Flüchtlinge wollen deutsch lernen und studieren

Transparent mit der Aufschrift "Deutschkurs"
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Transparent mit der Aufschrift "Deutschkurs"

Noch gelingt es, Flüchtlingskinder von Anfang in Regelklassen zu unterrichten. Dies liegt auch daran, dass der Anteil der schulpflichtigen Kinder derzeit klein ist.

„In mein Dorf in der Nähe von Damaskus ist der Islamische Staat gekommen.
Alle sind geflüchtet.
Dann kamen die Flugzeuge von Assad und haben alles zerstört. 
Alles.
Meine Eltern sind in Damaskus geblieben, mit meinem kleinen Bruder, der geht noch zur Schule. Sie versuchen dort zu überleben. Sie haben keine andere Option. Es ist sehr gefährlich, auf die Flucht zu gehen,
Ich habe studiert, ICT (Information Communication Technologie). 
Nach dem Studium kommt die Armee. 
Töten oder getötet werden, das ist die Alternative, die du hast. 
Da gibt es keine Ausrede. Ich kann nicht sagen: 
Ich würde gern meine Stadt verteidigen, meine Familie. 
Die Armee schickt einen irgendwohin, für irgendetwas. Da bin ich geflohen.“
Was sind Ihre Erwartungen an Deutschland?
„Ich möchte in Sicherheit leben. Das ist das Erste. 
Und mein Studium fortsetzen.“ 
(Flüchtling aus Syrien)

Wer in Bremen als Flüchtling anerkannt ist und zwischen 6 und 16 Jahren alt, ist schulpflichtig. Die Mehrzahl der Flüchtlinge ist männlich und zwischen 18 und 30 Jahre alt – Männer im wehrpflichtigen Alter, die vor dem Krieg flüchten und die sich die lange Reise ins Ungewisse zutrauen. Das bedeutet, dass der Anteil der schulpflichtigen Kinder derzeit klein ist.

Zurzeit gehen rund 1.700 Flüchtlinge auf Bremer Schulen, Tendenz deutlich steigend. Die meisten besuchen „Vorkurse“, in denen sie intensiv Deutsch lernen sollen. Spätestens nach einem Jahr sollen sie ganz in die regulären Klassen wechseln. In diesen Klassen ist für sie ein Platz eingeplant – aber die Kapazität der Schulen ist damit ausgeschöpft. Denn 24 Kinder sollen in Bremen in der Regel in einer Schulklasse sitzen, mehr nicht. Wenn es „Integrationskinder“ mit besonderem Förderbedarf in der Klasse gibt, dann liegt die Obergrenze sogar niedriger. Und eigentlich sind alle Flüchtlingskinder solche mit „besonderem Förderbedarf“.

In dem Entwurf für eine Verordnung der Bildungsbehörde steht der Satz: „Die Regelgröße einer Klasse kann vorbehaltlich der räumlichen Möglichkeiten der Schule für die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern aus den Sprachförderkursen um 10 Prozent erhöht werden.“ Der Hintergrund: Für neue Klassen würde die Bildungsbehörde mehr Geld benötigen. Bildungssenatorin Claudia Bogedan insistiert darauf, dass die Kinder aus Flüchtlings- und Zuwandererfamilien im Klassenverbund unterrichtet werden und dass es keine Sonderklassen für Flüchtlinge geben soll. Zusätzlich soll es neue Lehrer für 15 weitere Klassen geben. Im ersten Anlauf konnte sie dies im Bremer Senat nicht durchsetzen – es gab Stimmen in der Koalition, doch generell die Klassenfrequenzen heraufzusetzen.

Über die Frage, wie sich der Schulbedarf in Zukunft entwickelt, kann man derzeit nur spekulieren – alles hängt davon ab, ob Eltern, Geschwister, Frauen und Kinder nachkommen dürfen im Rahmen der Familienzusammenführung. Allein in der deutschen Botschaft in Beirut etwa werden täglich rund 100 Anträge zum Familiennachzug entgegengenommen. Das bedeutet für die Antragsteller monatelanges Warten auf eine Entscheidung, die Länderinnenminister diskutieren derzeit schon Maßnahmen zur Begrenzung des drohenden Nachzuges. Man darf davon ausgehen, dass viele Familienangehörige sich im Zweifelsfall auch selbst auf den Weg machen, wenn ein Sohn einigermaßen „gelandet“ ist. Das Handy ist das wichtigste Hilfsmittel der Flüchtlinge, und im Zeitalter der Handy-Kommunikation wird jedes Detail möglicher Fluchtchancen und Wege augenblicklich in die Herkunftsländer weitergegeben.

Weitere Beiträge zur Flüchtlingspolitik in Bremen finden Sie auf der Länderseite unseres Dossiers "Wie schaffen die das? Die Flüchtlingspolitik der Länder" (zur Startseite).