konzessionären Darlehen (die unter dem auslaufenden 100-Milliarden-US-Dollar-Ziel zum vollen Nennwert gezählt werden), wodurch nicht berücksichtigt wird, dass ein erheblicher Teil der als Schulden bereitgestellten Klimafinanzierung, selbst zu konzessionären Zinssätzen, an die Industrieländer zurückfließen wird. Vor allem sollte die Roadmap die Rolle und den Umfang der Bereitstellung öffentlicher Finanzmittel durch die Industrieländer klarstellen und das Ziel für Emissionsminderung, Klimaanpassung und die Bewältigung von Verlusten und Schäden jeweils aufschlüsseln. In der NCQG-Entscheidung wurde eindeutig anerkannt, dass öffentliche und zuschussbasierte Ressourcen sowie hochvergünstigte Finanzmittel für die Länder des globalen Südens aufgestockt werden müssen, insbesondere für Anpassungsmaßnahmen – wo die jährliche Finanzierungslücke zur Deckung des Bedarfs von einigen auf 215 bis 387 Milliarden US-Dollar geschätzt wird – und für die Bewältigung von Verlusten und Schäden, die allein im Jahr 2024, dem bisher heißesten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen, auf rund 402 Milliarden US-Dollar berechnet wurden. Allerdings wurde nicht dargelegt, wie und wann das unzureichende Ziel von Glasgow aus dem Jahr 2019, die Anpassungsfinanzierung bis 2025 zu verdoppeln, durch ein neues, ehrgeizigeres Ziel ersetzt werden soll, wie beispielsweise die Forderung der am wenigsten entwickelten Länder (Least Developed Countries), die Anpassungsfinanzierungsströme bis 2030 mindestens zu verdreifachen. Das Vorantreiben eines neuen Anpassungsfinanzierungsziels im Rahmen des NCQG wird auch die COP30-Verhandlungen über das globale Anpassungsziel und die entsprechenden Umsetzungsindikatoren prägen. 

Steigerung der Quantität und Qualität der öffentlichen Finanzierung

Eine von vielen geforderte Fokussierung der Roadmap nicht nur auf die Quantität öffentlicher Finanzmittel, sondern auch auf die Qualität des Zugangs zu diesen Finanzmitteln und ihrer Auszahlung würde auch die gezielte Ausarbeitung eines Plans zur Verdreifachung der Auszahlungen multilateraler Klimafonds (MCFs) im Rahmen der UNFCCC und des Pariser Abkommens bis 2030 gegenüber dem Niveau von 2022 erfordern, wie es in der NCQG-Entscheidung vorgesehen ist. Da der Großteil der Klimafinanzierung weiterhin in Form von Darlehen bereitgestellt wird und viele der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder mit einer untragbaren Schuldenlast konfrontiert sind, die ihren fiskalischen Spielraum weiter einschränkt und ihre Kapitalkosten erhöht, fallen die deutlich besseren Bedingungen dieser Klimafonds bei der Bereitstellung von Klimafinanzierungen für den globalen Süden ins Auge (100 Prozent der Finanzmittel, die die ärmsten Entwicklungsländer und kleinen Inselentwicklungsstaaten im Jahr 2024 erhalten haben, wurden als Zuschüsse gewährt). Insbesondere die MCFs haben auch die Möglichkeit, ihre Bereitstellungssysteme kurzfristig zu reformieren, um die Qualität, Gerechtigkeit und Wirksamkeit ihrer Klimafinanzierung zu verbessern, um beispielsweise indigen Gruppen oder Frauen zu helfen. Die Roadmap sollte daher eine weitere Schwachstelle des NCQG-Beschlusses addressieren und die MCFs auffordern, Mittel und Wege zu erarbeiten, die den direkten Finanzzugang erhöhen, vereinfachen und verbessern, etwa durch dezentrale Finanzierungsmechanismen und Entscheidungsprozesse, wie z. B. durch kleine Zuschussprogramme. Dazu müssten enorme Hürden für den Zugang zu lokal geführten und lokal getragenen Initiativen beseitigt werden, wie z. B. Kofinanzierungsanforderungen, Inkrementalkostenansätzenoder übermäßig aufwändige Daten- oder Dokumentationspflichten. Dazu gehört auch die Erleichterung des Zugangs zu konzessionären Finanzierungen für lokale Akteure des Privatsektors, wie Kleinst-, kleine und mittlere Unternehmen (KKMU) in Ländern des globalen Südens, als Rückgrat für eigenverantwortliche, nachhaltige und transformative Klimaschutzmaßnahmen, beispielsweise zur Unterstützung der Ernährungssicherheit durch die finanzielle Inklusion von frauengeführten Unternehmen im Mikro- oder informellen Sektor, in dem sie überproportional stark vertreten sind. 

Eine Möglichkeit, wie die Roadmap Wege für eine Steigerung konzessionärer Finanzierung aufzeigen könnte, besteht darin, innovative Quellen für öffentliche Finanzen in Industrieländern ausdrücklich zu befürworten. Solidaritätsabgaben oder die Erhebung von Steuern nach dem Verursacherprinzip, beispielsweise durch eine in den OECD-Ländern eingeführte Klimaschadenssteuer, die Besteuerung von Gewinnen aus fossilen Brennstoffen, die schrittweise Abschaffung von Subventionen für fossile Brennstoffe oder eine gerechte Besteuerung von Vermögen, die den unverhältnismäßig hohen Klimafußabdruck von ultrareichen Personen und multinationalen Unternehmen widerspiegelt, könnten jährlich Hunderte von Milliarden, wenn nicht sogar Billionen an neuen und zusätzlichen Klimafinanzmitteln für Klimagerechtigkeit schaffen. 

Private Kapitalbeschaffung als Allheilmittel?

Ob diese Prioritäten, die in vielen Beiträgen aus dem globalen Süden und von der Zivilgesellschaft hervorgehoben wurden, in die Roadmap aufgenommen werden, ist längst nicht gesichert. Angesichts der Rolle und des Gewichts des brasilianischen Finanzminister*innenkreises im Roadmap-Entwicklungsprozess könnte der Roadmap-Bericht zumindest die Struktur der fünf vom Finanzminister*innenkreis und seinen Berater*innenkreisen identifizierten Schwerpunktbereiche weitgehend widerspiegeln, wenn nicht sogar einen wesentlichen Teil des Inhalts des Finanzminister*innenberichts. Im Mittelpunkt werden unzweifelhaft Möglichkeiten zur Mobilisierung von Privatkapital stehen. Dies wird auch als eine Kernaufgabe von öffentlichen Akteuren der Klimafinanzierung wie den multilateralen Klimafonds und multilateralen Entwicklungsbanken gesehen, die öffentliche Mittel einsetzen sollen, um Investitionen des Privatsektors durch Bürgschaften oder gemischte Finanzierungsstrukturen in öffentlich-privaten Partnerschaften abzusichern. Bei solchen Partnerschaften trägt der öffentliche Sektor die ersten Verluste – und wird im Falle eines Scheiterns mit Schulden belastet und in seinem fiskalischen Spielraum noch weiter eingeschränkt. Solche Ansätze werden zunehmend nicht nur für Emissionsminderung, sondern auch für die Anpassung vorangetrieben, unter anderem durch Versicherungs- und Risikopooling-Strukturen, trotz der Bedenken hinsichtlich der sinkenden Erschwinglichkeit und Versicherbarkeit solcher Systeme. Darüber hinaus gibt es deutliche Anzeichen dafür, dass die Erwartungen an die Hebelwirkung weiterhin übertrieben sind, insbesondere für kleine Inselentwicklungsländer und die ärmsten Entwicklungsländer, die mit den größten strukturellen Hindernissen beim Zugang zu Finanzmitteln konfrontiert sind. Auch gibt es kaum Anhaltspunkte dafür, dass gemischte Finanzierungen wirksam sein können, wenn Projekte keinen Profit erzielen, was bei den meisten Anpassungsfinanzierungsmaßnahmen der Fall ist. Und in den Fällen, in denen dies doch der Fall ist, könnte dies zur Privatisierung essentiell notwendiger Dienstleistungen oder Infrastrukturen führen, wodurch letztlich die Kosten entweder auf die Regierungen oder die Bürger in Ländern des globalen Südens abgewälzt würden. 

Auf die Reform der multilateralen Entwicklungsbanken, eine Priorität der brasilianischen G20-Präsidentschaft letztes Jahr, wird in der Roadmap sicherlich viel Bedeutug gelegt, unter anderem mit Blick auf laufende Bemühungen für Anpassungen ihres Kapitaladäquanzrahmens, was es den MDBs nach eigenen Angaben ermöglichen würde, ihre Kreditvergabe in den nächsten zehn Jahren um bis zu 400 Milliarden US-Dollar zu erhöhen. In Baku versprachen die MDBs versprachen außerdem, ihre Klimafinanzierungen für den globalen Süden von 75 Milliarden US-Dollar im Jahr 2023 auf 120 Milliarden US-Dollar im Jahr 2030 zu erhöhen, wobei zusätzlich 65 Milliarden US-Dollar an privatem Kapital mobilisiert werden sollen – ein erheblicher Teil der 300 Milliarden US-Dollar, die bis 2035 jährlich im Rahmen der NCQG zugesagt wurden. Der überwiegende Teil davon würde jedoch in Form von Krediten erfolgen, was die Verschuldung weiter erhöhen würde, selbst wenn diese als Notfallkreditlinien oder Kredite mit Schuldenaussetzungsklauseln im Falle von Klimakatastrophen bereitgestellt würden. Wie Schulden-für-Klima-Swaps (Debt for Climate Swaps) bieten diese innovativen Finanzinstrumente bestenfalls eine vorübergehende Atempause, lösen aber nicht das Problem der untragbaren Verschuldung. Sie zwingen die am stärksten vom Klimawandel gefährdeten Länder dazu, den Schuldendienst vor Klimaschutzmaßnahmen zu priorisieren und Investitionen in öffentliche Dienstleistungen wie Sozialschutzsysteme, Gesundheit und Bildung zu reduzieren, obwohl diese die Widerstandsfähigkeit der Gesellschaft gegenüber den Auswirkungen der Klimakrise erhöhen. Eine neue Rahmensetzung zur Schuldentragfähigkeit (DSF) und zu Schuldenanalysen (DSAs) des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank ist dringend erforderlich, nicht nur um die Verschuldung zu stabilisieren, sondern auch um die Rückzahlungsfähigkeit von Schulden mit den Menschenrechten, dem Klima und den Erfordernissen einer nachhaltigen Entwicklung in Einklang zu bringen.

Strukturreformen der globalen Finanzarchitektur

Es bleibt abzuwarten, ob die Roadmap bereit ist, die längerfristigen Strukturreformen in der globalen Finanzarchitektur voranzutreiben, die erforderlich sind, um die Mobilisierung von jährlich 1,3 Billionen US-Dollar für Klimaschutzmaßnahmen im globalen Süden bis 2035 zu verwirklichen. Wird die Roadmap beispielsweise in Bezug auf die Schuldenlast der Länder des globalen Südens über die bloße Empfehlung einer Überprüfung des Ansatzes zur Schuldentragfähigkeit hinausgehen und sich für strukturelle Reformen einsetzen, wie beispielsweise eine UN-Schuldenkonvention und einen multilateralen Umschuldungsmechanismus zur Unterstützung eines umfassenden Schuldenerlasses unter Einbeziehung aller Gläubiger, staatlicher und privater? Das Verständnis der strukturellen Ungleichheiten, die im aktuellen globalen Finanzsystem verankert sind und dem globalen Süden  nach einigen Schätzungen jährlich Finanzmittel in Höhe von 2 Billionen US-Dollar entziehen, würde den Roadmap-Bericht zwingen, auch das Oligopol von nur drei Ratingagenturen (S&P, Moody's und Fitch), die den Großteil der globalen Kreditratings kontrollieren, und ihre Macht, Länder des globalen Südens herabzustufen, zu hinterfragen – einschließlich für Bemühungen, auf die Ausbeutung fossiler Brennstoffe zu verzichten, wie im Fall Kolumbiens.  Eine Roadmap, die sich zu den notwendigen Strukturreformen bekennt, müsste den Prozess der UN-Rahmenkonvention über internationale Zusammenarbeit im Steuerbereich (UNTC) als einen Raum befürworten, in dem Umweltverschmutzer wirksamer besteuert und übermäßige Steuerhinterziehung und -umgehung durch Unternehmen bekämpft werden könnten.  Außerdem müsste sie die längst überfälligen Reformen der Führung und der Aktionärsrechte in den internationalen Finanzinstitutionen fordern, um die Macht und das Stimmrecht des globalen Südens beispielsweise im IWF zu stärken, wo eine Sperrminorität der Vereinigten Staaten seit 2020 eine weitere Zuteilung von Sonderziehungsrechten (SZR) zur Unterstützung der nachhaltigen Entwicklung und der Klimaschutzbemühungen des globalen Südens verhindert hat. 

Die auf der COP30 vorgelegte Baku-Belém Roadmap kann mehr sein als nur ein weiterer Bericht, der in der Schublade verschwindet

Die auf der COP30 vorgelegte Baku-Belém Roadmap kann mehr sein als nur ein weiterer Bericht, der in der Schublade verschwindet, falls der Bericht die Analyse der Hindernisse, Lücken und Möglichkeiten zur Aufstockung der Klimafinanzierungs für den globalen Süden 1,3 Billionen US-Dollar jährlich bis 2035 in konkrete und gezielte Maßnahmen und Empfehlungen für bestimmte Akteure und Prozesse innerhalb und außerhalb der UNFCCC übersetzt. Viele der empfohlenen Maßnahmen werden weder neu noch überraschend sein; die meisten sind bekannt und ihre technische Machbarkeit ist erwiesen. Letztendlich hängt der Erfolg der Roadmap vom politischen Willen aller Länder und Akteur*innen ab, sie in den nächsten zehn Jahren in multilateralen Prozessen und Institutionen kohärent umzusetzen. Bei all diesen Bemühungen liegt es jedoch primär in der Verantwortung und Pflicht der Industrieländer und der Institutionen und Prozesse, die sie als Anteilseigner oder durch die Festlegung von Richtlinien kontrollieren, aus Gründen der Fairness und der Klimagerechtigkeit ambitioniert und mit Dringlichkeit in Vorlage zu treten. 

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