Heinrich Böll war einer der bedeutendsten Schriftsteller der Nachkriegszeit. Wir erinnern in einer Chronik mit Bildern und Zeitdokumenten an seine Lebensabschnitte, Schriften und Interventionen.
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Vieles von dem, was für den Nobelpreisträger Heinrich Böll zu den Bedingungen gehörte, unter denen er schrieb und in denen er lebte, hat sich seit seinem Tod im Jahr 1985 grundsätzlich gewandelt. Was aber Bölls Werk über die zeitbedingten Aspekte hinaus Bestand verleiht und zugleich im Mittelpunkt seiner erzählerischen und essayistischen Arbeiten steht, das ist der Anspruch auf Autonomie, auf eine freie, individuell begründete Parteilichkeit, die sich vorgeformten Denkbahnen entzieht. Für Böll begann die Freiheit im Kopf. Wir erinnern mit den folgenden Texten und Zeugnissen an einen großen Künstler und Intellektuellen, der mit seinen Romanen, Erzählungen und politischen Einwürfen eine eigene Aktualität bewahrt hat.
Heinrich Böll: Die Kapitel seines Lebens
1. Schulzeit im Nationalsozialismus (1917 bis 1939)
2. Im Zweiten Weltkrieg (1939 bis 1945)
3. Die Nachkriegszeit (1945 bis 1951)
4. Die ersten Erfolge (1952 bis 1958)
5. Der Kritiker des deutschen Katholizismus (1959 bis 1966)
6. Der »Notstand« der Demokratie (1967 bis 1972)
7. Die Terrorismusdiskussion (1973 bis 1979)
8. Einmischung erwünscht (1980 bis 1985)
9. Der Tod einer Instanz
Kapitel 1: Schulzeit im Nationalsozialismus (1917 bis 1939)
1917 Heinrich Böll wird am 21. Dezember als 6. Kind des Schreinermeisters und Holzbildhauers Viktor Böll und seiner Frau Maria in Köln geboren.
1921 Umzug der Familie aus der südlichen Kölner Altstadt in den ländlichen Bezirk Köln-Raderberg.
1924-1928 Besuch der Volksschule in Köln-Raderthal.
1928-1937 Besuch des staatlichen humanistischen Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums in Köln
1929 Im Zuge der großen Weltwirtschaftskrise ging eine kleine Genossenschaftsbank für Handwerker, für die Viktor Böll Anteilsscheine erworben hatte, in Konkurs. Das Haus in Raderberg muß verkauft werden. Die Familie zieht zurück in die Kölner Südstadt (Ubierring)
1937 Heinrich Böll legt im März das Abitur ab und beginnt in der Buchhandlung Math. Lempertz in Bonn eine Lehre, die er wenig später wieder abbricht.
1938 Im November wird Heinrich Böll zum Arbeitsdienst eingezogen.
1939 Im April immatrikuliert sich Böll an der Universität. Im Herbst erhält er den Einberufungsbescheid zum Militärdienst.
Zum Weiterlesen: Texte und Zeugnisse aus den Jahren 1917 bis 1939
Persönliche Erinnerungen Heinrich Bölls:
- "Die Postkarte", Kurzgeschichte von 1953 zum Einberufungsbescheid
- "Was soll aus dem Jungen bloß werden?", autobiographische Skizze von 1981
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Kapitel 2: Im Zweiten Weltkrieg (1939 bis 1945)
1939 (August) - 1940 (Mai) Ausbildungslager Osnabrück.
1940 Besatzungssoldat in Polen und Frankreich.
1941 Wachsoldat in Deutschland.
1942 (Mai) -1943 (Oktober) Besatzungssoldat in Frankreich
1943 (Oktober) - 1944 (Juli) Soldat in Rußland und Ungarn
1944 - 1945 Bis zur Gefangennahme im April 1945 Einsätze und Aufenthalte an verschiedenen Orten in Deutschland.
Texte und Zeugnisse zu den Jahren 1939 bis 1945:
- Brief an die Eltern, 1940
- Brief an die Mutter, 1942
- Annemarie Böll zu Heinrich Bölls Briefen aus dem Krieg
- Brief an Eltern und Geschwistern, 1944
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Kapitel 3: Die Nachkriegszeit (1945 - 1951)
1945 Geburt und Tod des Sohnes Christoph; Umzug nach Köln
1947 Geburt des Sohnes Raimund. Als erste Veröffentlichung erscheint die Erzählung »Aus der Vorzeit« am 3. Mai im Rheinischen Merkur.
1948 Geburt des Sohnes René.
1949 Erster Verlagsvertrag und erste Buchveröffentlichung: Der Zug war pünktlich.
1950 Geburt des Sohnes Vincent. Als Aushilfsangestellter arbeitet Böll für die Stadt Köln bei der Volkszählung 1950; er wird bei der Gebäude- und Wohnungszählung eingesetzt (Juni 1950 - April 1951).
Im Friedrich Middelhauve Verlag erscheint der Band mit Kurzgeschichten: "Wanderer, kommst du nach Spa...".
1951 Erste Einladung zu einer Tagung der von Hans Werner Richter geleiteten »Gruppe 47« in Bad Dürkheim. Böll erhält den Preis der Gruppe für die satirische Erzählung "Die schwarzen Schafe".
Der Roman "Wo warst du, Adam?" erscheint als seine letzte Publikation im Friedrich Middelhauve Verlag.
Texte und Zeugnisse zu den Jahren 1945 bis 1951:
- "Mit diesen Händen", Text von 1947
- Brief an E.A. Kunz, 1947
- "Preis der Gruppe 47" für seine Satire "Die schwarzen Schafe", 1951
Persönliche Erinnerungen Heinrich Bölls:
- Über die Rückkehr nach Kön 1946 (Auszug aus dem Text "Stichworte", 1965)
- Über die Arbeit mit seinem ersten Lektor (Gespräch mit Nicolas Born und Jürgen Manthey, 1977)
- Über seine Erzählung "Der Zug war pünktlich" (1949) (Interview mit Al Wolff, 1974)
- Über seinen Roman "Wo warst du Adam" (1951) (Interview mit René Wintzen, 1978)
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Kapitel 4: Die ersten Erfolge (1952 - 1958)
1952 Heinrich Böll wechselt zum Verlag Kiepenheuer & Witsch.
1952 Die Erzählung "Nicht nur zur Weihnachtszeit" erscheint.
1953 Als erster Roman bei Kiepenheuer erscheint "Und sagte kein einziges Wort".
1954 Umzug der Familie in ein eigenes Haus in Köln-Müngersdorf. Der Roman "Haus ohne Hüter" wird veröffentlicht; erste Reise nach Irland.
1955 "Das Brot der frühen Jahre" wird publiziert.
1956 Böll tritt erstmals öffentlich als Redner anläßlich der »Woche der Brüderlichkeit« in Erscheinung.
1957 Das "Irische Tagebuch", dessen einzelne Teile seit 1954 vorabgedruckt worden waren, wird als Sammelband veröffentlicht.
1958 "Dr. Murkes gesammeltes Schweigen" und andere Satiren werden verlegt
Texte und Zeugnisse zu den Jahren 1952 bis 1958:
- Vertrag mit Kiepenheuer & Witsch
- "Haus ohne Hüter", Roman 1954 (Auszug)
- "Zur Verteidigung der Waschküchen - Schriften und Reden 1952-1959" (Auszug)
Persönliche Erinnerungen Heinrich Bölls:
- Über seinen Roman "Und sagte kein einziges Wort", 1953 (Interview mit René Wintzen, 1978)
- Über seinen Roman "Das Brot der frühen Jahre, 1955 (Interview mit Al Wolff, 1974)
- Über die Zusammenarbeit mit Annemarie Böll, 1956 (Brief, Auszug)
- Über seine Satire "Doktor Murkes gesammeltes Schweigen", 1958 (Interview mit Al Wolff, 1974)
- Über die Auseinandersetzung mit der katholischen Kirche (Interview mit Günther Nenning, 1975)
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Kapitel 5: Der Kritiker des deutschen Katholizismus (1959 - 1966)
1959 Der Roman "Billard um halb zehn" wird veröffentlicht.
1961 Der in München neugegründete Deutsche Taschenbuch Verlag (dtv) bringt als Nr. 1 Bölls "Irisches Tagebuch" heraus. Im Herbst liefert der Verlag Kiepenheuer & Witsch den Sammelband "Erzählungen, Hörspiele, Aufsätze" aus.
1962 Der Insel-Verlag publiziert die beiden Erzählungen "Als der Krieg ausbrach" und "Als der Krieg zu Ende war".
1963 Der Roman "Ansichten eines Clowns" erscheint.
1964 Die Erzählung "Entfernung von der Truppe" wird veröffentlicht.
1966 Die Erzählung "Ende einer Dienstfahrt" wird bei Kiepenheuer und Witsch veröffentlicht.
Texte und Zeugnisse zu den Jahren 1959 bis 1966:
- "Brief an einen jungen Katholiken", 1958 (Auszug)
- Heinrich Bölls Rede zur Gründung der Germania Judaica, 1959 (Auszug)
- "Billard um halb zehn", Roman 1959 (Auszug)
- "Ende einer Dienstfahrt", satirische Erzählung 1966 (Auszug)
Persönliche Erinnerungen Heinrich Bölls:
- Über die von Heinrich Böll mitherausgegebene Zeitschrift Labyrinth, 1960-1962 (Gespräch mit Ekkehart Rudolph, 1971)
- Über seinen Roman "Ansichten eines Clowns", 1963 (Interview mit René Wintzen, 1978)
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Kapitel 6: Der »Notstand« der Demokratie (1967 - 1972)
1967 Böll erhält den Georg-Büchner-Preis der Deutschen Akademie für Dichtung und Sprache.
1969 Auf der Gründungsversammlung des Verbandes deutscher Schriftsteller (VS) hält Böll seine Rede zum Ende der Bescheidenheit.
1970 Böll wird zum Präsidenten des PEN-Zentrums der Bundesrepublik gewählt. Auf dem 1. Schriftstellerkongress des VS spricht Heinrich Böll, in Anwesenheit von Willy Brandt, über die Einigkeit der Einzelgänger.
1971 Der Roman "Gruppenbild mit Dame" erscheint. Böll wird Präsident des Internationalen PEN.
1972 Heinrich Böll wird der Nobelpreis für Literatur verliehen.
Texte und Zeugnisse zu den Jahren 1967 bis 1972:
- Frankfurter Vorlesungen, 1964 (Auszug)
- Zitate von Heinrich Böll zu den Studierendenprotesten 1968/1969
- Gruppenbild mit Dame, Roman 1971 (Auszug aus dem einleitenden Artikel von Karl Korn zum Vorabdruck des Romans in der FAZ)
- Begründung für die Verleihung des Nobelpreises an Heinrich Böll, 1972
Persönliche Erinnerungen Heinrich Bölls:
- Über Willy Brandt (Interview mit René Wintzen, 1978)
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Kapitel 7: Die Terrorismusdiskussion (1973 - 1979)
1973 Neue politische und literarische Schriften.
1974 Alexander Solschenizyn wird in die Bundesrepublik abgeschoben und findet in Bölls Haus in der Eifel eine erste Zuflucht. Die Erzählung "Die verlorene Ehre der Katharina Blum oder: Wie Gewalt entstehen und wohin sie führen kann" erscheint.
1975 "Berichte zur Gesinnungslage der Nation".
1976 Annemarie und Heinrich Böll treten aus der katholischen Kirche aus. Zusammen mit Günter Grass und Carola Stern gibt er die Zeitschrift "L`76" heraus
1977 "Einmischung erwünscht. Schriften und Reden zur Zeit."
1978 Für den Episodenfilm "Deutschland im Herbst "schreibt Böll eine Szene, in der er das Verhalten der Medien satirisch darstellt.
1979 Der Roman "Fürsorgliche Belagerung" erscheint.
Texte und Zeugnisse zu den Jahren 1973 bis 1979:
- "Man muss zu weit gehen", 1972 Kommentar in der Süddeutschen Zeitung über den Vorwurf der Verharmlosung der RAF (Auszug)
- Nachwort zur Neuausgabe von "Die verlorene Ehre der Katharina Blum", 1984 (Auzug)
- "Fürsorgliche Belagerung", Roman 1979 (Auszug)
Persönliche Erinnerungen Heinrich Bölls:
- Über die Distanzierung von Gewalt (Interview mit Klaus Bresser, 1977, Auszug)
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Kapitel 8: Einmischung erwünscht (1980 - 1985)
1982 Die 1949 entstandene Erzählung "Das Vermächtnis" erscheint im Lamuv Verlag. "Vermintes Gelände — essayistische Reden und Schriften 1977—1981". Die Familie gibt die Wohnung in der Hülchrather Straße auf und zieht in die Nähe Kölns, nach Merten. Tod des Sohnes Raimund.
1983 Die Erzählung "Die Verwundung" und weitere frühe unveröffentlichte Nachkriegstexte werden vom Lamuv Verlag veröffentlicht.
1984 "Ein- und Zusprüche — gesammelten Reden und Essays der Jahre 1981—1983". Im Lamuv Verlag veröffentlicht Böll ein Buch über die Karriere des damaligen bundesdeutschen Regierungssprechers Peter Boenisch, mit dem Titel "Bild, Bonn, Boenisch". Die Stadt Köln erwirbt das Archiv Heinrich Bölls.
1985 Heinrich Böll stirbt am 16. Juli in seinem Haus im Eifelort Langenbroich.
Texte und Zeugnisse zu den Jahren 1980 bis 1985:
- "Einmischung erwünscht - Schriften zur Zeit", 1973 (Auszug)
- Über die Friedensbewegung (Gespräch mit Bernhard Kraller und Walter Stammler, 1982, Auszug)
- Brokdorf und Wyhl, 1976 (Text über die schleichende Zerstörung der Landschaft)
- "Es stirbt täglich Freiheit weg" Kommentar in der ZEIT über die Grünen, 1979 (Auszug)
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Kapitel 9: Tod einer Instanz
Posthum erscheint der wenige Wochen vor Bölls Tod abgeschlossene Roman Frauen vor Flußlandschaft. In Dialogen und Selbstgesprächen der Romanfiguren entwirft Böll einen ebenso resignierten wie radikalen Blick auf die Bonner Republik.
Texte und Zeugnisse:
- Frauen vor Flußlandschaft, Roman 1985 (Auszug)
- Nachrufe von Schriftstellerverbänden und Kollegen
- Ralf Fücks, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung, zum 20. Todestag Heinrich Bölls am 16. Juli 2005
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Copyright der Auszüge aus seinem erzählerischen Werk: Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln Stand: 15.7.05
© Foto: Rene Böll, J. H. Darchinger u.a.
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